1.Der JHA nimmt die schriftlichen Ergebnisse des AK Innenstadt zur Kenntnis.
2.Das Bergkonzept soll inhaltlich weiterentwickelt werden.
3.Der Fraktionsantrag der SPD Nr. 047/2010 vom 20.04.2010 ist hiermit abschließend behandelt.
Arbeitskreis Innenstadt
Der Arbeitskreis Innenstadt
hat sich auf Initiative der Jugendamtsleitung 2005 gegründet. Die Teilnehmer
(siehe unten) analysierten zunächst das immer deutlicher werdende Phänomen des
jugendlichen Rauschtrinkens im öffentlichen Raum, vor allem in der Innenstadt
von Erlangen. In einer zweiten Phase wurden konkrete Vorschläge erarbeitet und
den zuständigen Gremien des Stadtrats vorgelegt und schließlich vom Stadtrat
beschlossen (Alkoholsatzung Innenstadt, Einrichtung des Projekts Streetwork
Innenstadt). Weitergehende Initiativen, z.B. einen betreuten Jugendtreff in der
Innenstadt beim E- Werk zu schaffen, um vor allem jüngere Jugendliche mit
attraktiven Angeboten zu erreichen, wurden vorgeschlagen und auf den Weg
gebracht. Wichtig war und ist es, alle, die mit dem Thema Jugendschutz,
Jugendkultur und Jugendberatung zu tun haben, einzubeziehen und gemeinsam an
einem Gesamtkonzept für Prävention zu arbeiten. In diesem Zusammenhang kam die
Entwicklung der Bergkirchweih immer mehr in den Fokus der Diskussion.
Ergebnisse des Arbeitskreises Bergkirchweih
1. Ausgangsüberlegungen
Der Arbeitskreis Innenstadt hat sich seit mehreren
Jahren immer wieder im Rahmen der Diskussion um präventive Maßnahmen und der
Wirksamkeit von Jugendschutz über die Entwicklungen bei der Bergkirchweih
ausgetauscht.
Im Zeitraum zwischen Juli 2008 bis Juli 2009 hat sich
ein Unterarbeitskreis gebildet – AK Berg – bestehend aus Mitgliedern des
Arbeitskreises Innenstadt mit Vertretern des Gesundheitsamtes, des Jugendamtes,
des Freizeitamtes, des E- Werks, Streetwork Innenstadt, Stadtjugendring sowie
Vertretern des Ordnungsamtes, der Polizei Erlangen sowie der Drogenberatung.
Auftrag des
Wirtschaftsreferenten der Stadt Erlangen war eine Analyse der derzeitigen
Entwicklung vorzunehmen sowie Vorschläge zu einem Bergkonzept, im Sinne von
„unser Berg soll schöner werden“, vorzulegen.
Bei vielen AK Teilnehmern war
ein Unbehagen an der Entwicklung der Bergkirchweih der letzten 10 Jahre
festzustellen. Dieses ist auch in weiten Teilen der Bevölkerung vorhanden, die
sich nicht mehr vom „Berg“ angesprochen fühlen und ihn meiden. Verändert hat
sich das Image des Berges in der Außendarstellung als „fränkisches
Oktoberfest“, Eventcharakter, starke Kommerzialisierung. Die Qualität des
Berges wird an der Menge des ausgeschenkten Bieres, der gebratenen Ochsen und
der Besucherzahlen gemessen. Für viele, vor allem ältere Mitbürger, ist der
Berg zu voll und zu laut geworden.
2. Analyse
Die Analyse setzte an einem
Bericht von „Spiegel TV“ an, der sich vor allem an der Zahl der „Bierleichen“,
Schlägereien und anderen negativen Begleiterscheinungen festmachte. In diesem
Bericht wurde deutlich, dass es sich in Erlangen um eine „5. Jahreszeit“
handelt, in der bestehende Regeln teilweise außer Kraft gesetzt oder übergangen
werden. Die häufig den Jugendlichen zugeschriebenen Verhaltensweisen wie
Rauschtrinken finden sich beim Berg zahlenmäßig jedoch vorwiegend bei der
Gruppe der 20- bis 45- jährigen, die vor allem abends dominieren. In den
letzten Jahrzehnten hat sich vor allem der Nachberg (nach 23 Uhr) als großes
Problem herausgestellt. Es strömt dabei eine sehr große Zahl von Bergbesuchern
in die Innenstadt um dort weiter dem Alkohol zuzusprechen und sich in
Fastfood-Kneipen zu sättigen. Die Begleiterscheinungen wie öffentliches
Urinieren gegen Häuser, Vandalismus, Sachbeschädigung und Verschmutzung der
Innenstadt werden scheinbar als Kollateralschaden eines Mega-Events
hingenommen.
In der historischen
Betrachtung dieses über 250- jährigen Volksfestes wurde deutlich, dass der Berg
schon immer durch Konflikte gekennzeichnet war. Als Stichworte: Freiraum
außerhalb des Einflussbereiches der Obrigkeit, Auseinandersetzungen zwischen
verschiedenen Bevölkerungsgruppen, z.B. Studenten und Handwerkern, aber auch
Versuche den Berg ideologisch zu instrumentalisieren in der NS- Zeit usw.. Im
historischen Rückblick zeigte sich, dass der Berg mehr Kultur hatte. Entstanden
aus einem Turnierschießen, in der Kombination mit Jahrmärkten, hatte er schon
damals einen besonderen Charakter und eine große Anziehungswirkung im Umland.
Im Vordergrund stand vor allem das Bierfest und die besondere Atmosphäre
unmittelbar im Freien unter Bäumen an den Kellern.
Im Vergleich mit anderen
großen Volksfesten in der Region (Sandkerwa in Bamberg, Michaelis Kirchweih in
Fürth) wurde schnell erkennbar, dass dort ein wesentlich größeres kulturelles
Angebot beinhaltet ist und auch mehr Vereine und Institutionen mit einbezogen
sind. Die dort gewachsenen Strukturen können jedoch nicht einfach auf die
Bergkirchweih übertragen werden.
3. Vision Berg 2015
In einem weiteren Schritt
wurde die Vision „Berg 2015“ in den Vordergrund gestellt. Dabei wurden drei
Fragestellungen diskutiert:
- Was
wünschen sich Kinder auf der Bergkirchweih?
- Was wünschen
sich Jugendliche und junge Erwachsene auf der Bergkirchweih?
- Was wünscht
sich die 50plus Generation vom Berg?
Ergebnis des
Brainstormings
Was wünschen sich
Kinder auf der Bergkirchweih?
Freude haben, Freunde
treffen, traditionelle, jedes Jahr wiederkehrende Fahrgeschäfte wie
Kettenkarussell, Symbole des Groß- Seins (Auto-Skooter fahren usw.), erleben
mit allen Sinnen (riechen, sehen, hören), Fahrgeschäfte mit Zugang für alle
(akzeptable Preise), alkoholfreie Getränke zu günstigen Preisen, eigener
Abfeierbereich „wo man unter sich ist“, nicht von Erwachsenen „erschlagen“
werden, nicht zu besoffene Eltern, „Risiko“ erleben (Kletterwand, Zauberer),
spielen, Abenteuer, Eltern wiederfinden können, flirten, Kasperle, die
Möglichkeit selbst zu musizieren
Was wünschen sich
Jugendliche und junge Erwachsene von der Bergkirchweih?
Spaß und Unbeschwertheit,
feiern ohne Kontrolle, Tradition der Eltern weiterleben, sich ausprobieren,
etwas Außergewöhnliches erleben / Ausnahmezustand, Teil von etwas Größerem
sein, Rausch und Ekstase, Freunde treffen, „erwachsenenfreie Zone“, flirten und
mehr, Mädchen wollen weniger „sturzbesoffene Jungs“, Schaulaufen, tanzen,
mitreden können, Zeit zum darauf freuen, erleben und oft erzählen und schwärmen
Was wünscht sich die
50+ Generation vom Berg?
„Gemütlichkeit“, gut und
bezahlbar essen, Leute treffen, Gefühl der Verbundenheit, Qualität vor
Quantität, gehört zur Identität „echter Erlanger“, „sich jung fühlen“ / Nostalgie,
Maß Freibier, Rausch- aber nicht nur alkoholisch, „Rückzugsräume“- etwas
ruhiger, Platz finden, willkommen sein, nicht nur „Tralala“- Musik, sich
unterhalten, kein Musikkrach im Sinne von viel Lärm
1
4. Zusammenfassung und Auswertung auf der Basis wissenschaftlicher
Erkenntnisse
Im Brainstorming wurde
deutlich, dass die Bergbesucher aller Altersstufen im Wesentlichen ähnlichen
Motiven beim Bergbesuch folgen, wie vermutlich schon immer. Hier hat sich
nichts Wesentliches geändert. Was ist es dann?
Veränderungen
4.1. Weggeh- und Konsumverhalten
der jungen Leute
Betrachtet man die
Forschung zum Alkoholkonsum junger Menschen, fallen vor allem die veränderten
Konsummuster und die Auswirkungen derselben auf. Tranken sie früher Bier oder
Wein, u.U. ergänzt mit einem Schnaps, so sind jetzt hochprozentige Getränke und
das Trinkziel des Betrunkenseins in den Mittelpunkt gerückt. Auf den Berg
bezogen heißt es, dass die jungen Menschen bereits im Vorfeld beträchtliche
Mengen oft hochprozentigen Alkohols konsumieren, um dann mit wenig Maßen die
Zeit am Berggelände zu überbrücken (vorglühen, mitbringen von Getränken, Alkohollager
im Kirchweihumfeld).
Deutlich verändert hat sich
auch das Weggehverhalten der jungen Leute. Mit einer Startzeit oft erst nach
22.00 / 23.00 Uhr kann der Berg für sie allenfalls nur noch als „Aufwärmer“ und
Treffpunkt gesehen werden. Ziel ist das zeitliche wie konsummäßige grenzenlose
Abfeiern auf den Straßen der Altstadt, mit den bereits geschilderten Folgen.
Die Verlagerung des Nach- Berges, den es ja auch schon früher in eingeschränktem
Rahmen gab, aus den Kneipen heraus in die Öffentlichkeit, verstärkt
Konfliktpotentiale. Die Polizeistatistik belegt sehr eindrucksvoll die deutlich
steigende Anzahl der Delikte, je weiter die Nacht und der Alkoholpegel
fortgeschritten ist.
Hier spielen sicher auch die
extra zum Berg angereisten Gruppen eine Rolle, eine Entwicklung, der bereits
mit der Einstellung der überregionalen Bewerbung entgegengesteuert wird. Eine
große Rolle spielt hier, und da sind sich alle Teilnehmer des Arbeitskreises
einig, die Verkürzung der Sperrzeit, die letztendlich die Nacht nahezu frei
gibt.
4.2. Gesellschaftliche Bedingungen
Diese neue
Jugendfeierkultur wird getragen von den veränderten gesellschaftlichen
Bedingungen. Bei allen großen Volksfesten und Kirchweihen ist der
gesellschaftliche Wandel vor allem im Umgang und der Einstellung zu Alkohol
spürbar. Rauschtrinken bei Erwachsenen und zunehmend auch bei Jugendlichen
„liegt im Trend“ (die Studenten führen die traurige Statistik an). Das führt zu
einer Zunahme von Vandalismus- und Körperverletzungsdelikten sowie einer
Zunahme von jungen und älteren Menschen mit Alkoholvergiftung, die in Kliniken
behandelt werden müssen.
Im Hintergrund steht,
betrachtet man tatsächliches Verhalten, eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz
und Toleranz gegenüber Alkoholkonsum. Wer Alkohol trinkt und auch viel verträgt
gehört dazu. „Anstößig“ ist eigentlich nur der, der in Folge des Alkohols sein
Leben nicht mehr im Griff hat. Aber auch hier wird lange gewartet, bis
interveniert wird. Somit fehlen wichtige Vorbilder und natürliche Regulative im
sozialen Nahraum. Kinder und Jugendliche erleben eine große Bagatellisierung
extremer Besäufnisse. Daneben erscheinen viele offizielle Statements und
Ermahnungen zur Mäßigung als unglaubwürdig!
4.3. Berg-Image
Verändert hat sich das Image
des Berges als Großevent. Mit Merkmalen wie „immer mehr, immer größer“
entspricht er zunehmend dem Leistungswahn unserer Gesellschaft. Dies steht im
Gegensatz zu den eher traditionellen Erwartungen an den Berg und führt dazu,
dass sich immer mehr Menschen – nicht nur ältere – davon abgestoßen fühlen.
5. Vorschläge des
Arbeitskreises Innenstadt/Bergkirchweih
Die Vorschläge sind kurz
und knapp gehalten und orientieren sich an den Faktoren, die uns konkret
beeinflussbar scheinen.
Die Vorschläge gehen in drei
Richtungen:
a)
Bildung einer
öffentlichen Meinung
Eine
breite Diskussion in allen Bevölkerungsgruppen scheint notwendig unter dem
Aspekt „unser Berg soll schöner werden“, um alle relevanten Gruppen an einer
Veränderung zu beteiligen. Dabei ist es nicht das Ziel, den Wirten und
Schaustellern das Geschäft zu verderben, sondern bei allen
Interessensgegensätzen andere Formen von feiern zu finden.
b)
Traditionelle
Ansätze der (Jahrmarkt-) Kultur sollten wieder be-
lebt werden, wie dies bei anderen Kirchweihen und Volksfesten praktiziert wird.
Dies sollte mit gesellschaftlichen Gruppen, wie z.B. Universität, Sportvereine
und andere Vereine diskutiert und entwickelt werden.
c)
Ordnungspolitische
Maßnahmen sind notwendig, vor allem Verlängerungen der Sperrzeit in der
Innenstadt, eventuell Einführung von Pfandsystemen.
Wichtig wird es sein, hier
einen politischen Willen zu bekunden, auf dessen Basis der Arbeitskreis
offiziell beauftragt wird, konkrete Maßnahmen zu erarbeiten. Diese zeitintensive
Aufgabe kann nur angegangen werden, wenn ein erklärter Wille und Auftrag
vorliegt.
Voraussetzung ist aber, dass
sich die Mitglieder der Fraktionen des Stadtrates klar positionieren und auch
bereit sind, mit Mut vielleicht auch unpopuläre Maßnahmen zu beschließen, wenn
stichhaltige Sachargumente dafür sprechen.
Wir können nicht davon
ausgehen, dass sich die derzeitige negative Entwicklung selbst korrigieren
wird. Beim Berg als Ausnahmezeit in einem sonst klar geregelten öffentlichen
Raum ist mit einer Ausweitung von Körperverletzungs- und Sachbeschädigungsdelikten
zu rechnen. Nicht zuletzt gilt es, die konstruktiven alkohol- und
suchtpräventiven Maßnahmen für Jugendliche und junge Erwachsene in ihrer
Glaubwürdigkeit zu stärken.
Dabei orientieren wir uns an den Grundsätzen der Bayerischen Staatsregierung
für Drogen- und Suchtfragen (Beschluss der Bayerischen Staatsregierung vom 12.
Juni 2007) „Die Bayerische Staatsregierung setzt weiterhin entschieden auf
eine nachhaltige, wertorientierte Suchtpolitik. Das bedeutet glaubwürdige
Prävention, Rechtssicherheit, konsequente Rechtsanwendung und Befähigung von
Betroffenen zur Mobilisierung ihrer Selbsthilfekompetenz........wendet sich
konsequent gegen einen falsch verstandenen Liberalismus im Umgang mit
Suchtmitteln, gegen die Aufweichung von rechtlichen Schutzwällen und
Nachgiebigkeit gegenüber modischen, gesellschaftlichen Trends.“
6. Vorschläge des AKI zur
Vorgehensweise
Vorgeschlagen wird eine
inhaltliche Weiterentwicklung des Bergkonzeptes durch diesen oder einen anderen
Arbeitskreis, unter Einbeziehung weiterer Teilnehmer, z.B. Bergwirte,
Schausteller, Vereine und andere, mit einem präzisen Arbeitsauftrag.
Dabei ist nicht der „Berg 2010 (oder 2011)“,
sondern eine drei- bis fünfjährige Perspektive anzustreben.
. (Welche Ressourcen sind zur Realisierung des Leistungsangebotes erforderlich?)
Investitionskosten: |
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bei
IPNr.: |
Sachkosten: |
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bei
Sachkonto: |
Personalkosten
(brutto): |
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Sachkonto: |
Folgekosten |
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Sachkonto: |
Korrespondierende
Einnahmen |
€ |
bei
Sachkonto: |
|
Haushaltsmittel
werden nicht benötigt
sind vorhanden auf IvP-Nr.
bzw. im Budget auf
Kst/KTr/Sk
sind nicht vorhanden