Betreff
Bürgerversammlung Gesamtstadt vom 23.11.2010 - Antrag von Herrn Stefan Haubold
Vorlage
24/026/2011
Aktenzeichen
VI/24/KWC
Art
Beschlussvorlage

Der Antrag von Herrn Haubold wird zur Kenntnis genommen. Aufgrund der Ausführungen des GME wird der Antrag abgelehnt. Der Antrag ist somit bearbeitet.


1.   Ergebnis/Wirkungen
(Welche Ergebnisse bzw. Wirkungen sollen erzielt werden?)

Seit dem Jahr 2007 realisiert die Stadt Erlangen ein ehrgeiziges Schulsanierungsprogramm. Ergänzt durch das Konjunkturförderpaket beläuft sich die Gesamtsumme der Sanierungskosten auf derzeit nahezu 60 Mio €.

Für die bisher fertig gestellten bzw. im Bau befindlichen Sanierungsprojekte wurden die folgenden Leitlinien zugrunde gelegt:

·         Sanierung von innen nach außen
- einmaliger Eingriff in den laufenden Betrieb (marode Installationen haben Vorrang vor
  Schönheitsreparaturen)
- Hochbau begleitet Haustechnik
  (z. B. Installationsöffnungen schließen, Malerarbeiten ausführen)
- falls finanziell erforderlich notfalls Fassaden und Fenster zurückstellen.

·         Setzen von Sanierungsschwerpunkten
- Sanierung nach baulichen Prioritäten
  (baulicher Zustand bestimmt die Sanierung nicht das Gieskannenprinzip).

·         Energieeffizienz und Nachhaltigkeit
- Optimierung der haustechnischen Anlagen
- Dämmung der Gebäudehülle
- Austausch der Fenster

·         Ausschöpfung sämtlicher Zuschussmöglichkeiten

Bei den bisher erfolgten und im Bau befindlichen Sanierungen wurden die Fassaden jeweils mit einem Wärmedämm-Verbundsystem bekleidet (soweit nicht unter Denkmalschutz), die obersten Geschoßdecken bzw. Dachflächen wurden gedämmt, sowie neue Fenster - überwiegend 3-fach verglast – wurden eingebaut. Es wurden somit bis auf die Lüftungsanlage alle Komponenten eines Passivhauses im Bestand realisiert.

Die Schaffung eines vollständigen Passivhausstandards, wie vom Antragsteller gefordert, geht jedoch weit über die bisher bei den Sanierungen durchgeführten Maßnahmen hinaus.

Der Passivhausstandard setzt die Begrenzung des Heizwärmebedarfs auf maximal 15 KWh/m²a voraus. Ein derartig niedriger Wert ist bei einem Bestandsgebäude mit wirtschaftlichem Aufwand nicht zu erzielen. Das GME setzt den Passivhausstandard deshalb nur bei Neubauten voraus (z. B. Familienstützpunkt Goldwitzerstraße).

Bei Bestandsgebäuden lässt sich dieser Standard aus folgenden Gründen nicht oder nur mit unwirtschaftlichem Aufwand betreiben:

- die Kellerbodenplatte ist nachträglich nicht zu dämmen

- die Kelleraußenwände müssten vollständig aufgegraben werden um eine Dämmung an zu-
  bringen

- um die 15 KWh/m²a  zu erreichen müssen solare Gewinne durch große Fensterflächen
  nach Osten, Süden und Westen angesetzt werden; durch die bestehenden Fassaden und
  deren Ausrichtung ist dies im Bestand meist nicht realisierbar. Auch Verschattungen durch
  andere Gebäude führen zum Nicht-Erreichen des Passivhaus-Wertes (z. B. Wasserturm-
  straße Kindergarten).

- der Einbau einer Lüftungsanlage ist zwar energetisch sinnvoll und auch als Komfort-
  Einrichtung zu begrüßen. Die Realisierung des Schulsanierungsprogramms erfolgt jedoch
  unter hohem Kostendruck. Der – technisch machbare – nachträgliche Einbau einer
  Lüftungsanlage bleibt einem weiteren Sanierungsabschnitt vorbehalten; bis dahin muss der
  Luftwechsel wie bisher durch regelmäßige Fensterlüftung erfolgen.

 

Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Erlanger Schulen – mit Ausnahme der wenigen bereits sanierten Gebäude -, einen erheblichen Nachholbedarf u. a. im Bereich der Haustechnik und der Wärmedämmung aufweisen. Die Sanierung einer Schule zum Passivhaus oder wenigstens in die Nähe des Passivhaus-Standards würde einen hohen finanziellen Aufwand erfordern, der aufgrund des Kostendrucks, von anderen Maßnahmen des Schulsanierungsprogramms abgezogen werden müsste. Im Klartext: eine Schule würde als Pilot-Projekt zum Passivhaus saniert, bei einer anderen Schule könnten nicht einmal die dringend reparaturbedürftigen Fenster ausgetauscht werden.

 

Terminsituation:

Die vom Antragsteller geforderte Durchführung der Sanierung einer Schule auf Passivhaus-Standard bis 2013 wäre aufgrund des bestehenden Terminplanes für die Schulsanierung nur unter sofortiger Bereitstellung zusätzlicher Mittel möglich.

 

Fazit: aus den genannten Gründen empfiehlt das GME den uneingeschränkten Passivhaus-Standard nur bei Neubauten vorzugeben und bei den Sanierungen wie bisher Passivhaus-Elemente nahe am Passivhaus-Standard einzusetzen, jedoch zunächst ohne Lüftungsanlagen.

Zum Kennenlernen der neuesten energetischen Gebäudetechnik eignen sich ebenfalls die echten Passivhäuser des GME z. B. das Familienzentrum Goldwitzerstraße sowie der entstehende Kindergarten Wasserturmstraße.

 


Anlagen:        Antrag  von Herrn Stefan Haubold