Betreff
Einführung eines Semestertickets - Anträge der SPD-Fraktion vom 26.11.2013 und der Erlanger Linke vom 16.11.2013
Vorlage
613/180/2014
Aktenzeichen
Ref.VI/61
Art
Beschlussvorlage

Die Verwaltung wird beauftragt - ausgehend vom Münchner Modell und auf der Grundlage der VGN-Verkehrserhebung - in Zusammenarbeit mit dem VGN, den Studierendenvertretungen, den Studentenwerken, den Hochschulen und den anderen beteiligten Kommunen ein Sockelmodell zu prüfen. Über die Ergebnisse der Verhandlungen soll im Herbst 2014 erneut berichtet werden.
Die Anträge Nr. 234/2013 und 237/2013 sind damit abschließend bearbeitet. 


1. Ausgangssituation:

Bereits seit Mitte der 1990er Jahre gibt es Gespräche zwischen den Verbundgremien des VGN, den Städten Nürnberg und Erlangen, Vertretern der Hochschulen vor Ort, den Studentenwerken und der Studierenden, um im (gesamten) VGN ein Semesterticket auf Basis eines sog. Solidarmodells einzuführen. Leider scheiterten Bestrebungen dieser Art bislang stets an einer konkret genannten Höchstgrenze für einen so genannten „zumutbaren Pflichtbeitrag“.

Alle bislang kalkulierten und wirtschaftlich notwendigen Preise für unterschiedliche Modelle lagen meist deutlich über dem vor Jahren eher unpräzise formulierten und auf einem früheren Gerichtsurteil fußenden „zumutbaren Pflichtbeitrag“. Besonders hemmend für weitere insbesondere konkrete Verhandlungen wirkte sich in diesem Zusammenhang aus, dass auch nach diversen Schriftwechseln (u. a. auch zw. Herrn OB Dr. Maly und dem Ministerium für Wissenschaft Forschung und Kunst) seitens des zuständigen Ministeriums keine neuen Aussage dazu getroffen wurde, ab welchem Betrag ein Solidarbeitrag als zumutbar und damit genehmigungsfähig angesehen werde.

Erschwerend hinzu kommt, dass auch seitens der Studentenwerke ein solidarisch finanziertes Semesterticket nicht uneingeschränkt begrüßt und forciert wird, da diese Klagen vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof von nicht mit dem Solidarbeitrag einverstandenen Studenten fürchtet. Die Studentenwerke hätten bei Klageerfolg den gesamten von den Studierenden erhaltenen Betrag zurückzuerstatten, während der VGN den für bereits erbrachte Leistungen erhaltenen Betrag nicht mehr erstatten würde.

In den meisten Bundesländern ist die Rechtslage anders als in Bayern, da hier der so genannte Allgemeine Studierenden Ausschuss AStA (1974 in Bayern abgeschafft) als demokratisch gewähltes und damit geschäftsführendes Organ der (verfassten) Studierendenschaft die Studierenden nach Außen vertritt und deshalb auch als Verhandlungspartner gegenüber Verbünden und Verkehrsunternehmen auftreten kann. Damit haben in Bayern die Studierendenvertreter aufgrund der fehlenden Beitrags- und Satzungshoheit nicht die Rechte und Mittel, wie die Pendants (z.B. ASTA) im restlichen Deutschland.

Die Landeshauptstadt München hat dennoch nach jahrelangen Verhandlungen mit dem Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV), den Hochschulen vor Ort und den Studierenden ein sog. Sockelbetragsmodell probeweise ab dem Wintersemester 2013/2014 eingeführt.

 

Im Folgenden berichtet die Verwaltung über das Finanzierungsmodell in München und geht dabei auch auf die rechtlichen Aspekte ein.

 

2. Münchner Modell

 

Bei diesem Modell sind alle Studierenden verpflichtet, einen sog. Sockelbetrag für eine Fahrberechtigung mit Verkehrsmitteln des ÖPNV außerhalb der Hauptverkehrszeiten sowie am Wochenende zu entrichten. Ergänzend dazu kann freiwillig ein Aufpreisticket erworben werden. In München beträgt der Sockelbetrag 59 Euro pro Semester (also für 6 Monate und damit inkl. vorlesungsfreier Zeit). Dieses Basisticket hat eine Ausschlusszeit Montag bis Freitag von 6 Uhr morgens bis 18 Uhr abends. Außerhalb dieser Ausschlusszeit (also auch am Wochenende sowie an Feiertagen) kann man mit dem Basisticket im gesamten MVV-Bereich fahren. Das freiwillig zu erwerbende Aufpreisticket kostet zusätzlich 141 Euro pro Semester und kann dann ohne Ausschlusszeiten im gesamten MVV-Bereich genutzt werden. Die Höhe des Pflichtbeitrages von 59 Euro erschien dem Studentenwerk in Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung (siehe oben) als unbedenklich, so dass das Klagerisiko als minimal eingeschätzt und somit akzeptiert wurde. Um dieses Modell grundsätzlich zu ermöglichen, hat der Münchner Stadtrat einen kommunalen Verlustausgleich in Höhe von maximal 12 Millionen Euro (6 Mio. pro Jahr) für zunächst zwei Jahre für eventuelle Einnahmeausfälle des MVV durch das Semesterticket übernommen. Damit sollen eventuelle Mindereinnahmen des MVV bei zu geringer Aufpreisticketkaufquote kompensiert werden. Damit dem MVV keine Ausfälle entstehen, müssen mehr als 62% der Münchner Studierenden das Aufpreisticket erwerben.

 

Laut VGN, der dazu vom MVV entsprechende Informationen erhalten hat, haben inzwischen mehr als 70% der Münchner Studierenden für das Wintersemester 2013/2014 das Aufpreisticket erworben.

 

Das Bayerische Wirtschaftsministerium hat mit Schreiben vom 23.10.2012 mitgeteilt, dass die Ausgleichsleistungen nach §45a PBefG (Personenbeförderungsgesetz) für die Dauer des Probebetriebs grundsätzlich zugesagt werden können. Eine Verlängerung dieser Sonderregelung zu den Ausgleichsleistungen nach §45a PBefG über diesen Zeitpunkt hinaus wird jedoch ausdrücklich abgelehnt. Zum Umgang mit den Ausgleichleistungen nach §45a PBefG, in Zusammenhang mit VGN-Semesterticketmodellen, finden aktuell noch Gespräche von VGN, Regierung von Mittelfranken und Freistaat Bayern statt. Die Verkehrsunternehmen benötigen für die wirtschaftliche Betrachtung jeglicher Modelle vor deren Vereinbarung verbindliche Aussagen zum Umgang mit den Ausgleichleistungen nach §45a PBefG.

Laut Darstellung des Studentenwerks Erlangen-Nürnberg war zudem Voraussetzung für das Zustandekommen eines Vertrages zwischen dem Studentenwerk München und dem MVV über ein Semesterticket in der dargestellten Form, dass sich an den drei größten Hochschulen in München, der LMU (Ludwig-Maximilians-Universität), der TUM (Technische Universität München) und der HM (Hochschule München) im Rahmen einer Urabstimmung jeweils eine absolute Mehrheit der Abstimmungsteilnehmer/innen für das Semesterticket ausspricht.

 

Die Ergebnisse der Abstimmung sehen folgendermaßen aus:

 

LMU:   82% Zustimmung; Beteiligungsquote 52,6%

TUM:   91% Zustimmung; Beteiligungsquote 68,7%

HM:     88% Zustimmung; Beteiligungsquote 54,1%

Die Vorgabe für eine Mindestbeteiligung pro Hochschule wurde erreicht. Die übrigen kleineren Münchner Hochschulen erhielten die Möglichkeit, sich, sofern gewünscht, für ihre Studierenden nachträglich auch am Semesterticket zu beteiligen.

2.1. Rechtliche Aspekte des Münchener Modells:
Aufgrund der europarechtlichen Relevanz war in München für die probeweise, auf zwei Jahre beschränkte Einführung des Semestertickets der Erlass einer so genannten Allgemeinverfügung erforderlich. Nach den Buchstaben der EU-Verordnung hätte diese Verfügung auch von allen anderen Aufgabenträgern - jeweils für ihren Wirkungsbereich – erlassen werden müssen. Aus Zeitgründen (Verfügung war Voraussetzung für die Tarifgenehmigung) wurde dieser formale Verwaltungsakt in München durch einen Beschluss aller Gesellschafter ersetzt. Die Veröffentlichungsfrist betrug 4 Wochen; in dieser Zeit hatte niemand Einspruch eingelegt, wodurch die Allgemeinverfügung letztlich Gültigkeit erlangte.

 

3. Weiteres Vorgehen

 

Seit Dezember 2013 liegen die Ergebnisse einer Befragung zum Themenkomplex „Studentische Mobilität“ an den drei großen Hochschulen im Großraum Nürnberg vor, die unter der wis-senschaftlichen Leitung von Dr. Tim Elrick (Institut für Geographie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) durchgeführt wurde. Eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse findet sich in der Anlage 1.

Auf Einladung der Stadt Nürnberg wurden am 14. Januar 2014 die Ergebnisse dieser Mobili-tätsbefragung und ihrer möglichen Aussagen für die Einführung eines Semestertickets mit Studierendenvertretungen der FAU, der TH Nürnberg und der Evangelischen Fachhochschule, Vertretern der Hochschulen (FAU, TH Nürnberg Hochschule für Musik), des VGN, des Studentenwerks Erlangen-Nürnberg sowie der Städte Erlangen und Fürth diskutiert.

 

Dabei wurde einvernehmlich vereinbart, dass zunächst zwei Grundmodelle von Seiten des VGN auf der Grundlage der VGN-Verkehrserhebung kalkuliert werden sollten:

a) Basisticket (mit entsprechenden Ausschlusszeiten wie in München) und Aufpreisticket jeweils für den gesamten VGN;

b)  Basisticket für den gesamten VGN (mit den entsprechenden Ausschlusszeiten wie in München) und das Aufpreisticket in zwei Varianten, zum einen nur für den Raum Nürnberg, Fürth, Erlangen (derzeit Zonen 100/200/300/400) und zum anderen für den gesamten Verbundraum.

 

Mit diesen konkreten Zahlen sollen dann im Sommer 2014 die Gespräche fortgeführt werden.

Zusätzlich müssen dazu folgende Punkte abgearbeitet werden:

 

c)    Wahl des Verhältnisses von Aufpreishöhe und Inanspruchnahmequote der Studierenden so, dass das Geben einer Defizitausgleichsgarantie durch die Stadt Erlangen (analog München) möglichst vermieden werden kann (nur so kann langfristig die Nachhaltigkeit des Angebotes gesichert werden)

d)    Umgang mit den Ausgleichsleistungen nach §45a PBefG durch den Freistaat und die Unternehmen

e)    Durchführung einer Urabstimmung zumindest bei den größten Hochschulen im Großraum, also bei der FAU (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) und bei der TH Nürnberg (Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm) auf der Grundlage eines solchen Modells

f)     Einbeziehung Bambergs und Bayreuths mit ihren bereits bestehenden solidarisch über den Semesterbeitrag finanzierten Semestertickets in ein VGN-Semesterticketmodell

g)    Zustimmung aller Partner innerhalb des VGN (Unternehmens- und Aufgabenträgerebene)

 

Im Herbst 2014 wird die Verwaltung über die Ergebnisse der Prüfung erneut im UVPA berichten.



Investitionskosten:

bei IPNr.:

Sachkosten:

bei Sachkonto:

Personalkosten (brutto):

bei Sachkonto:

Folgekosten

bei Sachkonto:

Korrespondierende Einnahmen

bei Sachkonto:

Weitere Ressourcen

 

 

Haushaltsmittel

             werden nicht benötigt

             sind vorhanden auf IvP-Nr.      

                        bzw. im Budget auf Kst/KTr/Sk        

                   sind nicht vorhanden


Anlagen:       

Anlage 1 – Studie zur studentischen Mobilität im Großraum Nürnberg-Fürth-Erlangen

Anlage 2 – SPD-Fraktionsantrag Nr. 234/2013

Anlage 3 – Antrag der Stadtratsgruppe Erlanger Linke Nr. 237/2013