Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen.
1. Aktuelle Zahlenentwicklung
Im 2. Halbjahr 2016 ist ein stetiger
Zuwachs an Personen und Bedarfsgemeinschaften im
SGB II-Bezug feststellbar, der praktisch ausschließlich auf den Zugang von
Personen mit Fluchthintergrund zurückzuführen ist (siehe näher dazu unter 5.).
Das Gleiche gilt auch für die Entwicklung bei Arbeitslosenzahlen und –quoten.
Aus dem gleichen Grund kam es auch – deutlich spürbar seit November 2016 – zu
einem erheblichen Anstieg der KdU-Kosten, der in der Haushaltsplanung für 2017
noch keine Berücksichtigung finden konnte.
2. Im Haushaltsjahr 2017 für das Jobcenter Erlangen verfügbare Bundesmittel
Nach
der Verabschiedung des Bundeshaushalts 2017 steht die Gesamtsumme an Bundesmitteln
fest, die für sämtliche bundesdeutschen Jobcenter im Haushaltsjahr 2017 zur
Verfügung stehen (3,48 Milliarden Euro an Eingliederungsmitteln, 4,3 Milliarden
Euro an Verwaltungsmitteln). Die sogenannte Eingliederungsmittelverordnung
2017, die über die konkrete Verteilung dieser Bundesmittel auf die einzelnen
Jobcenter im Haushaltsjahr 2017 Auskunft gibt, wurde am 13.12.2016 erlassen und
im Bundesanzeiger am 23.12.2016 verkündet. Darin eingeschlossen ist auch die
Verteilung der sogenannten flüchtlingsbedingten Zusatzmittel des Bundes in Höhe
von jeweils weiteren 450 Mio. Euro für Eingliederungs- und Verwaltungsmittel,
die jeweils in zwei Tranchen nach gesonderten Verteilungskriterien (Anzahl der
Neuzugänge und Bestandsveränderungen bei Flüchtlingen im SGB II- Bezug aus den
acht stärksten Asylherkunftsländern) verteilt werden.
Nach allem kann das Jobcenter Stadt Erlangen
im laufenden Jahr von folgender Ausstattung mit Bundesmitteln ausgehen:
|
2015 |
2016 |
2017 |
Verwaltungsmittel |
2.978.507 € |
3.112.777 € |
3.114.046 € |
flüchtlingsbedingte |
--- |
110.955 € |
503.820 € |
Verwaltungsmittel gesamt |
2.978.507 € |
3.223.732 € |
3.617.866 € |
Eingliederungsmittel |
1.957.896 € |
2.075.943 € |
2.043.934 € |
flüchtlingsbedingte |
--- |
85.350 € |
503.820 € |
Eingliederungsmittel gesamt |
1.957.896 € |
2.161.293 € |
2.547.754 € |
Bundesmittel gesamt |
4.936.403 € |
5.385.025 € |
6.165.620 € |
3. Neue Regelsätze ab 01.01.2017
Am 16.12.2016 hat der Bundesrat abschließend über das Gesetz zur
Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des zweiten und des zwölften
Buches Sozialgesetzbuch (Regelbedarfsermittlungsgesetz) beraten. Darin werden
unter anderem die für SGB II-Empfänger ab dem 01.01.2017 gültigen Regelsätze
wie folgt neu festgesetzt:
Regelbedarfsstufe |
2016 |
2017 |
|
Stufe 1 |
Alleinstehende |
404 € |
409 € |
je erwachsener Person die in einer Wohnung lebt und für die nicht
Stufe 2 gilt |
|
||
Stufe 2 |
Volljährige Partner in der BG |
364 € |
368 € |
erwachsene Person, die mit Partner in einer Wohnung lebt |
|
||
Stufe 3 |
Sonstige Volljährige in der BG |
324 € |
327 € |
erwachsene Person in sonstigen Fällen |
|
||
Stufe 4 |
Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren |
306 € |
311 € |
Stufe 5 |
Kinder zwischen 7 und 14 Jahren |
270 € |
291 € |
Stufe 6 |
Kinder bis 6 Jahre |
237 € |
237 € |
Außerdem erhöht sich zum 01.01.2017 das Kindergeld um 2 Euro pro Monat. Von dieser Erhöhung profitieren unsere SGB II-Kunden allerdings bekannter Weise nicht, da das Kindergeld in vollen Umfang als Einkommen anzusetzen ist und eine Erhöhung des Kindergeldes somit zu einer entsprechenden Reduzierung des Bedarfs führt.
4. Gesetz
zum Leistungsausschluss für bestimmte EU-Ausländer
Ebenfalls am 16.12.2016 wurde das Gesetz zum Leistungsausschluss für bestimmte EU-Ausländer abschließend beraten und ist seit 29.12.2016 in Kraft. Mit diesem Gesetz wird der Sozialleistungsbezug solcher EU-Bürger in Deutschland verhindert, die in Deutschland keiner Erwerbstätigkeit nachgehen (wollen). Das Gesetz war als notwendig angesehen worden, nachdem das Bundessozialgericht den uneingeschränkten Zugang zu Sozialleistungen in Deutschland für alle EU-Ausländer nach spätestens sechsmonatigem Aufenthalt zugesprochen hatte.
5. Entwicklung
der Flüchtlingszahlen in Erlangen und Handhabung der Wohnsitzzu-weisungen nach
§ 12a Aufenthaltsgesetz
Die Anzahl der Personen, die vom Asylbewerberleistungsgesetz in das SGB II wechseln (sogRechtskreiswechsler) steigt seit Herbst letzten Jahres kontinuierlich an. Zwischenzeitlich (Stand 20.01.2017) werden vom Jobcenter 396 Bedarfsgemeinschaften (809 Personen), die aus den fünf sog Herkunftsstaaten mit guter Bleibeperspektive kommen, betreut. Eine Aufteilung nach Herkunftsstaaten stellt sich wie folgt dar:
Bedarfsgemeinschaften:
Herkunftsland |
Anzahl |
Syrien |
292 |
Irak |
80 |
Iran |
15 |
Eritrea |
5 |
Somalia |
4 |
|
|
Gesamt |
396 |
Personen:
Herkunftsland |
Anzahl |
Syrien |
576 |
Irak |
200 |
Iran |
20 |
Eritrea |
8 |
Somalia |
5 |
|
|
Gesamt |
809 |
Als große Herausforderung für die Flüchtlinge stellt sich die Anmietung von angemessenem Wohnraum im Stadtgebiet Erlangen dar. Trotz großer Unterstützung des Wohnungsamtes und der Flüchtlingsberatung sowie vieler Ehrenamtlicher gelingt es in zahlreichen Fällen nicht Wohnraum anzumieten: so leben derzeit 129 Bedarfsgemeinschaften (329 Personen) in Gemeinschaftsunterkünften, Hotels und Pensionen. Dies ist zum einen für die Flüchtlinge sehr unbefriedigend – der Wunsch nach Selbständigkeit ist zweifellos nachvollziehbar - und zum anderen auch mit sehr hohen Kosten der Unterkunft verbunden.
Diese steigende Zahl der Flüchtlingsbedarfsgemeinschaften hat im Bereich der Leistungssachbearbeitung eine Spezialisierung erfordert: es wurde ein spezielles Team – derzeit bestehend aus zwei SachbearbeiterInnen – etabliert um den besonderen Anforderungen an die Betreuung der Flüchtlinge gerecht zu werden. Auf diese Weise reduziert sich auch für die anderen mit der Betreuung betrauten Stellen die Anzahl der Ansprechpartner und vereinfacht die Kommunikation mit anderen professionellen und ehrenamtlichen Partnern.
Zudem wurde eine effizientere und schnellere Betreuung der Flüchtlinge gewährleistet und eine Entlastung der gesamten SachbearbeiterInnen gewährleistet.
Wohnsitzauflage
Das Integrationsgesetz sowie die Verordnung zum Integrationsgesetz sind am 6.8.2016 in Kraft getreten. Das Integrationsgesetz enthält eine Wohnsitzregelung, auf deren Grundlage die Freizügigkeit anerkannter Flüchtlinge im Sinne einer Wohnsitzauflage beschränkt wird. Die Vorschrift gilt rückwirkend auch für Flüchtlinge, die nach dem 01.01.2016 anerkannt wurden.
Das Aufenthaltsgesetz wird um eine Wohnsitzregelung ergänzt: Ausländer, die als Asylberechtigte, Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte anerkannt wurden, sind unmittelbar kraft Gesetztes verpflichtet, für die Dauer von drei Jahren nach ihrer Anerkennung in dem Bundesland zu leben, in das sie zur Durchführung ihres Aufnahmeverfahrens zugewiesen wurden.
Von dieser Verpflichtung ausgenommen Personen, die
· eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einem Umfang von mindestens 15 Std/Woche und einem bedarfsdeckenden Einkommen aufnehmen oder aufgenommen haben,
· eine Berufsausbildung aufnehmen oder aufgenommen haben oder
· in einem Studien- oder Ausbildungsverhältnis stehen.
Bei Personen, die in der Zeit vom 01.01. – 05.08.2016 im Vertrauen auf die seinerzeitige Rechtslage ihren Wohnsitz in einem anderen Bundesland als dem, in welchem das Asylverfahren durchgeführt wurde, genommen haben, wird von den Ausländerbehörden ein Härtefall anerkannt. Eine Aufforderung in das bisherige Bundesland wieder zurückzuziehen erfolgt nicht.
Personen, die nach dem 05.08.2017 ihren Wohnsitz in ein anderes Bundesland verlegt haben, sind grundsätzlich an das Jobcenter, in dessen Zuständigkeitsbereich das Asylverfahren durchgeführt wurde, zurückzuverweisen. Der Antrag auf Leistungen nach dem SGB II ist an das zuständige Jobcenter weiterzuleiten.
Neben dieser generellen Aufenthaltsverpflichtung in einem Bundesland wurde für Bayern die Möglichkeit der Wohnsitzzuweisung geschaffen. Diese Regelung der Wohnsitzzuweisung wurde in die zum 01.09.2016 geänderte DVAsyl implementiert. Die Verteilung auf die Landkreise und kreisfreien Städte erfolgt künftig nach einer Gesamtquote, in der alle Personengruppen (Asylbewerber und Anerkannte) berücksichtigt werden.
Zuständig für die Entscheidung über die Wohnsitzzuweisung sind in Bayern die Regierungen, da diese für den zur Verfügung stehenden Wohnraum einen überregionalen Überblick haben.
Mit der Wohnsitzzuweisung können die Regierungen nun anerkannten Asylbewerbern und Bleibeberechtigten, die Sozialleistungen beziehen, mittels Bescheid für drei Jahre einen Wohnsitz in einer kreisfreien Stadt oder einem Landkreis zuweisen. Hierbei handelt es sich stets um Einzelfallentscheidungen der Regierung.
Die Regierung von Mittelfranken hat in Nürnberg in den Grundig - Türmen eine Regierungsaufnahme- und Wohnsitzzuweisungsstelle eingerichtet, die die Wohnsitzzuweisungen für Mittelfranken umsetzen wird.
Die Wohnsitzzuweisungsstelle überprüft in einem ersten Schritt ihren gesamten Datenbestand (asylantragstellende und asylberechtigte Personen, Flüchtlinge oder sonstige Schutzberechtigte). Zu diesem Zweck wurden alle mittelfränkischen Kommunen aufgefordert eine aktuelle Bewohnerbestandsliste je Unterkunft mit Angabe des Aufenthaltstatus je Bewohner und die tatsächlich möglichen Belegkapazitäten je Unterkunft anzugeben.
In einem zweiten Schritt wird die Wohnsitzzuweisungsstelle der Regierung mit den betroffenen Stellen bei den Kommunen (Sozialamt, Jobcenter und Ausländerbehörde) die Lage vor Ort (insbesondere die Unterbringungsmöglichkeiten in der jeweiligen Kommune) besprechen und ein koordiniertes Vorgehen abstimmen.
Dieses Gespräch mit der Stadt Erlangen fand bereits im Januar statt.
Zunächst wird die Wohnsitzregelung bei anerkannten Flüchtlingen, die noch in den zentralen Ankunftseinrichtungen untergebracht sind, erfolgen.
Über konkrete Einzelfallentscheidungen kann daher noch nicht berichtet werden.
6. Gesetz
zur Beteiligung des Bundes an den Kosten der Integration und zur weiteren
Entlastung von Ländern und Kommunen
Am 16.06.2016 haben sich die Regierungschefs von Bund und Ländern im
Grundsatz auf weitere Bundeshilfen für Länder und Kommunen verständigt zur
Bewältigung der anstehenden Integrationsaufgaben für Flüchtlinge. Das entsprechende
„Gesetz zur Beteiligung des Bundes an den Kosten der Integration und zur
weiteren Entlastung von Ländern und Kommen“ ist am 02.12.2016 in Kraft
getreten. Es sieht zunächst für den Zeitraum bis einschließlich 2018
verschiedene finanzpolitische Umschichtungen zu Gunsten der Länder und Kommunen
vor (z. B. Umsatzsteueranteile, jährliche Integrationspauschale für die Länder
von 2 Milliarden Euro, Erhöhung der Wohnungsbaumittel für die Länder). Unter
anderem ist auch vorgesehen, dass der kommunale KdU-Aufwand (Kosten der
Unterkunft für SGB II-Bezieher) für anerkannte Flüchtlinge vollständig aus dem
Bundeshaushalt erstattet werden soll – und zwar ab 2017 nach den gleichen
Mechanismen wie bei der Verteilung der BuT-Bundeserstattungen.
Im Gegensatz zu den meisten Bundesländern wird bekanntlich im Freistaat
Bayern die BuT-Bundeserstattung nicht bedarfsgerecht – also nach dem jeweiligen
örtlichen BuT-Aufwand – an die Kommunen weitergeleitet, sondern nach einem für
alle Kommunen gleichen Erhöhungssatz,
wodurch besonders die Stadt Erlangen aufgrund der besonders
umfangreichen Inanspruchnahme von BuT-Leistungen seit Jahren erheblich
finanziell benachteiligt wird. Es war also zu befürchten, dass eine ähnliche
finanzielle Benachteiligung der Stadt Erlangen nunmehr auch bei der neuen
Bundeserstattung des flüchtlingsbedingten KdU-Aufwandes eintreten könnte. Noch
im Juli 2016 hat sich der Oberbürgermeister deshalb schriftlich an Abgeordnete
und Kommunale Spitzenverbände in Bayern mit der Bitte gewandt, für eine belastungsgerechte
Verteilung der Bundeserstattungen für den flüchtlingsbedingten kommunalen
KdU-Aufwand in Bayern Sorge zu tragen.
Da insbesondere in den großen Städten Bayerns ein nennenswerter Zuzug
anerkannter Flüchtlinge von außerhalb in die Städte zu beobachten war, hat sich
der Bayerische Städtetag – im Gegensatz zu seiner bisherigen Position bei der
Weiterleitung der BuT-Bundeserstattungen – im Fall der neuen Erstattung des
kommunalen KdU-Aufwandes für Flüchtlinge aus Bundesmitteln der Position der
Stadt Erlangen angeschlossen und eine spitzabgerechnete, belastungsgerechte
Verteilung dieser neuen Bundeserstattungen auf die bayerischen Kommunen
gefordert. Soweit uns bekannt laufen zur Frage der Umsetzbarkeit dieses
Wunsches derzeit Gespräche zwischen dem Bayerischen Sozialministerium und dem
Bayerischen Spitzenverbänden – eine Entscheidung ist aber derzeit noch nicht
gefallen. Es scheint aber Anzeichen dafür zu geben, dass diese Gespräche aus
unserer Sicht erfolgreich laufen könnten. Diese Hoffnung gründet sich darauf,
dass mit der amtlichen SGB II-Statistik der BA eine valide stadt- und
kreisscharfe Datengrundlage vorhanden ist und eine belastungsgerechte
Mittelverteilung mittlerweile auch vom BayStMAS für technisch machbar gehalten
wird. Es bleibt zu hoffen, dass bei dieser Entwicklung sich die Erkenntnis
durchsetzen kann: Wenn bei der
Verteilung der flüchtlingsbedingten KdU-Bundeserstattungen eine
belastungsgerechte Verteilung und Spitzabrechnung an die bayerische Kommunen
für die Staatsverwaltung möglich und zumutbar ist, dann sollte es auch keinen
Grund mehr geben bei der Verteilung der BuT-Bundeserstattungen auf eine solche
stadt- und kreisscharfe und belastungsgerechte Spitzabrechnung zu verzichten.
Erforderlich wäre in jedem Fall auch eine Änderung des entsprechenden
bayerischen Ausführungsgesetzes.
Hinsichtlich der neuen Bundeserstattungen zum Ausgleich des
KdU-Aufwandes für Flüchtlinge besteht im Detail derzeit jedoch weder eine
Klarheit über das in Bayern anzuwendende Verteilungssystem, noch über die Höhe
der zu erwartenden Bundeserstattungen. Nach den uns vorliegenden Informationen
ist in den ersten Monaten des Jahres 2017 zunächst mit einer vorläufigen
Mittelverteilung nach dem Königssteiner Schlüssel zu rechnen. Erst im Frühjahr
2017 ist mit einer gesicherten Datenbasis der BA-Statistik für das 4. Quartal
2016 zu rechnen, die dann als vorläufige Basis der Mittelverteilung dienen
soll. Letztlich wird erst im Laufe des Jahres 2018 eine rückwirkende
Spitzabrechnung für den flüchtlingsbedingten kommunalen KdU-Aufwand des Jahres
2017 möglich sein. Ungeachtet dessen hat das Finanzreferat für den Beschluss
des städtischen Haushaltes 2017 schon einmal das Sozialamtsbudget mit
Mehreinnahmen an Bundeserstattungen in Höhe von einer knappen Million Euro
belastet. Da es sich dabei um Erstattungen eines vorher zu tätigenden
Mehraufwandes handelt, der im Haushalt 2017 nicht einkalkuliert war, muss für
2017 mit erheblichen Verschiebungen bei der Position KdU gerechnet werden. Für
2018 sollte dann mit den Erfahrungen von 2017 versucht werden, realistischere
Ansätze in den Haushalt zu schreiben.
Anlagen: 1. Eckwerte
2. Mittelverbrauch
3. GGFA-Bericht