1. Das vom Malteser Hilfsdienst e.V. in Erlangen geplante Projekt eines aufsuchenden „Senioren-Informationsdienstes“ wird in Kooperation mit Amt 50 konzeptionell als Quartiersprojekt weiterentwickelt und erweitert („Senioren-Nachbarschaftsbüro“) und in Sebaldus und Rathenau umgesetzt.
2. Für den Projektzeitraum von 09 – 12 / 2021 erhält der Malteser Hilfsdienst e.V. hierfür aus städtischen Mitteln eine Zuwendung in Höhe von 16.869,07 € für anteilige Personal- und Sachkosten.
3. Für die Projektjahre 2022 und 2023 erhält der Malteser Hilfsdienst e.V. hierfür eine weitere Zuwendung in Höhe von jährlich 41.196,- für anteilige Personal- und Sachkosten.
4. Für das Jahr Projektjahr 2021 werden Mittel in die Budgetrücklage von Amt 50 eingeplant.
5. Für die Projektjahre 2022 und 2023 werden die erforderlichen Zuschussmittel als Haushaltsmittel beantragt.
1. Sachverhalt
Der Malteser Hilfsdienst e.V. / Diözesanstelle Bamberg plant in Erlangen den Aufbau eines zugehenden „Senioren-Informationsdienstes“. Dieser besteht aus einer hauptamtlichen Koordinationsstelle und ehrenamtlichen Helfer*innen. Dieser „Informationsdienst“ soll i.S. einer „Wegweiser-Funktion“ Informationslücken schließen, älteren Menschen den Zugang zu Hilfeleistungen erleichtern und bei akuten Notlagen Kontakte zu weiterführenden, spezifischen Unterstützungsangeboten herstellen. Hierfür sollen bei Bedarf Netzwerkstrukturen im Quartier genutzt oder aufgebaut werden. Der Kontakt zu alten Menschen soll über aufsuchende Arbeit v.a. durch Ehrenamtliche hergestellt werden („Präventive Hausbesuche“). Mit dem Projekt sollen insbesondere sozial zurückgezogene oder vereinsamte ältere Menschen angesprochen werden.
Der Malteser Hilfsdienst e.V. erhält zur anteiligen Finanzierung von Personalkosten Fördermittel des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Die Förderung erfolgt im Rahmen des Programms „Miteinander – Füreinander“, das vom Malteser Hilfsdienst e.V. bundesweit umgesetzt wird.
Das Projekt soll ab 01.06.2021 mit vorbereitenden Arbeiten beginnen.
Ab September 2021 soll das Projektkonzept mit zugehender Beratung, Hausbesuchen, teilhabefördernden sowie gemeinschaftlichen Angeboten umgesetzt werden.
Die Laufzeit des Förderprogramms endet zum 31.12.2023.
Bereits in der Vorbereitung des Projekts hat der Malteser Hilfsdienst e.V. / Diözesanstelle Bamberg (im Folgenden Malteser Hilfsdienst) Kontakt zur Stadt Erlangen aufgenommen, um Kooperationsmöglichkeiten zu eruieren. Davon ausgehend erfolgten Kooperationsgespräche mit Amt 50.
Als Ergebnis wurde das Projekt zwischen dem Malteser Hilfsdienst und Amt 50 im Sinne des seniorenpolitischen Konzepts der Stadt Erlangen konzeptionell als „Senioren-Nachbarschaftsbüro“ weiterentwickelt. Auch die bedarfsgerechte räumliche Verortung des quartiersbezogen geplanten Projekts wurde mit der Einbeziehung der statistischen Bezirke Rathenau und Sebaldus konkretisiert.
Aus der konzeptionellen Weiterentwicklung entsteht zusätzlicher Finanzierungsbedarf für das Projekt. Für die Umsetzung muss die geplante 50%-Stelle der hauptamtlichen Koordination auf eine 1,0-Stelle aufgestockt werden. Zudem entstehen durch Erweiterung zusätzliche Mietkosten (Räume als Begegnungsort).
Dieser zusätzliche Bedarf soll durch die beantragten städtischen Zuschussmittel gedeckt werden, da damit auch Chancen zur modellhaften Umsetzung wesentlicher Handlungsempfehlungen des seniorenpolitischen Konzepts erwachsen.
Der beantragte städtische Projektkostenzuschuss beträgt rund 50% der geplanten Gesamtkosten des Projekts, die ab September 2021 (Umsetzung des Projektansatzes) entstehen. Die weiteren Aufwendungen werden durch Eigenmittel, Spenden und die Drittmittelförderung des Bundes getragen.
2.
Ergebnis/Wirkungen
Der Handlungsansatz des Projekts geht von der Erfahrung aus, dass trotz bestehender, vielfältiger Unterstützungs- und Kontaktangebote häufig jene Seniorinnen und Senioren nicht erreicht werden, die sozial zurückgezogen und / oder in sozial benachteiligten Lebenslagen leben. Mögliche Hilfen sind entweder nicht bekannt oder werden aus unterschiedlichen Gründen nicht angenommen (z.B. Schamgefühle). Auch von informellen Informationsnetzwerken, in denen Erfahrungen oder Informationen über mögliche Unterstützung ausgetauscht werden, sind zurückgezogen oder isoliert lebende alte Menschen ausgeschlossen. Durch die soziale Zurückgezogenheit droht zunehmende Vereinsamung. Durch eine prekäre finanzielle Situation wird dies noch verstärkt.
In vorbereitenden Projektgesprächen zwischen Amt 50 und dem Malteser Hilfsdienst wurde jedoch deutlich, dass der ursprüngliche Projektansatz eines „Senioren-Informationsdienstes“ einige „Zugangsbarrieren“ aufweisen könnte. Bei den älteren Menschen wird bereits ein gewisses Problembewusstsein für Unterstützungsbedarf und Offenheit für Hausbesuche durch Ehrenamtliche vorausgesetzt. Im Bemühen um die Aufrechterhaltung einer möglichst selbstbestimmten Lebensführung wird eine individuelle Problemsituation gegenüber Dritten häufig aber nicht (umfassend) geäußert. Gerade bei zurückgezogenen Menschen können Hemmungen bestehen, soziale Unterstützung anzunehmen. Es wird vermieden, dass Außenstehende Einblick in die eigene Lebenssituation erhalten. Einsamkeit ist in vielen Fällen ein Tabu und wird nicht offen als Problem dargestellt. Hilfsbedarf zu artikulieren und ein Hilfsangebot anzunehmen setzt deshalb zunächst einen vorhergehenden und oft langfristigen Beziehungs- und Vertrauensaufbau voraus.
In Abstimmung mit dem Malteser Hilfsdienst e.V. wurde das Projekt deshalb konzeptionell um den Ansatz des „Senioren-Nachbarschaftsbüros“ erweitert. Damit sollen die älteren Menschen im Quartier auch ohne konkret geäußerten Informations- oder Unterstützungsbedarf Gelegenheit erhalten, zunächst möglichst niedrigschwellig erste Kontakte (wieder) aufbauen und pflegen zu können. Erwächst daraus eine vertrauensvolle und verlässliche Basis, so ist auch die Barriere geringer, im weiteren Verlauf Hilfebedarf zu äußern und Informationen oder Unterstützung anzunehmen. Die flankierende Unterstützung durch freiwillige Helfer*innen kann den Aufbau stabiler Beziehungen und Teilhabechancen stabilisieren, beispielsweise durch regelmäßige häusliche Besuche oder Telefonanrufe.
Dieser erweiterte Ansatz erfordert zwar umfangreichere personelle Ressourcen als ein spezifischer „Informationsdienst“. Er korrespondiert jedoch stärker mit dem seniorenpolitischen Konzept:
· Das Projekt fügt sich in seiner sozialräumlichen und zugehenden Ausrichtung gut in die Handlungsempfehlungen des Seniorenpolitischen Konzepts (SPK) der Stadt Erlangen „Alter neu denken – Teilhabe sichern“ ein. Durch die Erweiterung des Projekts wird dem Beschluss des SGA und des Stadtrats zum Seniorenpolitischen Konzept vom 25.09.2019 (Vorlagennummer 50/167/2019) Rechnung getragen. Demnach soll quartiersorientierte Seniorenarbeit weiterentwickelt und durch Netzwerke gestärkt sowie aufsuchende Arbeit für unterstützungsbedürftige ältere Menschen implementiert werden.
· Auch der Fokus auf sozial zurückgezogene und von Hilfsangeboten schwer erreichbare alte Menschen lässt sich in das SPK einordnen.
· Die statistischen Bezirke Rathenau und Sebaldus werden im Seniorenpolitischen Konzept als „Pilotquartiere“ für die quartiersorientierte Seniorenarbeit benannt. Rathenau rückt aufgrund seines hohen Sozialindex und des überdurchschnittlich hohen Anteils von Bezieher*innen von Grundsicherung im Alter in den Fokus seniorenpolitischer Planungen. Für beide Bezirke wurde durch Befragungen von Bürger*innen sowie Experten- und Bewohnerworkshops die Vereinsamung älterer Menschen beklagt. Hieraus wurde Bedarf an zusätzlichen Angeboten für ältere Menschen formuliert.
· Das Projekt kann darüber hinaus in den Rahmen des ISEK Erlangen-Südost eingeordnet werden. Im „Rahmenplan Soziales Miteinander“ des ISEK Erlangen-Südost werden als Handlungsempfehlung u.a. neue Stadtteiltreffs für niederschwellige soziale Begegnung benannt, die ergänzend zu kirchlichen oder sozialen Einrichtungen bestehen.
Aus den Erfahrungen und der Evaluation des Projekts des Malteser Hilfsverbands werden praxisrelevante Erkenntnisse erwartet, die im Zuge des sozialräumlichen Ausbaus der Seniorenarbeit auf andere Quartiere übertragbar sind. Vom Projekt wird die Erarbeitung von Grundlagen für die nachhaltige, strukturelle Weiterentwicklung von Wohnquartieren im Hinblick auf das nachbarschaftliche Zusammenleben erwartet (z.B. kooperative, trägerübergreifende Netzwerkstrukturen, zugehende Handlungsansätze, wirksame Strategien für die Erreichbarkeit sozial zurückgezogen lebender Menschen).
3. Programme / Produkte / Leistungen / Auflagen
Im Einzelnen erbringt das Senioren-Nachbarschaftsbüro folgende Leistungen:
· Förderung der Teilhabe, z.B. durch Begegnungsmöglichkeiten im „Senioren-Nachbarschaftsbüro“ als offener Quartierstreffpunkt und erste „Anlaufstelle“, z.B. Stammtische und Kaffeetreffs, Spieletreff, Mittagstisch;
· niedrigschwellige einzelfallbezogene Information und Beratung im „Senioren-Nachbarschaftsbüro“ als erster Zugang zu weiterführender Unterstützung im Quartier, wobei auch Hausbesuche angeboten werden;
· zugehende, häusliche Informations- und Beratungsangebote und Kontaktpflege durch Ehrenamtliche und den/die hauptamtliche Koordinator*in;
· bedarfsorientierte Entwicklung weiterer Unterstützungsangebote wie beispielsweise Einkaufshilfen, Nachbarschaftshilfe, häusliche Besuchsdienste;
· bedarfsweise Vermittlung weiterführender Fachstellen (z.B. sozialpsychiatrischer Dienst, Pflegeberatung, Betreuungsstelle, …);
· Bedarfsorientiert quartiersbezogene Vernetzung und Zusammenarbeit mit Dienstleistern für ältere Menschen, Kirchengemeinden, Arztpraxen, Seniorenclubs, Klinik-Sozialdiensten etc.
· Aktivierung bürgerschaftlichen Engagements, z.B. im Rahmen ehrenamtlich geleisteter Hausbesuche oder nachbarschaftlicher Unterstützung; Stärkung sowie fachliche Unterstützung und Begleitung bürgerschaftlichen Engagements;
Freiwillige Helfer*innen können ergänzend und flankierend zur hauptamtlichen sozialpädagogischen Arbeit Kontakte zu älteren Menschen aufbauen, Wege zu hauptamtlichen Unterstützungsleistungen bahnen und die soziale Teilhabe im Quartier stärken und verstetigen. Damit eröffnet das Projekt für Interessierte neue Handlungsräume für bürgerschaftliches Engagement.
4. Prozesse und Strukturen
Bestands- und Bedarfsanalyse
Der spezifische Bedarf an notwendigen Hilfen und Angeboten im Quartier ergänzend zu den bestehenden Hilfestrukturen und die Entwicklung spezifischer Zugangswege zur o.g. Zielgruppe soll über den/ die hauptamtliche Mitarbeiter*in mittels Experteninterviews mit lokalen Akteuren erfasst und konkretisiert werden. Damit soll auch die Entwicklung von „Doppelstrukturen“ vermieden werden. Zudem soll ein fachlicher Austausch mit den sechs Senioren-Anlaufstellen der Stadt Erlangen erfolgen. Die Erkenntnisse aus dem ISEK-Prozess „Erlangen-Südost“ sind hierbei einzubeziehen.
Hauptamtliche Koordination, Information
und Beratung sowie Unterstützung
Das Senioren-Nachbarschaftsbüro wird mit einer hauptamtlich tätigen sozialpädagogischen Fachkraft (oder vergleichbare Qualifikation) besetzt.
Diese wird auch konzeptionelle Arbeiten für die Entwicklung aufsuchender Handlungsansätze leisten, Informationsunterlagen erstellen, Abläufe für Hausbesuche im Rahmen der zugehenden Beratung koordinieren und unterstützen. Zudem obliegt ihr die Schulung und fachliche Begleitung freiwilliger Helfer*innen.
Anstellungsträger ist der Malteser Hilfsdienst e.V. Freiwillige Helfer*innen werden ebenfalls über den Malteser Hilfsdienst e.V. akquiriert.
Ermöglichung, Aktivierung und
Begleitung freiwilligen Engagements
Die Einbeziehung von freiwillig engagierten Menschen soll Zugangsbarrieren für die Zielgruppe senken und niedrigschwellige Zugangswege eröffnen, soziale Kontakte stabilisieren und zum sozialen Zusammenhalt im Quartier beitragen. Die Freiwilligen werden durch die hauptamtlich besetzte Koordinationsstelle gewonnen, geschult, unterstützt und fachlich begleitet.
Räumlichkeiten für Koordinierungsstelle
und Senioren-Nachbarschaftsbüro
Durch den Malteser Hilfsdienst wurden bereits geeignete Räumlichkeiten eruiert, in denen das Büro der Koordinierungsstelle eingerichtet werden könnte. Zudem können bedarfsweise Räume für Begegnungsangebote genutzt werden. Die Mietkosten sind im Rahmen der geplanten Sachkosten enthalten.
Vernetzung und Kooperation
Bereits durch die Expertengespräche sollen Verbindungen zu Akteuren im Quartier aufgebaut werden, die die Grundlage für eine weitere Kooperation und Vernetzung bieten. Zur Vermeidung von Doppelstrukturen bringt sich die Koordinationsstelle in bestehende Netzwerkstrukturen aktiv ein.
Über die Strukturen des ISEK Erlangen-Südost kann das Projekt in die lokale „Trägerlandschaft“ kommuniziert werden. Auch hierüber können quartiersbezogen Kontakte und Kooperationen aufgebaut werden.
Amt 50 wird über die Kooperation mit dem Malteser Hilfsdienst e.V. in die weitere Projektentwicklung und Projektarbeit eingebunden. Hierfür ist der Abschluss einer projektbezogenen Kooperationsvereinbarung vorgesehen.
5. Klimaschutz:
Entscheidungsrelevante Auswirkungen auf den
Klimaschutz:
ja, positiv*
ja, negativ*
nein
Wenn ja, negativ:
Bestehen alternative Handlungsoptionen?
ja*
nein*
*Erläuterungen dazu sind in der Begründung aufzuführen.
Falls es
sich um negative Auswirkungen auf den Klimaschutz handelt und eine alternative
Handlungsoption nicht vorhanden ist bzw. dem Stadtrat nicht zur Entscheidung
vorgeschlagen werden soll, ist eine Begründung zu formulieren.
6. Ressourcen
(Welche Ressourcen sind zur
Realisierung des Leistungsangebotes erforderlich?)
Investitionskosten: |
€ |
bei IPNr.: |
Sachkosten: |
99.261,07 € |
bei Sachkonto: 530101 |
Personalkosten (brutto): |
€ |
bei Sachkonto: |
Folgekosten |
€ |
bei Sachkonto: |
Korrespondierende Einnahmen |
€ |
bei Sachkonto: |
|
Haushaltsmittel
werden nicht benötigt
sind vorhanden auf IvP-Nr.
bzw. im Budget auf Kst/KTr/Sk
sind nicht vorhanden
Anlagen: