Betreff
Sachstandsbericht zur SGB II-Umsetzung in der Stadt Erlangen
Vorlage
50/103/2013
Aktenzeichen
V/50/VOA-2249
Art
Beschlussvorlage

Die Sachstandsberichte von Sozialamt und GGFA zum SGB II - Vollzug in Erlangen werden zur Kenntnis genommen.

 


1. Aktuelle Zahlenentwicklung

 

 

Bei der Entwicklung der SGB – II Empfängerzahlen in Erlangen zeigt sich für das gesamte Jahr 2012 eine stabile Situation – nahezu ohne Bewegung: jeweils um die 2.350 Bedarfsgemeinschaften, etwa 3.000 erwerbsfähige und etwa 1.300 nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte – und damit insgesamt ca. 4.300 Personen, die in der Stadt Erlangen SGB II-Leistungen zum Lebensunterhalt erhalten.

 

 

Bei den Arbeitslosenzahlen ist dagegen im Vergleich zum Dezember 2011 eine leicht ansteigende Tendenz erkennbar, und zwar im SGB II-Bereich um 154 Personen (von 2,2 % auf 2,4 %) und im Agenturbereich (SGB III) um 219 Personen. Die Arbeitslosenquote für Erlangen insgesamt ist damit in den letzten 12 Monaten von 3,5 % auf 4,0 % angestiegen.

 

 

 

 

 

2. Neue Regelsätze ab 01.01.2013

 

Ende Oktober wurde die sogenannte Regelbedarfsstufen - Fortschreibungsverordnung 2013 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Danach wurden die Regelbedarfsstufen im SGBII, im SGB XII und bei den sogenannten Analogleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ab dem 01.01.2013 um 2,26 % angehoben. Ab diesem Zeitpunkt gelten somit folgende Regelsätze:

 

 

 

 

 

Regelbedarfsstufe

bis 31.12.12

ab 01.01.2013

Stufe 1

alleinstehende, Alleinerziehende oder Lb deren Partner minderjährig ist

374 €

382 €

Stufe 2

Volljährige Partner in der Bedarfsgemeinschaft

337 €

345 €

Stufe 3

sonstige erwerbsfähige Angehörige über 18 Jahren

299 €

306 €

Stufe 4

sonstige erwerbsfähige Angehörige zwischen 15 und 18 Jahren

287 €

289 €

Stufe 5

Kinder zwischen 7 und 14 Jahren

251 €

255 €

Stufe 6

Kinder unter 7 Jahren

219 €

224 €

 

 

3. endgültige Höhe der Bundesmittel im Jahr 2013

 

Nach der Verabschiedung des Bundeshaushalts 2013 wurde am 18.12.2012 auch die Eingliederungsmittel-Verordnung 2013 (EinglMV 2013) verkündet, aus der sich die endgültige Höhe der Eingliederungs- und Verwaltungsmittel des Bundes ergibt, die der Optionskommune Stadt Erlangen im Jahr 2013 zur Verfügung stehen werden:

 

 

2013

2012

2011

2010

Verwaltungsmittel

2,87 Mio

2,91 Mio

3,06 Mio

3,14 Mio

Eingliederungsmittel

1,78 Mio

2,19 Mio

2,75 Mio

3,52 Mio

Bundesmittel gesamt

4,65 Mio

5,10 Mio

5,81 Mio

6,66 Mio

 

Bemerkenswert ist, dass bei den SGB II-Verwaltungskosten der Ansatz bundesweit mit 4,05 Milliarden Euro die gleiche Höhe wie im Vorjahr aufweist, bei den SGB II-Eingliederungsmitteln dagegen ein weiterer, erheblicher Rückgang von bundesweit 4,4 Milliarden Euro in 2012 auf nunmehr nur noch 3,9 Milliarden Euro in 2013 vorgesehen ist (also eine weitere Kürzung um 11 %, was in keinem Verhältnis zur Entwicklung der Empfänger-Zahlen steht).

 

Wegen dieser erneuten überproportionalen Kürzung der Eingliederungsmittel des Bundes wird im kommenden Jahr das Ziel, die Eingliederungsmittel des Bundes möglichst vollständig auszuschöp-fen, an Wichtigkeit gewinnen. Sozialamt und GGFA schlagen daher in den anschließenden Haushaltsberatungen gemeinsam Vor, der GGFA bei der Bewirtschaftung der Eingliederungsmittel des Bundes eine Überziehungsgarantie zu Lasten des städtischen Haushaltes zuzusichern. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass – wie regelmäßig in den Vorjahren passiert – Bundesmittel nach Ablauf des Haushaltsjahres ungenutzt nach Berlin zurück gegeben werden müssen. Dieses Verfahren wurde in Erlangen bereits im Haushaltsjahr 2006 erfolgreich genutzt, als wegen einer verspäteten Beschlussfassung des Bundeshaushalts (vorgezogene Bundestagswahl) über-raschende, unterjähirge Haushaltsbeschränkungen durch den Bund zu verkraften waren.

 

Auf diese kommunale Risikoübernahme könnte dann leicht verzichtet werden, wenn der Bund die Übertragbarkeit nicht verbrauchter Mittel ins nächste Haushaltsjahr erlauben würde. Diese Möglichkeit war ursprünglich im Gesetz ausdrücklich vorgesehen, wurde später aber auf Betreiben des BMAS wieder aus dem Gesetz gestrichen. Seither werden alle Anträge von Jobcentern auf Mittelübertragung ins nächste HH-Jahr vom BMAS konsequent mit der Begründung abgelehnt, das Bundes-HH-Recht lasse dies nicht zu.

 

 

Inzwischen wird diese, in Kommunen seit Jahrzehnten übliche Möglichkeit zur flexibleren Mittelbewirtschaftung auch verstärkt gegenüber dem BMAS eingefordert: So hat z.B. die letzte Arbeits- und Sozialministerkonferenz am 28./29.11.2012 die Bundesregierung aufgefordert, die Übertragbarkeit nicht verbrauchter SGB II-Eingliederungsmittel ins nächste HH-Jahr herbeizuführe n. Die gleiche Forderung wurde auch in einer gemeinsamen Erklärung von Deutschem Städtetag und Deutschem Landkreistag vom Dezember 2012 erhoben. Beim BMAS sind jedoch bisher keine Anzeichen für ein Einlenken erkennbar.

 

 

4. überarbeitete „Gemeinsame Erklärung“ von Bund und Ländern zu den Eingliederungsinstrumenten

 

Nach der zum 1.4.2012 in Kraft getretenen, jüngsten Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente haben Bund und Länder als aufsichtsführende Stellen am 14.11.2012 auch die sog. „Gemeinsame Erklärung“ überarbeitet. Zweck dieser Gemeinsamen Erklärung ist, dass die jeweils geltenden Gesetzesregelungen der Arbeitsmarktinstrumente durch alle aufsichtführenden Stellen einheitlich und gleich ausgelegt und interpretiert werden. Es handelt sich also nichtnur um Auslegungshilfen, die den Jobcentern mehr Sicherheit bei der Gesetzesanwendung geben sollen. Ebenso soll dadurch auch eine bundesweit einheitliche Rechtsanwendung durch gemeinsame Einrichtungen und Optionskommunen sicher gestellt werden.

 

Von DStT und DLT wurde allerdings kritisch vermerkt, dass die neu überarbeitete Fassung der Gemeinsamen Erklärung diese Zielsetzung nur zum Teil erreicht. Manche strittigen Punkte, wie z.B. die Frage einer evtl. Zertifizierungspflicht von Jobcentern bei selbst durchgeführten Maßnahmen, haben Bund und Länder bei der überarbeiteten Gemeinsamen Erklärung keineswegs geklärt – sondern einfach ausgeblendet und offen gelassen. In anderen Bereichen, wie z.B. bei den Anwendungsbereichen für die sog. Freie Förderung nach § 16 f SGB II, sind erhoffte Klarstellungen ebenfalls ausgeblieben.

 

 

5. Bildungs- und Teilhabeleistungen

 

Abschließende Zahlen zur Inanspruchnahme der B+T-Leistungen im abgelaufenen Jahr können zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorgelegt werden, da für einen Teil der Mittagessenskosten und für den „Modellversuch Lernförderung“ noch einige Abrechnungen ausstehen. Wir erwarten aber nach wie vor, dass der Umfang der Inanspruchnahme in 2012 gegenüber 2011 weiter spürbar angestiegen ist. Allerdings müssen wir auch befürchten, dass die Stadt Erlangen wegen dieses guten Ergebnisses ab 2013 finanziell „bestraft“ werden wird (näheres dazu weiter unten).

 

Nach Vorgesprächen zwischen Bund. Ländern und Kommunalen Spitzenverbänden hat der Bundesrat in seiner Sitzung am 14.12.2012 einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem einige „bürokratische Stolpersteine“ im Bereich der B+T-Leistungen reduziert werden sollen. So würde es dann zukünftig möglich sein, z.B. den Sportvereinsbeitrag (oder die Kosten einer Klassenfahrt), den die Eltern – weil es eilig war - bereits ausgelegt haben, direkt an die Eltern zu erstatten (derzeit darf das Amt nur an den Verein leisten – mit der Folge, dass der Verein den bereits gezahlten Beitrag gesondert an die Eltern zurück überweisen muss). Dies wird sicher in einigen Fällen eine vernünftige Erleichterung bringen – auch wenn dadurch die übermäßig bürokratische Konstruktion der B+T-Leistungen insgesamt nur unwesentlich verbessert werden kann. Die Beschlussfassung dieses Gesetzes im Bundestag ist für März 2013 (also noch in der laufenden Legislaturperiode) vorgesehen. Das Gesetz soll zum 1.8.2013 in Kraft treten.

 

Auf der anderen Seite greift die Begeisterung für zentralistische Steuerungsversuche im BMAS weiter um sich – und soll künftig auch im Bereich der B+T-Leistungen zum Tragen kommen. Dazu hat sich das BMAS jetzt von einem renommierten Institut ein (teures?) Gutachten erstellen lassen. Nach dem Vorschlag der Gutachter könnte eine intensivere Steuerung der Jobcenter durch das BMAS bei der Umsetzung des B+T-Pakets zum Beispiel dadurch bewerkstelligt werden, dass von Berlin aus folgende Vorgabe ausgegeben wird: „Möglichst für jedes berechtigte Kind in jedem Jahr mindestens eine B+T-Leistung!“ Die einzige Auswirkung einer solchen Zielvorgabe in der Praxis wäre allerdings, dass wir weiteren bürokratischen Prüfungs- und Statistikaufwand zu bewältigen hätten, um den Grad der Erfüllung dieser zentralistischen Zielvorgabe messen und belegen zu können (dann müsste z.B. vor jeder Kostenübernahme für einen Klassenausflug geprüft und statistisch erfasst werden, ob das gleiche Kind im laufenden Jahr vielleicht bereits Nachhilfe oder den Sportvereinsbeitrag bewilligt bekommen hat – oder noch nicht). Es bleibt abzuwarten, ob das Ministerium letztendlich uns doch von derart nutzloser, bürokratischer Selbstbeschäftigung verschonen wird – oder nicht.

 

 

Schließlich ist in § 46 Abs. 7 SGB II festgelegt, dass im Frühjahr 2013 eine Revision der Bundeserstattungen für die B+T-Ausgaben stattfindet – diese Bundeserstattung wird dann ab 2013 auf den Betrag begrenzt, der dem tatsächlichen, bundesweiten B+T-Aufwand des Vorjahres entspricht. Insgesamt ist dieses Anliegen des Bundes natürlich gerechtfertigt – der jetzt bekannt gewordene Verordnungsentwurf des BMAS zur Umsetzung dieser Revision würde für die Stadt Erlangen aber sehr nachteilige Folgen haben:

 

·         Entgegen der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung möchte der Bund diese Revision nicht erst ab 2013 greifen lassen, sondern zusätzlich auch noch eine nachträgliche Spitzabrechnung für das Jahr 2012 vornehmen – mit entsprechenden Rückforderungen gegenüber den Ländern (die diese Beträge dann in 2013 bei den Erstattungszahlungen an die Kommunen zusätzlich einbehalten werden)

·         Für die Verteilung der Bundeserstattungen ist nur eine bundeseinheitliche Quote vorgesehen und keine spezifisch ermittelten Länderquoten, die den jeweiligen tatsächlichen B+T-Aufwand aus dem Vorjahr berücksichtigen

·         Das bayStMAS ist bisher auch nicht bereit, bei der landesinternen Weiterverteilung der Bundesmittel an die einzelnen bayerischen Kommunen den im Vorjahr tatsächlich angefallenen B+T-Aufwand der jeweiligen Kommune zu berücksichtigen (angeblich zu kompliziert)

·         Im Ergebnis werden ab 2013 die Kommunen (wie die Stadt Erlangen) mit hoher Inanspruchnahme von B-T-Leistungen auf einem erheblichen Teil ihrer B+T-Kosten sitzen bleiben, während die Kommunen mit nur unterdurchschnittlichem B+T-Aufwand aus den Bundeserstattungen hohe Gewinne erzielen werden

 

Bei der letzten Tagung der Arbeits- und Sozialministerkonferenz Ende November in Hannover hat man sich jedenfalls darauf verständigt, sich mit den oben geschilderten Kritikpunkten an dem Verordnungsentwurf des BMAS vorerst nicht näher zu beschäftigen. Bei diesem Sachstand sieht sich die Verwaltung dazu gezwungen, für die anschließenden HH-Beratungen eine vorsichtige Schätzung für die in 2013 zu erwartenden Einnahmeausfälle vorzulegen.

 

 

 

 

 

 

6. Stand der Zielvereinbarung für 2013

 

Aufgrund einer Gesetzesänderung waren die Optionskommunen im Jahr 2012 erstmals verpflichtet, „freiwillig“ mit dem Land Bayern eine Zielvereinbarung über die zu erreichenden Ergebnisse der SGB II-Umsetzung abschließen (solche jährlichen Zielvereinbarungen müssen ebenfalls alle gEs mit der BA abschließen, sowie die BA mit dem BMAS und alle Bundesländer mit dem BMAS).

 

 

Darin hatte sich die Stadt Erlangen verpflichtet in 2012

·         die ausgezahlten Bundesleistungen zum Lebensunterhalt gegenüber dem Vorjahr zu senken (Ziel 1)

·         die Anzahl der Arbeitsmarktintegrationen gegenüber dem Vorjahr um 5,0 % zu steigern (Ziel 2) und

·         die Anzahl der Langzeitleistungsbezieher gegenüber dem Vorjahr um 2,5 % zu senken (Ziel 3).

Im Ergebnis (nach jetzigem Kenntnisstand) wurde in Erlangen – ebenso wie in praktisch allen Jobcentern in Deutschland – Ziel 2 deutlich verfehlt, Ziel 1 und Ziel 3 konnte dagegen erreicht werden.

 

Intern wurde zwar eingeräumt, dass die faktisch aufgezwungene Vorgabe zu Ziel 2 offenbar weit entfernt von einer echten Realisierungsmöglichkeit lag. Gleichwohl sind die Ministerien entschlossen, diese Methode auch für 2013 weiter anzuwenden. Wir haben uns entschieden, uns ohne große – weil nutzlose – Diskussionen zu fügen und haben signalisiert, für 2013 Ziele am unteren Rand des vorgegebenen „Korridors“ zu akzeptieren:

·         Ziel 1: Senkung der Bundesausgaben (wie bisher)

·         Ziel 2: Steigerung der Integrationen in den Arbeitsmarkt um 1,9 % gegenüber 2012

·         Ziel 3: Verringerung der Zahl der Langzeitleistungsbezieher um 1,0 % gegenüber 2012

Der Text der vom Ministerium vorgeschlagenen Zielvereinbarung für 2013 ist als Anlage beigefügt, damit sich jeder selbst seine Meinung über die Sinnhaftigkeit dieses zentralen Steuerungsinstrumentes bilden kann.

 

Besonders ärgerlich aus Sicht der Verwaltung ist dabei, dass durch die Formulierung einer solchen Zielvereinbarung zumindest indirekt die Einschätzung vermittelt wird, als ob Arbeitslosigkeit und Hilfebedürftigkeit der Menschen in Deutschland hauptsächlich dadurch überwunden werden könnten, dass die Beschäftigten in den Jobcentern nur endlich mehr Eifer bei ihrer Arbeit an den Tag legen und dass diesem Eifer durch die Vorgabe von ambitionierten Zielmarken „auf die Sprünge geholfen“ werden könne und müsse. Dabei hat sich doch schon bei der letzten Olympiade gezeigt, dass das Abschließen von Zielvereinbarungen über die Anzahl der zu erreichenden Goldmedaillen keineswegs geeignet ist, um dieses Ergebnis dann tatsächlich zu garantieren.

 

 

7. Prüfung der Jahresabrechnungen durch das BMAS

 

Bei der Prüfung unserer jährlichen Abrechnungen hatte die Prüfgruppe im BMAS zuletzt die Abrechnung für 2009 abschließend behandelt, mit einem für uns sehr erfreulichen Ergebnis (im Sachstandsbericht für die SGA-Sitzung vom 2.10.12 wurde darüber berichtet).

 

Zwischenzeitlich hat das BMAS selbst die Bemühungen verstärkt, den zeitlichen Abstand zum geprüften Zeitraum zu verringern. Die Prüfgruppe bearbeitet derzeit gleichzeitig die Jahresabschlüsse 2010 und 2011, ergänzt um den inhaltlichen Schwerpunkt „Korrektheit der abgerechneten Personalkosten“. Nach unseren ersten Eindrücken wird sich jedoch aus diesem leicht modifizierten Prüfverfahren des BMAS für uns keine Verringerung des erforderlichen Arbeitsaufwandes ergeben.

 


Anlagen:        Eckwerte

                        Aktueller Mittelverbrauch

                        Textentwurf Zielvereinbarung 2013

                        Sachstandsbericht der GGFA