Die Vorlage dient zur Kenntnis.
Vom Umsetzungscontrolling der Vorschläge von Rödl & Partner (im folgenden: R&P) sind derzeit zwei Maßnahmen des Jugendamts betroffen, die mit konkreten Einsparvorschlägen verbunden sind. Die dritte relevante Maßnahme, nämlich die Einführung eines umfassenden Fachcontrolling unter Einbindung der Jugendhilfeplanerischen Ressourcen steht nicht zur Überprüfung an.
Bei den beiden o.g. Maßnahmen handelt es sich um
- Verstetigung der Pflegequote (Maßnahme 20)
- Stärkung der Beratung nach § 16 SGB VIII (Maßnahme 21)
Im Folgenden sollen nur die beiden Maßnahmen 20 und 21 behandelt werden, da diese im HFPA am 19.09.2011 und in der folgenden Stadtratssitzung zur Entscheidung anstehen. Hinsichtlich der Maßnahme 25 (Fachcontrolling wird auf die entsprechenden Ausführungen im Arbeitsprogramm hingewiesen.
1. Verstetigung der Pflegequote (Maßnahme 20)
Jeglicher
Diskussion über die Frage der Einsparung bei den Hilfen zur Erziehung ist folgendes
Zitat aus dem Bericht von R&P voranzustellen:
„Vor dem
Hintergrund der zukünftig zu erwartender Fallzahlensteigerungen im gesamten
Bereich der Hilfen zur Erziehung ist es unerlässlich, nach Möglichkeiten zu
suchen, kostenintensive Hilfen in einem fachlich sinnvollen Maße umsteuern zu
können“
Heißt: die Ausgaben
werden nicht sinken; es geht darum, die Steigerung auf einem möglichst
niedrigen Niveau zu halten.
Die derzeitige
Beschlusslage hinsichtlich der Verstetigung der Pflegequote stellt sich wie
folgt dar:
|
Reduzierung der sonstigen
Aufwendungen |
Auswirkungen auf Stellenplan
lt. Gutachten |
Auswirkungen auf Stellenplan
nach Beschluss |
|||
20 |
2011 |
2012 |
2013 |
nach |
||
Verstetigung |
79.900 (319.400/2/2 Nur 2. Halb-jahr |
263.800 (473.600/2 |
317.700 (635.400/2) |
411.300 (822.600/2) |
Neuschaffung 2,0 Stellen
kw 2014 |
Neuschaffung 1,0 Stellen Kw 2016 |
Aus dem Bericht von
R&P ergeben sich zunächst folgende Kernaussagen:
1. die Kosten pro
Jahr ist in beiden Fallarten (Anm: Vollzeitpflege und Heimerziehung) als
üblich zu bewerten
(Abschlussbericht R&P vom Nov. 2010 Seite 105).
2. Die im Jahr 2008
erreichte Pflegequote von 53,7 % stellt einen Wert auf hohem Niveau
dar R&P a.a.O.).
3. Durch die
Intensivierung der Bemühungen des Ausbaus der Aufgabe des Pflegekinderdienstes
wird es der Stadt Erlangen gelingen,
die Qualität der Aufgabenerledigung auf hohem Niveau zu
verstetigen und Angebote wie z.B. HPS
zu intensivieren. Langfristig bindet diese Entwicklung
die vorhandenen Pflegefamilien und
trägt maßgeblich dazu bei, dass neue Pflegefamilien ge-
wonnen werden können.
4. Vergleichbare
Kommunen erreichen hierdurch Werte von 65 % und vereinzelt auch mehr.
Währen den Aussagen
zu 1. -3. beigetreten werden kann, so ist die Aussage zu 4. nicht belegt und
durch zwischenzeitlich eigene Zahlenerhebung des Jugendamtes widerlegt.
Mit dem Begriff der
Pflegequote wird der Anteil der Vollzeitpflegen an der Gesamtzahl der Hilfen
zur Erziehung im Familienersetzenden Rahmen (§ 33 SGB VIII –Vollzeitpflege- und
§ 34 SGB VIII –Heimerziehung-) bezeichnet.
Beispiel: 100
Vollzeitpflegefälle und 79 Heimfälle ergeben zusammen 179 Fälle. Die 100
Vollzeitpflegestelle entsprechen 55,87 % (=Pflegequote) der Gesamtfälle.
Zur Pflegequote ist
zu bemerken, dass sie außer einer Augenblickswertung keine weitere Aussagekraft
im Hinblick auf Kosteneinsparungen hat. So ist sie mit zu vielen Unabwägbarkeiten
behaftet. An ihr das Einsparziel festzumachen, ist nicht möglich, wie das
folgende Beispiel verdeutlicht:
Um das modifizierte
Einsparziel zu erreichen, würde es reichen, 5 Heimfälle durch Unterbringung in
einer Pflegefamilie zu vermeiden. Die o.g. Zahlen könnten sich dadurch jedoch
nur wie folgt verändern:
105
Vollzeitpflegefälle und 79 Heimfälle ergeben 184 Gesamtfälle, das entspricht
dann einer Pflegequote i.H.v. 58,66 %.
Das Beispiel zeigt,
dass der anzustrebende Effekt allein in der Vermeidung von Heimfällen liegt. 5
vermiedene Heimfälle bleiben 5 vermiedene Heimfälle, egal, wie hoch oder
niedrig die Pflegequote ist.
Des Weiteren
variiert die Pflegequote z.B. durch den Zu- oder Wegzug von Hilfeempfängern,
für die bereits eine Hilfe läuft. Ein Umstand, der durch das Jugendamt nicht
beeinflusst werden kann.
Vergleichbare
Kommunen können im Bereich der Vollzeitpflege nur Städte und keine Landkreise
sein. Dies deshalb, weil es in Landkreise wesentlich einfacher ist,
Pflegeeltern zu finden. Dies führt dazu, dass viele der Pflegeverhältnisse, die
die Stadtjugendämter initiieren in Landkreisen begründet sind. Die folgende
Tabelle zeigt exemplarisch die aktuellen Pflegequoten der genannten
Jugendämter.
Bei den
Kreisjugendämtern ist zu unterscheiden zwischen einer Pflegequote mit den
Fällen, die von anderen Jugendämtern eingeleitet wurden und die nach 2 Jahren
als Dauerpflegefälle in die Zuständigkeit der Kreisjugendämter übergehen (die
Kostenlast bleibt beim „abgebenden“ Jugendamt). Da die Einleitung jedoch von
anderen Jugendämtern durchgeführt wurde, sind sie diesen zuzuordnen; die Zahlen
der Kreisjugendämter sind aus diesem Grund zu bereinigen.
Die obige Tabelle
lässt vermuten, dass R & P bei ihren Angaben zur 65 %-Pflegequote die
nicht bereinigten
Zahlen aufgeführt hat. Dies ist irreführend.
Es bleibt also bei
der Feststellung, dass das Stadtjugendamt Erlangen seine Pflegequote auf
hohem Niveau
gehalten hat. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass im Jahr
2005 die
Pflegequote bundesweit bei 44,9 % und 2009 bei 42,7 % lag.(Nationales
Zentrum Frühe Hilfen, Expertise 4)
Bemessung:
R & P hat
seinen Überlegungen zu Einsparpotentialen eine Differenz der Kosten zwischen einer
Vollzeit- und einer Heimunterbringung eine Differenz von 30.000 Euro zu Gunsten
der Vollzeitpflege zu Grunde gelegt. Dem kann gefolgt werden.
Das o.g. führt nach
Auffassung des Fachamts dazu, dass das Einsparpotential sich nicht allein an
der Pflegequote orientieren kann. Es ist insoweit also eine andere Form der Bemessung
zu finden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sämtliche Studien und
Erhebungen belegen, dass neben den Ausgaben für die Kindertagesbetreuung
ebenfalls im Bereich der Hilfen zur Erziehung deutliche Ausgabensteigerungen zu
verzeichnen sind und weiterhin sein werden. Dies kann auf eine Verbesserung der
Angebote verweisen, steht aber -auch im Lichte steigender Inanspruchnahme- und
Fallzahlen – in jedem Fall für einen wachsenden Bedarf von Familien an
Leistungen der Hilfen zur Erziehung.
Das Fachamt schlägt gemeinsam mit Abt.
Organisation folgende Vorgehensweise bei der Evaluierung im Rahmen des
Umsetzungscontrollings vor, die halbjährlich berichtet wird:
Haushaltsjahre
2012 ff.
- Bericht der Fallzahlen stationäre Unterbringung und Unterbringung in Pflegfamilien (inkl. Berechnung der bereinigten Pflegequote, Daten zur Fluktuation)
- Bericht über die Entwicklung der Aufwendungen auf der Haushaltskoordinate xy
- Dokumentation der fallunabhängigen Kostensteigerungen in beiden Betreuungsformen (z. B. Pflegesatzsteigerungen).
- Anonymisierter Bericht aus der internen
Statistik der Erziehungshilfeteams (Abt. 511)
- Anzahl Entscheidungen über die Art der Hilfegewährung im Berichtszeitraum
- durchschnittliches Alter der Kinder/Jugendlichen bei Hilfebeginn
- Gründe, die eine Unterbringung der Kinder/Jugendlichen in Pflegefamilien verhindert
Haushaltsergebnisse 2011
Der Vorschlag von Rödl und Partner sieht für 2011 eine Einsparung von 79.900 €
bei Besetzung der Planstelle für den Pflegekinderdienst vor.
Da die neue Planstelle vor Genehmigung der Haushaltsplanes 2011 nicht besetzt werden durfte, ist erst für Oktober/November 2011 mit der Einstellung der neuen Kraft zu rechnen. Amt 11 ist sich mit Amt 51 einig, dass der Konsolidierungsbeitrag i.H.v. 79.000 € im Gegenzug zur Streichung der auch nicht angefallenen Personalkosten aus dem Amtsbudget zu nehmen ist. Das entsprechende Verfahren wird noch abgestimmt. Voraussichtlich wird die Budgetberichtigung in Zusammenhang mit den Beschlussfassungen zum Budgetergebnis 2011 erfolgen.
Für die Folgejahre wird eine Anpassung des Anstiegs der Einsparsummen vorgeschlagen, um das ursprüngliche jährliche Einsparvolumen für 2014ff. noch zu erreichen, wenn der Betrachtungszeitraum aufgrund der fehlenden Stellenbesetzung um ein Jahr verkürzt wird so dass sich die eingangs vorgestellte Tabelle wie folgt verändert.
|
2011 |
2012 |
2013 |
Nach 2013 |
Einsparziele Konsolidierung R &P |
79.900 € |
236.800 € |
317.700 € |
411.300 € |
Einsparziel neu: |
0 €(da bislang auch keine Personalkosten f. neue
Planstelle) |
159.800 € |
285.550 € |
411.300 € |
Mehrausgaben (Erhöhung Budget Amt 51) |
77.000 € |
32.150 € |
0 € |
2. Stärkung der Beratung nach § 16 SGB VIII (Maßnahme 21)
Auch hier gilt:
„Vor dem
Hintergrund der zukünftig zu erwartender Fallzahlensteigerungen im gesamten
Bereich der Hilfen zur Erziehung ist es unerlässlich, nach Möglichkeiten zu
suchen, kostenintensive Hilfen in einem fachlich sinnvollen Maße umsteuern zu können“
Heißt: die Ausgaben
werden nicht sinken; es geht darum, die Steigerung auf einem möglichst
niedrigen Niveau zu halten.
Die derzeitige
Beschlusslage hinsichtlich der Stärkung der Beratung nach § 16 SGB VIII stellt
sich wie folgt dar:
Maßnahme 21 |
2011 |
2012 |
2013 |
Nach 2013 |
Auswirkungen auf Stellenplan
lt. Gutachten |
Auswirkungen auf Stellenplan nach Beschluss |
Stärkung der Beratung nach
§ 16 SGB VIII |
71.900 (377.400/5,25/2) Nur 2. Halbjahr |
143.800 (377.400/5,25/2) |
143.800 (377.400/5,25/2) |
143.800 (377.400/5,25/2) |
Neuschaffung 5,5 Stellen Kw 2014 |
Neuschaffung 2,0 Stellen * Kw 2016 |
* 1 Stelle bei der
Integrierten Beratungsstelle, 1 Stelle bei FapE
Im Bericht von Rödl
und Partner wird zunächst festgestellt, dass der strukturelle Aufbau des
Jugendamtes der
Stadt Erlangen, vor allem mit der Zugehörigkeit der Integrierten Beratungsstelle,
im Hinblick auf die Möglichkeiten eines ausgewogenen Beratungsansatzes im
Sinne des § 16 SGB
VIII eine ideale Grundlage darstellt.
Weiter wird
ausgeführt, dass die einzelnen Fachdisziplinen in ihren Segmenten die Familien
nach fest vorgegebenen Standards beraten. Für den zukünftigen Erfolg sei es
unerlässlich, die vorgehaltenen Angebote weiter zu entwickeln und engmaschig
miteinander zu vernetzen. Zur Umsetzung wurde vorgeschlagen, jeweils in den
Familienpädagogischen Einrichtungen (1,5 Stellen zusätzlich), den
Kindertageseinrichtungen (3 Stellen zus.) und den Eltern-Kind- Gruppen (0,75 Stellen zus.) personelle
Verstärkungen vorzunehmen. Wie oben dargestellt, wurden 2 Stellen befürwortet
(1 Stelle Integrierte Beratungsstelle zum Einsatz in den Kindertagesstätten und
1 Stelle FapE). In den Verhandlungen zum Stellenplan 2012 wurde seitens der
Personalverwaltung eine weitere 0,5 Stelle ins Stellenplanverfahren mit
aufgenommen. Der entsprechende Beschluss steht noch aus.
In der
abschließenden Bemerkung führt der Bericht von Rödl und Partner aus:
Damit die
Auswirkungen transparent nachvollzogen werden können, ist es notwendig, die
Beratungsleistungen
eng in das wirkungsorientierte Fachcontrolling von Anfang an einzubinden.
Nach vier Jahren
sollte evaluiert werden, ob die gesteckten Ziele erreicht worden sind.
Wie im folgenden
aufgezeigt wird, lässt sich das Vorhaben „Stärkung der Beratung nach
§ 16 SGB VIII“ nur
schwer tatsächlich in finanzielle Werte fassen. Im Abschluss wird das
Fachamt dann einen
Vorschlag über die Durchführung des Umsetzungscontrollings machen.
Evaluation
anhand finanzieller Auswirkungen:
Die nachfolgenden
Ausführungen beziehen sich im wesentlichen auf eigene Erkenntnisse
und die Ergebnisse
der Expertise Nr. 4 „Kosten und Nutzen früher Hilfen“ des Nationalen
Zentrums Frühe
Hilfen (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Bundeszentrale
für gesundheitliche Aufklärung und Deutsches Jugendinstitut). Soweit aus anderen
Quellen zitiert ist, wird dies angegeben.
Trotz der
gestiegenen Sensibilität des Themas „Kindeswohlgefährdung“ werden präventive,
niedrigschwellige
Angebote gegenüber den Pflichtaufgaben in der Kinder- und Jugendhilfe
faktisch immer noch
als nachrangig behandelt. Die genannte Expertise weist nach, wie verhängnisvoll
diese Finanzierungspraxis für die betroffenen Individuen, aber auch für die Gesellschaft
insgesamt ist.
Betrachtet man
nämliche die Kosten, die entstehen, wenn ein Kind von Vernachlässigung
und/oder
Misshandlungen betroffen ist, zeigt sich, wie vergleichsweise minimal die
Kosten
der Prävention
gegenüber den Folgekosten einer Kindeswohlgefährdung sind. Solche Kosten werden
insbesondere in den Bereichen der tertiär-präventiven/interventiven
Jugendhilfe,
für kurative
Angebote (Behandlung von Folgeerkrankungen z.B. psychische Störungen) sowie
durch Delinquenz und Wertschöpfungsverluste im Erwerbssystem (Arbeitsl0sigkeit,
geringe Qualifikation) erwartet.
Die erzielten
Befunde der Expertise sprechen, bei aller noch notwendigen begleitenden Evaluation
über längere Zeiträume für einen entschiedenen Paradigmenwechsel in den Finanzierungsstrukturen
der Jugendhilfe: Gelingt es, kindliche Entwicklungsrisiken durch Frühe
Hilfen zu erkennen,
einen guten Zugang zu (gefährdeten) Familien herzustellen, Unterstützung und
Hilfen im Sinne eines guten „Übergangsmanagements“ anzubieten und damit eine
mögliche
Kindesvernachlässigung und Misshandlungen zu verhindern, ist das für das Wohlergehen
der Kinder, aber auch für die Gesellschaft unermesslich und führt somit zu
einer
doppelten
Dividende.
Das derzeitige
Wissen und der Forschungsstand in diesem Bereich verweisen bereits heute
darauf, dass Frühe
Hilfen als eine sinnvoll angelegte Zukunftsinvestition für die betroffenen
Kinder und für die
Gesellschaft insgesamt begriffen werden müssen. Die derzeitige Finanzierung mit
Schwerpunkt in den späteren Lebensjahren sollte deshalb durch ein konsequente
Umsteuerung zugunsten einer passgenauen Unterstützung von Geburt an verändert
werden. Im Bereich der Kosten-Nutzen-Analyse gibt es in Deutschland kaum valide
Untersuchungen, wie z.B. im Europäischen und Außereuropäischen Ausland. Der
sich auf die Kosten- Nutzenanalyse frühkindlicher Bildung konzentrierende
Bericht der Bertelsmannstiftung von 2007 gibt an, dass entsprechende Bemühungen
einen volkswirtschaftlichen Nutzen von 1:3 ergeben. Untersuchungen aus den USA
sprechen von einem Verhältnis von 6.000 Dollar zu 24.000 Doller in bestimmten
Fällen, also einer „Rendite“ von 1:4. Andere Untersuchungen kommen zu dem
Schluss, dass „auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Kindesmisshand
lungen und Vernachlässigungen nicht vollständig verhindert werden können, die
Investition in Prävention bereits bei mäßiger Verringerungsrate (Effektivität)
wirtschaftlich äußerst effizient ist (Caldwell 1992)“.
In der Expertise
wird zum Thema Datenlage folgendes festgestellt:
Zusammenfassend
muss festgestellt werden, dass in Deutschland ein großer Mangel an Daten zum
Themengebiet Kindeswohlgefährdung vorherrscht. Insbesondere fehlt es an aussagekräftigen
Evaluationsdaten.
In Bezug auf Frühe
Hilfen fehlt es aufgrund der bisherigen kurzen Laufzeit der Programme
insbesondere noch
an Daten, die über die langfristigen Auswirkungen Auskunft geben könnten.
Hierzu bedarf es
einer längsschnittlich angelegten Evaluation der Maßnahmen. Das Vorhandensein
bzw. Fehlen von Daten beeinflusst auch das Vorgehen bei der Berechnung der Kosten
und Nutzen Früher Hilfen. In der Expertise wurde dennoch ein Versuch gewagt
indem die Kosten-Nutzen-Analyse begleitend zum Projektstart „Guter Start ins
Kinderleben“ bei der Stadt Ludwigshafen durchgeführt wurde. Hierbei wurden
Ergebnisse aus vorhandenen Arbeiten recherchiert, auf deren Grundlage fehlende
Daten geschätzt werden konnten. Diese wurden für die Analyse insbesondere aus
internationalen Studien sowie durch Expertenbefragungen generiert.
Auf diese Weise
wurden die Kosten der Frühen Hilfen standortbezogen erhoben und pro Fall
berechnet. Auf der
anderen Seite wurden die Kosten berechnet, die der Gesellschaft entstehen, wenn
der Zugang zu Familien und Kindern, die in Risikobedingungen aufwachsen, nicht
in der frühen
Kindheit gelingt und eine Unterstützung erst im späteren Lebensverlauf einsetzt.
Dazu wurden vier
unterschiedliche Lebenslaufscenarien bei Kindeswohlgefährdung modelliert und
die Folgekosten berechnet.
Bei der
Modellierung der vier Scenarien wurde berücksichtigt, dass eine Kindeswohlgefährdung
häufig erst über die Wahrnehmung einer Gefährdung, z.B.
Verhaltensauffälligkeiten beim Jugendamt bekannt wird. Dies wird auch in einer
Studie von Münder et al. bestätigt. Dort heißt es:
„In der Praxis ist es nur selten so, dass
schon zu einem Zeitpunkt, an dem noch keine schädigenden Folgen für den
Minderjährigen eingetreten ist, bereits Maßnahmen zur Abwendung einer
Gefährdung getroffen werden. In der Regel ist es umgekehrt, dass von
Fehlentwicklungen der Kinder und Jugendlichen Rückschlüsse auf die Tatsache
einer Kindeswohlgefährdung gezogen werden, die Folgen einer
Kindeswohlgefährdung, die es eigentlich zu verhindern galt, werden zum Beleg
dafür, dass eine Gefährdung vorliegt“.
Zusätzlich zu den
vier Scenarien (s. Folgeseite) mit jeweils zwei moderaten und zwei pessimistischen
Lebensverläufen wurde zudem ein Scenario Frühe Hilfe erstellt, bei dem davon
ausgegangen wurde, dass durch das Vorhandensein Früher Hilfen eine
Kindeswohlgefährdung verhindert werden kann und somit in diesem Fall keine
Folgekosten im Lebenslauf zu berücksichtigen sind.
In diesem Scenario werden Präventive Hilfsmaßnahmen angenommen, das Kind
besucht eine Kindertageseinrichtung und beim Auftauchen von
Erziehungsschwierigkeiten werden bereits in den Lebensjahren 3-6 Angebote der
Erziehungsberatung wahrgenommen.
Es folgte der
Besuch einer Grundschule, das Erreichen des Realschulabschlusses mit 16 Jahren
sowie eine Berufsausbildung und –ausübung.
In den anderen 4
Scenarien wird stufenweise von der unzureichenden Annahme von Hilfe
bis zur Ablehnung ambulanter
Hilfen und damit vorgezeichneter Notwendigkeit stationärer
Maßnahmen,
vorgegangen. Bei den folgenden Zahlen wird ein Grenze mit dem 21. Lebensjahr
gezogen, also dem Alter, bis zu dem regelhaft Jugendhilfe möglich sind sowie
dem weiteren Lebensverlauf, der im wesentlichen an Wertschöpfungsverlusten im
Bereich der Beruflichen und psychischen Lebensführung liegt.
Die o.g. Scenarien
entziehen sich natürlich einer retrospektiven Betrachtung, da sie als Modellationen
prospektiv angelegt sind.
Schlussfolgerungen,
Erläuterungen und Vorschläge des Fachamts:
Der „wirtschaftliche Wert“ als Begriff aus der
Ökonomie lässt sich nicht einfach innerhalb der Sozialen Arbeit übertragen, da
hier der Konsument und der Geldgeber der Leistung nicht übereinstimmen. Die
Nutzerperspektive wendet sich vom Individuum auf den Klienten, die Bürger, aber
auch auf die des Staates, der SozialarbeiterInnen oder der gesamten Gesellschaft.
Der Nutzen
Früher Hilfen leitet sich
aus deren Ziel ab, den präventiven Schutz der Kinder
vor einer möglichen
späteren Vernachlässigung oder Misshandlung zu erhöhen.
Der Nutzen besteht dementsprechend in der Verhinderung
von Kindeswohlgefährdung und der Vermeidung negativer Folgen und
bemisst sich an deren ökonomischen Kosten. Frühe Hilfen beziehen Ihre
Legitimation aus der Plausibilität des Präventionsgedankens: Vorbeugen ist
besser als Heilen. Bei Kindler und Sann heißt es: „Frühe Hilfen versuchen das
Entstehen von Kindeswohlgefährdung im engeren Sinne dadurch zu verhindern, dass
sie bei Gefährdungslagen im weiteren Sinne möglichst früh wirksame Hilfen
anbieten.“
Die im Gutachten
von Rödl und Partner genannte Zahl von 41 zu vermeidenden Hilfen und die davon
ausgehende kalkulierte Haushaltsentlastung lässt sich wegen des partiellen Betrachtungszeitraums
(einiger Jahre) und der sehr differenzierten Wirkweisen präventiver Hilfen
nicht vollständig, was jedem - auch
unseren letztjährigen Beratern- bewusst
gewesen sein muss. Angesichts der Tatsache, dass gerade die kostenintensiven
Hilfen i.d.R. 8-10 Altersjahren aufwärts beginnen, ist eine Evaluationsphase
von vier Jahren nicht ausreichend.
Bei der im
Gutachten genannten Summe von ca. 9.000,00 Euro pro vermiedenem Fall handelt es
sich um die Durchschnittssumme aller Fälle, also der ambulanten und der stationären.
Die Einsparsummen für den Haushalt 2011/12 sind unrealistisch, da nicht zu
erwarten ist, dass sich bereits im nächsten Jahr 41 Fälle vermeiden lassen.
Die erste und
wichtigste Sozialisationsinstanz bleibt für die Kinder weiterhin die Familie.
Förderung,
Erziehung und Bildung finden zuerst in der Familie statt. Dieser Bereich ist
durch entsprechende
Hilfen und Angebote zu unterstützen und zu stärken. Dies geschieht
u.a. in den im
Gutachten beschriebenen Bereichen
Familienepädagogische
Einrichtungen
Kindertageseinrichtungen
Eltern-Kind-Gruppen.
Die Eingangs
erwähnte Feststellung, dass der strukturelle Aufbau des Jugendamtes der Stadt
Erlangen, vor allem mit der Zugehörigkeit der Integrierten Beratungsstelle, im
Hinblick auf die Möglichkeiten eines ausgewogenen Beratungsansatzes im Sinne
des § 16 SGB VIII eine ideale Grundlage darstellt, trifft auch auf diese
Bereiche zu. Die personelle Verstärkung wird dazu beitragen, dass der
Prävention eine verstärkte Bedeutung zukommt, mit den o.g. Folgen einer
entsprechenden Einsparung bzw. von entsprechenden Minderausgaben.
Diese Einsparungen
bzw. Minderausgaben lassen sich allerdings in ihrem eigenen Nutzen nicht durch
die Auswertung von Haushaltszahlen abbilden, nachdem die Kosten für die Hilfen
zur Erziehung trotzdem steigen werden (eben langsamer) und sich unmöglich
angesichts der Vielzahl von Kostenbereichen einzelne Summen ausgliedern lassen.
Die Annahme, dass Prävention zu weniger Kosten führt, ist an sich mehrfach
bestätigt..
Es wird daher einvernehmlich zwischen Amt 11
und Amt 51 vorgeschlagen:
Haushaltsjahre
2012 ff.
Im Rahmen des
Umsetzungscontrollings werden folgende Parameter einer genauen Betrachtung
unterzogen, die partiell Erfolge darstellen können und diese für den Bereich
der FapE´s mit einer fiktiven Einsparungsberechnung hinterlegt.
Amt 51 baut in den
Bereichen der Familienpädagogischen Einrichtungen ein Fachcontrolling auf.
Dieses Fachcontrolling
war unabhängig von der Ermittlung von Finanzergebnissen für eine
Haushaltskonsoliderung zur Einführung vorgesehen und dient der fallbezogenen
und einrichtungsbezogenen Risikoabschätzung und Darstellung von
Entwicklungsfortschritten bei den beratenen Familien.
Abgebildet werden
hierdurch die wichtigsten Risiken (Beispiele):
- Eltern leben
getrennt
- Besondere
psychische Belastungen, materielle Notlagen, Bildungsarmut
- Störung der Mutter- Kindbeziehung, Vernachlässigung und Mangelversorgung
- mangelnde Erziehungskompetenz.
Hierfür wurde durch
das Jugendamt ein anonymisierter Erhebungsbogen entwickelt. Dieser wird
zunächst im Herbst probeweise eingeführt. Bis Frühjahr 2012 soll der
Erhebungsbogen nach den ersten Praxistest dauerhaft vierteljährlich für jede
Familie, die regelmäßig eine FAPE besucht, ausgefüllt und ausgewertet werden.
Aufgrund dieser
fachlich qualitativen Entwicklungen in der familiären Situation der Nutzer
einer FAPE werden Amt 51 und Amt 11 ein (fiktives) Berechnungsmodell entwickeln,
wie diese positiven Effekte der zusätzlichen Beratung monetär auszudrücken
sind.
Wie „oben“ bereits
ausführlich geschildert wird sich diese Einsparung aufgrund gegenläufiger
Entwicklungen im Bereich der Haushaltskoordinaten zur Hilfen zur Erziehung und
damit im Budgetabschluss von Amt 51 nicht 1:1 wiederfinden können.
2.Kita-Präventionsangebote
durch Abt. 513 (1,0 Stellenschaffung 2011) Im Bereich der 2. Stelle Kitas ist
eine Evaluation der Konsolidierungsmaßnahme aufgrund von Gruppenberatungen in
finanzieller Hinsicht nicht möglich. Dem Ausschuss wird ein Auszug aus dem
Fachcontrolling mit Fallzahlen und Feedback-Auswertungen halbjährlich vorgelegt.
Haushaltsergebnisse 2011
Haushaltsergebnisse 2011
Der Vorschlag von Rödl und Partner sieht für 2011 eine Einsparung von 71.900 €
bei Besetzung der Planstelle für den Pflegekinderdienst vor.
Da die neue Planstelle vor Genehmigung der Haushaltsplanes 2011 nicht besetzt werden durfte, ist erst für Oktober/November 2011 mit der Einstellung der neuen Kraft zu rechnen. Amt 11 ist sich mit Amt 51 einig, dass der Konsolidierungsbeitrag i.H.v. 71.900 € im Gegenzug zur Streichung der auch nicht angefallenen Personalkosten aus dem Amtsbudget zu nehmen ist. Das entsprechende Verfahren wird noch abgestimmt. Voraussichtlich wird die Budgetberichtigung in Zusammenhang mit den Beschlussfassungen zum Budgetergebnis 2011 erfolgen.
Anlagen: