Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.
Im periodisch erscheinenden Mitteilungsblatt des Zentrum Bayern Familie und Soziales und des Bayerischen Landesjugendamt erschien in der Ausgabe 2011/2, anlässlich der seit 20 Jahren bestehenden gesetzlichen Verankerung der Jugendhilfeplanung, ein Beitrag von Hans Reinfelder.
Dieser wird im Nachfolgenden in gekürzter Fassung wieder gegeben.
20 Jahre gesetzliche Verankerung der
1. Erwartungen an die
Planung
Beteiligung freier
Träger, Aufgabe des Jugendhilfeausschusses
Schon allein der Blick ins Gesetz offenbart einen Teil
dieser Erwartungshaltungen, nämlich die des Gesetzgebers. Die Anforderungen des
§ 80 Abs. 3 SGB VIII sind dafür ein gutes Beispiel. Nach dieser Vorschrift
haben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe die anerkannten Träger der freien
Jugendhilfe in allen Phasen ihrer Planung frühzeitig zu beteiligen. Zu diesem
Zweck sind sie vom Jugendhilfeausschuss im Rahmen der
Bestandsfeststellung
Ginge es aber nur um die Beteiligung der freien Träger an
der
Erwartet wird zunächst einmal, dass
Bedürfnisfeststellung
und Bedarfsermittlung
Dieses Bild leitet bereits zu dem nächsten gesetzlichen Auftrag über. Gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB VIII sind im Rahmen der Planung die notwendigen Dienste und Einrichtungen unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Personensorgeberechtigten für einen mittelfristigen Zeitraum zu ermitteln und daraus der zur Befriedigung der Bedürfnisse notwendige Bedarf an Diensten, Leistungen und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zu planen. Zieht man hier eine Parallele zu wirtschaftlichen Denkweisen, fällt ein Vergleich mit kaufmännischen Termini schwer. Anders als in der freien Wirtschaft, bei der es eine Grundvoraussetzung wirtschaftlichen Erfolges ist, den Wünschen der Kunden genau zu entsprechen, wird an dieser Stelle im SGB VIII sehr genau zwischen geäußerten Bedürfnissen und den daraus erwachsenden Bedarfen beim Jugendhilfeträger unterschieden . Die von den Bürgerinnen und Bürgern im Jugendamtsbezirk geäußerten Bedürfnisse sind gerade nicht eins zu eins gleichzusetzen mit dem, was der öffentliche Träger der Jugendhilfe letztendlich an Leistungen vorzuhalten hat. Die öffentlichen Träger der Jugendhilfe- sozusagen als Organe der Aufrechterhaltung eines demokratischen Sozialstaates- müssen einen weiteren Schritt tun, um zu definieren, welche Leistungen sie anzubieten haben. Aus den Bedürfnissen der Bevölkerung im Jugendamtsbezirk ist der Bedarf durch den Jugendhilfeträger zu ermitteln. Es wird praktisch ein staatliches Regulativ eingeführt, das die Bedürfnisse der Menschen mit den fachlichen Grundsätzen der Jugendhilfe abgleicht. Nur Hilfestellungen und Maßnahmen, die auch aus fachlicher Sicht Erfolg versprechen, können einen Bedarf erzeugen. Aber auch ethische, moralische und soziale Erwägungen sind anzustellen. So darf z. B. dem möglicherweise geäußerten Wunsch einzelner Bürgerinnen und Bürger nach Einstellung der Jugendhilfeleistungen für Familien mit Migrationshintergrund natürlich nicht nachgekommen werden. Anders als der freie Unternehmer, der auch Autos mit hohem Kraftstoffverbrauch produzieren kann, ohne sich konkret Gedanken über die Umweltverträglichkeit zu machen, muss der öffentlichen Leistungserbringer ·oben genannte Vorgaben in seine Planungen mit einbeziehen.
Unvorhergesehener
Bedarf
Dass der
Gesetzgeber bei der Definition dessen, was Jugendhilfeplanung leisten soll,
nicht nur sehr hohe Ansprüche, sondern durchaus ein festes Vertrauen in die
"hellseherischen" Fähigkeiten des Jugendamts und des
Jugendhilfeausschusses hat, zeig t§ 80 Abs 1 Nr. 3 SGB VIII. Diese
Gesetzespassage schreibt vor, dass bei der Frage des notwendigen Bedarfes auch
Vorsorge zu treffen ist, dass ein unvorhergesehener Bedarf befriedigt wird. Es
dürfte nicht sehr leicht sein, einen Bedarf, mit dem man nicht rechnet,
trotzdem faktisch fest mit einzuplanen.
Planungsvorgaben
Der Gesetzgeber
erwartet bereits in den eher technischen Vorschriften- der
§ 80 Abs. 2 SGB
VIII gibt z. B. vor, dass Einrichtungen und Dienste so geplant werden sollen,
dass
·
insbesondere
die Kontakte in der Familie und im sozialen Umfeld erhalten und gepflegt werden
können,
·
ein
möglichst wirksames, vielfältiges und aufeinander abgestimmtes Angebot von Jugendhilfeleistungen
gewährleistet ist,
·
junge
Menschen und Familien in gefährdeten Lebens- und Wohnbereichen besonders
gefördert werden und- zu guter Letzt-
·
Mütter
und Väter Aufgaben in der Familie und Erwerbstätigkeit besser miteinander vereinbaren
können.
Die Erwartungen an
die
Finanzierungsfragen
Dieser
Erwartungshaltung kann auch die Politik angesichts der finanziellen- Lage der
Kommunen nur sehr schwer nachkommen. Bei der Frage, wie dieses "Ultra' all
inklusive Paket" finanziert werden soll, ist der Gesetzgeber weniger
beredt. Ein kleiner Hinweis ist § 71 Abs. 2 SGB VIII zu entnehmen, der dem
Jugendhilfeausschuss das Beschlussrecht "im Rahmen der von der
Vertretungskörperschaft zur Verfügung bereitgestellten Mittel" zugesteht.
Gerade diese Vorschrift zeigt den Spannungsbogen zwischen dem "Ultra
all-inklusive Paket" und den jeweiligen Haushaltsordnungen der Kommunen.
Art. 55 Bayerische Landkreisordnung bzw. Art. 61 Bayerische Gemeindeordnung
verpflichten die örtlichen öffentlichen Träger der Jugendhilfe zu einer
sparsamen Mittelverwaltung. Danach ist die "Haushaltswirtschaft der
Landkreise und kreisfreien Städte sparsam und wirtschaftlich zu planen und zu
führen".
Für die
Durchsetzung dieser Maximen sorgt spätestens die Kämmerei bei den Haushaltsverhandlungen.
Häufig wird unausgesprochen erwartet, dass
Fachliche Weiterentwicklung
Vielerorts wird von der
Diese fachliche
Weiterentwicklung und die Erwartung an eine optimierte Leistungserbringung
gehen damit einher, dass auch die berechtigte Erwartung besteht, dass die
Effektivität und Effizienz der Leistungen (möglichst wissenschaftlich) nachgewiesen
werden können. Ganz praktisch gesprochen bedeutet dies, dass wenn ein Kind in
einem teuren Heim untergebracht werden muss (also letztendlich eine Leistung
nach §. 34 SGB VIII an die Eltern erbracht wird), mit dem gezahlten Geld aus
der Jugendhilfe auch die Bedingungen des § 34 SGB VIII effektiv und endgültig
erfüllt werden sollten. Dies bedeutet, dass die Kinder entsprechend ihrem
Alters- und Entwicklungsstand bestmöglich gefördert werden und Erziehungsbedingungen
in der Herkunftsfamilie so weit gestärkt werden, dass die Kinder (möglichst in
kurzer Zeit) wieder in die Familie zurückkehren können. Stellt man (möglichst
bald) fest, dass eine Rückkehr ins Elternhaus nicht mehr möglich sein wird, so
ist der bzw. die Jugendliche (möglichst schnell) zu verselbstständigen. Dies
bedeutet, dass er oder sie (möglichst schnell) auf eigenen Füßen steht, der
Jugendhilfe nicht mehr bedarf und zukünftig ein Leben als ordentliches Mitglied
(und Steuerzahlerin bzw. Steuerzahler) in unserer Gesellschaft führt. Dabei
möge er oder sie doch später bitte nicht arbeitslos werden und bitte auch nicht
mit dem Gesetzgeber in Konflikt kommen. Es besteht sicherlich zu Recht die Erwartung,
dass der öffentliche Träger der Jugendhilfe den Nachweis erbringt, dass die
eingesetzten Geldmittel (die ja nicht im geringen Ausmaß in die Heimerziehung
fließen) sparsam und wirtschaftlich verwendet werden. Jugendhilfe tut gut
daran, dann auch den Beweis zu führen, dass sie die gesetzlich geforderten
Ziele erreicht.
Es ist eine extrem
komplexe Herausforderung, zum einen die Wirtschaftlichkeit im Auge zu behalten, zum anderen fachliche
Entwicklungen zu begleiten, zu fördern, den Nachweis zu erbringen, dass die
fachlichen Ansätze auch den Anforderungen an die jeweilige Leistung
entsprechen, dass die Personen, an die die Leistungen erbracht werden, auch mit
dieser Leistung zufrieden sind und diese Leistungen den Bedürfnissen und
Interessen entsprechen. Bei den oft sehr heterogenen Ansprüchen der Bevölkerung
und den Wirtschaftslagen der Kommunen ein sicherlich nicht einfaches
Unterfangen.
Einbindung
anderer Bereiche
Bisher wurden die.
Erwartungshaltungen an die
Die gesetzlichen
Erwartungshaltungen an die Jugendhilfe sind auch hier sehr hoch. Denn
letztendlich soll Jugendhilfe auf Felder Einfluss nehmen, in denen sie keine
eigenständigen Gestaltungsmöglichkeiten hat. Felder, in denen andere
sprichwörtlich "die Hosen anhaben". Letztendlich erwarten die §§ 80
Abs. 4 und 81 SGB VIII von der Jugendhilfe eine Leitorientierung im Bereich der
Entwicklung junger Menschen und ihrer Familien.
Lesbarkeit des
Planes
Damit ein
Jugendhilfeplan allerdings all diesen hohen Erwartungen gerecht werden kann,
bedarf es einer grundlegenden Voraussetzung: Der Jugendhilfeplan muss so
gestaltet sein, dass er verständlich ist. Es nutzt nichts, einen 400 bis 500
Seiten umfassenden Plan zu erstellen, der mit sozialpädagogischen
Fachausdrücken nur so gespickt ist, aber von den politischen Akteuren in den
Landkreisen und Städten weder gelesen, noch verstanden werden kann. Ein
Jugendhilfeplan muss die Aufgaben der Politikberatung meistern können. Er muss
die Möglichkeiten und Chancen, die durch Maßnahmen der Jugendhilfe bestehen,
für "relative Laien" verständlich darstellen können. In letzter
Konsequenz werden die verbindlichen Entscheidungen von den Kreis- und
Stadtgremien getroffen. Diese Gremien erwarten zu Recht eine fachliche
Unterstützung, die aufzeigt, welche Konsequenzen ihre Entscheidungen haben
können. . .
Der Spagat zwischen
Verständlichkeit und Übersichtlichkeit eines Planes und den Zielen einer
fachlichen Weiterentwicklung- bei gleichzeitiger Darlegung der Planungsziele
aus § 80 SGB VIII- ist nicht einfach zu meistern. Er stellt für die
Jugendhilfeplanerinnen und -planer oft eine der größten Schwierigkeiten dar.
Nicht umsonst lautet ein Sprichwort des Österreichischen Dichters Karl Heinrich
Waggerl:
"Nichts ist
einfacher als sich schwierig auszudrücken, und nichts ist schwieriger als sich
einfach auszudrücken".
2.
Lösungsansätze im Spiegel der Zeit
Die bislang aufgezeigten
Erwartungshaltungen an die Jugendhilfeplanung sind nur ein Teil derer, die es
vor Ort gibt. Eine vollständige Aufzählung würde den Rahmen sprengen und ist
zudem auch nicht möglich. Offensichtlich ist, wie schwierig der Prozess der
Jugendhilfeplanung und der Erstellung eines Jugendhilfeplanes ist. Der
Gesetzgeber kam mit der Idee der Jugendhilfeplanung mit dem SGB VIII im Jahre.
1990 relativ überraschend auf die öffentliche Jugendhilfe zu. Zwar bestand
schon zu Zeiten des JWG die fachpolitische Forderung nach Jugendhilfeplanung.
Erst 1990 wurde allerdings die gesetzliche Verpflichtung zur Jugendhilfeplanung
eingeführt und so mag es nicht verwundern, dass sich Jugendhilfe zunächst einmal
schwer tat (und vielleicht auch immer noch tut), mit dem Gebilde der
Jugendhilfeplanung umzugehen. Der Umgang mit der Jugendhilfeplanung lässt sich
aber auch im Spiegel der Zeit beobachten.
Braucht es einen Plan?
Eine der ersten
Abwehrhaltungen bildete sich nach Einführung des Gesetzes sehr schnell heraus.
Sie gipfelte in der Feststellung, dass Planung doch gar nichts Neues sei und natürlich schon immer irgendwie
stattgefunden habe. Diese Feststellung war und
ist richtig. Es wurde daraus jedoch der falsche Schluss gezogen, dass
Planung nach§ 80 SGB VIII damit per se nicht notwendig sei. Ein Protagonist der
ersten Stunde war Direktor Dieter Hertlein vom Bayerischen
Landkreistag, der den Satz prägte:
"Jugendhilfeplanung findet im Kopf des Jugendamtsleiters statt." Zur
Ehrenrettung von Direktor Hertlein muss
allerdings angeführt werden, dass er auch der erste bei den Kommunalen Spitzenverbänden war, der
mindestens eine halbe Planungsfachkraft in jedem Landkreis forderte und dies
auch als Empfehlung an die Landkreise herausgab.
Prozess oder Plan?
in den
folgenden Jahren stritt sich die
Fachwelt dann um die Frage: Plan
oder Planung? Dieser Streit über die Form der Jugendhilfeplanung
fand vor allen Dingen zu Beginn, also in den frühen 90er Jahren, statt. Es war
das große "Schlachtfeld" der Theoretiker der Jugendhilfe: Was
beinhaltet die gesetzliche Forderung wirklich? Bedarf es eines konkreten Plans, der schriftlich festlegt, was zu geschehen hat, oder reicht es aus,
oder ist es vielleicht sogar
besser, nur einen Planungsprozess inner halb eines Landkreises anzustoßen und am Leben zu halten, weil derart komplexe Vorgänge nie zu Papier gebracht werden können und sich zeitlich schnell überholen? Nicht ganz
von der Hand weisen lässt
sich der Verdacht, dass diese Theorie nur eine ausgefeiltere Begründung für die Planungsverweigerung bietet. Hat doch
diese Ansicht den Vorteil, dass jede Besprechung zwischen den Trägern der
Jugendhilfe in Jugendhilfeangelegenheiten bereits als Planung nach § 80 SGB
VIII bezeichnet werden kann und somit
kein weiterer Aufwand vonnöten ist.
Planungsprozess und Plan sind aber keine Gegensätze, die sich ausschließen.
Im Gegenteil, es bedarf Beider:
Seiten der Jugendhilfe diese Dinge
im Planungszeitraum umsetzen möchte. Darin darf sich aber Jugendhilfeplanung nicht
erschöpfen! Jugendhilfeplanung ist naturgemäß auch ein Prozess, der unter Aushandlung all derer, die sich mit Jugendhilfe in einem Landkreis oder einer
Stadt beschäftigen, stattfindet. Durch diesen
werden Dinge vorangetrieben
und für Verständigung unter den Partnern
der Jugendhilfe, den öffentlichen und
den freien Jugendhilfeträgern, gesorgt und dabei gleichzeitig die
bisherigen Schlussfolgerungen hinterfragt und
bewertet.
Einführung der
Neuen Steuerungsmodelle (NSM)
Dieser Streit wurde
Mitte der 90er Jahre überlagert von der Diskussion über die Neuen
Steuerungsmodelle. Sie folgte der Logik, dass das Kinder- und Jugendhilfegesetz
größtenteils Dienstleistungen an Menschen beschreibt, die gar nicht so
abweichend sind von den Dienstleistungen in der freien Wirtschaft. Das
Jugendamt wird im NSM als ein Dienstleistungsunternehmen für den Bürger
betrachtet, das von der freien Wirtschaft nur lernen könne und somit auch nach
Unternehmensgrundsätzen
geführt werden
solle. Unternehmensgrundsätze, die letztendlich von den erfolgreichen Wirtschaftsunternehmen
der Bundesrepublik Deutschland kopiert werden könnten. Es war die
„Hochzeit" der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung
(KGSt), die das Steuerungsmodell für die öffentlichen Träger erfand und mit der
Wirtschaft entlehnten Schlagworten wie Controlling, Benchmarking,
Outputorientierung, Kennzahlensteuerung u. ä. für viel neuen Wind in den
Jugendämtern sorgte. Die daraus resultierende Diskussion über neue
Verfahrenswege, Arbeitsansätze und Kundenfreundlichkeit drängte die
Jugendhilfeplanung zunächst in den Hintergrund. Wer nun modern sein wollte,
verschrieb sich den NSM mit ihren Produktbeschreibungen und Kennzahlen und
Kennzahlenvergleichen. Eine der Folgen war, dass die Jugendhilfeplanung
vielerorts nicht mehr stattfand,
schließlich gab es
doch ein moderneres Mittel, das alle Probleme der Jugendhilfe nach den
Grundsätzen der freien Wirtschaft anging und lösen sollte. Die Jugendhilfe
wurde damit (vermeintlich) aufgewertet, denn die neuen Instrumente waren die
der Manager, Geschäftsführer und Vorstände. So manch ein Beschäftigter in der
Jugendhilfe fühlte sich daher mit ihnen auf der gleichen Ebene (mit Ausnahme
der Bezahlung!).
Dieser Ansatz ist
jedoch fragwürdig, denn Art. 20 BGB schreibt vor, dass die Bundesrepublik
Deutschland ein sozialer Rechtsstaat ist und in diesem die Administration an
die Gesetze eines Landes gebunden ist. Es ist daher banale Wahrheit, dass zu
allererst die Vorschrift des § 80 SGB VIII eine Jugendhilfeplanung erfordert
und nicht vorrangig die Einführung neuer Steuerungsmodelle. Im Laufe der Zeit
wuchs die Erkenntnis, dass sich die gesetzlich vorgeschriebene Erbringung von
sozialen, Leistungen für die Bürgerinnen und Bürgern vom Autoverkauf oder dem
Verkauf von Versicherungspolicen maßgeblich unterscheidet. Ende der 90er Jahre
begann zudem
auch langsam die
Wirtschaff zu kränkeln. Spätestens seit Stichworten wie Quelle, Arcandor, Opel
oder Bankencrash sollte es nicht mehr unbedingt vorrangiges Ziel sozialer
Dienstleister sein, Wirtschaftsunternehmen nachzueifern. Der öffentliche
Jugendhilfeträger wird seine Leistungen immer .anbieten müssen, so lange die
Bundesrepublik als Sozialstaat besteht. Auch ist es im Gegensatz zu Unternehmen
der freien Wirtschaft nicht möglich, einzelne Bereiche nicht mehr zu
bewirtschaften oder aus Kostengründen ins Ausland zu verlagern. Im Gegenteil:
es muss gerade Ziel sein, den Bürgerinnen und Bürgern im Wirkungskreis des
Jugendamtes passgenaue Leistungen anzubieten und sie bei der tagtäglichen
Erziehungsarbeit zu unterstützen.
Folgt man der Logik
des Sozialstaatsprinzips und der daraus erwachsenen Sozialgesetzbücher, so ist
zu konstatieren: Je mehr sich die wirtschaftliche und damit auch die soziale
Lage der Bürgerinnen und Bürgern verschlechtert, desto häufiger wird eine
Inanspruchnahme der Sozialleistungen erforderlich sein. Darüber hinaus gilt es
zu bedenken, dass soziale Faktoren innerhalb der Kommunen immer mehr zu
sogenannten weichen Standortfaktoren werden. Diese spielen eine nicht
unwesentliche Rolle für Unternehmensansiedlungen, aber auch für die Bürgerinnen
und Bürgern, wenn es um die Fragen geht: Wo lasse ich mich nieder, wo baue ich
ein Haus? In welchem Bereich möchte ich, dass meine Kinder zur Schule gehen?
Nachdem die neuen
Steuerungsmodelle ihren Höhepunkt überschritten hatten und sich nach der ersten
Euphorie eine gewisse objektive Betrachtungsweise eingestellt hatte, ging es wieder
etwas weniger „aufgeregt" mit der
Arbeit an der Jugendhilfeplanung weiter.
Erstellen von
Fachplänen, Teilplänen
ln den letzten
Jahren werden Jugendämter vermehrt durch die Bedingungen in öffentlichen
Förderprogrammen aufgefordert, jugendhilfeplanerische Aktivitäten nachzuweisen.
So fordern die Förderprogramme des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit
und Sozialordnung, Familie und Frauen zu Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS)',
zum Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG) oder zu den
Koordinierenden Kinderschutzstellen (Koki)'dezidiert den Nachweis des Bedarfes
durch Jugendhilfeplanung. Auf diesem Weg werden (immer noch) planungsresistente
Kommunen gezwungen, zumindest in Teilbereichen eine grundstämmige
Jugendhilfeplanung durchzuführen, auch wenn sie bisher nicht von deren Nutzen
überzeugt waren. So hilfreich diese Voraussetzung für das Entstehen von
Jugendhilfeplänen ist, so verleitet sie doch manche Kommune zu einer gewissen
Selbstzufriedenheit
und zur falschen Erkenntnis, dass die Planung eines kleinen Teilbereiches der
Jugendhilfe schon ausreicht, um die Anforderungen des§ 80 SGB VIII zu erfüllen.
Auf die Gesamtsicht der Jugendhilfe und ein planerisches Herangehen wird oft
weiterhin verzichtet.
Plädoyer für
Jugendhilfeplanung
Leider verleitet die
Finanzsituation in vielen Kommunen die örtlich Verantwortlichen zu einer
Verkennung des wirklichen Nutzens einer alle Bereiche umfassenden
Jugendhilfeplanung. Noch kostenbewusstere Kommunen" verzichten auch 20
Jahre nach der Einführung des KJHG noch immer fast gänzlich auf eine solche.
Sie sind der Meinung, dass die kostengünstigste Jugendhilfeplanung diese ist,
einfach gar keine Jugendhilfeplanung zu. betreiben. Eine Schlussfolgerung, der
einige wenige Jugendämter in Deutschland verfallen sind. Dass hier am fälschen
Ende gespart wird, muss an dieser Stelle wohl nicht weiter ausgeführt werden.
Sicherlich sind die Anforderungen an den Jugendhilfeplan sehr komplex und
Jugendhilfeplanung ist ein sehr schwieriges Arbeitsfeld im Bereich der
Jugendhilfe. Es lohnt sich aber, in diesen Bereich zu investieren, Fachkräfte
des Jugendamtes dort zu beschäftigen und
den
Jugendhilfeausschuss mit Dingen der Planung zu „belästigen". Werden die zu
erwartenden Entwicklungen für die Zukunft etwas näher betracht, kann festgestellt
werden, dass ohne ein planerisches Herangehen im Grunde nur unkoordinierte
Maßnahmen auf Zuruf und je nach politischer oder- schlimmer- nach medialer
Wetterlage entstehen.
3. Ein Blick in
die Zukunft der Planung
Was bedeutet dies
nun konkret für die Zukunft der Jugendhilfeplanung? Welche Anforderungen werden
zukünftig auf die Jugendhilfe und damit auf die Jugendhilfeplanung zukommen?
Beispielhaft soll auf drei Entwicklungen eingegangen werden, mit denen sich Jugendhilfeplanung
vermehrt auseinandersetzen
muss. Bei einem
Blick nach vorn
liegen sie in der nächsten, in der näheren und in der ferneren Zukunft.
Sozialleistung I
Familienbildung
Ein Blick auf die
letzten Jahre zeigt, dass Jugendhilfe immer mehr vor dem Hintergrund des
staatlichen Wächteramtes definiert wird.
Als Hauptziel gilt,
dass keine Kinder in ihrem näheren und weiteren Umfeld zu Schaden kommen. Wenn
man den Medienberichten Glauben schenkt, werden immer mehr Kinder von ihren
Eltern getötet und misshandelt. Die zweite öffentliche Wahrnehmung ist die, dass immer mehr Jugendliche und
Heranwachsende zu Tätern werden und durch Anschläge in Schulen oder an
Straßenbahnstationen eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen.
Die
Schlussfolgerung dieses medial erzeugten Bildes ist, dass vermehrt nach dem
Wächteramt des Staates gerufen wird. In letzter Konsequenz bedeutet dies, dass
das Jugendamt mit seinen Mitteln verhindern soll, dass derartige Dinge
geschehen. Der seinerzeit groß angekündigte Perspektivwechsel der Jugendhilfe,
hin zum sozialen Dienstleister, wird immer weiter in den Hintergrund gedrängt.
Die Politik hat
sich des Schutzauftrages (gerade in Wahlkampfzeiten) angenommen. Es wurden neue
Vorschriften mit den §§ 8a
und 72a SGB VIII geschaffen, die das Wächteramt des Jugendamtes noch präziser
definieren und klare Vorgaben an die Jugendhilfe zur Aufgabenerfüllung
normieren. Die letzten drei Gesetzesänderungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes
(TAG, KICK, KiFöG) haben hier jeweils konkrete Veränderungen vorgenommen. Zudem
liegt seit 22.12.2010 ein Referentenentwurf zum Bundeskinderschutzgesetz vor,
der noch einmal mehr sehr eindeutig den Kinderschutzauftrag der Jugendhilfe
ausweitet und au.ch andere präventive Leistungen neu beschreibt.
Von einigen
Bundesländern wird zudem seit Längerem eine Verschärfung des Jugendstrafrechts
propagiert.
Es soll an dieser
Stelle nicht der Eindruck entstehen, dass nicht alles unternommen werden soll,
dass Kinder durch die Jugendhilfe vor Gefahren geschützt werden. Das ist gut
und richtig. Sicherlich müssen auch Vorkehrungen getroffen werden, dass
Jugendliche nicht in größerer Anzahl zu Straftätern werden und die
Allgemeinheit gefährden. Die Anstrengungen in diese Richtung sind aller Ehren
wert. All dies darf aber nicht den Blick für die großen Zusammenhänge und die
wirklichen Entstehungsgründe derartiger Taten verstellen. Singuläre
Erscheinungen dürfen nicht als der Normalfall angesehen werden! Es wäre falsch
zu glauben, Kontrolle, Eingriff und staatlicher Zugriff würden diese
Zwischenfälle verhindern können. Solch einseitige Betrachtungsweise verkennt,
dass die weit überwiegende Mehrheit der Eltern bemüht ist, ihre Kinder
ordentlich zu erziehen, unter den heutigen gesellschaftlichen Bedingungen aber
einfach häufig überfordert ist.
Eine einseitige
Betrachtungsweise würde vor allem aber Eltern per se stigmatisieren, in dem
durch vorauseilende Beschränkungen und Kontrollen ihre Erziehungskompetenz
angezweifelt wird. Solchen Szenarien muss Einhalt geboten werden, denn nicht
umsonst wurde das Kinder- und Jugendhilfegesetz als Sozialleistungsgesetz
geschaffen.
Ein Gesetz, das
Eltern und Familien in die Lage versetzen soll, mit Unterstützung der Jugendhilfe
ihrem Erziehungsauftrag besser nachzukommen. Dies entspricht auch dem grundgesetzlichen
Auftrag aus Art. 6 GG, wonach die Erziehung der Kinder das Recht und die
Pflicht der Eltern ist, und erst im äußersten Notfall der Staat einschreitet,
wenn die Erziehung den Eltern so weit aus den Händen gleitet, dass die Kinder
oder die Allgemeinheit gefährdet sind. Hier gilt es für die Zukunft anzusetzen
Es wird noch genauer geprüft werden müssen, wo Eltern Hilfe bei der Erziehung
ihrer Sprösslinge brauchen. Dies bedeutet, dass Strukturen geändert und Eltern
dort angesprochen werden müssen, wo sie sich von alleine scheuen, fremde Hilfe
anzunehmen: Es gilt, bei den Eltern den Punkt zu finden und zu treffen, der es
ermöglicht, selbst empfundene Schwäche (Überforderung mit der Erziehung der
eigenen Kinder) in Stärke (Hilfe anzunehmen) umzuwandeln. Es muss erkannt
werden und sich in den Köpfen manifestieren, dass es nicht nur das
Bildungsbürgertum gibt, das sich mit Erziehungsfragen seiner Kinder meist breit
auseinandersetzt Es muss ein Zugang zu Eltern, zu alleinerziehenden Müttern und
Vätern und Familienverbänden aus anderen Kulturkreisen gefunden werden, welche
sich nicht mit Erziehungsfragen auseinandersetzen können oder wollen. Es müssen
Angebote vorhanden sein, die für alle Bevölkerungsschichten interessant sind.
Interessant ist dabei, dass Eltern, Mütter, Väter und Familienverbände häufig
nur einmalig Unterstützung bei ihrer anstrengenden Erziehungsaufgabe benötigen.
Im Nachgang können die Erziehungsaufgaben häufig aus eigener Kraft gut
bewerkstelligen werden. Es braucht eben manchmal nur eine helfende Hand, die
diesen Familien Unterstützung gibt, wie der ,.Eltern- und
Erziehungsalltag" neben Beruf und anderen existentiellen Fragen wie Arbeitssuche,
Einkaufen, Kochen, Waschen etc. auch noch seinen abgestammten und wichtigen
Platz findet. Dabei muss es der Jugendhilfe jedoch noch besser gelingen, bei
den Bürgerinnen und Bürgern als helfende Stelle wahrgenommen zu werden- eben
nicht als das Amt zu gelten, das die Eltern erst bei der Erziehung ihrer Kinder
mit Argusaugen beobachtet und ihnen später die Kinder wegnimmt, wenn “Fehler"
passieren.
Manch eine gute und
hilfreiche Aktion der Jugendhilfe wird erst durch den Blickwinkel des
Schutzauftrages ungeeignet und fragwürdig. So sind sogenannte
„Antrittsbesuche" bei jungen Müttern oder Eltern per se sicherlich eine
gute Option, um mit den Vätern und Müttern ins Gespräch zu kommen, sie von der
vorhandenen Fachkompetenz und den guten Möglichkeiten an Unterstützung durch
die Jugendhilfe zu überzeugen. Dies wäre sicher auch ein Zugangsweg,
langfristig ein besseres Image des Jugendamtes aufzubauen. Erscheint nun
dieselbe Fachkraft des Jugendamtes beim „Antrittsbesuch" vorrangig unter
dem Blickwinkel des Schutzauftrages, wird sie nur als staatliches Kontrollorgan
wahrgenommen, das sich in familiäre Angelegenheiten zu Unrecht einmischt. Für
die Jugendämter wird damit nur ein weiteres Klischee erzeugt, gegen das es
wieder anzurennen gilt. Wer kennt sie nicht, diese gepflegten Klischees; die
BILD Zeitungsschlagzeile oder die Vorabend Reality-Show, in der das Jugendamt
den liebevollen Eltern das Kind aus den warmen Händen reißt, um es in ein Heim
zu stecken, wo es dann mit 20 anderen Kindern in einem Schlafsaal liegt und
sich die Augen aus dem Kopf weint? Hier muss Jugendhilfe ansetzen! Ein guter
Ansatz ist sicherlich, die Angebote der Familienbildung nach§ 16 SGB·VIII
stärker als bisher zu forcieren. Der „Antrittsbesuch" als Hilfsangebot
stellt dabei nur einen kleinen Teilausschnitt dar. Eine gut organisierte
Familienbildung mit Angeboten, die jedes Elternteil anspricht. Familienbildung,
die von Familien mit Migrationshintergrund, Alleinerziehenden,
Akademikerfamilien als auch Familien mit niedrigem sozioökonomischen Status als
interessante Hilfestellung ihres Jugendamtes wahrgenommen wird, ist positive
Werbung für jedes Jugendamt. Zum Einen wird die Öffentlichkeitswahrnehmung
dadurch gezielt verbessert, zum Anderen werden starke Eltern aufgebaut. Eltern,
die ihrem Kind eine Erziehung angedeihen lassen, damit es später nicht in jenen
sprichwörtlichen Brunnen fällt, aus dem es die Jugendhilfe erst mühsam und
kostenintensiv wieder herausholen muss. Hier bietet sich im Rahmen der
präventiven Maßnahmen ein breites Feld für die
An dieser Stelle
sei explizit darauf hingewiesen, dass bewusst eingesetzte Gelder im Präventionsbereich
auf Dauer die Kosten der Jugendhilfe senken. Wer will sich schon vorwerfen
lassen, seine Mittel nicht so zu verwenden, dass sie den größten Nutzen bringen
oder -·um in der Sprache der Haushälter zu sprechen- dass sie wirtschaftlich
verwendet werden?
Ganztagesbetreuung / Ganztagesschule
Die schwierige
Aufgabe der Verknüpfung mit anderen Aufgabenbereichen anderer Leistungsträger
in anderen Lebensbereichen wurde schon erwähnt.
Um das Leben der
Bürger zu verbessern, werden die Anforderungen an die Jugendhilfe in Zukunft
noch wesentlich anspruchsvoller werden. Immer wieder wird im Bereich der Jugendhilfe
das Schlagwort der Vernetzung verwandt, dies gilt es·sinnvoll umzusetzen. Wir
können es uns heutzutage nicht mehr erlauben, dass verschiedene
gesellschaftliche
Bereiche mit verschiedenen Ansätzen unabhängig voneinander agieren und jeder
nur für sich seine eigene Kirchturmpolitik betreibt.
Ganz konkret ist
daher eine Auseinandersetzung mit der sich derzeit abzeichnenden Entwicklung im
Bereich der Schulen unumgänglich. Immer öfter wurde die Forderung nach einer
ganztägigen Betreuung der Kinder auch von der Elternschaft an die Schule
herangetragen. Dieser politischen Forderung wird auch nachgekommen, sowohl
von Seiten der
Jugendhilfe wie auch von Seiten der Schulen. Was die Schulentwicklung anbelangt
ist festzustellen, dass mit Einführung von Ganztagesschulen auch stark in die Geschäfte
der Jugendhilfe "eingegriffen" wird, was in dieser Dimension
bemerkenswert sein dürfte. Rein Vordergründig kommen zunächst die Horte in den
Sinn, die als Einrichtungen der Jugendhilfe nach den §§ 23 ff. SGB VIII geführt
werden und in den letzten Jahren massiv gefordert und gefördert wurden. Ganz
offensichtlich sind auch die heilpädagogischen Tagesstätten mit ihren
Nachmittagsangeboten betroffen.
Auch in anderen
Bereichen haben Veränderungen der Schule große Auswirkungen auf die
Jugendhilfe. Es sind daher zahlreiche Fragen für die Jugendhilfe zu klären.
Exemplarisch seien
genannt: Wie sieht es aus mit Angeboten der Erziehungsberatung? Wann können
diese überhaupt noch wahrgenommen werden, wenn die Kinder den ganzen Tag in der
Schule sind? Wie sieht es mit Angeboten im Bereich der Jugendarbeit aus, wenn
die Schülerinnen und Schüler erst um 17.00 Uhr nach Hause kommen? in welchem
Umfang ist Tagespflege noch notwendig, wenn Kinder ganztags in der Schule
betreut werden? Welche Zukunft hat Jugendverbandsarbeit und offene Jugendarbeit
am Nachmittag? Welche Auswirkungen hat es auf die Sozialpädagogische Familienhilfe,
wenn die Kinder den größten Teil des Tages in der Schule sind? Was geschieht
mit der nachmittäglichen Betreuung in Einrichtungen der Jugendhilfe?
"Verkommt" Jugendhilfe zu einem Betreuungsangebot in Ferienzeiten?
Wie kann Jugendhilfe mit seinem sozialpädagogischen Ansatz in die Organisation
des Schulalltags eingebunden werden? Ist dies überhaupt gewünscht? Wird der Rektor
der Vorgesetzte der Jugendhilfemitarbeiterinnen und -mitarbeiter?
All diese Fragen-
und viele mehr- werden sich in der Zukunft stellen und sie deuten sehr klar
darauf hin, dass hier eine gemeinsame Planung erfolgen muss. Es wird/darf also
(künftig) nicht möglich sein, die zwei Bereiche- Schule und Jugendhilfe
unkoordiniert nebeneinander und ohne Abstimmung auf örtlicher Ebene laufen zu
lassen. Dabei geht es um eine gemeinsame Planung auf Augenhöhe. Weder Schule
noch Jugendhilfe dürfen sich dabei in Grundsatzdebatten über
"Hoheitsgebiete" und hierarchische Strukturen verlieren. Es kann
nicht einfach nur darum
gehen, wer wem was
zu sagen hat. B8.i-de, die Jugendhilfe und die Schule, haben zum Wohle der
jungen Menschen und ihrer Familien zu kooperieren. Nicht umsonst sprechen
sowohl die Grundnormen der Schulen (Art. 1 Abs. 1 BayEUG) wie auch der
Jugendhilfe(§ 1 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII) einen sehr ähnlichen Auftrag aus. Jeder
Bereich hat seine uneingeschränkte Wichtigkeit und keiner der beiden ist
"schlechter oder besser". Vielmehr liegt in der gemeinsamen Planung
und Arbeit ein enormes Potential an Ressourcen, welches gewinnbringend für die Menschen
eingesetzt werden soll, um die es geht: unsere Kinder und deren Eltern. Es
stünde der Jugendhilfe gut an, wenn sie hier den ersten Anstoß geben würde. So
jedenfalls gibt es der § 81 Nr. 1 SGB VIII vor, wenn er von Zusammenarbeit mit
Schule und deren Verwaltung spricht.
Demografische Entwicklung
Schulentwicklung
ist nur ein Fingerzeig für die Entwicklung und damit für die Notwendigkeit
fachübergreifender Kooperation. in Zukunft wird dieser Form der Zusammenarbeit
noch wesentlich größere Bedeutung zukommen. Angesichts der abzusehenden
Entwicklung der öffentlichen Haushalte in Verbindung mit der sich abzeichnenden
demografischen Entwicklung werden alle Stellen und Institutionen, die sich die
Sicherung des Sozialstaates auf die Fahnen schreiben, stärker Hand in Hand
arbeiten müssen. Kinderbetreuungseinrichtungen- die heute in großer Zahl
geschaffen werden stehen in Zukunft vielleicht leer, während Seniorenbetreuungsgelegenheiten
noch nicht ausreichend vorhanden sind. Fachkräfte der Jugendhilfe sind vielleicht
nicht mehr in dem Maße wie notwendig zu gewinnen, während rüstige Rentner mit
pädagogischer Ausbildung beschäftigungslos in ihren leeren Wohnungen sitzen.
All dies sind
Fantasien, mit denen sich
4.
Fazit
Es ist in
Deutschland kein weiteres Gesetz neben dem§ 80 SGB VIII zu finden,
·
das
eine derart ausdifferenzierte Planung, die sich mit den Bedürfnissen der
Menschen auseinandersetzt, verlangt,
·
das
eine derart vielfältige Besetzung und eine derartige Kompetenzbündelung eines
Ausschusses aus Kommunalpolitikern und Fachleuten verlangt und
·
das
eine Vernetzung mit außen stehenden Bereichen derart postuliert wie in der
Kinder- und Jugendhilfe.
Dieses Gesetz will
und muss als Chance verstanden werden, die der Gesetzgeber der Jugendhilfe
einräumt. Es ist darin ein Vertrauensbeweis an die Fachkräfte der
Es stünde daher der
Jugendhilfe gut an, im Sozialbereich Meinungsführerschaft zu übernehmen.
Richtig verstandene und betriebene
Anlagen: keine