Auf einen Antrag der CSU-Stadtratsfraktion vom 7. Mai 2019 zur besseren
Flächenabdeckung mit Defibrillatoren im Stadtgebiet Erlangen hin befasst sich
das Amt für Sport und Gesundheitsförderung mit der Entwicklung eines Konzeptes
zu automatisierten externen Defibrillatoren (AEDs) im öffentlichen Raum (siehe
auch MzK 52/042/2021 vom 27.04.2021).
Der Fraktionsantrag Nr. 073/2019 gilt somit als bearbeitet.
1. Ergebnis/Wirkungen
(Welche Ergebnisse bzw. Wirkungen sollen erzielt
werden?)
Zielstellung des Antrages ist die Schaffung eines flächendeckenden
Netzes öffentlich zugänglicher AEDs, um in Notfällen im Zusammenhang mit
Herzkammerflimmern und Herz-Kreislauf-Stillstand die Überlebenschancen durch
eine Frühdefibrillation zu steigern. Im
Rahmen der Konzeptentwicklung soll außerdem eruiert werden, inwiefern eine
Verknüpfung der AED-Standorte mit dem System der Integrierten
Rettungsleitstellen möglich ist, um bei eingehenden Notrufen auf AEDs in der
Nähe zu verweisen oder sogar First-Responder informieren zu können. Empfehlenswert ist zudem die Einbeziehung des Landkreises.
AEDs
spielen eine zunehmende Rolle in der Notfallrettung bzw. in der Ersten Hilfe.
Zum einen sind AEDs im Rahmen der betrieblichen Ersten Hilfe bereits vielerorts
etabliert. Zum anderen machen sich Kommunen und Landkreise auf den Weg,
öffentlich zugängliche AEDs zur Laiendefibrillation bzw. PAD-Programme zu
etablieren. AEDs (Automatisierte externe Defibrillatoren) sind Geräte, die den
Herzrhythmus eines Patienten selbstständig analysieren. Im Fall von
Herzkammerflimmern wird ein Elektroschock verabreicht, um einen regelmäßigen
Herzrhythmus wiederherzustellen. Das Gerät gibt zudem Anweisungen zur
Herzdruckmassage. Analysiert das Gerät einen Herzstillstand werden nur die
Anweisungen zur Herzdruckmassage gegeben (IQWiG 2017). Verschiedene
Personenkreise können AED anwenden: Fachpersonal
aus Medizin und Rettungsdienst (à Mobile AEDs in
Einsatzfahrzeugen), First Responder (professionelle ehrenamtliche Ersthelfer,
z. T. organisiert in Gruppen) sowie geschulte Ersthelfer oder Laien (PAD).
Unter PAD (Public access defibrillation, auch Laiendefibrillation) werden AEDs
bezeichnet, die an öffentlichen Orten mit
hohem Personenaufkommen vorgehalten werden. Ziel von PAD-Konzepten ist es, durch Erweiterung der AED-Anwenderkreise
auf medizinische Laien die außerklinische Defibrillation im Notfall zum
frühestmöglichen Zeitpunkt, möglichst noch vor Eintreffen der Einsatzkräfte, zu
ermöglichen.
Etwa 15 bis 20 Prozent aller außerklinischen Herzkreislaufstillstände
finden im öffentlichen Raum statt, ca. 80 Prozent ereignen sich im häuslichen
Umfeld. Die Aussagen zur Wirksamkeit von PAD-Programmen im Rahmen von
wissenschaftlichen Untersuchungen zeigen kein einheitliches Bild. Einerseits
gibt es Erkenntnisse, dass eine Reanimation bei Patienten mit
Herz-Kreislauf-Stillstand nur in seltenen Fällen von Laien vorgenommen wird.
Als Gründe werden aufgeführt: fehlende Geräte in greifbarer Nähe, mangelnde
Aufgeschlossenheit, Unklarheit des Verfahrens sowie organisatorische und
juristische Probleme.
Andererseits gibt es Hinweise, dass PAD-Programme unter Einbindung von
Ersthelferstrukturen (First-Responder-Strukturen) gute Erfolge in der
Steigerung der Überlebenschancen erzielen.
Somit können als entscheidende Einflussfaktoren für die Effektivität
von AED-Programmen folgende Bereiche identifiziert werden: zum einen die
Verfügbarkeit von AEDs und deren Verteilungsmuster, ein funktionierendes System
zur Ersthelferaktivierung sowie die Aufklärung und Ausbildung der Bevölkerung.
Aktuell gibt es in der Stadt Erlangen keine verlässliche Übersicht über
vorhandene AEDs. Zwar bestehen verschiedene Initiativen, die öffentlich
zugängliche AED-Standorte erfassen – hauptsächlich in Form von Apps,
beispielsweise das Defikataster von Definetz e.V.[1], die Plattform Citizens save lives[2] oder regional gepflegte Apps von
Hilfsorganisationen wie die Rotkreuz-Defi-und-Notfall-App des BRK. Eine zentral
organisierte und einheitliche Lösung gibt jedoch derzeit noch nicht. Dabei ist
anzumerken, dass es derzeit in Deutschland keine Registerpflicht für AEDs gibt.
Die Übersicht im Defikataster von Definetz e.V. und die Erfahrungen der
mit Notfallrettung und Erste-Hilfe-Ausbildung betrauten Stellen und
Hilfsorganisationen zeigen jedoch, dass bereits eine relativ gute AED-Abdeckung
vorhanden ist. Es existieren Übersichten, wo welche Geräte innerhalb der
städtischen Dienstgebäude, Schulen und Sportstätten und innerhalb der
Liegenschaften der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
vorgehalten werden. Zudem sind große Betriebe sowie schätzungsweise ca. 50
Prozent der mittelständischen Betriebe mit AEDs ausgestattet. Lediglich in
außenliegenden Ortsteilen gibt es nach aktuellem Kenntnisstand bislang kaum
solche Geräte.
Eine erste Bedarfserhebung des Amtes für Sport und Gesundheitsförderung ergab, dass es aktuell etwa 102 AED-Standorte im Stadtgebiet gibt, davon 23 in Dienstgebäuden der Stadt Erlangen und 33 auf Liegenschaften der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Darüber hinaus wurden zwei AED im Rahmen der Sportförderung der Stadt Erlangen durch Sportvereine angeschafft. Anhand der derzeit verfügbaren Informationen sind also etwa 100 AED in Erlangen vorhanden. Allerdings fehlen noch Angaben weiterer großer Organisationen wie der Uniklinik und privatwirtschaftliche Unternehmen. Zusätzlich zu den „stationären AEDs“ verfügen Feuerwehren (Alterlangen, Eltersdorf, Hüttendorf) und Rettungsorganisationen über mobile AEDs.
In Dechsendorf und Frauenaurach gibt es sogenannte Ersthelfer-Feuerwehren, welche mit AEDs ausgestattet sind und bei Notrufeingang mit lebloser Person immer zusätzlich zum Rettungsdienst im Ortsteil alarmiert werden. Die Bedarfserhebung wird von Seiten des Amtes für Sport und Gesundheitsförderung, insbesondere im Hinblick auf die Zugänglichkeit des AEDs (sind diese beispielsweise im Außenbereich angebracht und rund um die Uhr verfügbar), fortgeführt.
Zusätzlich liefen bereits erste Gespräche mit wichtigen Stakeholdern zum Thema. Vertreten waren jeweils ein Ansprechpartner vom BRK, ASB und der Feuerwehr der Stadt Erlangen. In diesen Gesprächen wurde deutlich, dass es in Erlangen aktuell noch kein Konzept zur Ersthelferaktivierung gibt. Des Weiteren wurde sich über weitere mögliche Schritte ausgetauscht, die in einem vorläufigen Konzeptentwurf eingeflossen sind und folgende Punkte beinhaltet: Überblick über den IST-Stand und Ermitteln relevanter Partner, Detaillierter Überblick über vorhandene AEDs, Transparenz über AED Standorte und Information der Öffentlichkeit, Ermittlung eines Bedarfes zur Implementierung neuer AED Standorte, Schulung der Ersthelfer im Umgang mit AEDs, Sensibilisierung der Öffentlichkeit, App-Integration der AED Standorte sowie Verknüpfung der AED Struktur mit der Ersthelferaktivierung und der integrierten Leitstelle.
[1]
Online unter: http://definetz.online/defikataster-hp
[1] Online unter: https://citizenssavelives.com/de/herzsichere-standorte
[1] https://www.steiger-stiftung.de/initiativen/kampf-dem-herztod/herzsicher (16.09.2021)
[1] https://www.bamberg-schockt.de/ (16.09.2021)
2. Programme / Produkte / Leistungen / Auflagen
(Was soll getan werden, um die Ergebnisse bzw.
Wirkungen zu erzielen?)
Es erfolgte eine Recherche bereits vorhandener Projekte sowie eine Kontaktaufnahme zu den Initiativen, um diese besser einschätzen zu können. Dabei konnten Beispiele wie die Initiativen „Herzsicheren Regionen“ der Björn Steiger Stiftung[3] oder die öffentlichkeitswirksame Kampagne „Bamberg schockt“ [4], die die Bevölkerung mittels einer App über vorhandene AED-Standorte informiert, identifiziert werden. Programme von Hilfsorganisationen, beispielsweise „Berlin schockt“ vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) kombinieren in ihrer App die AED-Standortermittlung mit einer Alarmierung von ausgebildeten ehrenamtlichen Ersthelfern (First Responder) in der Nähe oder sind mit der jeweiligen Rettungsleitstelle verknüpft.[5]
Eine gute Abdeckung aller oben genannten Punkte biete das Projekt „Fürth wird herzsicher“. Ziel des Projektes ist die Steigerung der Überlebenszahlen nach plötzlichem Herztod in Stadt und Landkreis Fürth. Die Umsetzung des Konzeptes erfolgt über zwei Schwerpunkte: Aufbau eines flächendeckenden AED-Netzwerkes in Stadt und Landkreis Fürth sowie den Aufbau eines Systems zur Ersthelferaktivierung. Umgesetzt wird das Projekt/Konzept von der Arbeitsgemeinschaft Notfallmedizin Fürth e.V.(AGNF e.V.), die diesbezüglich eine halbe Stelle geschaffen haben. Die AGNF finanziert das Projekt vor. Stadt und Landkreis unterstützen mit jeweils 5.000 € pro Gebietskörperschaft/Jahr. Weitere finanzielle Unterstützung erfolgt durch Infra Fürth, Norma, Apotheken, Ärztenetz und weitere.
Zum Ausbau des AED-Netzes bemühen sie sich um Patenschaften, die sich bereit erklären, einen AED Standort über vier oder acht Jahre zu finanzieren. Denn zusätzlich zur Anschaffung kommen Wartungskosten sowie Kosten zur Wiederaufbereitung nach der Nutzung hinzu.
Ein entscheidender Beitrag zur Steigerung der Überlebenschancen kommt dem System der Ersthelferaktivierung zu. Denn entscheidend für das Überleben sind Maßnahmen zur Wiederbelebung in den ersten Minuten. Der Rettungsdienst trifft meist verzögert ein (7-9 Minuten, in ländlichen gebieten noch später). Die Überlebensrate liegt aktuell bei 10-15%. Diese kann auf 50% gesteigert werden, wenn mit der Wiederbelebung in den ersten vier Minuten begonnen wird.
Die Ersthelferquote liegt in Deutschland bei 30- 40 %. Qualifizierte Ersthelfer müssen über ein System aktiviert werden. Der Verein Region der Lebensretter e.V. hat daher seit 2018 ein App-basiertes System etabliert, mit dem Rettungsleitstellen registrierte Ersthelfer über Smartphone in der unmittelbaren Nähe des Notfalls orten und alarmieren können. Diese professionellen Retter, die in den ersten 3-5 Minuten nach einem Herz- Kreislaufstillstand eintreffen, können die Überlebenschance von Patienten verdoppeln bis vervierfachen. Die Kosten für die App betragen einmalig 50.000 € sowie laufende Kosten von 15.000 €/Jahr. Da Erlangen über die gleiche Rettungsleitstelle wie Fürth verfügt (und ebenfalls Nürnberg) würden für die Nutzung der App jedoch keine zusätzlichen Kosten anfallen. Die Kosten könnten ggf. unter den Gebietskörperschaften aufgeteilt werden (siehe Punkt 3).
3. Prozesse und Strukturen
(Wie sollen die Programme / Leistungsangebote
erbracht werden?)
Bei einem ersten Gespräch wurde deutlich, dass der Verein AGNF Fürth e.V. sich vorstellen kann, das Konzept ebenfalls in Erlangen umzusetzen. Dies hätte den Vorteil, dass das Projekt bei einem Partner/ Verein verortet wäre, der eine hohe fachliche Kompetenz in diesem Bereich sowie bereits Erfahrungswerte in der Umsetzung besitzt. Außerdem können über einen Zusammenschluss der (sechs) Gebietskörperschaften (Fürth Stadt und Landkreis, Erlangen Stadt und Landkreis, Nürnberger Land und Nürnberg Stadt) die Kosten reduziert werden. Diese Regionen laufen in der gleichen Rettungsleitstelle (ILS) zusammen, so dass für das System der Ersthelferaktivierung (App der Region der Lebensretter) keine extra Kosten entstehen.
Die Verwaltung empfiehlt daher weitere Detailinformationen für eine Kooperation mit der AGNF Fürth e.V. anzustreben. Aufgrund der vorhandenen Expertise und der räumlichen Nähe zu Fürth würden sich hier die besten Synergieeffekte ergeben, um ein Defibrillatorenkonzept für Erlangen umzusetzen.
4. Klimaschutz:
Entscheidungsrelevante
Auswirkungen auf den Klimaschutz:
ja, positiv*
ja, negativ*
X
nein
5. Ressourcen
(Welche Ressourcen sind zur Realisierung des
Leistungsangebotes erforderlich?)
Investitionskosten: |
€ |
bei IPNr.: |
Sachkosten: |
€ |
bei Sachkonto: |
Personalkosten (brutto): |
€ |
bei Sachkonto: |
Folgekosten |
€ |
bei Sachkonto: |
Korrespondierende Einnahmen |
€ |
bei Sachkonto: |
|
Haushaltsmittel
werden nicht benötigt
sind vorhanden auf IvP-Nr.
bzw. im Budget auf Kst/KTr/Sk
X sind ungeklärt
Anlagen: CSU Antrag 073/2019