Betreff
Antrag der Erlanger Linke 184/2018 vom 24.10.2018 "Hartz-4 Mietobergrenzen an städtische Aussagen über Wohnungsmarkt anpassen; Änderungsanträge zum Stadtrat Top 24 am 10.10.2018"
Vorlage
55/033/2019
Art
Beschlussvorlage

Der Änderungsantrag der Erlanger Linken Nr.184/2018 vom 24.10.2018 in der in der Stadtratssitzung vom 25.10.2018 mündlich (zu Ziffer 2) berichtigten Fassung ist hiermit bearbeitet.


1. Zu Ziffer 1 und 2 des Antrags 184/2018 in der in der in der Stadtratssitzung vom 25.10.2018 mündlich geänderten Fassung

 

Um den Gesamtzusammenhang zu wahren, muss nach Antragsänderung zu Ziffer 1 und 2 des Antrags gemeinsam Stellung genommen werden.

 

Der Antrag der Erlanger Linken zu Ziffer 1 und 2 des Antrags 184/2018 wurde in der Stadtratssitzung vom 25.10.2018 dahingehend abgeändert, dass nunmehr beantragt wird. „Eine Nettokaltmiete/qm bis zum 25%-Wert des Mietspiegels (Tabelle auf Seite 9 des TOP, Seite 118 der Vorlage) wird immer akzeptiert.“

 

Mit Beschluss des Stadtrates vom 25.10.2018 wurden für die Zeit ab 01.12.2018 neue Mietobergrenzen für die Stadt Erlangen festgesetzt. Die Festlegung der neuen Mietobergrenzen basiert – wie von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zwingend vorgegeben – auf einem schlüssigen Konzept.

 

„Ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete erfordert ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum unter Beachtung von mehreren, von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Mindestvoraussetzungen, die auch die Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung betreffen.“  (z. B. BSG B 4 AS 33/16 R)

Diesem Konzept müssen valide statistische Methoden zugrunde liegen. Hierfür müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

 

die Datenerhebung erfolgt ausschließlich in dem gesamten, genau definierten Vergleichsraum,

der Beobachtungszeitraum und

der Gegenstand der Beobachtung sind nachvollziehbar dargelegt,

die einbezogenen Daten sind repräsentativ und valide,

die Art und Weise der Datenerhebung ist festgelegt,

die Datenauswertung erfolgt nach anerkannten mathematisch-statistischen Grundsätzen.

 

Diese Anforderungen werden durch den vorliegenden qualifizierten Mietspiegel erfüllt. Wenn von diesen Kriterien abgewichen wird, etwa um aus sozialen Gründen die Höchstmiete höher als die mit den genannten Voraussetzungen schlüssig ermittelten Werte festzusetzen, führt diese Abweichung von den unabdingbaren Anforderungen an ein schlüssiges Konzept dazu, dass das Konzept aufgrund dieser willkürlichen, nicht validen statistischen Methoden folgenden Festsetzung nicht mehr als schlüssig zu qualifizieren ist.

 

Die Beschränkung der Höchstmieten auf den Spannoberwert des unteren Quintils der für die Erstellung des Mietspiegels ausgewerteten Wohnungen korrespondiert mit der tatsächlichen Zahl der Personen, die Wohnungen des unteren Marktsegments nachfragen und ist damit sachgerecht und schlüssig.

 

Daneben gibt es weitere Haushalte mit geringem Einkommen, die ebenfalls preiswerten Wohnraum nachfragen. In der Summe hat sich anhand der vorliegenden statistischen Daten ein Anteil von 17,4% aller Haushalte (inklusive der Bezieher von Leistungen nach dem SGB II, die einen Anteil von 4,4% der Haushalte in Erlangen ausmachen) ergeben, die Wohnraum des unteren Marksegments nachfragen. Hier wurden auch Studenten mit Nebenwohnsitz in Erlangen als Nachfragende im preiswerten Segment berücksichtigt.

 

Es wäre willkürlich und unschlüssig, über das hinauszugehen, was die Ermittlung der tatsächlichen Nachfrage im preiswerten Segment ergeben hat. Es wird insoweit auf Punkt 1.4 Buchstabe cc („Gegenstand der Beobachtung“), S. 6 der Anlage zur Beschlussvorlage Nr. 55/023/2018 verwiesen.

 

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass es der Wille des Gesetzgebers ist, dass Menschen, die von Sozialleistungen leben und Menschen, die ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten, jeweils unterschiedlich betrachtet werden sollten. Brächte man also willkürlich SGB II-Bezieher durch höhere Mietobergrenzen in verstärktem Maße auf dem Wohnungsmarkt in Konkurrenz zu Menschen, die ihren Lebensunterhalt ohne Sozialleistungen bestreiten, liefe das dieser Intention zuwider. Hierdurch könnte der soziale Frieden gefährdet werden, da eine solche Vorgehensweise dem Gerechtigkeitsempfinden der Bürger widerspräche.

 

Dem Jobcenter Stadt Erlangen ist nicht bekannt, dass mit den Werten des unteren Quintils „viele“ Sozialwohnungen nicht angemietet werden könnten. Die Gewobau hat keine Angaben dazu gemacht, wie viele Wohnungen betroffen sein könnten.

Um zu gewährleisten, dass alle Sozialwohnungen von den Leistungsempfängern nach dem SGB II anmietbar sind, wurde der Spannoberwert der Sozialwohnungen als Grundlage der Mietobergrenze für die 3 und 4-Personenhaushalte zugrunde gelegt. Im Gegensatz zu einer pauschalen Erhöhung der Mietobergrenzen ohne Rücksicht auf vorliegende statistische Daten stehen diese begründeten Ausnahmen vom Rückgriff auf die Werte des qualifizierten Mietspiegels einer Schlüssigkeit des Konzepts gerade nicht entgegen.

 

§ 12 WoGG ist kein geeigneter Maßstab für die Festlegung der Mietobergrenze für den Bereich der Stadt Erlangen. Die Werte des WoGG stellen nur eine abstrakte, allein der Deckelung der zu übernehmenden Aufwendungen dienende Begrenzung dar, die unabhängig von den konkreten Umständen im Vergleichsraum erfolgt (über die im Rahmen der Festlegung der Werte des WoGG keine ausreichenden konkreten Erkenntnisse vorliegen). Es handelt sich um pauschale Werte, die für das gesamte Bundesgebiet gelten.

Sinn und Zweck des WoGG liegen nicht darin, die Mieten für Wohnraum bei Vorliegen der einkommensrechtlichen Voraussetzungen voll oder zu einem erheblichen Teil zu übernehmen. Vielmehr bleibt -soweit der in § 12 WoGG genannte Betrag überschritten wird- dieser übersteigende Betrag bei der Wohngeldberechnung außer Betracht. Ein ausnahmsloser Rückgriff auf § 12 WoGG verstieße zudem gegen den durch höchstrichterliche Rechtsprechung konkretisierten Auftrag, ein schlüssiges Konzept für den eigenen Zuständigkeitsbereich des Jobcenters Stadt Erlangen zu erstellen.

 


2. Zu Ziffer 3

 

Die parallele Erstellung eines schlüssigen Konzepts und des Mietspiegels ist nicht umsetzbar, da zunächst der Mietspiegel als Grundlage vorhanden sein muss, um aus den ermittelten Ergebnissen die Mietobergrenze festzusetzen. Zudem muss der Verwaltung eine realistische Bearbeitungszeit eingeräumt werden. Das BSG hat festgestellt, dass es hinnehmbar sei, wenn nicht immer alle Daten auf dem neuesten Stand seien.  Das schlüssige Konzept wird jedoch – ebenso wie der Mietspiegel – alle vier Jahre anhand einer neuen Datenerhebung bzgl. des Wohnungsmarktes überarbeitet. Erst aufgrund eines Urteils des BSG vom 12.12.2017 (B 4 AS 33/16 R) steht zudem fest, dass es zulässig ist, die ursprünglich festgesetzten Mietobergrenzen nach zwei Jahre zu indexieren. Entsprechend wird das Jobcenter Stadt Erlangen künftig verfahren.

 

 


Anlagen: Antrag der Erlanger Linke Nr. 184/2018 vom 24.10.2018