Betreff
Baumfällungen und Baumschutz in Erlangen: Darstellung des Genehmigungs- und Umsetzungsverfahrens bei den Baumfällungen in der Rathenau sowie weitere Darstellungen und Aspekte; ÖDP-Dringlichkeitsantrag 022/2018
Vorlage
VI/135/2018
Aktenzeichen
Referat VI
Art
Beschlussvorlage

Der Sachbericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.

Der Dringlichkeitsantrag der ödp 022/2018 ist abschließend beantwortet.


Sachbericht

Die ödp Stadtratsgruppe beantragt mit Dringlichkeitsantrag 022/2018 eine Stellungnahme der Verwaltung zu folgenden Punkten:

 

           … eine detaillierte Darstellung des Genehmigungs- und Umsetzungsverfahrens bei den Baumfällungen in der Rathenau;

 

Antwort der Verwaltung:

Die Stadt Erlangen hat in einem transparenten Verfahren mit Öffentlichkeits- und Trägerbeteiligung den Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan für das Gebiet Hans-Geiger-Straße (Nr. 345) aufgestellt. Der Bebauungsplan ist mit der Bekanntmachung in den amtlichen Seiten am 08.02.2018 gemäß § 10 Abs. 3 Baugesetzbuch in Kraft getreten.

 

Auf der Grundlage eines städtebaulichen und landschaftsplanerischen Realisierungswettbewerb wurde ein städtebaulicher Rahmenplan ausgearbeitet, der die Basis für den Bebauungsplan bildete und im Zuge des Bebauungsplanverfahrens an die planerischen sowie natur- und artenschutzfachlichen Anforderungen weiter angepasst wurde. Der prägende Baumbestand im Quartier wird durch die Festsetzungen zur Erhaltung bzw. Nachpflanzung bei Abgang gesichert.

 

In dem Bebauungsplan ist als ein zentrales Element der Schutz des vorhandenen Baumbestandes geregelt. In der Abwägung zwischen den beiden öffentlichen Interessen Wohnraumbedarf und Baumerhalt wurde eine Lösung gefunden, die vorrangig dem ersten Aspekt Rechnung trägt und durch festgesetzte Maßnahmen zur Vermeidung, zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft den artenschutzrechtlichen Ausgleich sicherstellt.

 

Derzeit sind in der Verwaltung folgende Bauanträge anhängig:

Aktenzeichen

Vorhaben

Baumentnahmen

2017-1223-VV

Errichtung von 5 Punkthäusern mit insg. 140 Wohneinheiten

159 Bäume

2017-1227-VV

Errichtung von 200 temporären Stellplätzen

19 Bäume

2017-1342-VV

Geschosswohnungsbauten mit 2-geschossiger TG mit 156 Wohneinheiten (davon 84 geförderte Wohneinheiten)

121 Bäume

2017-1345-VV

Geförderter Geschosswohnungsbau mit 75 Wohneinheiten

42 Bäume

 

In diesen 4 Bauanträgen wurden von Seiten der Vorhabenträgerin Teilbaugenehmigungen für eine Baufeldräumung inkl. Baumentnahme beantragt, um die Baumfällungen vor Beginn der Vogelbrutsaison artenschutzrechtlich unbedenklich durchführen zu können. Die Bauanträge folgen – mit Ausnahme der temporär beantragten Stellplatzanlage (Az 2017-1227-VV) – der vom Bebauungsplan aus immissionsschutzrechtlichen Gründen vorgegebenen baulichen Ablauffolge. Alle hiermit zusammenhängenden Baumentnahmen stehen im Einklang mit den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 345. Erforderlich war für die Baumentnahme jedoch eine Befreiung vom Fällverbot der Erlanger Baumschutzverordnung.

 

Die beantragten Teilbaugenehmigungen konnten nach Fachstellenbeteiligung erteilt werden, da absehbar war, dass die Bauvorhaben im Grundsatz eine Genehmigungsfähigkeit aufweisen werden. Verschiedene Nachweise und Anpassungen sind von Seiten der Antragstellerin noch vorzunehmen, jedoch sind hier keine unlösbaren Problemstellungen erkennbar.

 

Insgesamt wurden für 341 Bäume eine Befreiung vom Fällverbot der Baumschutzverordnung erteilt und Ersatzpflanzmaßnahmen gem. den  Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 345 beauflagt. Die Ersatzpflanzungen wurden durch wertentsprechende Bankbürgschaften abgesichert. Ebenso wurde eine artenschutzrechtliche Begleitung bei den Baumentnahmen per Auflage gefordert, die auch von einer fachkundigen Person durchgeführt wurde.

Den 341 Baumfällungen stehen nach Beendigung der Baumaßnahmen 371 neue Wohneinheiten (hiervon 159 geförderte Wohneinheiten) gegenüber.

 

Hinsichtlich der temporären Errichtung von 200 Stellplätzen westlich der Wehneltstraße mit den hiermit verbundenen 19 Baumentnahmen ist festzustellen, dass auch diese Baumfällungen von den Vorgaben des Bebauungsplanes Nr. 345 gedeckt sind. An dieser Stelle sollen in ca. 2 Jahren Geschosswohnungsbauten mit 2 Tiefgaragen errichtet werden, deren bauliche Umsetzung ebenfalls die Entnahme dieser 19 Bäume erforderlich macht.     
Die vorzeitige Baumentnahme konnte befürwortet werden, da die Stellplatzanlage einerseits den mit den ersten Hochbaumaßnahmen verbundenen Verlust an Bestandsstellplätzen (Baustelleneinrichtung/Baustellenzufahrten) kompensiert und andererseits temporär den Stellplatznachweis für die zuerst in Nutzung gehenden Geschosswohnungsbauten leistet, deren endgültiger Nachweis in später errichteten Tiefgaragen erfolgt.        
In der Abwägung zu dieser Entscheidung war zu berücksichtigen, dass die 19 Baumfällungen perspektivisch unvermeidlich sind und dass das Vorhaben geeignet ist, den im Quartier herrschenden Parkplatzdruck auch während der Bauphasen zu entspannen. Dieser Aspekt liegt im öffentlichen Interesse. Für eine endgültige Baugenehmigung ist von Seiten der Antragstellerin noch die immissionsschutzrechtliche Verträglichkeit nachzuweisen. Sofern dieser Nachweis misslingen sollte, so ist in einer Worst-Case-Betrachtung festzustellen, dass 19 Bäume um 2 Jahre zu früh gefällt wurden.

 

Abschließend ist noch zu berichten, dass im Rahmen eines isolierten Befreiungsantrages (Az 2017-1310-BE) die Fällung einer Linde (Baum-Nr. 655) zugelassen wurde, die vom Bebauungsplan Nr. 345 zum Erhalt festgesetzt war. Hintergrund für diese Baumentnahme ist der Anschluss der neu verlegten Fernwärmeversorgung im Quartier an das Bestandsgebäude in der Hans-Geiger-Straße 19. Angesichts der Tatsache, dass eine Fernwärmeversorgung aufgrund ihrer positiven CO2-Bilanz auch ein gewünschtes energetisches Konzept ist, konnte diese Entnahme befürwortet werden, zumal durch die heute vorliegende detailliertere Trassen- und Anschlussplanung auch ein benachbarter Feldahorn (Baum-Nr. 657), der im Bebauungsplan nicht zum Erhalt festgesetzt war, erhalten werden konnte.

 

 

           … eine genaue Darstellung der Kontrollmechanismen im Zusammenhang dieser Baumfällungen;

 

Antwort der Verwaltung:

Als Vermeidungsmaßnahme sieht der Bebauungsplan eine Umweltbaubegleitung vor, die für den Fall unvorhergesehener Ereignisse und nötiger Konfliktminimierung, ggf. die Abstimmung der Vorgehensweise mit den Naturschutzbehörden vornimmt. Dies gilt auch unmittelbar vor Beginn von Baumfällungsarbeiten.

 

Die Baumfällarbeiten wurden daher durch eine fachlich geeignete Person des Büro Ohnes & Schwahn artenschutzrechtlich begleitet, welche auch die Identifizierung der zur Fällung freigegebenen Bäume leistete und diese kennzeichnete.

 

Das Büro Ohnes & Schwahn hatte im Rahmen des Bauleitplanverfahrens zum Bebauungsplan Nr. 345 die Rahmenbedingungen und Ausgleichsmaßnahmen erarbeitet (folgende Anlagen zur Begründung des Bebauungsplans Nr. 345: spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und Pflege- und Entwicklungsplanung)

 

Seitens der Verwaltung wurden die zu leistenden Ersatzpflanzmaßnahmen über Bankbürgschaften abgesichert. Diese Bankbürgschaften werden vorhabenbezogen abschnittsweise zurückgegeben, sobald die beauflagten Ersatzpflanzungen von der Verwaltung mangelfrei abgenommen wurden.

 

Stichpunktartige Überprüfungen vor Ort durch die Verwaltung ergaben keine Beanstandungen hinsichtlich unzulässiger Baumentnahmen.

 

 

           … eine genaue Darstellung, wo, mit welchen Baumarten und in welchem Zeitraum entsprechende Ersatzpflanzungen stattfinden.

 

Antwort der Verwaltung:

Die Ersatzmaßnahmen basieren auf der Pflege- und Entwicklungsplanung, die als Anlage zur Begründung Teil des Bebauungsplans Nr. 345 ist. In den anhängigen Bauantragsverfahren wurden – mit Ausnahme des Vorgangs zu den temporären Stellplätzen – Freiflächengestaltungspläne mit Darstellung der Ersatzpflanzungen vorgelegt und von der Verwaltung geprüft und freigegeben.

 

Bei den temporären Stellplätzen liegt derzeit noch keine Planung zu den in 2 Jahren folgenden Hochbaumaßnahmen und somit auch noch keine Freiflächenplanung vor. Hier wurde lediglich der Wertausgleich festgelegt, welchen der künftige Bauantrag nachzuweisen hat.

 

Die jeweiligen Ersatzpflanzungen finden sinnvoller Weise in der auf die bauliche Fertigstellung der Einzelvorhaben folgenden Pflanzperiode (Frühjahr oder Herbst) statt.

 

 

           … eine Darstellung, wie viele Bäume - öffentliche und private - in den letzten zehn Jahren konkret (Auflistung pro Jahr) gefällt und wie viele wo und wann ersetzt wurden;

 

Antwort der Verwaltung:

Eine Auflistung der privaten, gefällten Bäume liegt nicht vor.

 

Befreiungen vom Verbot der Baumschutzverordnung erfolgten grundsätzlich unter Auflagen zum wertgleichen Ersatz der entnommenen Bäume.

Aufgrund des Fraktionsantrages 166/2017 wurde eine Statistik der im Zeitraum 2012 – 2017 gefällten und nachgepflanzten Bäume, die in der Verantwortung der Stadt sind, erstellt. Weitere Daten für die letzten Zehn Jahre liegen nur teilweise vor.

 

 

           … eine Erklärung, wie viele Bäume zukünftig sicher und auch optional

gefällt werden, insbesondere in den nächsten drei Jahren;

 

Antwort der Verwaltung:

Seriös ermittelte Prognosezahlen sind seitens der Verwaltung nicht möglich, da hier keinerlei Einfluss auf die Antragsstellung und deren Termin genommen werden kann. Auch die Rahmenbedingungen hinsichtlich des Erfordernisses von Baumentnahmen sind grundstücksbezogen unterschiedlich.

 

Der EB77 hat zwei Baumkontrolleure, deren Aufgabe es ist, alle Bäume der Stadt Erlangen auf ihre Verkehrssicherheit hin zu kontrollieren und gegebenenfalls Maßnahmen festzulegen. Geplante Baumfällungen, vor allem für die nächsten drei Jahre gibt es nicht, jedoch müssen nicht mehr verkehrssichere Bäume ohne zeitlichen Verzug gefällt werden. Bei größeren Maßnahmen wird vorab in den politischen Gremien informiert.

 

 

           … für die Zukunft (ab 2018) eine jährliche Übersicht über die gesamten Baumfällungen im Stadtgebiet sowie der entsprechenden Ersatzpflanzungen;

 

Antwort der Verwaltung:

Seit Anfang 2018 wird eine vollständige Fall- und Baumzahlenerfassung der Fällgenehmigungen und Ersatzpflanzungen nach der Baumschutzverordnung durchgeführt. Dies soll in den nächsten Jahren fortgesetzt und jährlich dem Stadtrat zur Kenntnis gegeben werden.

 

Auch die Statistik über Fällungen und Nachpflanzungen von städtischen Bäumen wird weiter geführt und jährlich im Werkausschuss EB 77 zur Kenntnis gegeben

 

 

           … und schließlich die umgehende Entwicklung eines wirksamen Gesamtkonzepts zum Schutz der Bäume in unserer Stadt Erlangen.

 

Antwort der Verwaltung:

In den Jahren 2018 und 2019 wird vom Betrieb für Stadtgrün, Abfallwirtschaft und Straßenreinigung und dem Amt für Umweltschutz und Energiefragen eine Kampagne „Bäume in der Stadt“ durchgeführt. Durch Aufklärung und Anschauungsmöglichkeiten soll über den Schutz und Erhalt des Altbaumbestandes und über Neuanpflanzungen informiert werden.  

Der Start ist am Internationalen Tag des Baumes am 25. April 2018, mit verschiedenen Öffentlichkeitsaktionen.

 

Durch die Verordnung zum Schutz des Baumbestandes in der Stadt Erlangen (Baumschutzverordnung) sind zum Schutz und zur Pflege des Stadtbildes sowie  zur Klimaverbesserung im  Stadtgebiet von Erlangen innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile alle Bäume dem Schutz des Bayerischen Naturschutzgesetzes unterstellt.

 

Nach den Bestimmungen der Baumschutzverordnung ist für das Fällen und den Rückschnitt von Bäumen ein Antrag auf Genehmigung zu stellen. Dies gilt für Bäume ab 80 cm Stammumfang, gemessen in 1 m Höhe über dem Erdboden und ebenso für Ersatzpflanzungen mit weniger als 80 cm Stammumfang. Der Geltungsbereich der Baumschutzverordnung beschränkt sich auf die im Zusammenhang bebauten Ortsteile. Die genauen Grenzen sind in der Baumschutzkarte, die Bestandteil dieser Verordnung ist, dargestellt.

 

Es ist verboten geschützte Bäume zu entfernen oder zu beschädigen.

 

Nicht unter Schutz stehen:

a)   Obstbäume mit Ausnahme von Walnussbäumen und Esskastanien,

b)   Bäume in Baumschulen und Gärtnereinen, soweit sie gewerblichen Zwecken dienen,  

c)    Bäume in Waldbeständen nach Art. 2 des Bayer. Waldgesetzes.

Maßnahmen auf Flächen, die zur Funktionssicherung oder zur bestimmungsgemäßen Nutzung öffentlicher Verkehrs- und Leitungswege erforderlich werden sowie auf Flächen für die Ver- und Entsorgung, fallen nicht unter die Schutzbestimmungen dieser Verordnung.

 

Die Stadt Erlangen kann von den Vorschriften dieser Verordnung Befreiung erteilen. Die Befreiung kann unter Auflagen, Bedingungen oder befristet erteilt werden. Insbesondere kann die Befreiung unter der Auflage erteilt werden, Ersatzpflanzungen vorzunehmen oder - soweit Ersatzpflanzungen auf dem Grundstück nicht möglich sind - zweckgebundene Ausgleichszahlungen zu entrichten.

 

Die Untere Naturschutzbehörde informiert und berät über die Baumschutzverordnung.

 

Im Zuge der Kampagne „Bäume in der Stadt“ wird intensiv nach neuen Baumstandorten gesucht und verstärkt nachgepflanzt, die exakte Anzahl der nachgepflanzten Bäume auf den Grünflächen der Stadt Erlangen pro Jahr wird dem Stadtrat zum Ende eines jeden Jahres mitgeteilt.

Darüber hinaus wird ein Grünkonzept für die Stadt Erlangen entwickelt, welches neben Verbesserungen von Grünflächen im Allgemeinen  auch die Verbesserung der Situation der Bäume  bzw. Baumstandorte zum Ziel hat.

 

Ergänzend erhalten Sie die Pressemitteilung der Firma GBW  vom 13. Februar 2018 zur Information.

 


Anlagen:        Dringlichkeitsantrag der ödp 022/2018

                        Pressemitteilung der GBW