Betreff
Winterdienstbericht 2010/2011 (19.11.2010 bis 31.03.2011)
Vorlage
772/007/2011
Aktenzeichen
III/EB772/UGA-2069
Art
Mitteilung zur Kenntnis

Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.

 

 


 

1.Organisation / Sicherungsprioritäten

Die Verkehrssicherungspflicht im Winter ist kommunale Pflichtaufgabe der Stadt Erlangen. Zur Erfüllung stellen die Verantwortlichen des EB 77 eine aufgabengerechte Organisation, die sich aus Gesetz und Rechtsprechung ergibt, bereit.

Die Mitarbeiter/innen des Winterdienstes tragen persönlich strafrechtliche Verantwortung.

Der EB 77 organisiert den Winterdienst ämterübergreifend. D.h. die beteiligten Ämter EB 77, Amt 66 und EBE stellen rechtzeitig Personal sowie doppelt genutzte Fahrzeuge bereit.
Der EB 77 legt den Winterdienstplan fest, der jährlich im Einvernehmen mit der Polizei, den Rettungsdiensten und den Verkehrsbetrieben aktualisiert wird.
Der EB 77 entscheidet über den Einsatz des geeignesten Streumittels nach pflichtgemäßer Abwägung der Verkehrssicherheit und der Umweltbelange. Auf besonders sparsame Verwendung von Tausalz auf den Fahrbahnen wird geachtet und nach dem Motto „soviel wie nötig, sowenig wie möglich“ gehandelt.

 

In erster Priorität werden – verpflichtend entsprechend Gesetzgebung und den Grundsätzen der Rechtsprechung - folgende verkehrliche Anlagen in der Regel bis zum Einsetzen des Berufsverkehrs gesichert:

 

·         163 km Hauptverkehrsstrecken
(Erweiterung um ca. 1 km: Verlängerung des Adenauerringes)

·         120 km Radwege

·         397 Bushaltestellen
(Erweiterung um 11 Bushaltestellen: Verlängerung Linie 293 von der
Sebaldussiedlung bis zum Brucker Bahnhof)

·         142 Ampelanlagen

·         162 Fußgängerüberwege und Querungshilfen

·           55 Kreuzungen

·           28 Treppenanlagen

·           19 Park- und öffentliche Plätze und

·         die Gehwege an städtischen Grundstücken (z.B. Kindergärten, Schulen, Plätze, Grünflächen etc.)

 

In zweiter Priorität werden Strecken gesichert, die im Sinne der Rechtsprechung keine Verkehrsbedeutung haben, aber besondere bauliche Gefahrenstellen (Steigungen, Gefällestrecken, Engstellen, Brücken etc.) aufweisen und Strecken mit höherem Verkehrsaufkommen aber ohne bauliche Gefahrenstellen. Weiterhin fallen hierunter Straßen, die zu Schulen, Kindergärten und Altenheimen führen.

 

In dritter Priorität erfolgt die Sicherung der restlichen Straßen im Stadtgebiet soweit technische und personelle Ressourcen zur Verfügung stehen.

 

 

2. Einsatz von Personal, Fahrzeugen und Geräten

Für den Winterdienst 2010/2011 wurde für ca. 130 Mitarbeiter/innen (Einsatzleiter, Fahrer, Kfz-Mechaniker und Mitarbeiter/innen der Dauerrufbereitschaft aus den Bereichen EB 77, EBE, Amt 66) vom 19.11.2010 bis 31.03.2011 Winterdienstrufbereitschaft angeordnet.
Während dieser Zeit müssen die Mitarbeiter/innen für Wintereinsätze bereit stehen.
Die Mitarbeiter/innen wurden vor der Winterdienstperiode in einer Sicherheitsunterweisung geschult und in ihre Aufgaben, Strecken und Winterdienstgeräte eingewiesen.
Technisch standen insbesondere 12 große Räum- und Streufahrzeuge sowie
40 Transporter und Kleintraktoren für den Winterdienst zur Verfügung.
Alle im Winterdienst eingesetzten Fahrzeuge und Geräte wurden umgerüstet und auf Einsatzfähigkeit getestet.

Insgesamt verfügen 9 große Räum- und Streufahrzeuge über Soletanks zur sparsamen und wirkungsvollen Ausbringung von Feuchtsalz auf allen 8 Hauptstrecken.

 

 

3. Witterung, Winterdiensteinsätze

Der Winter 2010/11 begann am Freitag, den 26.11.2010 mit dem ersten Einsatz; der letzte Einsatz erfolgte am 28.02.2011
Während der ersten 7 Einsatzwochen präsentierte sich ein äußerst schneereicher Winter, welcher ununterbrochen mindestens 1 bis 4 Einsätze am Tag erforderte und die Mitarbeiter/innen an ihre Leistungsgrenzen führte.
Außergewöhnliche Neuschneehöhen bis zu 35 cm führten zu Auswirkungen auf den gesamten Betrieb. So war z.B. am Freitag den 10.12.2010 die Leerung der Mülltonnen bei 35 cm Neuschnee nicht möglich. Deshalb wurde die Müllabfuhr an diesem Tag eingestellt und die Mitarbeiter zur Unterstützung des Winterdienstes herangezogen.
Infolge des immer wieder kehrenden starken Schneefalls musste über Tage hinweg Schnee aus der Gesamtstadt, insbesondere aus der Innenstadt, Fußgängerzone sowie aus Kreuzungsbereichen und von Bushaltestellen abgefahren werden, um Stauraum für weitere Einsätze zu schaffen. Dabei war zum Teil fahrzeugtechnische und personelle Unterstützung einer Fremdfirma notwendig.
Während dieser schneereichen Wochen wurde das komplette Stadtgebiet, soweit technisch möglich, im Rahmen der 3. Priorität geräumt.
Der Winter gipfelte am 06.01.2011 in einem flächendeckenden von Nordwest nach Südost bundesweit durchziehendem Eisregen. Durch diese widrige Witterung war es nicht allen Winterdienstmitarbeitern/innen möglich, ihren Diensteinsatzort zu erreichen. Glücklicherweise erreichte uns der Eisregen am Feiertag Heilige Drei Könige, an welchem feiertagsbedingt relativ wenig Berufsverkehr stattfand. Der Eisregen setzte gegen 05:30 Uhr ein. Auf einigen Streustrecken mit Steigungen war die Sicherung durch die Winterdienstfahrzeuge nur mit Ketten möglich. Bis gegen 12:00 Uhr hatte der Winterdienst die Lage im Griff. Trotzdem wurden die Buslinien bis Mittag im gesamten VAG-Gebiet (Nürnberg, Fürth, Erlangen) vorsorglich eingestellt.
Ein zweiter Eisregen im Februar setzte tagsüber gegen 10.00 Uhr ein, war jedoch hinsichtlich seiner Auswirkungen nicht mit dem Eisregen vom 06.01.2011 vergleichbar.

Der Winterdienst 20010/2011 erforderte:

auf Fahrbahnen:
62 Volleinsätze (Vorjahr 61) und 40 Teileinsätze (Vorjahr 43) und
auf Geh- und Radwegen:
31 Volleinsätze (Vorjahr 36) und 33 Teileinsätze (Vorjahr 32).

Diese Einsätze verteilten sich auf insgesamt 59 Tage.
Bei ähnlicher Anzahl der Einsätze unterschied sich der Winter 2010/2011 vom Vorherigen dadurch, dass er sich im Wesentlichen auf 7 Wochen konzentrierte.
Dies führte den Erlanger Winterdienst an die Grenzen der personellen und technischen Leistungsfähigkeit.

 

4. Streumittelverbrauch

Der frühe und konzentrierte Winter führte diesmal bereits 14 Tage nach den ersten Einsätzen zu Lieferschwierigkeiten seitens der Salzindustrie im gesamten Bundesgebiet. Wie im letzten Winter war auch die Stadt Erlangen von diesen Lieferengpässen betroffen, die bis Ende Januar anhielten. So musste der Erlanger Winterdienst in den 7 Winterwochen fast die gesamte vertraglich georderte Salzmenge von 1.000 Tonnen abrufen, die letztlich nur mit sehr großen Zeitverzögerungen geliefert wurde. Nachfragen bei anderen Lieferanten der Salzindustrie ab Mitte Dezember verliefen negativ.
Die Winterdienstorganisatoren hielten auch in diesem Jahr ständig eine eiserne Reserve von ca. 50 to für den Fall von Eisregen vor. Das hatte zur Folge, dass bei einigen Winterdiensteinsätzen auf Fahrbahnen nur noch 5 g/m² Feuchtsalz gestreut werden konnten und ein hoher maschineller wie auch personeller Einsatz nötig war, um die Straßen in einen verkehrssicheren Zustand zu halten.

Am 20.12.2011 gelang es der Stadt Erlangen über einen Nürnberger Großhändler 500 Tonnen Meersalz aus Ägypten zu ordern, welches ab der 2. Januarwoche geliefert wurde. Dieses Angebot wurde auch von der Stadt Nürnberg mit einer Menge von ca. 3.000 Tonnen genutzt. Um diese Mengen an losem Streusalz ordnungsgemäß lagern zu können und um künftigen Lieferengpässen entgegen zu wirken, entschied sich der EB 77 noch während des Winters für die Umnutzung der vorhandenen Granulathalle in eine Salzhalle. Hierfür wurde die Halle zum Schutz der Betonwände mit Holzplatten ausgekleidet; ein Tor zum Schutz vor Nässe wird noch eingebaut. Zur Granulatbevorratung werden nun die beiden kleinen Silos genutzt. Das große Silo dient weiterhin der Salzbevorratung für die Solebereitung.
Damit wurde die Lagerkapazität auf ca. 780 Tonnen Salz verdoppelt und die Streugutsicherheit erheblich verbessert.


Entsprechend der o.g. häufigen Einsätze war gegenüber dem letzten Winter ein Mehrverbrauch von ca. 11 % Streusalz und ca. 8 % Granulat zu verzeichnen:

     1.287 to  (Vorjahr 1.158 to) Streusalz für Fahrbahnen

                 1.040 m³ (Vorjahr 960 m³) Granulat für Geh- und Radwege.

 

5. Kosten des Winterdienstes / Einsatzstunden

Nach der vorläufigen (noch nicht abgeschlossenen) Kostenermittlung der Verwaltung belaufen sich die Gesamtkosten für den Winterdienst 2010/2011 auf ca. 2,2 Mio. €. Davon entfallen ca.1,3 Mio. € auf Personalkosten und ca. 900.000,-€ auf Sach- und Gemeinkosten.
Inklusive der personellen Unterstützung durch den EBE und Amt 66 wurden insgesamt deutlich über 24.000 Einsatzstunden geleistet.

Der größte Teil der geleisteten Winterdienststunden fielen im 4. Quartal 2010 an. Gemeinsam mit dem überwiegenden Winterdienstanteil des Winters 2009/2010 im 1. Quartal 2010 wird der Jahresabschluss 2010 des EB 77 eine erhebliche Überschreitung des Winterdienstzuschusses ausweisen.

 

6. Verkehrssicherheit / öffentlicher Nahverkehr

Im Ergebnis aller Aufwendungen waren die im Streuplan enthaltenen Fahrbahnen, Geh- und Radwege in der Regel sicher begeh- und befahrbar. Trotz des zeitlich konzentrierten und präsenten Winters mit außergewöhnlichen Schneehöhen auch zu Hauptverkehrszeiten wurden sowohl von den Verkehrsbetrieben, als auch von der Polizeiinspektion Erlangen keine außergewöhnlichen Verkehrsereignisse gemeldet.
Sowohl die Polizei als auch die VAG lobte den Winterdienst für die geleistete Arbeit.
Durch den massiven Winter haben sich die Verkehrsteilnehmer auf die Situation eingestellt und in der Regel ihr Fahrverhalten den Witterungsumständen angepasst.

Durch den abrupten Übergang in das Frühjahr konnte die Reinigung des Stadtgebietes von Streumaterial bis Ende März abgeschlossen und bereits Anfang April die Absperrpfosten durch Amt 66 wieder eingesetzt werden.

 

7. Fazit und Ausblick – Winterdienst erreichte Grenze der Belastbarkeit

Trotz des Einsatzes aller verfügbaren technischen und personellen Möglichkeiten ist die Stadt Erlangen für derartig außergewöhnlich anspruchsvolle Winter nicht auf Dauer ausgerüstet.
Der Winter 2010/2011 führte die Mitarbeiter/innen und die Winterdienstleitung an die Grenze des Leistbaren. Während der ersten 7 Winterwochen wurde diese teilweise überschritten. Es gab keinerlei Verschnaufpausen, weder an den Wochenenden noch zu Weihnachten oder Silvester. Die Mitarbeiter/innen der Dauerrufbereitschaft (Radwege, Bushaltestellen, Kreuzungen, Überwege…) leisten alle notwendigen Sicherungsarbeiten in einfacher Besetzung. Erschwerend kommt für die Verantwortlichen des EB 77 hinzu, dass die Unterstützung durch Personal aus anderen Bereichen nicht immer reibungslos funktioniert und zum Teil krankheitsbedingte Ausfälle nicht adäquat ersetzt werden. Eine Verbesserung dieser Situation soll im Rahmen eines „Untersuchungsauftrages Winterdienst“ erreicht werden, der unter anderem zum Ziel hat, die Verpflichtung der amts- und referatsübergreifenden Personalgestellung auf Ebene OBM/Stadtrat zu regeln und somit das Zusammenspiel aller Beteiligten zu optimieren.
Aufgrund der Häufigkeit der Einsätze bestehen inzwischen erhebliche Schwierigkeiten, die für das Personal notwendigen Ruhezeiten einzuhalten. Um ihnen diese dennoch zu gewähren, wurde das Personal nach 2 Einsätzen, teilweise bereits zwischen dem 1. und 2. Einsatz, in die Ruhephase geschickt.
Im Bereich der Wintersicherung der Fahrbahnen (3 Fahrergruppen) sind o.g. Personalengpässe für die Strecken der 1. Priorität nicht festzustellen. Hier konnte seit der Einrichtung einer 3. Fahrergruppe zur Einhaltung der damals neuen Lenk- und Ruhezeiten Vorsorge getroffen werden.
Trotz bereits stellenweise erfolgter Reparaturen erschweren nach wie vor schlechte bauliche Zustände einiger Rad- und Gehwege eine ordnungsgemäße Wintersicherung.
Obwohl sich die Verkehrsteilnehmer aus Sicht des Winterdienstes in der Regel auf die vorherrschenden Witterungsumstände eingestellt haben, gingen erneut die meisten Beschwerden von Fahrradfahrern ein.
Für den nächsten Winter 2011/2012 ist die Beschaffung und der Einsatz von Schleuderbesen zur Erhöhung der Sicherungsqualität auf Radwegen vorgesehen.

 


Anlagen: