Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.
Im UVPA und Stadtrat wurde beantragt, dass die MzK, „Wärmedämmung lohnt sich“, Stellungnahme zum Bericht „Die große Lüge mit der Wärmedämmung“ aus der Tageszeitung „Die Welt“ Vorlagennummer 31/219/2013, wegen des Umfangs der Thematik nochmals ausführlich mit einer Darstellung der KfW-Studie behandelt werden soll. Auf weitere im UVPA und Stadtrat diskutierte Themen wird ab Punkt 2. eingegangen.
1. Zur Prognos-Studie
Im Auftrag der Kreditanstalt für Wiederaufbau
(KfW) erstellte die Prognos AG am 08.03.2013
die Studie Ermittlung der Wachstumswirkungen der KfW-Programme zum
Energieeffizienten Bauen und Sanieren. Die
Studie untersucht die Auswirkungen KfW-geförderter privater Investitionen in
energieeffiziente Gebäude auf Wachstum und Beschäftigung. Die Studie berechnet
makroökonomische Impulse langfristiger, privater Wohnungsbaumaßnahmen, die von
der KfW aufgrund ihrer besonderen Energieeinsparung oder Energieeffizienz
gefördert werden.
Die gesamtwirtschaftliche
Bilanz der Förderprogramme ist positiv. Auf dem Weg zum klimaneutralen
Gebäudebestand bis 2050 mit 20% des heutigen Primärenergieverbrauchs sinkt der
CO2-Ausstoss
um insgesamt 67 Mio. Tonnen jährlich. Die KfW fördert in einem der
untersuchten Szenarien private
Wohnungsbauinvestitionen in Höhe von 838 Mrd. EUR. Diese Investitionen tragen
durchschnittlich 0,4% zum jährlichen Bruttoinlandsprodukt bei und sichern
durchschnittlich zwischen 200.000 und 300.000 Arbeitsplätze pro Jahr.
Die Studie ist keine
Wirtschaftlichkeitsanalyse, wie der o. g. Bericht in „Der Welt“ impliziert:
Ziel war nicht die Beurteilung der
Amortisationszeiten einzelner Effizienzmaßnahmen für den Bauträger bzw.
Gebäudeeigentümer, sondern die Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen
Wirksamkeit der KfW-Programme. Zwischenzeitlich wurde dem Bericht von vielen
Seiten, so auch zum Beispiel Spiegel-online, widersprochen.
2. Wirtschaftlichkeit von energetischen
Maßnahmen am Gebäude
Die ausschließliche
Betrachtung der Wirtschaftlichkeit energieeinsparender Maßnahmen am Gebäude ist
nicht zielführend, da einerseits der Schutz der Gebäudesubstanz verbessert wird
und damit eine Wertsteigerung der Immobilie gegeben ist, andererseits das
Wohnraumklima und die Wohnbehaglichkeit deutlich verbessert werden. Die
Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen ist maßgeblich abhängig von der zukünftigen
Preisentwicklung des verwendeten Energieträgers. Die unten stehende Grafik
zeigt beispielhaft die Entwicklung des Rohölpreises von 1965 bis 2012. Eine
Spekulation über die zukünftige Entwicklung soll an dieser Stelle nicht
erfolgen.
Ausgehend von ab heute konstant bleibenden Kosten
für Energieträger läge die
durchschnittliche Amortisationszeit für die nachträgliche förderfähige Dämmung
der Außenwand für ein freistehendes Einfamilienhaus (Baujahr vor 1980) bei mehr
als 30 Jahren. Allerdings darf man von einer Mindestlebensdauer des
Wärmedämmverbundes von über 40 Jahren ausgehen. Finden Modernisierungsmaßnahmen
im Zuge sowieso anstehender Sanierungsmaßnahmen statt und berücksichtigt man
entsprechende Fördermöglichkeiten durch die Stadt Erlangen oder die KfW, so
verringern sich die Amortisationszeiten - konservativ gerechnet - auf 15 – 25
Jahre.
3. Energie-Einsparpotentiale durch Fassadendämmung
In der Diskussion um
Einsparpotentiale kommt es sehr häufig zu Fehlinterpretationen. In der Literatur
und im Internet wird häufig von Einsparpotentialen durch die Modernisierung
eines Wohngebäudes von 70 bis 80% gesprochen. Gemeint sind hier immer
konzertierte Maßnahmen wie Dämmung des Daches, der Fassade, der Kellerdecke
oder der Kellerwände, Erneuerung der Fenster und der Heizung. Diese Angaben
sind dann plausibel und entsprechen gemessenen und nachvollziehbaren
Erfahrungswerten. Beschränkt man sich auf das Einsparpotential der
Fassadendämmung, muss deutlich zwischen freistehenden Einfamilienhäusern,
Doppelhaushälften/Reihenendhäusern, Reihenmittelhäusern und Mehrfamilienhäusern
unterschieden werden. Maßgeblich sind die Fassadenanteile im Verhältnis zu den
restlichen Außenflächen (Dach, Fenster, Keller) sowie die Kompaktheit des
Baukörpers (Verhältnis der Außenflächen zu dem Gebäudevolumen). Das
Einsparpotential ist weiterhin abhängig vom Baujahr des Gebäudes sowie des
durch die Dämmung erreichten Wärmedurchgangs. Seitens der städtischen
Energieberatung wird eine Unterschreitung des Wärmedurchgangs (U-Wert) von 0,2
W/m²K empfohlen, womit die Maßnahme durch die KfW oder die Stadt Erlangen
gefördert werden kann. Zur Erreichung des durch die Energieeinsparverordnung
(EnEV) vorgegebenen Mindeststandards würde eine Unterschreitung des U-Wertes
von 0,24 W/m²K genügen. Das Energieeinsparpotential liegt erfahrungsgemäß
zwischen 12% (Reihenmittelhaus) und 20% (freistehendes Einfamilienhaus, Baujahr
vor 1979).
4. Wärmedämmung und Schimmelbildung
Schimmel bildet sich dort, wo
über einen längeren Zeitraum Bauteile durchfeuchtet sind, zum Beispiel durch
die Unterschreitung des Taupunktes der Raumluft. Der Taupunkt ist die
Temperatur, bei der die relative Luftfeuchte 100% erreicht. Je kälter Luft ist,
desto geringer ist ihr Aufnahmevermögen für Dampf, unterschreitet die
Temperatur den Taupunkt, steigt die relative Luftfeuchte auf 100% und es kommt
zu Tauwasserbildung. Ein Beispiel: Wenn Raumluft mit 20 Grad Celsius und einer
relativen Luftfeuchte von 60% an einem kalten Bauteil (nicht gedämmte
Außenwandinnenseite) auf 12 Grad Celsius abkühlt, steigt die relative
Luftfeuchte auf 100% an und Tauwasser bildet sich. Durch 12 cm Außendämmung der
Fassade wird ein Temperaturanstieg um ca. 4 Kelvin raumseitig erreicht, in
unserem Beispiel also ein Anstieg von 12 auf 16 Grad Celsius und damit deutlich
oberhalb des Taupunktes, die Wand bleibt also
trocken. Dämmung schafft - soweit handwerklich korrekt ausgeführt – durch
höher temperierte Bauteile ein angenehmes Raumklimas und Behaglichkeit und
schütz vor Schimmelbildung. Schimmelbildung erfolgt durch falsche
Lüftungsgewohnheiten. Wichtig ist es daher, die Bewohnerinnen und Bewohner über
energiesparendes und Schimmel vermeidendes Nutzungsverhalten zu informieren.
Gerade in der Heizperiode ist ein ausreichendes Beheizen der Räume notwendig,
kombiniert mit regelmäßigen Stoßlüften. Negative Auswirkungen haben sowohl das
Unterlassen des Lüftens, als auch dauerhaftes Kippen der Fenster. Ausnahmen
bilden Gebäude, die mit Lüftungsanlagen (vorzugsweise mit Wärmerückgewinnung)
ausgestattet sind (z.B. Gebäude im Passivhausstandard), die für einen
optimierten und energiesparenden Luftwechsel sorgen.
4. Atmung von Wänden
Oft werden
Dämmmaßnahmen mit dem Argument unterlassen, die „Atmung“ der Wand werde
beeinträchtigt. Außenwände sind jedoch luftundurchlässig. Der einzig messbare
Stoffdurchgang durch massive Bauteile ist die Diffusion von
Wasserdampfmolekülen. Für die Schaffung
gesunder Raumluftverhältnisse ist Dampfdiffusion nicht ausreichend. Wird z.
B. bei einem Einfamilienhaus die Außenwand nachträglich mit Polystyrol-Platten
gedämmt, vermindert sich die durch die gesamte Außenwand (120 m²)
diffundierende Wassermenge um maximal 90 Liter pro Heizperiode. Im gleichen
Zeitraum verdunsten in dem Gebäude durch Kochen, Duschen etc. 1.500 - 2.000
Liter Wasser. Für ein Badezimmer mit 7 m² Außenwandfläche bedeutet das: Die
Diffusion ist ein so langsamer Vorgang, dass von morgens freigesetzten 1.200
Gramm Wasserdampf (Duschen von 3 Personen) in 24 Stunden nur maximal 60 Gramm
durch die ungedämmte Wand diffundieren können.
Nur Lüftung
sorgt für einen ausreichenden Abtransport der Feuchtigkeit.
5. Materialwahl und Brandschutz
Im Rahmen einer
Energieberatung wird kein Einfluss auf die Wahl des Dämmmaterials genommen.
Während im Bereich der Steildach-Zwischensparrendämmung auf Grund ihrer
Materialeigenschaften fast ausschließlich Mineralfaser zum Einsatz kommt,
dominiert bei Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) der Fassaden-Außendämmung von
Einfamilienhäusern Polystyrol. Mineralische Dämmstoffe kommen hier selten zur
Anwendung, da die Mehrkosten gegenüber einer Dämmung aus Polystyrol bei ca. 50%
liegen. Bei Gebäuden mit mehr als drei Stockwerken, vornehmlich also
Mehrfamiliengebäuden, müssen spezielle Brandschutzvorgaben berücksichtigt
werden: über den Fensterstöcken müssen Brandschutzriegel aus nicht brennbaren
Dämmmaterialen (Mineralwolle!) eingebaut werden.
Generell
wird unterschieden zwischen leichtentflammbaren, normalentflammbaren,
schwerentflammbaren und nichtbrennbaren Fassadenbekleidungssystemen:
•
Leichtentflammbare Fassadenbekleidungssysteme wären durch eine kleine Flamme
(z.B. Streichholz) sofort entzündbar und
würden unkontrollierbar schnell abbrennen
•
Normalentflammbare Fassadenbekleidungssysteme dürfen durch eine kleine
Flamme (z.B. Streichholz) entzündbar sein,
dann aber nur langsam fortschreitend
brennen (Beispiel: Holzfassaden)
•
Schwerentflammbare Fassadenbekleidungssysteme dürfen auch bei Einwirkung
einer größeren Zündquelle nicht zu einer
schnellen Brandausbreitung führen, der
Brand muss lokal begrenzt bleiben (Beispiel:
WDVS mit Polystyrolhartschaum)
•
Nichtbrennbare Fassadenbekleidungssysteme dürfen auch bei einem teilweise oder
voll entwickelten Brand nicht wesentlich zum
Brand beitragen, ein lokales Mitbrennen
kann aber auftreten (Beispiel: WDVS mit
Mineralwolle)
Leichtentflammbare
Baustoffe dürfen in Deutschland grundsätzlich an Fassaden nicht
verwendet werden.
An Gebäuden bis zu 7 m Höhe dürfen normalentflammbare Baustoffe
als
Fassadenbekleidungen verwendet werden. An Gebäuden zwischen 7 m und 22 m ist
die Verwendung mindestens
schwerentflammbarer Fassadenbekleidungen baurechtlich vorgeschrieben. Für
Gebäude über 22 m Höhe – Hochhäuser- dürfen ausschließlich nichtbrennbare
Fassadenbekleidungen eingesetzt werden.
Für Wärmedämmung
wird ausschließlich flammgeschützter Polystyrolhartschaum eingesetzt, der nach
DIN 4102-1 als schwerentflammbar (B1) eingestuft ist. Der Dämmstoff in einem
WDVS ist im verbauten Zustand immer vollflächig umhüllt. Das Gefüge von Putzen
besteht bei WDVS überwiegend (ca. 90% oder mehr) aus nichtbrennbaren
mineralischen Materialien. Dieser sehr hohe nichtbrennbare Anteil verhindert
ein fortschreitendes „Lauffeuer“ an der Putzoberfläche. Zur Verbesserung der
Stabilität und Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Beschädigungen enthält
der Putzaufbau zusätzlich immer ein Armierungsgewebe, das in der Regel aus
Glasfasern besteht. Bereits bei einer Stärke von 4 mm halten derartige
Putzschichten einer einseitigen Voll-Brandbeanspruchung (Flammen vor der
Fassade) über mindestens 30 Minuten stand, ohne sich zu öffnen. Zwei der in den Medien behandelten Brände
ereigneten sich während der Bauphase, das WDVS war in diesen Fällen noch nicht
verputzt, in einem anderen Brandfall war ein nicht zugelassenes WDVS
angebracht. Wenn Polystyrol allerdings tatsächlich brennt, entsteht ein hohes gesundheitliches
Gefährdungspotential durch giftige Gase.
6. Algenbildung
auf gedämmten Fassaden
Dass Wärmedämmverbundsysteme
etwas schneller von Algen, Moosen und Flechten besiedelt werden, hat zwei
Gründe: Die Putzschicht auf dem WDVS hat keinen thermischen Kontakt zum
Mauerwerk und kühlt demzufolge nachts schneller ab. Deshalb schlägt sich auf
der Fläche häufiger Tau nieder. Nach einer Befeuchtung durch Regen oder Tau in
der kalten Jahreszeit trocknet die Oberfläche nicht so schnell ab, weil sie
nicht von innen erwärmt wird. Diesen Wärmestrom zu unterbrechen ist ja auch
genau das, was durch das Aufbringen der Dämmschicht erreicht werden sollte.
Algen, Moose oder Flechten schaden dem WDVS nicht, werden vielleicht als
optische Beeinträchtigung erachtet. Inzwischen werden auch mineralische Putze
angeboten, die auch ohne die Verwendung zugesetzter Algizide ein Algenwachstum
verhindern.
7. Rückbau wärmegedämmter Gebäude
WDVS werden seit den 1960er Jahren angebracht. In diesen fast 50
Jahren wurden die Verarbeitungsqualität, die Standfestigkeit sowie
Verschmutzung und Bewuchs in mehreren Untersuchungen vom Fraunhofer Institut
für Bauphysik (IBP) untersucht und bewertet. Zusammenfassend lässt sich sagen,
dass sich Fassaden mit und ohne WDVS bezüglich Haltbarkeit und erforderlichem
Wartungsaufwand kaum voneinander unterscheiden. Wände mit WDVS sind insgesamt
trockener und kleinere Setzrisse in der Fassade werden von der Dämmung
überbrückt. Bei sorgfältiger Planung und fachgerechter Ausführung wird das
Wärmedämmverbundsystem unter dem Strich nicht mehr Wartung erfordern als eine
verputzte einschalige Wand. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP)
veranschlagt die Lebensdauer von Wärmedämmverbundsystemen nach neuesten
Forschungen in einer Größenordnung von 40 bis 60 Jahren.
Keines Falles handelt es sich bei den dann doch einmal
entstehenden Abfällen um Sonder- oder Problemabfall. Das Problem besteht eher
in der Trennung von Mauerwerk und Dämmung, damit ein Recycling ermöglicht wird.
Über die Wiederverwertbarkeit rückgebauter WDVS lässt sich heute noch keine
Aussage treffen: Das IBP ist aktuell mit einer Studie zu dieser Thematik
beauftragt.
Anlagen: Protokollvermerk vom 15.Mai 2013