Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.
Der Fraktionsantrag der SPD-Stadtratsfraktion Nr. 086/2012 vom 11.7.2012 ist damit bearbeitet.
Bisher gibt es – leider – wenig konkretes, wie sich der
derzeit in der Ratifizierung befindliche Fiskalpakt auf Kommunalhaushalte und
damit speziell auf die Stadt Erlangen auswirken wird. Das Finanzreferat hat
sich in den vergangenen Wochen Informationen aus Veröffentlichungen und aus
Gesprächen mit der Geschäftsstelle des Bayerischen Städtetages besorgt, die dem
Stadtrat zur Beantwortung des Fraktionsantrages weitergegeben werden.
Im
Rahmen der Föderalismusreform 2009 wurde eine „deutsche“ Schuldenbremse beschlossen und im Grundgesetz
festgeschrieben. Inhalt ist, dass der Bund ab 2016 „nicht konjunkturbedingt“
Schulden in Höhe von max. 0,35% des Bruttoinlandsproduktes machen darf. Für die
Länder gilt ab 2020 die sog. „Nulllinie“, d. h. die Haushalte der Bundesländer
dürfen keinerlei Nettoneuverschuldungen struktureller Art mehr haben. Kommunen
sind in dieser beschlossenen Schuldenbremse ebenso wie Sozialversicherungen
nicht erwähnt.
Im
derzeit in der Ratifizierung befindlichen Fiskalpakt
werden neben Bund und Ländern auch Kommunen und Sozialversicherungen erwähnt.
Von den Quoten her ist der Fiskalpakt im Vergleich zur Schuldenbremse weniger
streng, er soll aber bereits ab 2014 gelten. Für den Bund wird die gleiche
Quote 0,35% des Bruttoinlandsproduktes wie in der Schuldenbremse genannt, für
Länder und Kommunen beträgt zusammen die Quote 0,15% des
Bruttoinlandsproduktes.
Den
kommunalen Finanzen wird nach Einschätzung des Städtetages bei der Einhaltung
des Fiskalpaktes eine wichtige Rolle zufallen. Die Länder tragen im Rahmen des
Fiskalvertrages die Verantwortung für ihre Kommunen. Durch die Miteinbeziehung
der Kommunen in den EU-Fiskalpakt werden die Länder in ihre
Konsolidierungspolitik vor deutliche größere Herausforderungen gestellt.
Deshalb soll in der nächsten Legislaturperiode ein
Bundesleistungsgesetz in Kraft treten und die Eingliederungshilfe für
Behinderte regeln. Damit kommt der Bund einer bereits seit vielen Jahren von
den kommunalen Spitzenverbänden erhobenen Forderung nach. Insbesondere von den
Ländervertretern wurde eine Beteiligung des Bundes von ca. 4 Mrd. Euro p. a.
(entspricht ca. 1/3 der Gesamtkosten) angegeben. Die Ausgaben für die
Eingliederungshilfe beliefen sich für die bayerischen Kommunen im Jahre 2010
auf ca. 2 Mrd. Euro. Würde sich der Bund mit etwa 1/3 der Kosten beteiligen,
gäbe es bei den bayerischen Kommunen eine Entlastung von rd. 670 Mio. Euro. Der
Einstieg des Bundes bei der Eingliederungshilfe mit einem Entlastungsvolumen
von 4 Mrd. Euro p. a. wäre damit ein elementarer Schritt zur Entlastung der
Kommunalhaushalte.
Im
Herbst 2012 soll über die Höhe der vom Bund an die Länder für den Zeitraum 2014
– 2019 zu zahlenden Entflechtungsmittel zur Verbesserung der kommunalen
Verkehrsverhältnisse entschieden werden.
Für die
Finanzierung von 30.000 zusätzlichen Plätzen für die Betreuung von unter
dreijährigen Kindern wird der Bund den Ländern jährlich 75 Mio. Euro für
Betriebskosten aus dem Umsatzsteueraufkommen überlassen.
An der
vom Bund im Rahmen des Vermittlungsverfahrens zur Neuregelung der
Grundsicherung für Arbeitssuchende im Jahr 2011 gemachten Zusage, dass zum
1.1.2014 die Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
vollständig zu übernehmen, wird festgehalten. Derzeit werden vom Bund 45% und
im Jahre 2013 75% erstattet. Da sich die Kostenübernahme jeweils auf das
Vorvorjahr bezieht, wird der Bund den Kommunen zusätzlich die Nettoausgaben (=
ausgabenlaufendes Jahr abzüglich Bundeserstattung für das Vorvorjahr)
erstatten.
Die
beschriebenen Vereinbarungen sind nach Bewertung des Bayerischen Städtetages
aus Sicht der Kommunen grundsätzlich zu begrüßen. Es liegt jetzt an Bund und
Ländern die Vereinbarungen zeitnah und transparent umzusetzen.
In der
zweiten Juliwoche haben sich die Finanzreferenten des Städtetages der Länder
zusammen mit der Hauptgeschäftsstelle des Deutschen Städtetages über die
Auswirkungen des Fiskalpakts auf die Haushalte beraten und diskutiert. Nach
deren Einschätzung kann letztlich keine seriöse Berechnung zu den
Auswirkungen auf die einzelnen Haushalte angestellt werden, weil u. a. viele
der im Rahmen der Bund-Länder-Verhandlungen getroffenen Vereinbarungen von der
Politik noch konkretisiert werden müssen. Wichtig ist, dass der Bund bis
einschl. 2019 das Sanktionsrisiko im Falle eines Verstoßes gegen den
Fiskalvertrag trägt und deshalb das Risiko, dass die Länder ihre Verschuldung
stärker kommunalisieren, sich deutlich reduziert hat.
Das
Finanzreferat hat von der Geschäftsstelle des Bayerischen Städtetages die in
der Anlage befindliche Pressemitteilung des Bundesministeriums für Finanzen zu
der vom BMF angestellten Mittelfristprojektion erhalten. Danach erfüllt
Deutschland „überraschenderweise“ bereits 2012 und auch mittelfristig die
Vorgaben des Fiskalpaktes (näheres siehe im dritten Absatz der Pressemitteilung
– Anlage). Die Einschätzung des Finanzministeriums darf aber nicht darüber hinwegtäuschen,
dass es im Falle eines Konjunktureinbruchs ganz anders aussehen kann und bei
diesem Szenario der Konsolidierungsdruck für alle staatlichen Ebenen (einschl.
der Kommunen) größer werden wird.
In 2011
hat das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland 2,57 Billionen Euro betragen. 0,15%
wären damit 3,8 Mrd. Euro für die Länder und kommunale Ebene. Das Bayerische
Bruttosozialprodukt war im 2011 knapp 450 Mrd. Euro. Würde darauf die Quote von
0,15% angewandt werden, wäre der bayerische Kreditrahmen 675 Mio. Euro.
Fazit: Unmittelbare Auswirkungen aus
dem jetzt in der Ratifizierung befindlichen Fiskalpakts sind bisher nicht
bekannt, z. B. in Form einer eigenen städtischen Kreditgrenze. Ob es eine geben
wird, bleibt abzuwarten. Mittelbare Auswirkungen sind jedenfalls zu erwarten,
wenn die 0,5%-Grenze bezogen auf das Bruttosozialprodukt (etwa 12,5 Mrd. Euro)
auf der staatlichen Ebene greift und zwar in Form von geringeren Zuweisungen
bzw. Beteiligungen des Bundes oder der Länder (z. B. Bund-Länder-Programm
Aktive Zentren, GVFG, etc.). Groß-Investitionen wie z. B. in die StuB sind
unter diesen Voraussetzungen schwer vorstellbar.
Erlangen
hat jetzt „von oben“ eingeführten Disziplinierungen schon länger sich selber
vorgegeben und das Ziel von Haushalten mit Nettoneuverschuldungen von 0
anzustreben. Von den letzten neun aufgestellten Haushalten waren fünf Haushalte
mit einer Nettoneuverschuldung von 0 oder besser.
Anlagen:
Anlage 1
Pressemitteilung des Bayerischen Städtetages
Anlage 2 SPD-Fraktionsantrag Nr. 086/2012 vom 11.7.2012