Betreff
Bezahlbare Wohnungen durch Bodenvorratspolitik;
hier: Fraktionsantrag Nr. 029/2019 (erlanger linke)
Vorlage
23/022/2019
Aktenzeichen
II/23
Art
Beschlussvorlage

Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen.

Der Antrag Nr. 029/2019 der „erlanger linke“ ist damit bearbeitet

 


Die Stadt Erlangen betreibt ebenfalls bereits seit geraumer Zeit eine aktive Bodenvorratspolitik, die insbesondere eine Entwicklung von Wohnraum im Eigentum der Stadt Erlangen vorsieht. Hier sind die Entwicklung des „Röthelheimparks“ sowie die städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen Erlangen-West I und II zu nennen. Diese sind mit Abstand die größten städtebaulichen Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit.

 

Im Rahmen der Entwicklungsmaßnahmen E-West I + II wurde seit den achtziger Jahren auf einer Gesamtbruttobaufläche von rd. 136,2 ha im Eigentum der Stadt eine Nettowohnbaufläche von rd. 69 ha realisiert (der künftige BPlan 413 ist hierbei bereits berücksichtigt).

 

Die Grundstücke werden im Rahmen der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme zu günstigen Preisen veräußert, mit der Maßgabe, günstiges Wohnen (sowohl Eigentum, als auch Miete) zu realisieren. In den Kaufverträgen werden deshalb entsprechende preisdämpfende Maßnahmen verbindlich vereinbart. Hier leistet die Stadt Erlangen bereits einen erheblichen Beitrag um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und diesen auch mittel- bis langfristig zu sichern. (aktuell: Baugebiet 412; siehe hierzu u.a. StR-Beschluss vom 26.07.2018 Vorlagen Nr. 231/053/2018).

 

Die Planungs- und Baugebiete im Bereich „Röthelheimpark“ umfassen insgesamt 151,17 ha, wobei von der Stadt Erlangen rd. 101 ha erworben wurden. Neben den sonstigen Flächen (Verkehrsflächen, Gewerbegebiete, Grünflächen, Gemeinbedarfsflächen usw.) sind Wohngebiete mit 29,30 ha sowie Mischgebiete mit 11,66 ha entstanden.

 

Bezahlbare Wohnungen werden in Erlangen insbesondere auch durch den sehr hohen Wohnungsbestand der GeWoBau Erlangen (96 % der Geschäftsanteile sind im Eigentum der Stadt) von derzeit rd. 8.400 Einheiten gesichert. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl von rd. 114.000 ist der Versorgungsgrad an Wohnungen der öffentlichen Hand (mittelbar) damit, auch bundesweit gesehen, sehr hoch.

 

Im Vergleich hierzu hat z.B. die WBG Nürnberg einen Wohnungsbestand von rd. 18.200 Einheiten. Bei rd. 518.000 Einwohnern in Nürnberg ist der relative Versorgungsgrad im Bereich der Stadt
Erlangen etwa doppelt so hoch (Erlangen: 13,6  / Nürnberg: 28,5 Einwohner je Wohneinheit).

Die Ulmer Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft hat bei rd. 126.000 Einwohnern einen Wohnungsbestand von rd. 7.100 Einheiten (17,8 Einwohner je Wohneinheit) und liegt damit auch deutlich unter dem Erlanger Wert (siehe hierzu Anlage 2).

 

Das Niveau der Basismieten der Städte Ulm und Erlangen wurde anhand der qualifizierten Mietenspiegel 2017 für verschiedene Wohnungsgrößen und Baujahre verglichen, wobei festzustellen ist, dass es keine signifikanten Unterschiede gibt und bei manchen Wohnungsgrößen/-baujahre die Stadt Ulm und manchmal die Stadt Erlangen etwas teurer/günstiger ist (siehe hierzu Anlage 1).

 

Im Kontext mit dem Verkauf der GBW durch den Freistaat Bayern, hat die Stadt Erlangen aktiv versucht den Wohnungsbestand der GBW im Stadtgebiet Erlangen (rd. 2.200 WE) für die öffentliche Hand zu sichern. Ein Erwerb der GBW war unter mittelbarer Beteiligung der Stadt Erlangen durch ein kommunales Konsortium unter Beteiligung der GeWoBau, vorgesehen, welches im Verkaufsverfahren jedoch nicht zum Zuge kam.

 

Ein möglicher Ankauf von geeigneten Grundstücken wird jeweils im Einzelfall geprüft, wobei anzumerken ist, dass insgesamt gesehen im Bereich der Stadt Erlangen nur eine sehr geringe Verkaufsbereitschaft gegeben ist. Diese Haltung wird derzeit noch durch die anhaltende Niedrigzinsphase mit möglichen/drohenden Negativzinsen verstärkt. In diesem Kontext ist aber auch darauf hinzuweisen, dass ein Erwerb von Bestandsobjekten durch die öffentliche Hand keinen zusätzlichen Wohnraum schafft. Grundstückskäufe sind auch in der Vergangenheit nicht daran gescheitert, dass keine Mittel vorhanden gewesen wären.

 

In Ziff. 2 des Antrags ist das Rückkaufsrecht nach Ulmer Vorbild genannt. Dieses Modell sieht vor, dass bei Grundstücksverkäufen ein Wiederkaufsrecht vereinbart und dieses durch die Eintragung einer Auflassungsvormerkung gesichert wird. Dies dient jedoch auch in Ulm lediglich dazu, dass der vereinbarte Zweck auch tatsächlich erfüllt wird, d.h. dass z.B. ein Wohnhaus bezugsfertig errichtet ist und 10 Jahre selbst genutzt wird oder ein Gewerbeobjekt bezugsfertig errichtet ist. Ist dies erfüllt, wird das Wiederkaufsrecht auch in Ulm gelöscht.

 

Auch bei der Stadt Erlangen gibt es dieses „Modell“ bereits seit langer Zeit. Es werden sowohl Wohnbaugrundstücke als auch Gewerbegrundstücke grundsätzlich nur mit zeitlich begrenzten Bau- und Bezugsverpflichtungen veräußert. Diese Verpflichtungen werden ebenfalls durch ein Wiederkaufsrecht mit Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch gesichert.

Diese Wiederkaufsrechte, sowohl in Ulm als auch in Erlangen, sollen verhindern, dass Grundstücke die von der Stadt verkauft wurden im unbebauten Zustand weiterveräußert und damit rein spekulative Zwecke verfolgt werden.

 

Bisher wird in Erlangen grundsätzlich neues Baurecht unabhängig davon geschaffen, ob die Stadt Erlangen Eigentümerin der Flächen ist. Nur bei dem Instrument der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme tätigt die Stadt Erlangen den Erwerb der Grundstücke vor Schaffung des Baurechts. Es ist aber denkbar eine Regelung einzuführen, dass die Stadt in allen sonstigen Fällen, insbesondere im Außenbereich, nur dann neue Wohnbauflächen und gewerblichen Bauflächen ausweist, wenn die Grundstücke zu diesem Zeitpunkt im Eigentum der Stadt Erlangen sind. Die Wirkung einer solchen Strategie ist langfristig angelegt und sollte über Jahrzehnte verfolgt werden. Eine strategische Bodenvorratspolitik ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung. Dies setzt auch die entsprechenden Haushaltsmittel voraus.

 

Im Rahmen der vorbereitenden und verbindlichen Bauleitplanung werden alle öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abgewogen. Auch bei Bauanträgen werden die eingereichten Unterlagen eingehend geprüft und sofern erforderlich die Möglichkeiten des Baugesetzbuches, wie die Zurückstellung von Bauanträgen oder der Erlass einer Veränderungssperre angewandt.

 


Anlagen:             Anlage 1 Basismieten Vergleich Ulm-Erlangen

Anlage 2 Wohnungsunternehmen Erlangen-Ulm_Nürnberg_Kennzahlen 2018

Anlage 3 Antrag 029/2019 der „erlanger linke“