Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.
Das BVerfG hatte in
seinem Urteil vom 05.11.2019 zu entscheiden, inwieweit Sanktionen nach
§ 31 Abs. 1 SGB II
für Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, mit dem
Grundgesetz vereinbar sind.
Vom StMAS erging am 16.12.2019 die Weisung an die Optionskommunen, bei
der Umsetzung des Urteils vergleichbar der Weisungslage für die gemeinsamen
Einrichtungen zu verfahren.
Das Jobcenter der Stadt Erlangen setzt die o.g. Weisung uneingeschränkt
um. Bereits seit 18.12.2019 werden auch die Regelungen der BA für die unter
25-Jährigen angewandt.
Das BVerfG hat entschieden, dass
·
das Grundgesetz der Entscheidung, staatliche
Leistungen zur Existenzsicherung an Mitwirkungspflichten zu binden, nicht
entgegensteht und bei Nichterfüllung der Pflichten auch belastende Sanktionen
vorgesehen werden dürfen.
·
Sanktionen ab sofort nicht mehr über 30 % des
maßgeblichen Regelbedarfs hinausgehen dürfen.
·
weitergehende Sanktionen (60 bzw. 100%) nicht
geeignet (derzeit keine ausreichende Wirkungsforschung) bzw. erforderlich
(mildere Mittel denkbar) sind.
·
für Kürzungen bis 30% des maßgeblichen
Regelbedarfes in jedem Einzelfall entschieden werden muss, ob ein Härtefall
(insbesondere Verfehlung der Ziele des SGB II) vorliegt, aufgrund dessen von
der Sanktion abzusehen ist.
·
die Sanktionsdauer auf maximal einen weiteren Monat
begrenzt werden muss, wenn sich die leistungsberechtigte Person nachträglich zu
ihren Mitwirkungspflichten bekennt.
§ 31 a Abs. 1 SGB
II sieht für eine erste Pflichtverletzung eine Minderung des Arbeitslosen-
geldes II um 30%
des maßgeblichen Regelbedarfs vor, für die erste wiederholte Pflichtverletzung
eine Minderung um 60% und für jeden weiteren wiederholten Pflichtverstoß einen
Wegfall des kompletten Arbeitslosengeldes II.
Für unter 25-jährige Leistungsbeziehende normiert § 31 a Abs. 2 SGB II
Sonderregelungen. Hier sieht das Gesetz für die erste Pflichtverletzung eine
Beschränkung der Leistungen auf die Kosten der Unterkunft und für jede weitere
Pflichtverletzung einen Wegfall der gesamten Leistungen vor. Die
Verfassungsmäßigkeit dieser Sanktionen war nicht Gegenstand des Verfahrens vor
dem BVerfG.
Weiter sind in § 32 SGB II Minderungen des Arbeitslosengeldes II wegen
der Nichteinhaltung von Meldeterminen in Höhe von 10% des maßgeblichen Regelbedarfs
pro Pflichtverstoß vorgesehen. Diese Minderungen waren ebenfalls nicht
Gegenstand des Verfahrens
Der Sanktionszeitraum beträgt in allen genannten Fällen grundsätzlich
drei Monate.
Mit o.g. Urteil des Bundesverfassungsgerichts erhält der Gesetzgeber den
zeitlich nicht festgelegten Handlungsauftrag, das Gesetz in geeigneter Weise
verfassungskonform auszugestalten.
Das StMAS hat hierauf mit Erstellung von neuen fachlichen Hinweisen
reagiert. Die Weisungen des StMAS vom 03.12.19 sehen vor,
·
die
Übergangsregelungen der BVerfG-Entscheidung auch auf Pflichtverletzungen nach
§ 31 Abs. 2 SGB II (unwirtschaftliches Verhalten, Herbeiführung der
Hilfebedürftigkeit, Sperrzeit und Sperrzeitfiktion) anzuwenden.
·
die
Regelungen auch auf Sanktionen für unter 25-jährige anzuwenden.
·
Minderungen
in der Höhe insgesamt auf 30% des maßgeblichen Regelbedarfes zu beschränken.
·
nicht
nur vor der Verhängung von Sanktionen gem. § 31 a SGB II, sondern auch vor der
Verhängung von Sanktionen nach Meldeversäumnissen gem. § 32 SGB II zum
Vorliegen einer besonderen Härte anzuhören; als Beispiele für ein mögliches
Vorliegen einer besonderen Härte wurden erhebliche psychische Probleme oder die
Gefährdung einer Restschuldbefreiung genannt.
Unmittelbar nach Veröffentlichung des Urteils war die Sanktionierung
nach §§ 31 ff. SGB II durch das Jobcenter Stadt Erlangen zunächst ausgesetzt
worden, um die Umsetzung des Urteils prüfen und vorbereiten zu können.
Inzwischen wurden
·
alle
Sanktionen über 30% des maßgeblichen Regelbedarfes teilweise aufgehoben (d.h.
auf 30% reduziert); es handelte sich um vier Fälle im Bereich unter 25-jährige
und 3 Fälle von über 25-jährigen.
·
neue
Muster für Rechtsfolgenbelehrungen, Anhörungen und Sanktionsbescheide erstellt,
mittels derer die neue Rechtslage umgesetzt wird (Anhörung auch zum möglichen
Vorliegen einer besonderen Härte, Hinweis auf Wegfall bzw. Verkürzung einer
Sanktion bei Nachholung der Pflichten).
·
notwendige
Verfahrensabsprachen zwischen Leistung, Fallmanagement und PAV getroffen.
·
die
Anhörung und Sanktionierung von Pflichtverstößen wieder aufgenommen.