Betreff
Grundsatzbeschluss zur Neuorganisation von Jobcenter Erlangen und Maßnahmeträger
Vorlage
V/003/2021
Aktenzeichen
V/RD017
Art
Beschlussvorlage

1.    Alle Aufgaben des Jobcenters (Amt 55 und hoheitliche Aufgaben der GGFA) sowie der BgA-Bereich Projekte (Selbstvornahme) und Service (Durchführung von drittmittel-geförderten Maßnahmen (Träger von Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen, Dienstleister für städtische Dienststellen) werden in einen städtischen Eigenbetrieb überführt.

2.    Die Verwaltung wird beauftragt, die organisatorischen Voraussetzungen (Satzung,

Überleitung Personal, etc.) in die Wege zu leiten.

3.    Die Verwaltung wird beauftragt, eine geeignete Immobilie für eine räumliche Zusammen-führung aller Aufgabenbereiche des Jobcenters zu finden.

 


1.    Ergebnis/Wirkungen
(Welche Ergebnisse bzw. Wirkungen sollen erzielt werden?)

Die in Erlangen seit 2005 mit großem Erfolg praktizierte Aufteilung der Jobcenter-Aufgaben auf zwei Rechtsträger (Städtisches Amt und GGFA AöR), mit in die GGFA AöR eingebundenem

Maßnahmenträger, ist nach dem Urteil des BSG Az.: B 14 AS 24/17 R nicht mehr rechtssicher.

Alle Jobcenter-Aufgaben sind künftig aus einer Hand zu erbringen.

 

 

2.    Programme / Produkte / Leistungen / Auflagen
(Was soll getan werden, um die Ergebnisse bzw. Wirkungen zu erzielen?)

Organisationsvarianten

 

Um eine geeignete Organisationsform zu finden, wurden im Rahmen einer Nutzwertanalyse

folgende Alternativen untersucht:

 

-     Zusammenführung aller Bereiche des Jobcenters sowie des Maßnahmenträgers in einem städtischen Amt

-     Zusammenführung aller Bereiche des Jobcenters sowie des Maßnahmenträgers im einem Eigenbetrieb

 

-     Eingliederung der behördlichen Aufgaben der GGFA AöR in Amt 55 und Verbleib des

Trägers der Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen als städtisches Kommunal-unternehmen

-       Zusammenführung aller Bereiche des Jobcenters sowie des Maßnahmenträgers in einer kommunalen Anstalt öffentlichen Rechts (AöR)

 

Im ersten Schritt wurde die Zielsetzung der neuen Organisation übereinstimmend wie folgt

festgelegt:

 

Ziel der „neuen“ Organisation   ist die Sicherstellung der

v  Existenzsicherung (gesetzlicher Auftrag des SGB II),

v  Beratung und Unterstützung zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und Eingliederung in Arbeit der SBG II Leistungsberechtigten in Erlangen (gesetzlicher Auftrag des SGB II) und Prävention vor Leistungsbezug mit dem Ziel der nachhaltigen transferleistungsfreien Existenzsicherung

v  unter optimalem Einsatz der zur Verfügung stehenden Ressourcen

v  unter Vermeidung von Rechtsrisiken

v  mit Einflussmöglichkeiten durch die Kommunalpolitik und

v  hoher Akzeptanz bei allen Interessensgruppen (Stakeholdern)

 

Alle Ziele wurden mit Teilzielen unterlegt und Bewertungskriterien unter Berücksichtigung vorangegangener Untersuchungen davon abgeleitet.

 

Als relevante Bewertungskategorien ergaben sich:

-     Aufgabenwahrnehmung /Organisationseffizienz (Aufbau-und Ablauforganisation)
Unter diesem Aspekt wurden die Freiheitsgrade der Organisation bei Entscheidungen ebenso wie die Länge der Entscheidungswege beurteilt. Als weitere zielerreichungs-relevante Punkte fallen hierunter auch die Vermeidung von Zielkonflikten oder die

Synergieeffekte gemeinsamer Fallarbeit.

-     Finanzen
Alle Faktoren, die dafür sorgen, dass ausreichend Mittel zur Versorgung der Erlanger SGBII Beziehenden zur Verfügung stehen, ohne den kommunalen Haushalt zusätzlich zu belasten, sind hier zusammengefasst.

-     Qualität
Gute technische Ausstattung wirkt ebenso auf die Zielerreichung wie ein gezieltes

Qualitätsmanagement und die Sicherstellung eines umfangreichen, passgenauen,

kurzfristig anpassbaren Maßnahmeportfolios mit starken Einflussmöglichkeiten bei

Konzeptanpassung und Durchführungsqualität.

-       Zusammenarbeit

Ziel der Organisation ist es, an den vielfältigen Schnittstellen mit Blick auf Leistungs-berechtigte, Aufsichtsbehörden, Stadtrat im Interesse der SGB II Beziehenden reibungslos zusammen zu arbeiten.

-       Personal

Personal ist der wichtigste Faktor bei der Erbringung von Dienstleistungen. Die

Organisation muss daher sicherstellen, dass ausreichendes, qualifiziertes Personal zur Verfügung steht. Daher wurden alle Organisationsvarianten auf ihre Attraktivität als

Arbeitgeber und ihre Bindungswirkung hin beurteilt. Gleichzeitig erfordert das Aufgabenfeld - insbesondere die Durchführung von Maßnahmen - hohe Flexibilität bei der Personal-gewinnung.

 

 

 

-       Erfüllung rechtlicher Vorgaben

Die Grundsatzfrage nach dem rechtlichen Risiko der Organisationsform im Hinblick auf Gemeindeordnung und sozialrechtlicher Vorschriften wurden aus der Nutzwertanalyse ausgeklammert und gesondert beurteilt. In dieser Kategorie wurden rechtliche Vorgaben wie bspw. die Erfüllung von Voraussetzungen zur Selbstvornahme betrachtet.

-       Realisierung /Umsetzung

Die letzte Kategorie fasst sowohl die finanziellen und zeitlichen Aufwände für die Um-setzung wie auch mögliche Auswirkungen auf die Kund*innen während der Umstrukturierung zusammen.

 

Um den einzelnen Kriterien einen angemessenen Einfluss auf das Gesamt-Ergebnis zukommen zu lassen, wurden die Kriterien gewichtet. Den umfangreichsten Einfluss auf das Ergebnis wird dem Personal (26%) zugemessen. Die Bereiche Aufgabenwahrnehmung, Finanzen und Qualität stehen mit je 15% gleichrangig nebeneinander. Zusammenarbeit geht mit 10%, die Erfüllung rechtlicher Vorgaben mit 11% und die Realisierung /Umsetzung mit 8% in das Ergebnis ein.

 

Ergebnis der Nutzwertanalyse

Nach Beurteilung durch die Bereiche: Passive Leistungen, aktivierende Leistungen, Maßnahmenträgerteil (BgA) und Beteiligungsmanagement ergibt sich folgendes Bild:

 

Modell 1

Modell 2

Modell 3

Modell 4

 

Amt mit BgA

Eigenbetrieb mit BgA

Amt mit rechtlich selbständigem BgA

Gesamt AöR

 

 

Passive Leistungen

Aktivierende  Leistungen

BgA

BTM

Passive Leistungen

Aktivierende  Leistungen

BgA

BTM

Passive Leistungen

Aktivierende  Leistungen

BgA

BTM

Passive Leistungen

Aktivierende  Leistungen

BgA

BTM

 

Durchschnittlicher Nutzwert ("Schulnote")

1,9

2,4

2,7

2,4

2,1

2,1

2,3

1,9

1,7

3,1

3,5

2,8

2,9

1,4

1,5

1,6

 

 

2,4

2,1

2,8

1,9

 

Rang gewichtet

2

3

3

3

3

2

2

2

1

4

4

4

4

1

1

1

 

 

Bewertung des Ergebnisses

Während in den Modellen 1, 3 und 4 die Einschätzung durch die beurteilenden Bereiche aus deren fachlicher Sicht sehr variieren, stellt das Modell 2 (Eigenbetrieb mit BgA) für alle Bereiche eine gute Lösung („Noten“ 1,9-2,3) dar.

 

Untersucht man die Ergebnisse für die Eigenbetriebslösung auf Ebene der Bewertungskategorien, findet man die stärksten Abweichungen in den Kategorien Aufgabenwahrnehmung /Organisationseffizienz, Personal und Realisierung /Umsetzung. Ursächlich sind hier verschiedene Gründe, denen jedoch über eine entsprechende Ausgestaltung der Eigenbetriebssatzung oftmals Rechnung getragen werden könnte:

 

Entscheidungsspielraum:

Während die Bereiche der aktivierenden Leistungen großen Wert auf hohe Freiheitsgrade in den Entscheidungen und kurze Entscheidungswege – insbesondere bei der Personalbeschaffung - legen, stellt für die passiven Leistungen die Zugehörigkeit zum städtischen Personal einen

Garanten für die Gewinnung und Bindung von geeignetem Personal dar. Beides kann im

Eigenbetrieb - bei entsprechender Satzungsgestaltung - erreicht werden.

Personalfragen:

Da das Bestandspersonal aufgrund der Auflösung der GGFA AöR im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge der Stadt Erlangen auf diese übergeht, besteht für alle Mitarbeitenden Beschäftigungssicherheit im Rahmen ihres Arbeitsvertrages. Die Stadt Erlangen tritt durch den Betriebsübergang in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Niemand verliert seinen/ihren Arbeitsplatz. Eine adäquate Beschäftigung wird gewähr-leistet. Ziel sollte dabei sein, dass die Mitarbeitenden in ihrer bisherigen Tätigkeit verbleiben. Es kann im Rahmen der Neuorganisation jedoch auch zur „Zuordnung“ in andere Organisations-einheiten kommen.

 

Die Überführung von AöR und Amt in einen Eigenbetrieb macht eine Anpassung aller Prozesse notwendig. Dies erfordert vorübergehend zusätzlichen personellen Aufwand, der zur Verfügung gestellt werden muss. Dennoch scheint es aus Sicht der Verwaltung ein notwendiger Aufwand, um die künftig für alle Aufgaben geeignete Organisationsform zu erreichen.

 

Rechtliche Risiken:

Neben den durch die Nutzwertanalyse beantworteten Fragestellungen war auch die Frage nach dem rechtlichen Restrisiko zu beantworten, das entstehen kann, wenn das Jobcenter nicht in die Kernverwaltung eingebunden ist. Nach Ansicht des StMAS ist eine Übertragung aller Aufgaben aus dem SGB II (Eingliederung und passives Leistungsrecht) auf den Eigenbetrieb auch mit Blick auf die BSG-Rechtsprechung unbedenklich. Weiter wird dort ausgeführt, dass dies auch für eine AöR gilt (wobei sich das Ministerium in einem ersten Schreiben diesbezüglich noch rechtlich

kritischer geäußert hat). Das Rechtsamt weist diesbezüglich jedoch darauf hin, dass das Thema Organisationsform eines Jobcenters sehr schwierig und komplex ist und es aufgrund der vor-handenen Kommentarliteratur nicht ausgeschlossen werden kann, dass aufgrund der Vorschriften zu den gemeindlichen Unternehmen in der Bayerischen Gemeindeordnung dennoch ein Gericht die Unzulässigkeit der Übertragung auf eine AöR, feststellen könnte. Dieses Risiko wird bei einem Eigenbetrieb als geringer eingeschätzt.

 

 

Resümee:

 

Im Ergebnis stellt damit der Eigenbetrieb die Lösung dar,

-     in der für alle Aufgabenbereiche (Jobcenter und Maßnahmeträger) geeignete Strukturen geschaffen werden können,

-       in der das Personal die notwendige Einbindung in den Personalkörper der Stadt erhält,

-       für alle Mitarbeitenden eine Weiterbeschäftigung gesichert werden kann,

-       das Rechtsrisiko vertretbar bleibt,

-     Jobcenter und Maßnahmeträger (Erlanger Modell) zukünftig bestmöglich für die Erlanger Bürgerinnen und Bürger arbeiten können.

 

Das Jobcenter Erlangen braucht einen Neustart in eine Aufbauorganisation, in der alle Bereiche neu zugeordnet werden und sich als Einheit unter neuer Leitung gemeinsam, dauerhaft stabil und rechtssicher weiterentwickeln können.

 

Der Eigenbetrieb bietet diese Chance und wird daher als neue Organisationsform für

Jobcenter und Maßnahmeträger vorgeschlagen.

 

 

3.    Prozesse und Strukturen
(Wie sollen die Programme / Leistungsangebote erbracht werden?)

 

Ziel ist, im kommenden Jahr 2022 sämtliche für die Umorganisation erforderlichen Vorarbeiten abzuschließen und die für die Eigenbetriebsgründung notwendigen Beschlüsse zu fassen, damit der neue Eigenbetrieb „Jobcenter und Maßnahmeträger“ zum 01.01.2023 seine Arbeit aufnehmen kann.

 

Dafür soll eine Projektgruppe aus Mitarbeitern u.a. von GGFA, Amt 55, Personal- und
Organisationsamt und Beteiligungsmanagement eingerichtet werden. Dazu wird für die Dauer des Projekts eine Projektleitung installiert.

 

Anstehende Arbeiten sind u.a.:

·         Erstellung und Abstimmung der Eigenbetriebssatzung und Vorbereitung aller notwendigen Gründungsunterlagen bei gleichzeitiger Auflösung der GGFA AöR

·         Erfassung aller anzupassenden Prozesse aus dem Bereichen „Erbringung passive und
aktivierende Leitungen SGB II“, Selbstvornahme von Maßnahmen und Akquise /Umsetzung von Drittmittelmaßnahmen sowie aller dazugehörigen Unterstützungsprozesse (Haushalt, Personal, Wirtschaftsplanung etc.)

·         Erstellung eines Personalübergangskonzeptes und dessen Abstimmung (mit dem
städtischen Personalamt, Fachabteilungen und Personalvertretungen)

·         Erarbeitung der Neuprozesse mit den jeweiligen Stabs- und Fachabteilungen sowie Fach- und Führungskräften

 

4.    Ressourcen
(Welche Ressourcen sind zur Realisierung des Leistungsangebotes erforderlich?)

Investitionskosten:

bei IPNr.:

Sachkosten:

bei Sachkonto:

Personalkosten (brutto):

bei Sachkonto:

Folgekosten

bei Sachkonto:

Korrespondierende Einnahmen

bei Sachkonto:

Weitere Ressourcen

 

 

Haushaltsmittel

                 werden nicht benötigt

                 sind vorhanden auf IvP-Nr.      

                               bzw. im Budget auf Kst/KTr/Sk   33110010

                         sind nicht vorhanden


Anlagen: