Betreff
Finanzierungsmodelle für die StUB Dringlichkeitsantrag der SPD-Stadtratsfraktion Nr. 91/2012 zur Stadtratssitzung am 26. Juli 2012
Vorlage
II/176/2012
Aktenzeichen
II
Art
Beschlussvorlage
  1. Der „Kurz“-Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.
  2. Der Dringlichkeitsantrag der SPD-Stadtratsfraktion Nr. 91/2012 vom 17.07.2012 ist damit bearbeitet.

Die SPD-Stadtratsfraktion bittet mit ihrem Antrag (eingegangen am 17.07.2012) um eine Darstellung, welche Finanzierungsmodelle für die StUB möglich sind und eine Beurteilung zur jeweiligen Vorteilhaftigkeit. Des Weiteren sollen verschiedene aufgeführte Aspekte beachtet werden.

Der Fraktionsantrag wurde auf das Referat Wirtschaft und Finanzen zur federführenden Bearbeitung ausgezeichnet. Vorab möchte das Referat auf folgende grundsätzliche Dinge hinweisen:

Bei dem Projekt StUB ist das Finanzreferat nicht der „Herr des Verfahrens“ und ist somit auf Informationen und Unterlagen des federführenden Bau- und Planungsreferates angewiesen.
Unmittelbar an die Kämmerei gerichtete Informationen bzw. Unterlagen zur Bereitstellung von Finanzierungsmitteln im diesjährigen Haushalt bzw. für den Haushalt 2013 bzw. für das Investitionsprogramm bis 2015 liegen diesseits nicht vor. Im aktuellen Finanzplan bzw. Investitionsprogramm 2011 – 2015 findet sich in den „rosa Seiten“ auf Seite 657 ein Merkposten in Höhe von 350 Mio. Euro (wird im Haushaltsentwurf 2013 mit 182,3 Mio. Euro Ausgaben und 110 Mio. Euro Einzahlungen – neu – ausgewiesen).
In den Haushaltsgesprächen für das Jahr 2013 in den vergangenen zwei Wochen ist kein Antrag bzw. Protest für Haushaltsmittel in 2013 ff Jahre bei der Kämmerei vorgelegt worden.
Dies bedeutet, dass formell keine Anträge eingegangen sind, die sich für das Haushaltsjahr 2013 bis zum Planungszeitraum 2016 mit Finanzmitteln für die Stadt-Umland-Bahn beschäftigen.
Insofern ist die erste Frage des Fraktionsantrages mit den Auswirkungen verschiedener Szenarien auf das Investitionsprogramm nur spekulativ zu beantworten. Im Umwelt-, Verkehrs- und Planungsausschuss am 10.7.2012 wurde durch das Planungsreferat auf die Frage von Planungskosten in den nächsten Jahren für eine Förderantragstiefe eine Bandbreite von 4,275 Mio. Euro bis 5,415 Mio. Euro jeweils für die Jahre 2013 und 2014 benannt. Diese Beträge sind im aktuellen Investitionsprogramm nicht enthalten. Einnahmen aus Förderungen/Zuweisungen sind für diese Planungsausgaben nicht zu erwarten!

Wie aus den Unterlagen der Intraplan erkennbar, sind die dort gemachten Zahlenangaben darauf aufgebaut, dass ein Zweckverband gegründet wird, dieser alle Ausgaben sowohl für Planung und Bauwerk vornimmt und auch die jeweiligen Förderungen vereinnahmt. Mit Beginn der Inbetriebnahme – so die diesseitige Interpretation - sollen dann alle aufgelaufenen Kosten in ein „Darlehen“ umgestellt werden und dieses ist dann durch Ausgleichsbeträge der jeweiligen Verbandsmitglieder zu bedienen. Auf dieser Annahme beruhen auch die in den Unterlagen für den Stadtrat genannten 6,43 Mio. Euro, die sich „ab dem Jahr der Inbetriebnahme folgenden jährlichen Gesamtfolgekosten“ ergeben (dieser Betrag verändert sich in den darauffolgenden Jahren nur noch durch die Inflationsrate). Dies bedeutet, dass hier eine vollständige Fremdfinanzierung unterstellt ist.

Für die Stadt Erlangen ergeben sich aus heutiger Finanzlage folgende zwei Möglichkeiten. Entweder man stellt die jeweiligen notwendigen Mittel, die der Zweckverband benötigt in den eigenen Haushalt ein und finanziert diese (aus heutiger Erwartung aus Kreditaufnahmen) oder man lässt alle Kosten beim Zweckverband „auflaufen“ und beginnt mit der Begleichung ab der Inbetriebnahme. Beide Wege sind möglich, dürften aber rechnerisch zu keinen unterschiedlichen Ergebnissen führen, da die Kreditzinssätze im Falle der Finanzierung über den Haushalt bzw. im Falle über den Zweckverband die gleichen sein dürften. Insofern dürfte es keine Unterschiede zwischen einer Eigen- bzw. Fremdfinanzierung über den Zweckverband geben und damit erübrigt sich auch die Frage nach einem entsprechenden Verhältnis von Eigen- zur Fremdfinanzierung.
Zur Finanzentwicklung und Kreditaufnahmen in künftigen Jahren hat sich die Regierung von Mittelfranken in der letzten Haushaltsgenehmigung wie folgt kritisch geäußert: „Vor diesem Hintergrund ist es insbesondere geboten, kreditfinanzierte Investitionen sorgfältig zu überdenken und gegebenenfalls zu verschieben. Eine Genehmigungsfähigkeit der Kredite im Planungszeitraum wäre nach dem vorliegenden mittelfristigen Finanzplan nicht mehr gegeben!“

Aus den Unterlagen ist nachlesbar, dass als Rechtsform eine Zweckverbandslösung favorisiert wird. Beim Zweckverband ist zu berücksichtigen, dass die Mitglieder haften, woraus sich auch die besondere Kreditwürdigkeit eines Zweckverbandes ergibt. Bei einer GmbH stellt sich die Haftungsfrage natürlich ganz anders, Finanzierungen müssten über Kreditbürgschaften dargestellt werden. Zu erwarten ist, dass Banken im Falle von Finanzierung an GmbHs trotz einer Kommunalbürgschaft mit höheren Aufschlägen/Margen belegen, als im Falle einer Finanzierung über einen Zweckverband bzw. direkt über den städtischen Haushalt.
Es ist aber ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass gerade diese Frage nach der passenden Rechtsform eine ausführliche Prüfung und Recherche erfordert, die nicht im Rahmen eines Dringlichkeitsantrages mit der gebotenen Sorgfalt beantwortet werden kann. Zur ausführlichen Beantwortung dieser Frage müssten voraussichtlich externe Beratungsleistungen in Anspruch genommen werden.

Folgende Finanzierungsmöglichkeiten stehen einer Kommune im Falle einer Fremdfinanzierung im Haushalt zur Verfügung:

1.    Kassenkredit

2.    Kommunaldarlehen

3.    Finanzierungen im Rahmen eines ÖPP

4.    Anleihen bzw. Schuldscheindarlehen

5.    Bürgerkredit

Bisher bedient sich die Stadtverwaltung Erlangen der beiden klassischen Varianten Kassenkredit und Kommunaldarlehen. Die Finanzierung über ein ÖPP-Projekt ist beim Neubau des Bauhofs angewendet worden. Das entsprechende Darlehen ist in der Bilanz des EB 77 auch ausgewiesen und der EB 77 fungiert hier auch als der „normale“ Kreditnehmer.
Anleihen bzw. Schuldscheindarlehen sind bisher nicht zur Anwendung gekommen. In Deutschland verfügen die Städte Hannover und Essen über die entsprechenden Erfahrungen, Nürnberg überlegt derzeit die Auflage einer Anleihe. Wichtig ist zu erwähnen, dass aufgrund des großen Organisationsaufwands und der Prospektierungskosten solche Anleihen erst aber einer Höhe von 50 Mio. Euro aufwärts in Frage kommen können.

 

Eine alternative Finanzierungsform für Kommunen stellt der Bürgerkredit (auch Bürgerdarlehen) dar. Dies bedeutet, dass Kommunen das benötigte Fremdkapital für Investitions- oder Kassenkredite direkt bei Privatpersonen aufnehmen. Erste Erfahrungen damit haben gesammelt die Stadt Quickborn, die Stadt Aachen sowie die Stadt Göttingen. Die Erwartung ist, dass ein niedrigerer Zinssatz als bei der klassischen Kommunalfinanzierung bei einer Bank gezahlt werden muss. Bisher kann das Finanzreferat berichten, dass es bei der Aufnahme von klassischen Kommunaldarlehen sehr gute Konditionen am Markt erhalten hat und es deshalb nur sehr schwer vorzustellen ist, dass im Rahmen eines Bürgerkredites deutlich bessere Konditionen erzielt werden können als bei der klassischen Kommunalkredit-Finanzierung. Zu berücksichtigen ist außerdem der damit verbundene sicherlich nicht unerhebliche Organisationsaufwand in der Verwaltung für die Auflage und die Verwaltung eines Bürgerkredites. Vorteilhaft dürfte diese Variante nur dann werden können, wenn die Bürger, die das Geld für eine StUB zur Verfügung stellen mit einem sehr niedrigen Zinssatz bis hin zum Null-Kupon zufrieden wären. Ob dies eine realistische Variante sein kann, möchte das Finanzreferat nicht beurteilen.

 

Angesichts des bekannten Finanzplans bis 2015 mit seinen großen Lücken ist es nicht real zu erwarten, dass die StUB „aus dem laufenden Haushalt“ finanziert werden kann und keine Fremdmittel dafür nötig werden würden. Deswegen sollte man von vornherein davon ausgehen, dass der Eigenanteil der Stadt Erlangen mit seinen über 70 Mio. Euro zu einem ganz ganz großen Maße mit Krediten – egal ob Bank oder Bürger – finanziert werden müsste. Dies bedeutet, dass entsprechende Zins- und Tilgungsleistungen spätestens ab der Inbetriebnahme zur Bezahlung bzw. zur Bedienung fällig gestellt werden (zumal weitere größere Vermögensveräußerungen in der Stadt zur Gegenfinanzierung nicht zu erwarten sind). Diese müssten – auch unter dem Gesichtspunkt der letzten Haushaltsgenehmigung für das Jahr 2012 – nachhaltig durch Verbesserungen auf der Einnahmen- bzw. auf der Ausgabenseite finanziert werden. Ausgabenreduzierungen in dieser Größenordnung sind in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Geschätzt könnte die Schließung unseres Theaters mit der dann wegfallenden Personal-, Sach- und Gebäudekosten dieses Volumen von 6,4 Mio. Euro gerade zur Hälfte ergeben. Da solch eine Maßnahme aber nicht zu erwarten ist, müsste die Stadt über die entsprechende Finanzierung der künftigen Raten auf der Einnahmenseite nachdenken. Infrage kommen dafür eine Anhebung der Hebesätze bei Grund- und/oder Gewerbesteuer. In Proberechnungen hat das Finanzreferat ermittelt, dass zum Ausgleich der 6,4 Mio. Euro entweder der Hebesatz der Grundsteuer von 460 Punkten um 140 Punkte auf 600 angehoben werden müsste, was einer Erhöhung um 30% entsprechen würde. Alternativ könnte eine Finanzierung über die Gewerbesteuer erfolgen. Hierbei müsste dann der Hebesatz auf 490 bis 500 Punkte angehoben werden (rd. 15%). Ob und welche Konsolidierungsbeiträge die städtischen Töchter leisten können/wollen, ist auf die Schnelle nicht zu beantworten.

 

Aus der Bürgerschaft wurde an den Oberbürgermeister der Vorschlag eines Bürgerfonds zur Förderung der StUB herangetragen. Dem Finanzreferat sind bei kurzer Recherche keine positiven Beispiele aus anderen Kommunen bekannt geworden, aus der sich ableiten lässt, ob und wie erfolgsversprechend ein Bürgerfonds sein könnte. Weitere Bewertungen kann und möchte das Finanzreferat nicht abgeben.

 

Abschließend ist nochmals zu betonen, dass die Beantwortung der von der SPD gestellten Fragen in notwendiger Tiefe nicht in wenigen Stunden und Tagen erfolgen kann, sondern einen größeren Recherche-, Informations- und Beratungsbedarf benötigt. Deshalb sind die hier gemachten Aussagen des Finanzreferates als eine erste Einschätzung zu verstehen und dieser Bericht als ein Kurzbericht tituliert.

 

Fazit: Aus heutiger Einschätzung dürften Eigenfinanzierungen über Vermögensverkäufe oder Beiträge der Töchter oder Überschüsse aus den laufenden Haushalten nicht zu erwarten sein. Der Eigenanteil der Stadt wäre folglich über eine Fremdfinanzierung darzustellen. Egal ob im städtischen Haushalt oder über einen Zweckverband führt dies zu Folgekosten aus Zins und Tilgung (nicht zu vergessen sind auszugleichende Betriebsdefizite). Einen wirtschaftlichen Unterschied vermag das Finanzreferat hierbei nicht auszumachen; die Schulden eines Zweckverbandes wären in einem „Schatten-Haushalt“ ausgewiesen.

 


Anlagen:

Antrag der SPD-Stadtratsfraktion Nr. 91/2012 vom 17.7.2012