Die Sachstandsberichte von Sozialamt und GGFA zur Umsetzung des SGB II in der Stadt Erlangen werden zur Kenntnis genommen.
- Zahlenentwicklung
Bei der Anzahl der SGB II-Empfänger hat sich in Erlangen der erfreuliche
Trend nach unten in den letzten Monaten weiter fortgesetzt (in etwa
vergleichbar mit dem Bundestrend):
- Bei der
Anzahl der Bedarfsgemeinschaften wurde im September und Oktober 2011
erstmals die Schwelle von 2400 unterschritten.
- Bei den
erwerbsfähigen Leistungsberechtigten wurde im Oktober 2011 erstmals die
Schwelle von 3100 unterschritten.
- Bei den
Sozialgeldempfängern liegen wir seit August unter 1300 und haben im
Oktober den Wert von 1279 erreicht.
- Somit hat
sich die Gesamtzahl der von Hartz IV-Leistungen abhängigen Personen in
Erlangen seit Januar 2011 (4688 Personen) bis in den Oktober 2011 spürbar
auf 4364 Personen verringert.
Ein anderes Bild ergibt sich bei der Anzahl der statistisch als
Arbeitslose geführten Personen in Erlangen:
- Die Anzahl
der arbeitslosen SGB II-Empfänger stagniert seit etwa einem Jahr bei
aktuell 1340 Personen. Die SGB II-Arbeitslosenquote beträgt unverändert
2,3 %.
- Die
Gesamtzahl der Arbeitslosen in Erlangen (SGB II und SGB III) hat sich im
Laufe dieses Jahres spürbar verringert – die Gesamtarbeitslosenquote in
Erlangen sank in diesem Zeitraum von 4,0 % auf nunmehr 3,5 %. Dieser
Rückgang der Arbeitslosigkeit erfolgte praktisch ausschließlich im Bereich
der Kurzzeitarbeitslosen nach SGB III.
- Ein noch
stärkerer Rückgang der Gesamtarbeitslosigkeit seit Januar diesen Jahres
ist auch im Freistaat Bayern (von 4,8 % auf 3,3 %) und im Bund (von 7,9 %
auf 6,5 %) zu beobachten.
- Aus diesen
Zahlen lässt sich aber auch entnehmen, dass wir in Erlangen bei den SGB
II-Arbeitslosen offensichtlich bei einem festen Sockel angekommen sind,
bei dem sich durch Arbeitsvermittlung nur noch schwer eine Verringerung
der Arbeitslosenzahl erreichen lässt. Bei unseren Kunden steht überwiegend
die Beseitigung schwerer Vermittlungshemmnisse im Mittelpunkt, bevor an
eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration zu denken ist.
- Bildungs- und Teilhabeleistungen
Seit Einführung der neuen
Bildungs- und Teilhabeleistungen durch Gesetzesänderung von Ende März
2011 ist die Aufbauphase nunmehr weitgehend abgeschlossen. Dementsprechend
setzt sich der Trend zu verstärkter Inanspruchnahme weiter fort. Festzustellen
ist jedoch unverändert, dass
- die
Konstruktion der Ansprüche als nahezu ausschließlich individuelle Leistungsansprüche
von Einzelpersonen über z.T. minimale Kleinbeträge einen unverhältnismäßig
hohen Verwaltungsaufwand erfordert
- dass die
Inanspruchnahme durch Kinder aus Wohngeldfamilien nahezu doppelt so häufig
erfolgt wie bei Kindern aus SGB II-Familien. Die anderen Rechtskreise (SGB
XII, Kinderzuschlag, Asylbewerber, Geringverdiener) fallen zahlenmäßig
dagegen kaum ins Gewicht
- dass beim
Mittagessen an Schulen und bei den KiTa-Ausflügen seit der Einführung der
B+T-Leistungen eine deutliche Zunahme bzw. eine erfreulich hohe Nutzung
festzustellen ist
- dass die
B+T-Leistung Lernförderung (Nachhilfe) sich als sehr problematisch und
nicht effizient erwiesen hat. Wesentlich sinnvoller wäre es gewesen, das
hierfür zur Verfügung stehende Geld pauschal an die Schulen zu geben mit
der Verpflichtung, damit die innerschulische Lernförderung für schwächere
Schüler mitzufinanzieren und zu verbessern
- und dass bei
der B+T-Leistung soziale und kulturelle Teilhabe weder die musische
Betätigung noch die traditionellen Sportarten (Fußball, Handball) in
größerem Umfang profitieren, sondern vielmehr Kampfsportarten.
Aufgrund der bundesweiten Kritik aus den mit der Umsetzung befassten
Stellen zeichnen sich gewisse Chancen ab, dass möglicherweise in Zukunft
vielleicht doch eine Direktzahlung an die Eltern erlaubt werden könnte, wenn
die Eltern nachgewiesenermaßen in Vorleistung getreten sind (nach der
derzeitigen gesetzlichen Regelung ist dies generell nicht erlaubt). Ansonsten
deuten die Signale aus Berlin (Runde Tische bei der Bundesarbeitsministerin zum
Bildungs- und Teilhabepaket) darauf hin, dass derzeit immer noch keinerlei
Bereitschaft besteht, die übermäßig verwaltungsaufwendige Konstruktion der
Bildungs- und Teilhabeleistungen zu überdenken.
- Aktivitäten der Prüfungsorgane
- Bundesrechnungshof
In der Zeit vom 17. – 21. Oktober hat der Bundesrechnungshof in Erlangen
eine örtliche Prüfung des „Arbeitgeberservice“ (Arbeitsvermittlung)
durchgeführt. Der entsprechende Prüfungsbericht steht noch aus.
- Gesundheitsfonds
(Krankenkassen)
Für die Zeit ab 07.11. hat sich der Betriebskrankenkassenverband
Baden-Württemberg im Auftrag des Bundesversicherungsamtes (Gesundheitsfonds)
gleich für 3 Wochen mit bis zu 7 Prüfern zu einer örtlichen Prüfung über die
Abführung der Krankenkassenbeiträge angekündigt. Dazu mussten kistenweise auch
abgeschlossene Fallakten aus dem Archiv herbeigeschafft werden. Die Prüfung
dauert derzeit noch an.
- SGB
II-Prüfgruppe beim BMAS
Nachdem die Jahresabschlüsse des Jobcenters bis einschließlich 2008
bereits abschließend geprüft sind, hat die Prüfgruppe beim BMAS signalisiert,
dass bis zum Jahresende auch mit einem Prüfungsabschluss für die Jahresrechnung
2009 zu rechnen ist. Der Eingang des Prüfungsvermerks steht jedoch noch aus.
- Aktivitäten des Gesetzgebers
- Anpassung der
Regelsätze zum 01.01.2012
Die „Regelbedarfsstufen Fortschreibungsverordnung 2012“ (RBSFV 2012) auf
der Grundlage des § 138 Nr. 2 SGB XII wurde im Bundesgesetzblatt vom 26.10.2011
verkündet und tritt zum 01.01.2012 in Kraft. Danach steigt der Eckregelsatz für
Alleinstehende von 364,-- auf 374,-- €. Wie bereits im letzten
Sachstandsbericht informiert, steigen dagegen die Regelsätze für Kinder nur in
geringerem Maße bzw. überhaupt nicht, weil bei der letzten Regelsatzberechnung
hier eigentlich eine Kürzung hätte stattfinden müssen – aus Gründen des
Bestandsschutzes auf eine solche Kürzung seinerzeit jedoch verzichtet wurde.
Diese Regelsatzerhöhung im SGB XII wurde´durch Bekanntmachung des
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 20.10.2011 unverändert auch auf
den Bereich des SGB II erstreckt. Damit steigen die Regelsätze für
Hartz-IV-Empfänger ab dem 01.01.2012 im gleichen Umfang.
- Instrumentenreform
Das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen
(Instrumentenreform) wurde Ende September vom Bundestag mit den Stimmen der
Regierungskoalition beschlossen. Überraschenderweise wurde in der Sitzung des
Bundesrates am 14.10.2011 diesem Gesetz nicht zugestimmt und der Vermittlungsausschuss
angerufen. Zur Begründung wurde geltend gemacht, dass einige
arbeitsmarktpolitischen Instrumente der SGB II-Stellen noch verbessert werden
sollten. Da es sich jedoch um ein nicht zustimmungspflichtiges Gesetz handelt,
gehen alle Beobachter davon aus, dass der Bundestag diesen Einspruch des
Bundesrates überstimmen wird und das Gesetz somit zum 01.04.2012 in Kraft
treten kann.
- Finanzielle Ausstattung in 2012
Die neue Eingliederungsmittelverordnung 2012, aus der sich die
endgültigen Mittelzuweisungen aus dem Bundeshaushalt für die SGB II-Stellen
ergeben werden, ist zwar noch nicht verkündet, da vorher der Bundeshaushalt
2012 beschlossen sein muss. Ende Oktober wurden wir jedoch bereits vom BMAS
über die voraussichtlichen Mittelansätze 2012 informiert, wie sie sich aus dem
derzeit zur Beratung vorliegenden Entwurf des Bundeshaushalts ergeben würden.
Danach zeichnet sich folgende Mittelausstattung des Jobcenters Stadt Erlangen
in 2012 im Vergleich zu 2010 und 2011 ab:
Verwaltungsmittel:
2010 |
2011 |
2012 |
3,14 Mio |
3,06 Mio |
2,9 Mio |
Eingliederungsmittel (inkl. 50up-Mittel):
2010 |
2011 |
2012 |
3,522 Mio |
2,751 Mio |
2,192 Mio |
Aus diesen Zahlen wird deutlich, wie stark der Bund zu Lasten der
Arbeitsmarktintegration von Hartz IV-Empfängern seine Mittelzuteilung kürzt und
damit seiner Verantwortung nicht gerecht wird:
Die zugewiesenen Verwaltungsmittel sinken von 2010 auf 2012 um 7,65 %.
Nach der Eingliederungsmittelverordnung ist für die Zuteilung von
Verwaltungsmitteln das maßgebliche Kriterium die Anzahl der
Bedarfsgemeinschaften. Betrachtet man die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften in
Erlangen im letzten 2-Jahres-Zeitraum, so ist ebenfalls ein Rückgang der Anzahl
der Bedarfsgemeinschaften in Erlangen um ebenfalls 7,65 % festzustellen.
Demnach ist zuzugeben, dass die geplante Zuteilung an Verwaltungsmitteln für
2012 akzeptiert werden muss.
Anders sieht es bei den für 2012 eingeplanten Eingliederungsmitteln für
die Arbeitsmarktintegration von Hartz-IV-Empfängern aus: Die zugeteilten Bundesmittel
verringern sich hier von 2010 auf 2012 um 37,77 % - die Anzahl der
erwerbsfähigen Hilfeberechtigten (maßgebliches Kriterium nach der
Eingliederungsmittelverordnung für die Zuteilung von Eingliederungsmitteln) ist
jedoch in Erlangen in den vergangenen 2 Jahren nur um 9,5 % gesunken. Hier sind
überdimensionierte Kürzungen des Bundes festzustellen, die es im nächsten Jahr
den SGB II-Stellen äußerst schwer machen werden, möglichst viele Hilfeempfänger
möglichst effizient auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes vorzubereiten.
Dies gilt umso mehr für die Integrationsarbeit in Erlangen, wo nur noch wenig
direkt vermittelbare Kunden vorzufinden sind. Die Vorbereitung von Kunden mit
schweren Vermittlungshemmnissen, die in Erlangen immer zahlreicher werden, ist
jedoch langwierig und teuer. Mit den stark gekürzten Bundesmitteln wird es
unausweichlich sein, dass ein immer größer werdender Teil der Kunden mit
Integrationsmaßnahmen überhaupt nicht mehr bedient werden kann. Darüber hinaus
ist auch zu vermuten, dass bundesweit eine ganze Reihe von freien Trägern und
Bildungsträgern in finanzielle Schwierigkeiten geraten wird.
Die drastische Kürzung der Eingliederungsmittel durch den Bund im Jahr
2012 wird uns in Erlangen in jedem Fall in unserem Maßnahmeprogramm zu
schmerzhaften Einschnitten zwingen. Deshalb schlägt die Verwaltung im Rahmen
des heute eingebrachten Haushaltsentwurfs für 2012 erstmals wieder städtische
Zuschüsse in Höhe von 300.000,-- € an die GGFA zur ergänzenden Finanzierung von
Maßnahmen der Arbeitsmarktintegration vor, obwohl dies eigentlich
ausschließliche Aufgabe des Bundes wäre. Zur Finanzierung dieser städtischen
Zuschüsse soll z.T. auch die Einführung des sogenannten Systems der
Werkakademie beitragen. Im Einzelnen wird hierzu auf die heute vorgelegten
Haushaltsunterlagen verwiesen.
- Überregionale Aktivitäten und Entwicklungen
Zum 01.01.2012 werden die 41 neu zugelassenen kommunalen Träger – unter
ihnen auch 9 kreisfreie Städte – ihre Arbeit als Optionskommunen aufnehmen. Die
Stadt Erlangen ist den Kolleginnen und Kollegen soweit wie möglich dabei durch
Informationsaustausch behilflich. Die 6 neuen bayerischen Optionskommunen
arbeiten bereits im Arbeitskreis Bayerischer Optionskommunen seit längerem voll
integriert mit.
Die bundesweiten Treffen der – nicht mehr 67, sondern 108 –
Optionskommunen finden mittlerweile bereits ebenfalls in der großen Runde
statt. Erfreulicherweise erfolgen diese Termine mittlerweile auch nicht mehr nur
in der Verantwortung des Deutschen Landkreistages, sondern unter gemeinsamer
Verantwortung durch den Deutschen Landkreistag und den Deutschen Städtetag.
Auch bei den Benchmark-Vergleichsringen zeichnet sich ab, dass ab dem
nächsten Jahr alle 108 Optionskommunen an dieser Vergleichsringarbeit
teilnehmen werden. Allerdings ist es dazu noch erforderlich, dass die
bisherigen 7 Vergleichsringe aufgelöst werden und die neuen 10 bis 11
Vergleichsringe in ihrer Zusammensetzung neu zusammengestellt werden müssen.
Die mit großen Erwartungen des BMAS verbundene Einführung von Kennzahlen
der SGB II-Stellen sowie die Einführung von Zielvereinbarungen (zwischen
Bund und Ländern bzw. BA sowie zwischen Ländern bzw. BA und den einzelnen SGB
II-Stellen) läuft derzeit für 2012 nur schleppend. Obwohl der Beginn des Jahres
2012 kurz bevorsteht, gab es ein längeres Ringen zwischen Bund und Ländern über
die Formulierung der Zielvereinbarungen und die Höhe der darin enthaltenen
Zielvorgaben. Seit dem 9.11. ist uns nun zumindest die sog. Referenzwerte
(vorgeschlagene Zielwerte) des BayStMAS für die Zielvereinbarung 2012 mit dem
Jobcenter der Stadt Erlangen bekannt. Danach werden folgende Zielvorgaben
vorgeschlagen:
·
Ziel 1
(Verringerung der Hilfebedürftigkeit): keine zahlenmäßige Zielvorgabe
·
Ziel 2
(Verbesserung der Integration in Erwerbstätigkeit): Erhöhung der
Integrationsquote um 4,4 %
·
Ziel 3
(Vermeidung von langfristigem Leistungsbezug): Verringerung des Bestandes an
Langzeitleistungsbeziehern um 3,7 %
In der Verwaltung ist die Meinungsbildung darüber noch im Gange,
inwieweit es überhaupt möglich oder sinnvoll ist, über solche Zielvorgaben
überhaupt in Verhandlungen einzutreten. Deshalb müssen hier zunächst die
weiteren Gespräche mit dem Ministerium abgewartet werden.
Amt 50 zur Aufnahme in die Sitzungsniederschrift.
Jeweils in Kopie Amt 501/Fr. Werner und GGFA/H. Lindner sowie Ref. V/Fr. Dr. Preuß und Ref. II/H. Beugel jeweils zur Kenntnis.
Kopie Amt 50 zum Vorgang.