Betreff
Darstellung der Situation des ÖPNV in der Innenstadt
Vorlage
613/004/2010
Aktenzeichen
VI/61 T. 1327
Art
Beschlussvorlage

Der UVPA nimmt den vorliegenden Sachbericht (inkl. des Zwischenberichtes der VGN-Untersuchungen zu den Linien 284/285 und 294) zur Kenntnis.


1     Sachbericht zur momentanen Situation in der Goethestraße

Bereits seit längerer Zeit wird in der Stadt Erlangen über die Busanbindung der Altstadt und des Bahnhofs diskutiert. Nach der schrittweisen Umwandlung längerer Abschnitte der Nürnberger Straße und der Hauptstraße in reine Fußgängerzonen verbleibt dem öffentlichen Busverkehr in der Altstadt als durchgehende Nord-Süd-Richtung nur noch der Straßenzug Güterbahnhofstraße – Goethestraße. Zur Bedienung der wichtigen und hochfrequentierten Haltestellen Bahnhof und Hugenottenplatz verkehren auch nahezu alle Erlanger Stadtbuslinien auf dieser Route. Hieraus resultiert eine starke Gesamtbelastung dieses Straßenzugs.

Vor allem im Bereich der Goethestraße wird von einigen Anrainern seit langem eine Entlastung vom Busverkehr gefordert. Wegen der wichtigen verkehrlichen Funktion der Haltestellen in diesem Bereich – vor allem sind hier die Altstadt als Ziel zahlreicher ÖPNV-Fahrgäste und die Anbindung des Bahnhofs/ Hugenottenplatz als wichtiger Umsteigeknoten zu nennen – wurde eine Reduktion der Busverkehre durch die Goethestraße bisher vermieden.

1.1   Stadtverkehr

1.1.1    Südliche Goethestr.

Im 2. Nahverkehrsplan (Fertigstellung 2007) wurden bereits verschiedene Maßnahmen zur Reduktion der Zahl der Busfahrten durch die Goethestraße näher untersucht.

Da dies nach wie vor in der Öffentlichkeit und im Stadtrat kontrovers diskutiert wird, beauftragte die Stadt Erlangen die VGN GmbH, zusätzlich eine detaillierte Analyse der Nachfragewirkung auf Basis des Verkehrsmodells DIVAN zu erstellen. Der nun vorliegende Zwischenbericht zur Untersuchung „Herausnahme der Linien 284, 285 und 294 aus der südlichen Goethestr.“ nennt sowohl positive Wirkungen (Verkürzung des Linienwegs, Reisezeitvorteil für die Fahrgäste, die die Innenstadt nur durchfahren, Verringerung der Busbelastung in der südlichen Goethestr. um ca. 17%) als auch negative Wirkungen (Wegfall von drei Haltestellen, die momentan von über 4500 Fahrgästen benutzt werden, Verlängerung der Umsteigezeit um 5min zwischen Bahnhof und Arcaden, mögliche Abwanderung vom ÖPNV zum MIV). Den Nachteilen durch verlängerte Reisezeiten und erschwertes Umsteigen für eine relativ große Fahrgastgruppe stehen Reisezeitvorteile für eine kleine Gruppe der Fahrgäste, die die Innenstadt lediglich durchfahren, gegenüber.

 

Aufgrund des nachgewiesenen großen Widerstandes bei unter anderem langen Fußwegen könnte der Abwanderungsverlust im ungünstigsten Fall bis zu 300 Fahrgäste/Tag betragen, was Einnahmenverluste von 50.000€/Jahr bedeutet.

 

Aus diesen Gründen wurde bereits im 2. Nahverkehrsplan von dieser Maßnahme abgeraten. Dies war im projektbegleitenden Arbeitskreis Nahverkehrsplan (mit Vertretern der Stadtverwaltung, der Stadtratsfraktionen und der Verkehrsunternehmen) konsensfähig.

Der Umbau der Goethestr. im Sommer 2009 und 2010 allerdings gab bzw. gibt der Verwaltung die Möglichkeit, die Herausnahme der oben genannten drei Linien im Betrieb zu testen und die verkehrlichen Auswirkungen zu beobachten. Bei den im letzten Jahr durchgeführten Fahrgastzählungen musste festgestellt werden, dass sich die Fahrgastzahlen im Vergleich zum Vorjahr (2008) um teilweise bis zu 17% auf den oben genannten Linien reduziert haben.

Es ist bekannt, dass hierdurch nur eine grobe Abschätzung der Wirkung bestimmter möglicher dauerhafter Busumleitungen möglich ist. Dies liegt zum einen daran, dass die Struktur des temporären Busnetzes durch Busumleitung bei einer Totalsperrung einer Straße anders ist als bei einer selektiven Verlagerung von Buslinien. Insbesondere die Umsteigemöglichkeiten der Buslinien untereinander unterscheiden sich wesentlich.

1.1.1.1 Zum anderen sind bei Straßensperrungen, die ganz oder teilweise auch für den Individualverkehr gelten, geringere Modal-Split-Veränderungen zu erwarten als bei Umleitungen, die nur für den ÖPNV gelten.

Aus diesem Grund wird die Verwaltung, natürlich unter Berücksichtigung der gewonnenen Ergebnisse, die dauerhafte Verlegung nochmals intensiv im Rahmen der (Teil-)Fortschreibung des Nahverkehrsplanes prüfen lassen. Eine detaillierte Analyse der Simulationsergebnisse wird Vor- und Nachteile aus Sicht der Fahrgäste anhand der Veränderungen von Reisezeiten und Umsteigehäufigkeiten beleuchten.

Allerdings ist fraglich, ob diese Maßnahme von den Anwohnern als Entlastung hinreichend wahrgenommen werden würde, da die von 1150 auf 950 reduzierte Anzahl der Fahrten im Südabschnitt der Goethestraße nach wie vor eine hohe Belastung darstellt.

 

1.1.2    Nördliche Goethestr./Heuwaagstr.

Als Alternativfahrwege für Buslinien aus dem Westen wurden Ideen und Vorschläge aus der Bürgerschaft bewertet.

Dabei geht es im Wesentlichen darum, dass die Münchener Straße und die Thalermühlstraße verstärkt die Funktion von Entlastungsstrecken für den Bereich Goethestraße und Heuwaagstraße für den Busverkehr übernehmen sollen. Grundsätzlich ist für beide Alternativführungen festzustellen, dass es gerade für den Bereich Martin-Luther-Platz erhebliche Nachteile. Im Folgenden die detaillierten Stellungnahmen zu den einzelnen Vorschlägen:

 

1) Münchener Straße

Eine Führung der Linien über die Münchener Straße kann nicht in die Überlegungen einbezogen werden, da die Unterführung im Bereich des Altstädter Friedhofes eine Höhenbegrenzung von 3,20 m aufweist. Für die Gasbusse, die aus umweltpolitischen Gründen von der EStW und DB Frankenbus beschafft wurden und eine Höhe von 3,28m bzw. 3,36m haben, ist diese Unterführung daher nicht befahrbar.

Die lichte Höhe ist aufgrund des oberen Bewegungsspielraumes (ca. 0,25m), den ein fahrendes Fahrzeug zum Ausgleich von Ladeungenauigkeiten und der durch Fahrbahnunebenheiten ausgelösten Fahrzeugschwingungen benötigt, mehr.

Des Weiteren ist aus baulichen Gründen in diesem Bereich auch kein Begegnungsverkehr für Busse möglich.

 

Eine Anfrage bei der DB Projektbau ergab, dass der Ausbau der Bahnstrecke nördlich des Erlanger Bahnhofs nicht vor dem Jahr 2015 erfolgt. Dies bedeutet für die Verwaltung, dass es für die Überarbeitung der Planungen, Abstimmung der Kreuzungsvereinbarungen und ggf. auch ein ergänzendes Planrechtsverfahren ausreichend ist, wenn der Bahn eine Entscheidung über den Ausbauwunsch im Jahr 2012 mitgeteilt wird. Dieser Vorgehensweise wurde am 21.07.2009 im UVPA einstimmig zugestimmt.

Die Verkehrsplanung wird im Rahmen des Nahverkehrsplans prüfen lassen, ob bei einer Änderung der Linienführung über die Münchener Straße substanzielle Nachteile für die Busnutzer entstehen würden. In diesem Zusammenhang ist mit besonderer Sorgfalt der Bereich Martin-Luther-Platz zu untersuchen, da durch fehlende Verknüpfungen die Umsteigebeziehungen der Linien aus dem Westen zum Beispiel mit den Linien 288/289 deutlich schlechter werden würden. Ein Umsteigen wäre erst am Bahnhof möglich, was längere Fahrzeiten und längere Fußwege durch die Bahnhofunterführung bedeuten würde.

Neben den Kosten für die neue Unterführung (ca. 4,20Mio Euro abzüglich ca. 50-60% GVFG-Förderung) müssten von der Stadt für diese Lösung überdies auch umfangreiche Anpassungsmaßnahmen im Bereich Fuchsenwiese (Wegfall von Parkplatzfläche, Ausbau der Straße, etc.) finanziert werden.

Die Nachteile für die ÖPNV-Erschließung der Altstadt, die schlechtere Erreichbarkeit der Haltestellen, insbesondere auch für betagte Bürgerinnen und Bürger, sowie mögliche Auswirkungen auf den Einzelhandel in der Altstadt müssten bei diesem Konzept den positiven Effekten gegenübergestellt werden.

 

2) Thalermühlstraße

Die Thalermühlstraße ist im momentanen Ausbauzustand auch keine Alternative für die Buslinien aus dem Westen. Maßgebliche Gründe sind, neben der baulichen Stituation, im Wesentlichen der Rückstau auf der Thalermühlstraße, im Besonderen im abendlichen Berufsverkehr stadtauswärts und dadurch die für den Busverkehr zu erwartenden massiven Behinderungen bei der Einfahrt von der Thalermühlstraße in die Dechsendorfer Straße. Eine Busbevorrechtigung würde dabei auf den Gesamtverkehr in diesem Bereich zu erheblichen negativen Auswirkungen führen. Des Weiteren muss aus fahrgeometrischen Gründen Begegnungsverkehr im Bereich der Unterführung der A73 vermieden werden.

Auf die Verschlechterung der Umsteigebeziehungen im Bereich Martin-Luther-Platz und die noch schlechtere Erschließung der nördlichen Innenstadt (im Vergleich zur Führung über die Münchener Straße) sei auch hier nochmal hingewiesen.

1.2   Regionalverkehr

Momentan wird auch immer wieder die Forderung laut, dass die Stadt den Regionalbuslinien die Durchfahrt durch die Goethestraße verweigern soll. Nach Rücksprache mit der Genehmigungsbehörde, der Regierung von Mittelfranken, gibt es dazu aus rechtlicher Sicht keine Möglichkeit. Solange die Straßen für Busverkehr geeignet sind und dort auch andere Linien (Stadtbusse) fahren, kann es dem Regionalverkehr nicht verboten werden, auch diese Straßen zu nutzen.

Mehrere Nachfragen bei DB Frankenbus (ehemals OVF) ergaben, dass aufgrund der Notwendigkeit für die Fahrgäste und des Fehlens alternativer attraktiver Fahrwege auf die gute Erschließung im Bereich der Goethestraße/Hauptstraße nicht verzichten kann.

Zur Verdeutlichung wurden der Verwaltung von DB Frankenbus Fahrgastzahlen aus den Jahren 2008 und 2009 (Umleitungsbetrieb) übergeben. Hier ist ein deutlicher Rückgang auf den betroffenen Linien zu verzeichnen, den DB Frankenbus hauptsächlich mit der ungünstigen Linienführung in der Umleitungsphase begründet. Im Einzelnen sind dies: Linie 205 ca. 20%, Linie 203 ca. 12%, Linie 202 ca. 28%, Linie 253 ca. 23%.

Auch eine während der Umleitung durchgeführte Befragung der Fahrgäste bestätigt dies. Für ca. 88% der Befragten ergaben sich Nachteile durch die Umleitung (längeren Fußweg, längere Fahrzeit, ungünstigeren Anschluss) lediglich für ca. 12% der Befragten hatte die Umleitung keine Auswirkungen.

 

2     Zusammenfassung und Ausblick auf das Umleitungskonzept 3. Bauphase

Grundsätzlich ist für Erlangen festzuhalten, dass viele Bürger eine Wahlmöglichkeit beim Verkehrsmittel haben. Das heißt, ändert sich die Linienführung ohne zusätzliche Erschließungsfunktion und verschlechtert sich dadurch das Angebot für einzelne Fahrgäste (längere Fahrzeit und Fußwege, schlechterer Anschluss), steigen viele aufs Auto um.

Deutlich wird dies beim Vergleich der Jahreszählungen von 2008 und 2009 der EStW. Es sind nicht unerhebliche Fahrgastrückgänge im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen.

Unter anderem aus diesem Grund werden im Konzept für die 3. Bauphase im Sommer 2010 die bestehenden Verbindungen insbesondere zur Bedienung der Altstadt und der Arcaden erhalten (kein Umsteigen notwendig), auch wenn dies teilweise mit Umwegfahrten und damit längerer Fahrzeit verbunden sein wird.

Besonderes Augenmerk liegt für die Verwaltung auf den Linien 284/285/294 sowie 30/30E, da deren Fahrwege und veränderte Endpunkte mittelfristig eine mögliche Alternative für eine dauerhafte Verlegung aus der Goethestr. darstellen und folglich im Umleitungskonzept der 3. Bauphase nochmal getestet werden sollen.

Für alle anderen Linien (inkl. der Regionalbusse) wird aufgrund der momentanen verkehrlichen und baulichen Situation (Münchener Straße und Thalermühlstraße) sowie der fehlenden Analyse auf die Auswirkung der Nachfrage keine Verlegung empfohlen.

 

3     Weiteres Vorgehen seitens der Verwaltung

Der 2. Nahverkehrsplan wurde Mitte 2007 beschlossen. In Abstimmung mit dem Gutachter (VGN) wird der 3. Nahverkehrsplan in den Jahren 2011/2012 erarbeitet.

Aufgrund der anstehenden Eröffnung der S-Bahn sowie der steten Forderung nach einer Entlastung der Goethestraße werden in Zusammenarbeit mit dem Gutachter diese Bereiche bereits in einer Teilfortschreibung des Nahverkehrsplanes vorgezogen bearbeitet (Zeitraum: Februar 2010-Ende 2010).

Zusätzlich zum Gutachten wird die Verwaltung die Haushaltsbefragung „Leben in Erlangen 2010“ sowie die verkehrlichen und betrieblichen Auswirkungen der 3. Umleitungsphase für die Goethestraße, die Ende November endet, auswerten und Anfang 2011 in den Stadtratsgremien vorstellen. Dort sollte dann die Entscheidung erfolgen, ob die drei Buslinien zum nächstmöglichen Zeitpunkt herausgenommen werden sollen. Aus betrieblichen Gründen wäre dies 4-5 Monate nach Beschlussfassung möglich.

 

 


Anlagen: ---