Betreff
Abwicklung der Kosten des Mittagessens in Kindertagesstätten nach Inkrafttreten des Bildungspakets
Vorlage
50/043/2011
Aktenzeichen
V/50/VOA - 86 2249
Art
Beschlussvorlage

Die Absprachen zwischen Jugendamt und Sozialamt über die Umsetzung des sog. Bildungspakets im Bereich der Mittagessenskosten

 

·       hinsichtlich des Verzichts auf Anrechnung eines Eigenanteils wegen häuslicher Ersparnis in Kindertagesstätten und in Schulen

·       hinsichtlich der Übergangsregelung in Kindertagesstätten zwischen 01.01.2011 und 31.08.2011

·       hinsichtlich der vereinfachten, pauschalierten Abrechnung für Kindertagesstätten im Zeitraum 01.01.2011 bis 31.08.2011 und

·       hinsichtlich der künftigen, verwaltungstechnischen Abwicklung bei der Übernahme von Mittagessenskosten durch das Bildungspaket

 

werden, wie dargestellt, gebilligt.

 

Die Zustimmung des Kämmerers zu den oben geschilderten Vorgehensweisen liegt vor. Das Rechnungsprüfungsamt war eingeschaltet.

 


Mit Verkündung im Bundesgesetzblatt am 29.03.2011 ist das Gesetz zur Ermittlung des Regelbedarfs und zur Änderung des SGB II und SGB XII rückwirkend zum 01.01.2011 in Kraft getreten. Damit sind auch die Kosten des Mittagessens in Ganztageskindereinrichtungen und in Kinderhorten rückwirkend zum 01.01.2011 aus kommunalen Mitteln des Bildungspakets zu finanzieren. An dem Erfordernis der rückwirkenden Antragsstellung (Frist 30.04.2011) kann es dabei generell nicht fehlen, da alle bisher vom Jugendamt von der Kostentragung befreiten Kinder einen Antrag beim Jugendamt gestellt haben, der automatisch auch für das Bildungspaket gilt. Allerdings ist – entgegen der bisherigen Praxis in Erlangen – nach der gesetzlichen Regelung des Bildungspaketes ein Eigenanteil von 1 € pro Tag anzurechnen (Begründung: Dieser Betrag ist im Regelsatz für ein Mittagessen einkalkuliert).

 

Zu den bisherigen Abläufen:

Nach den bisher maßgeblichen Regelungen des SGB VIII waren Kinder von bedürftigen Eltern von den Gebühren beim Besuch einer Kindertagesstätte auf Kosten der Stadt zu befreien. Entsprechend der VGH-Rechtssprechung werden dabei in Erlangen bei Ganztageseinrichtungen auch die Kosten für das Mittagessen seit 2008 vollständig mit einbezogen, weil das Mittagessen notwendiger Bestandteil beim Besuch einer Ganztageseinrichtung ist. Die notwendigen Mittel für diese Kostenbefreiungen sind im Budget des Jugendamtes enthalten.

 

Die Entscheidung über die Befreiung – sowohl von den Gebühren, wie auch von den Kosten des Mittagessens – wird bisher durch einen einheitlichen Bescheid des Jugendamtes für das gesamte Kindergartenjahr, bzw. für den Zeitraum von 12 Monaten, ausgesprochen. Ein Eigenanteil für evtl. häusliche Ersparnisse wird dabei nicht angerechnet.

 

 

Auch künftig Verzicht auf Anrechnung eines Eigenanteils wegen evtl. häuslicher Ersparnis

 

Die Regelung des Gesetzgebers einen Eigenanteil der betroffenen Familien von 1 € pro Mittagessen zu verlangen, ist zwar nachvollziehbar, weil dieser Betrag im Regelsatz für ein Mittagessen einkalkuliert ist. Aufgrund der bisherigen Praxis in Erlangen würde dieses Verlangen für die betroffenen Familien jedoch zu einer erheblichen Verschlechterung gegenüber der bisherigen Situation führen – mit der Folge, dass in vielen Fällen eine unerwünschte Nichtbeteiligung der Kinder am gemeinsamen Mittagessen in der Tageseinrichtung zu befürchten wäre. Diese Lösung wäre gerade aus pädagogischer Sicht äußerst unerwünscht und kontraproduktiv – und wohl auch nicht im Sinne des Gesetzgebers, der ja gerade eine stärkere Beteiligung am gemeinschaftlichen Mittagessen fördern möchte.

 

Um diesen negativen Effekt zu vermeiden sind Jugendamt und Sozialamt übereinstimmend der Auffassung, dass in Erlangen auch künftig von der Anrechnung eines Eigenanteils abgesehen werden sollte. Die Kosten dieses Eigenanteils müssten deshalb auch künftig vom städtischen Haushalt (Jugendamtsbudget) getragen werden. Im Ergebnis würde der Entlastungseffekt für das Jugendamtsbudget, der durch die Übernahme der Mittagessenskosten durch das Bildungspaket entstehen wird, folglich um ca. ein Viertel bis ein Drittel geringer ausfallen – grob geschätzt um mehr als 100.000 €. Zusätzliche Haushaltsmittel wären dafür aber nicht erforderlich – es käme lediglich zu einer entsprechend geringeren Einsparung auf den Haushaltstellen des Jugendamtsbudgets. Dieser Vorschlag wurde mit dem Kämmerer erörtert. Vom Kämmerer wurde dafür ausdrücklich Zustimmung erklärt.

 

Aufgrund der bisherigen örtlichen Praxis (vollständige Übernahme der Mittagessenskosten ohne Eigenanteil) standen auch andere Kommunen vor dem Problem, Verschlechterungen für die betroffenen Familien zu vermeiden und dafür den Eigenanteil auch weiterhin auf kommunale Kosten zu übernehmen. So hat sich z. B: auch unsere Partnerstadt Jena zur gleichen Lösung einer Nichtanrechnung eines Eigenanteils auch nach Inkrafttreten des Bildungspaketes entschlossen. Darüber hinaus wurde auch durch ein Schreiben des BMAS Staatsekretärs Dr. Brauksiepe vom 23.03.2011 ausdrücklich bestätigt, dass diese Lösung sowohl zulässig, wie auch für die Betroffenen unschädlich ist (keine Anrechnung dieses 1 €-Eigenanteils als Sachbezug bei den Betroffenen). Nach Auffassung der Verwaltung sollte diese Entscheidung für einen Verzicht auf Anrechnung eines Eigenanteils – unter dem Vorbehalt der Beschlussfassung – nicht nur für das Mittagessen in Kindertagesstätten, sondern auch für das Mittagessen in Schulen gelten.

 

 

Verlängerte Übergangsphase

 

Aufgrund der sehr kurzfristigen Bekanntgabe des Gesetzes und der rückwirkenden Inkraftsetzung des Gesetzes war eine sofortige Umstellung der Finanzverantwortung vom Jugendamtsbudget auf das, für das Bildungs- und Teilhabepaket verantwortliche Sozialamt nicht möglich. Jugendamt und Sozialamt sind deshalb übereingekommen, die bisherigen internen Zuständigkeiten und Abläufe (Aussprechen der Befreiung durch das Jugendamt und Finanzierung über das Jugendamtsbudget) vorläufig weiterlaufen zu lassen – und zwar bis zum Beginn des neuen Kindergartenjahres 2011/2012, also bis zum 31.08.2011. Denn die meisten Kostenbefreiungsbescheide des Jugendamtes sind bestandskräftig bis zu diesem Zeitpunkt ausgesprochen – eine frühere Umstellung hätte nur zur Folge, dass zahlreiche Jugendamtsbescheide vorzeitig aufgehoben und damit unnötiger Verwaltungsaufwand produziert werden müsste. Im Gegenzug hat das Sozialamt zugesichert, für die nach dem Bildungspaket zu übernehmenden Mittagessenskosten (also ohne den nicht angerechneten Eigenanteil) für Kinder aus SGB II-, SGB XII-, Wohngeld-, Kinderzuschlags- und Asylbewerberfamilien die Befreiungsentscheidungen des Jugendamtes zu übernehmen und rückwirkend für den Zeitraum 01.01.2011 bis 31.08.2011 aus Mitteln des Bildungspakets an das Jugendamtsbudget zu erstatten.

 

Damit wird dem Sozialamt ausreichend Zeit eingeräumt, die verwaltungstechnische Umstellung ohne Zeitdruck vorzunehmen. Im Gegenzug erspart sich das Jugendamt den vermeidbaren Aufwand zur vorzeitigen Aufhebung und Änderung von Bewilligungs- und Befreiungsbescheiden.

 

 

Rückabwicklung zum 01.01.2011

 

Aufgrund der hohen Anzahl von Kindern, die nach den Regelungen des SGB VIII von den Kosten des Mittagessens befreit sind, die aber nicht alle von der Kostenübernahme durch das Bildungspaket erfasst werden – und aufgrund der Tatsache, dass der zur Kostenübernahme nach dem Bildungspaket erforderliche Status des Sozialleistungsbeziehers von Monat zu Monat wechseln kann – haben sich Jugendamt und Sozialamt darauf verständigt, die finanzielle Rückabwicklung zugunsten des Jugendamtsbudgets für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.08.2011 nicht durch Spitzabrechnung, sondern durch eine pauschalierte Regelung vorzunehmen. Dazu soll zu einem bestimmten Stichtag (z. B. im März 2011) die genaue Anzahl, bzw. die genaue Quote der vom Jugendamt befreiten Kinder aus den Rechtskreisen SGB II, SGB XII, Wohngeld und Asylbewerberleistungsgesetz ermittelt werden. Dem wird im Wege der Schätzung eine Quote für die betroffenen Kinderzuschlagskinder hinzugefügt (die entsprechenden Daten liegen derzeit nur der Familienkasse vor). Daraus wird – unter Abzug des entsprechenden Eigenanteils – eine Gesamtquote der Mittagessenskosten ermittelt, die aus dem Bildungspaket zugunsten des Jugendamtsbudgets zu erstatten ist. Diese, für einen Stichtagsmonat ermittelte Quote, soll dann für den gesamten Erstattungszeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.08.2011 Anwendung finden.

 

 

Beteiligung des Rechnungsprüfungsamtes

 

Für alle diese Übergangsvereinbarungen zwischen Sozialamt und Jugendamt,

 

a) für den Verzicht auf Anrechnung eines Eigenanteils auch für die Zukunft

b) für die Übergangsregelung bis zum 31.08.2011 und

c) für die vereinfachte, pauschalierte Abrechnung des Übergangszeitraums Januar bis August

 

wurde vorsorglich und kurzfristig das Rechnungsprüfungsamt eingeschaltet. Es teilte hierzu mit:

 

Bei der Festlegung unter Buchstabe a) handelt es sich letztlich um eine politische Entscheidung, die sich einer Beurteilung durch die Rechnungsprüfung entzieht. Auf die von der Stadt zu tragenden Kosten wird bereits in dieser Vorlage hingewiesen.

Die Verabredungen unter Buchstabe b) und c) hat die Rechnungsprüfung zur Kenntnis genommen. Ob sich diese in der Praxis bewähren, wird in den nächsten Monaten festzustellen sein.

 

 

Künftige Abwicklung

 

Um zu einem möglichst wenig aufwändigen Verwaltungsverfahren zur Abwicklung der Mittagessenskosten in Kindertagesstätten über das Bildungspaket zu kommen haben Jugendamt und Sozialamt für die Zukunft folgendes Vorgehen vereinbart: Das Jugendamt, das auch künftig nach den Regelungen des SGB VIII durch Bescheid über die Befreiung von Kindern von Kindertagesstättengebühren zu entscheiden hat, wird auch weiterhin im gleichen Bescheid im Bedarfsfall (in Ganztageseinrichtungen) und auch bei Kindern, die unter das Bildungspaket fallen, ebenfalls über die Befreiung von den Mittagessenskosten entscheiden. Soweit die Kinder unter das Bildungspaket fallen (Bezug von SGB II, von SGB XII, von Wohngeld, von Kinderzuschlag, von Asylbewerberleistungen) geht jeweils ein Abdruck dieses Bescheides an das Sozialamt – Stelle für Bildungs- und Teilhabeleistungen. Aus diesen Bescheiden, bzw. aus einer zu erstellenden tabellarischen Übersicht über alle Kindertageseinrichtungen und den dort jeweils anfallenden Mittagessenskosten, kann dann eine monatliche Gesamtabrechnung erstellt werden über die monatliche Gesamtsumme der aus dem Bildungspaket zu finanzierenden Mittagessenkosten (Überweisung vom Sozialamt auf das Jugendamtsbudget), bzw. über den entsprechenden, kommunal zu finanzierenden Eigenanteil (auf den vorhandenen Haushaltsstellen des Jugendamtes zu buchende Kosten). Auf diese Weise wird gegenüber den betroffenen Familien eine einheitliche Entscheidung der Stadt über die Befreiung von den Kindergartengebühren und über die Befreiung von den Mittagessenskosten in den Kindertagesstätten sichergestellt. Die finanztechnische Aufteilung zwischen dem Sozialamtsbudget und dem Jugendamtsbudget wird durch nachträgliche Abrechnung zwischen beiden Ämtern mit möglichst wenig Verwaltungsaufwand hergestellt..


Anlagen: