Betreff
Wohnberatung hier: SPD-Fraktionsantrag Nr. 111/2011 vom 11.10.2011
Vorlage
50/063/2011
Aktenzeichen
V/50/VOA
Art
Beschlussvorlage

Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen. Der SPD Fraktionsantrag Nr. 111/2011 vom 11.10.2011 ist damit bearbeitet.


Im oben genannten SPD Fraktionsantrag wird ein Bericht der Verwaltung im SGA gewünscht über

  • die bisherige Wohnberatung durch Seniorenamt und Behindertenberatung
  • die Planung, auch in Erlangen eine „Wohnberatung vor Ort“ aufzubauen
  • die Berücksichtigung der Ausbildungsinhalte, Arbeitsbegleitung und der finanziellen und personellen Konsequenzen.

Der Antrag verweist als Vorbild auf die, seit Mai 2011 im Landkreis Erlangen -Höchstadt existierende Wohnberatung durch 19 ehrenamtliche ausgebildete WohnberaterInnen hin. Nach Auskunft des Landratsamtes seien dort 19 ehrenamtliche Personen für eine Beratung vor Ort gefunden worden, die mit einem Aufwand von insgesamt ca 2.000 € qualifiziert worden seien und die seither insgesamt 17 Beratungen vor Ort durchgeführt hätten (dabei hätten 15 Anfragen aus dem Stadtgebiet zuständigkeitshalber nicht berücksichtigt werden können).

 

 

Die Geschichte der Bemühungen der Stadt Erlangen zum Aufbau einer Wohnberatung ist etwas länger als im Landkreis:

 

  • Seit 1980 gab es im Haus Dreycedern eine „Musterseniorenwohnung“, die gelegentlich von der dortigen Seniorenbetreuerin oder von der Hausleitung geöffnet wurde.
  • Im Jahr 1990 wurde auf Anregung der damaligen Bürgermeisterin und Sozialreferentin, Frau Niclas, eine Wohnberatungsstelle für Senioren beim städtischen Hochbauamt angesiedelt. Ein dort tätiger Architekt wurde halbtags für diese Aufgabe freigestellt. Er betrieb in den darauf folgenden vier Jahren intensive Öffentlichkeitsarbeit in Kirchengemeinden, Seniorenclubs usw. – die tatsächliche Inanspruchnahme der Einzelberatung war jedoch gering.
  • In der Folgezeit gab es Verhandlungen zwischen dem Sozialamt, der Uni Bamberg, einer Baufirma und verschiedenen Handwerksbetrieben über die Einrichtung eines Beratungszentrums zum Thema Hilfsmittel und Wohnen für Senioren - allerdings ohne greifbares Ergebnis.

·         Ab 1995 wurde in Kooperation zwischen dem Seniorenbüro (BRK), der Firma Mauss und einzelnen Handwerksbetrieben an einem zentralen Standort in der Nähe des Rathauses ein barrierefreies Bad, sowie eine barrierefreie Küche in großzügigen Räumen aufgebaut und an drei Tagen in der Woche ganztätig von Ehrenamtlichen betreut. Dieses Angebot wurde allerdings nach ca 5 Jahren wieder eingestellt

·         Ab ca. 2003 haben sich unabhängig voneinander zwei private Wohnberaterinnen als Existenzgründer angeboten. Sie wurden von der Stadt unterstützt und beworben. Beide haben ihre Tätigkeit jedoch bald wieder eingestellt.

·         Derzeit wird die Wohnberatung durchgeführt von den beiden Kolleginnen des Seniorenamtes, Frau Ehrensberger und Frau Albert, sowie von der Behindertenberatung, Herrn Grützner. Alle KollegInnen haben die erforderlichen Fortbildungen zum Wohnberater durchlaufen und sprechen sich je nach Fallgestaltung ab. Selbstverständlich erfolgen nicht nur Beratungen im Rathaus, sondern auch vor Ort. Die KollegInnen kooperieren dabei auch mit der Beratungsstelle barrierefreies Bauen in Nürnberg, die die kostenfreie Inanspruchnahme eines Beratungsangebots durch ein Mitglied der bayerischen Architektenkammer vorsieht.

 

Die Geschichte der Wohnberatung in Erlangen zeigt, dass in den vergangen 30 Jahren vielfältige Versuche der Einrichtung einer professionellen Beratungsstelle unternommen wurden – die jedoch alle wegen mangelnder Inanspruchnahme nach einiger Zeit wieder eingestellt werden mussten (obwohl zu vermuten ist, dass die Beratungsbedürfnisse in städtischen Wohnverhältnissen durchaus größer sein dürften, als im ländlichen Wohnumfeld). Es ist immer wieder festzustellen, dass bei der Wohnberatung Bedarf und Nachfrage stark auseinanderklaffen. Der objektive Bedarf für eine Umgestaltung des Wohnumfeldes im Alter ist sehr groß, die tatsächliche Nachfrage nach Beratung findet jedoch meistens erst dann statt, wenn „der Notfall“ droht oder bevorsteht (geringe Nachfrage nach präventiver und vorsorgender Beratung).

 

Eine kompetente Wohnberatung erfordert umfangreiches Fachwissen: Sie beginnt bei der neutralen und kompetenten Auskunft über existierende Hilfsmittel, über regionale und überregionale Anbieter, über Möglichkeiten des Hilfsmittelverleihs, sowie über Adressen aus dem ausführenden Handwerk. Neben der Frage der Hilfsmittel steht die Frage der Finanzierung im Mittelpunkt (Kostenbeteiligung der Pflegeversicherung? Finanzierungserleichterung zum Beispiel durch die KFW Bank?). Ein Wohnungsumbau ist selbstverständlich nur vor Ort zu klären und im Regelfall mit intensiven Gesprächen (auch mit den Familienangehörigen) verbunden. Darüber hinaus muss der Pflegeberater auch immer Bescheid wissen über aktuell nutzbare Unterstützungsangebote, zum Beispiel durch ambulante Pflegedienste, beziehungsweise engen Kontakt mit der städtischen Wohnungsvermittlung halten, falls eventuell nur ein Umzug in barrierefreie oder barrierearme Wohnungen in Betracht kommt.

 

Die erforderliche Ausbildung zum zertifizierten Wohnberater erfolgt durch die Fachstelle Wohnberatung in Bayern. Diese umfasst 100 Unterrichtseinheiten in einer Fortbildungswoche über 5 Tage, den Abschluss und die Zertifizierung über zwei Tage, sowie ca. 30 Stunden Praktika und kostet ca. 1.600 € plus Unterkunftskosten pro Person.

 

Es ist unbestritten, dass eine intensivere Inanspruchnahme der Wohnberatung, insbesondere der frühzeitig präventiven, nicht nur auf aktuelle Notfälle beschränkten Inanspruchnahme der Wohnberatung äußerst wünschenswert wäre. Aus diesem Grund hat die Verwaltung die Verantwortlichen des Landratsamtes auch darum gebeten, Beratung suchende Stadtbewohner, die vom Landkreis abgewiesen werden, auf die Beratungsangebote der Stadt Erlangen ausdrücklich hinzuweisen. Unter den derzeitigen Gegebenheiten ist die Verwaltung davon überzeugt, dass das bestehende Beratungsangebot mit 3 qualifizierten WohnberaterInnen im Seniorenamt und Behindertenberatung bedarfsgerecht und ausreichend ist.


Anlagen: