Betreff
Geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine- Sachstandsbericht
Vorlage
512/012/2022
Aktenzeichen
V/512
Art
Mitteilung zur Kenntnis

Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.


 

(Rechtliche) Differenzierung der Kinder und Jugendlichen:

 

- Unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA)
Minderjährige sind unbegleitet, wenn sie bei ihrer Einreise weder von Eltern noch von sonstigen erziehungsbeauftragten Personen (z.B. Verwandte) begleitet werden. Ein unbegleiteter Minderjähriger Ausländer (UMA) ist bei seiner Einreise nach Deutschland nach § 42a SGB VIII durch das örtlich zuständige Jugendamt vorläufig in Obhut zu nehmen (BSD/Fachdienst stationäre Hilfen). Das Jugendamt prüft, ob es Ausschlussgründe für eine bundesweite Verteilung gibt und meldet die Kinder und Jugendlichen ggf. zur Verteilung an. Die Kinder und Jugendlichen werden nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Städte und Landkreise verteilt. Bis jetzt (Stand 06.04.2022) sind keine UMA aus der Ukraine in der Stadt Erlangen angekommen. Das Sozialministerium und die Regierung von Mittelfranken gehen von einer zeitverzögerten Ankunft von UMA aus und haben die Städte und Landkreise gebeten, sich auf die erneute Unterbringung von UMA vorzubereiten (s.u.). Es haben sich bisher 15 Familien beim Jugendamt gemeldet, die geflüchtete Kinder aufnehmen möchten. Diese werden vom BSD/Fachdienst Vollzeitpflege überprüft und beraten.

 

- Minderjährige in Begleitung von Erwachsenen

Fast alle aus der Ukraine geflüchteten Kinder und Jugendliche, die sich aktuell (Stand 06.04.2022) in Erlangen aufhalten, sind Minderjährige in Begleitung eines Erwachsenen. Es handelt sich überwiegend um Mütter mit Kindern, aber auch um Personen mit einer Erziehungsbeauftragung durch die Eltern. Der ASD/BSD prüfen in diesen Fällen, ob eine Erziehungsbeauftragung vorliegt und klären, ob Vollmachten vorgelegt werden können. Wenn notwendig, wird eine Vormundschaft beim Familiengericht beantragt. Wenn Minderjährige länger als acht Wochen bei einer nicht oder nur entfernt verwandten Familie betreut werden, braucht es gem. §44 SGB VIII eine Pflegeerlaubnis (Überprüfung durch den BSD/Fachdienst Vollzeitpflege).

 

- Minderjährige aus evakuierten Waisenhäusern/Kinderheimen oder vergleichbaren Einrichtungen, die in Begleitung von Betreuungspersonen eingereist sind

Sobald Regierungen/Kommunen erfahren, dass Kinder und Jugendliche im Zusammenhang mit der Evakuierung und Verlagerung ganzer Einrichtungen aus der Ukraine nach Deutschland kommen (werden), ist ein engster Informationsaustausch der für die Versorgung und Verteilung von Erwachsenen und für die Kinder- und Jugendhilfe zuständigen Behörden, der Verantwortlichen in den Regierungen und in den Kommunen und weiterer Stellen, die vor Ort in das Hilfenetzwerk eingebunden sind (z.B. auch Bezirke, sofern es sich um Kinder und Jugendliche mit Behinderung handelt), essentiell.
Beim ASD/BSD würde in Erlangen die Aufgabe der Einschätzung liegen, ob es sich um UMA handelt. Bei Fällen, in denen von Begleitung auszugehen ist, sind die Minderjährigen und ihre Begleitpersonen nach den Vorgaben der Bayerischen Staatsministerien im Vollzug des AsylbLG unterzubringen.

 

Das Familienministerium in Berlin hat zwischenzeitlich eine auf zwei Säulen beruhende Koordinierungsstelle eingerichtet:

Die SOS-Meldestelle (Betreiber SOS-Kinderdorf e.V), tagsüber erreichbar unter einer kostenfreien Telefonnummer, informiert Einrichtungen, Organisationen und Privatpersonen, die die Aufnahme evakuierter Heim- und Waisenkinder aus der Ukraine in Deutschland organisieren über das Verteilverfahren, die zuständigen Stellen in den Bundesländern und benennt Ansprechpartner*innen. Sofern ukrainische Gruppen selbst anfragen, vermittelt die Meldestelle freie Kapazitäten.

Die zweite Säule ist die zentrale Koordinierungsstelle beim Bundesverwaltungsamt. Hier werden die Aufnahmen und Kapazitäten in den Bundesländern registriert und eine gerechte Verteilung der Gruppen auf die Länder sowie deren Unterbringung sichergestellt.

 

 

Anzahl und Verteilung der Kinder und Jugendlichen in Erlangen:

 

Zum 04.04.2022 sind in Erlangen 362 Kinder und Jugendliche gemeldet. Aufgrund der Zuzüge nach Erlangen sind die Zahlen derzeit sehr volatil und steigen wöchentlich an.

 

Die folgende Übersicht zeigt die Verteilung der 0-27-jährigen nach ihrem derzeitigen Wohnort in Erlangen, aufgeteilt nach Grundschulsprengeln.

 

U3-Alter

KiGa-Alter

Grundschulalter

11-U15

15-U18

junge Volljährige

Gesamtergebnis

Schulsprengel

Hermann-Hedenus

4

7

8

4

1

6

30

Büchenbach

-

2

6

3

2

4

17

Bruck

1

13

4

3

4

4

29

Dechsendorf

4

1

3

5

1

14

Mönau

2

2

1

2

6

4

17

Heinrich-Kirchner

4

3

2

2

2

4

17

Frauenaurach

-

1

2

3

1

7

14

Adalbert-Stifter

8

12

20

17

9

12

78

Loschge

6

11

9

7

4

10

47

Friedrich-Rückert

-

10

8

4

2

12

36

Michael-Poeschke

1

5

4

3

4

2

19

Pestalozzi

2

6

10

6

4

9

37

An der Brucker Lache

1

4

6

4

6

21

Eltersdorf

1

1

2

2

1

7

Tennenlohe

-

4

6

4

2

16

unbekannt

2

2

3

1

2

1

11

Gesamtergebnis

36

84

94

70

43

83

410

 

 

 


Koordination von Bildungs- und Freizeitangeboten

 

Das Bildungsbüro hat die Koordination der Bildung- und Freizeitangebote übernommen und ist derzeit dabei entsprechende Strukturen zu schaffen. Allgemein ist es das Ziel, bestehende niederschwellige Angebote zu öffnen, neu konzipierte Angebote zu erfassen und Informationen zu Angeboten an die Zielgruppe zu übermitteln.

Um Doppelstrukturen zu vermeiden, wurde eine interne Koordinierungsgruppe gegründet, an der folgende Dienststellen beteiligt sind:

 

-       Bürgermeister- und Presseamt - Büro für Chancengleichheit und Vielfalt

-       Bürgermeister- und Presseamt - Büro für Bürgerbeteiligung und Ehrenamt

-       Sozialamt - Integrationslotsin

-       Referat für Jugend, Familie und Soziales - Koordination Integration

-       Stadtjugendamt - Jugendsozialarbeit an Schulen im Jugendalter

-       Stadtjugendamt – Sozialpädagogischer Fachdienst

-       Referat für Kultur, Bildung und Freizeit - Bildungsbüro

-       Amt für Stadtteilarbeit – Stabsstelle Kulturförderung

-       Sozialamt - Seniorenamt

-       Bürgermeister- und Presseamt - Geschäftsstelle Seniorenbeirat

-       Volkshochschule – Koordination für Integrationskurse

 

Ziel ist es, die Angebote, die bereits von Ehrenamtlichen bzw. von Organisationen bei der Stadt gemeldet wurden und die im Bildungsbüro erfassten Angebote zusammenzufügen, nach Stadtteilen zu gliedern, zu übersetzen und anschließend zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt über die städtische Website, sowie über Vereine und Verbände und ehrenamtliche Multiplikatoren. Gleichzeitig sollen Bedarfe aufgegriffen, mit den derzeitigen Angebotsbereichen abgeglichen und ggf. in Rücksprache mit verschiedenen Dienststellen, Vereinen und Verbänden und weiteren Angebotsträgern passende Angebote konzipiert werden.

Die Angebote werden ständig aktualisiert, regelmäßig veröffentlicht und mithilfe verschiedener Kommunikationswege an die Ukrainer*innen weitergegeben.

 

 

Kindertagesbetreuung

 

Die Nachfrage nach formellen Kindertagesbetreuungsplätzen hält sich aktuell noch in Grenzen. Das Stadtjugendamt ist mit den freien Trägern im engen Austausch, um die Aufnahme von ukrainischen Kindern durch bedarfsgerechte Einzelfallentscheidungen zu koordinieren.
Betreuungsangebote sollen aktuell, auch nach Einschätzung des StMAS, niederschwellig in betriebserlaubnisfreien Eltern- Kind Gruppen angeboten werden, um den Aufnahmedruck in den Einrichtungen nicht noch mehr zu erhöhen.

 

 

Hilfen zur Erziehung, Eingliederungshilfen (seelische Behinderung) und Betreuung in Notsituationen

 

-       Wenn Hilfen geeignet und notwendig sind, stehen Sie aus der Ukraine Geflüchteten analog anderen Kindern und Jugendlichen zur Verfügung. Aktuell (Stand 05.04.2022) sind noch keine Hilfen für Ukraine-Geflüchtete eingeleitet.

 

-       Stationäre Wohngruppe für UMA:
Das Jugendamt sucht aktuell nach einer geeigneten Immobile, die zeitnah und mit begrenztem Aufwand für Umbau etc. zur Verfügung stehen würde. Eine Betriebserlaubnis nach den Vorgaben des SGB VIII wäre notwendig. In einem außerordentlichen Termin der AG78 Hilfen zur Erziehung am 15.03.2022 wurde die Situation mit den freien Trägern der Jugendhilfe besprochen. Unter den Voraussetzungen einer längeren Perspektive für eine Immobilie, einer gelingenden Fachkräfteakquise (Fachkräftemangel) und einer Vereinbarung mit der Stadt, dass keine finanziellen Defizite bei den Trägern entstehen, wären weitere Gespräche mit den freien Trägern bezüglich der evtl. Übernahme einer Trägerschaft denkbar.

-       Es ist mit steigenden Ausgaben im Budget des Jugendamtes und einem erhöhten Arbeitsaufwand in ASD, BSD und Wirtschaftlicher Jugendhilfe zu rechnen.

 


Anlagen:             DIJuF: Erste Hinweise zu Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Flucht

von ukrainischen Kindern, Jugendlichen und ihren Familien nach Deutschland