Betreff
Grundwassersituation in Erlangen - Sachstand und Bürger*inneninformation
Vorlage
31/131/2022
Aktenzeichen
VII/31
Art
Mitteilung zur Kenntnis

Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.


Aufgrund des Antrages der GL-Fraktion 174/2021: „Bericht zur Entwicklung und Umsetzung der Bewässerung von Sport- und Freizeitflächen und der nationalen Wasserstrategie“, sowie der daraus resultierenden Beschlussvorlage der Verwaltung, wurde die Verwaltung aufgefordert, die aktuelle Grundwassersituation in Erlangen darzustellen und ggf. Möglichkeiten für die in der nationalen Wasserstrategie des Bundes genannte Bürger*inneninformation zu überprüfen.

 

Die Verwaltung hat sich bezüglich der aktuellen Grundwassersituation die externe Expertise des Wasserwirtschaftsamtes Nürnberg sowie der Erlanger Stadtwerke AG eingeholt:

 

Das Wasserwirtschaftsamt verweist auf das länderübergreifende Projekt KLIWA – Klimaveränderung und Wasserwirtschaft, an welchem das Bayerische Landesamt für Umwelt maßgeblich beteiligt ist sowie die Veröffentlichung der Regierung von Mittelfranken: „Wasserversorgungsbilanz Mittelfranken, Bestandsanalyse und Entwicklungsprognose 2025“, die auch zukünftig fortgeschrieben werden soll. Die Klimaprognosen für Mittelfranken sagen im Zeitraum 2021 - 2050 eine deutliche Abnahme der Grundwasserneubildung aus Niederschlag um 25 % voraus. Ursachen liegen klimabedingt vor allem in der Zunahme von Verdunstung, der Abnahme von Schneeauflage, dem Trend zu kürzeren aber stärkeren Starkregenereignissen und dem Trend zur tiefgründigen Bodenaustrocknung mit einhergehendem Verlust von Wasseraufnahmebereitschaft.

 

Spezifisch auf die Stadt Erlangen bezogen kommt es bezüglich des Grundwasserdargebots auf den genauen Standort an. Hier gibt es im oberflächennahen Grundwasser (sog. erstes Grundwasserstockwerk) je nach Lage ergiebige (z.B. im Nahbereich zur Regnitz oder Schwabach) und weniger ergiebige Grundwasserleiter.

 

Tiefer gelegene Grundwasserleiter haben längere Neubildungszeiten über Niederschläge und reagieren daher träge auf Veränderungen. Tiefes Grundwasser gilt daher als Reserve und wird nur in Ausnahmefällen ausschließlich zur Trinkwassernutzung freigegeben. Die ESTW AG betreibt mehrere Messstellen in Erlangen, um den Grundwassergang zu beobachten. Auch hier sind je nach Lage unterschiedliche Entwicklungen zu beobachten. Insgesamt wird seitens der ESTW AG die Lage als relativ stabil bewertet. An der Messstelle „Neumühle“ im Quartär (= oberster Grundwasserleiter) wurde in den letzten Jahren keine eindeutige Tendenz beobachtet. In den Trockenjahren 2016-2018 wurden etwas geringere Wasserstände gemessen, insgesamt stagniert der mittlere Wasserstand derzeit aber. Das Jahr 2021 war bekanntermaßen vergleichsweise niederschlagsreich. An der ESTW-Messstelle in Tennenlohe, die den nächsttieferen Grundwasserleiter (Sandsteinkeuper) beobachtet, ist hingegen eine abnehmende Tendenz zu beobachten.

 

Zusammenfassend ergibt sich für die Grundwassersituation in Erlangen kein einheitliches Bild. Diese ist immer abhängig vom Standort bzw. des Grundwasserstockwerkes. Die Trinkwasserversorgung in Erlangen ist gem. der ESTW nicht gefährdet und die Brunnen werden ab einem gewissen Grundwasserabsenkspiegel gedrosselt, um das dortige Grundwasser nachhaltig zu bewirtschaften.

 

Nach Auskunft des Wasserwirtschaftsamtes verteilen sich die Grundwassernutzungen in Erlangen prozentual wie folgt:

 

- Trinkwasserversorgung: ca. 50 %

- dauerhafte Grundwasserabsenkungen zum Bauwerksschutz ohne Wiederversickerung: ca. 20 %

- vorübergehende Grundwasserabsenkungen zum Neubau von Gebäuden: ca. 9 %

- Brauchwassernutzungen: ca. 7 %

- Gartenbewässerung/Bewässerung öff. Flächen und Sportplätze: ca. 9 %

- Sonstige: ca. 5 %

 

Das Wasserwirtschaftsamt Nürnberg schätzt die Situation ebenfalls nicht als kritisch ein, stellt aber fest, dass die Grundwasserleiter immer länger brauchen, um sich nach Trockenzeiten zu erholen. Ferner weist das Wasserwirtschaftsamt darauf hin, dass beispielsweise im Jahr 2021 die Schwabach trotz des normalen bis eher feuchten Jahres unterdurchschnittlich Wasser geführt hat, was laut der Fachbehörde ein Beleg dafür ist, dass die Grundwasservorräte im fränkischen Jura zurückgehen, da sich die Schwabach auch aus Grundwasserinfiltration und Quellen speist.  Es wird daher seitens des Wasserwirtschaftsamtes angeraten, die Situation weiter im Blick zu halten und es werden u.a. folgende Maßnahmen empfohlen:

 

- ausschließlich Entnahme von oberflächennahem Grundwasser

- Beobachtung der Entwicklung im Grundwasser

- Förderung der Grundwasserneubildung durch Entsiegelung, ortsnahe Versickerung von Niederschlägen statt Ableitung (dies gibt die städt. Entwässerungssatzung bereits vor) und ggf. zusätzliche Sickereinrichtungen für Flächenversickerung

- Etablierung von wassersparenden Maßnahmen

 

Grundsätzlich ist vor Neubildungsmaßnahmen eine möglichste schonende Nutzung des Grundwassers vorzuziehen. Hier kann einerseits die Stadt, die selbst Grundwassernutzerin ist, aktiv werden und andererseits die angesprochene Bürger*inneninformation ansetzen. Dahingehend schlägt die Verwaltung in Kooperation mit der ESTW AG für das Heft „Energie & mehr 2022“ der ESTW AG vor, welches an die Erlanger Haushalte verteilt wird einen informativen Artikel zum Thema aufzunehmen. Vorbehaltlich etwaiger Anregungen aus dem Stadtrat schlägt die Verwaltung hier inhaltlich vor, zunächst ein gewisses Problembewusstsein zu schaffen und zu erläutern, dass auch Grundwasser ein endliches und längerfristig auch knappes Gut ist. Ferner sollte darin klargestellt werden, dass sowohl das Wasser aus dem eigenen Gartenbrunnen, als auch das Wasser der ESTW AG Erlanger Grundwasser ist, welches sich nach der Entnahme erst wieder neu bilden muss. Im Anschluss sollten alltags- und praxistaugliche Lösungsvorschläge aufgenommen werden, wie beispielsweise die alternative Sammlung von Regenwasser, eine angepasste, robuste Gartenbepflanzung und die richtigen Bewässerungstechniken und -zeiten, sowie die bauliche Anpassung – soweit möglich –  der eigenen Grundstücksentwässerung, um möglichst viel Niederschlagswasser ortsnah zu versickern.

 


Anlagen: