Betreff
Stellungnahme der Verwaltung zum Themenkomplex "Seniorenwohnen" - Antrag der SPD-Fraktion vom 23.09.2010
Vorlage
611/060/2010
Aktenzeichen
VI/611 - T. 1335
Art
Mitteilung zur Kenntnis

Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.

Der Antrag der SPD vom 23.09.2010 (Nr. 093) ist damit bearbeitet.


a.      Die SPD beantragt, zu berichten, ob, inwiefern und wo Vorgaben der Bauleitplanung seniorengerechte, Generationen übergreifende oder barrierefreie Geschosswohnungsbauten be- oder sogar verhindert hätten.

 

Entsprechende Fälle sind nicht bekannt.

 

Bebauungspläne treffen gemäß Baugesetzbuch (BauGB) u.a. Aussagen zu Art und Maß der Nutzung sowie der Bauweise. „Wohnen“ umfasst hierbei gleichermaßen Studentenappartements wie Einfamilienhäuser oder Seniorenwohnungen. Vorhabensträger können ihre Gebäude – über die Vorgaben der Bayrischen Bauordnung (BayBO) hinaus – auch vollständig barrierefrei, d.h. seniorengerecht erstellen. Die BayBO stellt sicher, dass zumindest Teile neuen Wohnraums barrierefrei erstellt werden.

 

Gemäß BauGB können – allerdings nur aus städtebaulichen Gründen –  im Bebauungsplan auch Flächen für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf festgesetzt werden. In der Praxis findet dies kaum Anwendung, da dies unter Umständen zu nicht tragbaren Vermögensnachteilen des Grundstückseigentümers führen und somit einen Entschädigungsanspruch auslösen kann. Insofern muss für einen derartigen Eingriff in die Eigentumsrechte, d.h. deren Einschränkung, ein dringender Bedarf für die eingeschränkte Nutzung vorliegen. Im Unterschied zu in Privateigentum befindlichen Grundstücken hat die Stadt bei der Vergabe eigener Grundstücke im Rahmen der Vergabe Einfluss auf die spätere Nutzung.

 

b.      Die SPD beantragt, zu überprüfen, wie die Bauleitplanung mit den Erfordernissen seniorengerechten Wohnungsbaus abgestimmt werden kann.

 

Bei der Bebauungsplanaufstellung sind vielfältigste öffentliche und private Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Der BPlan wird, inkl. der Abwägung der Belange, durch den Stadtrat beschlossen. Die Abwägungsverpflichtung steht hierbei einer „freien“ Zielsetzung entgegen.

 

Grundsätzlich kann seniorengerechtes Wohnen in jeder Wohnform erfolgen, da es sich primär über bauliche Voraussetzungen sowie über individuelle Bedürfnisse und Ansprüche definiert. Dabei stellt sich die Frage nach der Definition. „Senioren“ bezeichnet heute eine höchst diversifizierte gesellschaftliche Gruppe, die das ganze Spektrum von agilen und mobilen Ruheständlerinnen und Ruheständlern bis zu Pflegebedürftigen umfasst. Wohnformen reichen vom eigenen Haus bis zum Pflegeheim. Wohnungsbauunternehmen können im Bereich Mietwohnungsbau gleichfalls seniorengerechten Wohnungsbau anbieten. Die Inanspruchnahme mobiler Hilfs- und  Pflegedienstleistungen oder sonstiger Hilfen ermöglicht den längeren Verbleib im gewohnten Umfeld. Im Verhältnis zum gesamten Wohnraumbestand ist der jährliche Wohnungsneubau dabei von untergeordneter Bedeutung. Bestandswohnungen sind nur allzu oft nicht barrierefrei und stellen älter werdende Bewohnerinnen und Bewohner vor Probleme. Für die bauliche Anpassung dieses Bestandes sind die jeweiligen Eigentümer zuständig. Die individuelle Entscheidung „Wo und Wie leben?“ entzieht sich somit obrigkeitlicher Steuerung.

 

Voraussetzung einer seniorenorientierten Planung ist die klare Definition, für wen, bzw. für welche Bedürfnisse geplant werden soll. Des Weiteren sind Vorhabensträger erforderlich, die solcherart definierte Projekte baulich umsetzen und auf den Markt bringen. Handelt es sich bei den überplanten Flächen um städtisches Eigentum, öffnet sich der Weg der gezielten Vergabe der Baufläche an entsprechende Vorhabensträger. Bei der Vergabe städtischer Grundstücke in Wohngebieten fließt das Kriterium „Zusammenleben mehrer Generationen“ bereits in die Bewertung der Bewerber ein. Eine stärkere Gewichtung des Aspektes „Senioren“ könnte gegebenenfalls dem Ziel der Förderung von jungen Familien widersprechen.

 

Erlangen zieht zur baulichen Definition von „Seniorenwohnen“ die Stellplatzsatzung heran, die für „Gebäude mit Altenwohnungen“ einen reduzierten Stellplatzschlüssel vorgibt (u.a. finanziell von Vorteil) und in ihren Erläuterungen ausführt: „Die Wohnungen dürfen ausschließlich durch Personen ab 55 Jahren, die nicht mehr im Berufsleben stehen, genutzt werden. … Indiz für die Nutzung: Betreuungsangebot durch integrierte Sozialstation und Gemeinschaftsräume“. Die Frage der Kontrolle, d.h. ob Gebäude, für die reduzierte Richtzahlen in Anspruch genommen wurden, auch dauerhaft und in allen Wohneinheiten dergestalt genutzt werden, bleibt offen.

 

Die Bauleitplanung kann seniorengerechtes Wohnen letztlich nur dadurch fördern, dass sie Wohnbauflächen ausweist. Die gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen der demographischen Entwicklung  sind nicht alleine stadtplanerisch, sondern nur fachübergreifend zu bewältigen.

 


Anlagen:        Antrag der SPD-Fraktion vom 23.09.2010