Fraktionsantrag Nr. 014/2017 der SPD- und Grüne Liste-Stadtratsfraktion
1. Der HFPA nimmt den Sachbericht zur Kenntnis.
2. Es ergeht kein Auftrag an die Verwaltung zur Erstellung von Anlagerichtlinien für Stadt, deren Stiftungen und die von der Stadt verwalteten rechtsfähigen Stiftungen.
3. Der Stadtrat drängt bei städtischen Töchtern und Beteiligungen nicht auf den Erlass von Anlagerichtlinien.
4. Der Fraktionsantrag Nr. 014/2017 der SPD und Grüne Liste ist hiermit bearbeitet.
1. Ergebnis/Wirkungen
(Welche Ergebnisse bzw. Wirkungen sollen erzielt
werden?)
Der Fraktionsantrag 014/2017 der Antragsteller SPD und Grüne Liste zur Nachhaltigkeit der Finanzanlagen der Stadt Erlangen nimmt Bezug auf eine Regelung der Stadt Münster zu „Nachhaltigen städtischen Finanzanlagen“. Bevor auf die konkreten Fragestellungen des Fraktionsantrags eingegangen wird, sei zunächst auf die unterschiedlichen Rahmenbedingungen für die in Nordrheinwestfalen (NRW) gelegene Stadt Münster und Erlangen eingegangen.
1. Begriffsdefinitionen
1.1. Finanzanlagen
Finanzanlagen i.S. der städtischen Bilanz ist „der Teil des Anlagevermögens,
der sämtliche, dauernd den Geschäftsbetrieb dienende monetäre und
nicht-physische Vermögensstände umfasst“. Sie entstehen durch „dauerhafte
Kapitalüberlassung“.
Die Gliederungsvorschrift des HGB kennt als Finanzanlagen
• Beteiligungen und
Ausleihungen
• Anteile und Ausleihungen an
verbundene Unternehmen
• Wertpapiere
1.2. Kassenliquidität
Zu unterscheiden ist der Kassenbestand bzw. die liquiden Mittel, die dem Umlaufvermögen
zugeordnet werden. Diese dienen primär dem Zahlungsverkehr und stehen i.d.R.
nur kurzfristig zur Verfügung.
2. Grundsätzliche
Unterschiede der Rahmenbedingungen in Münster und Erlangen
2.1. Rechtslage
Die landesrechtlichen Vorgaben für das Anlegen von Finanzmitteln unterscheiden
sich in NRW nicht wesentlich von denen in Bayern. Allerdings existiert in NRW
ein Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales (MBl.NRW.Nr. 33 vom
28.12.2012 S. 741 ff), der es den Kommunen (erst) ermöglicht, für die Anlage
von längerfristigem Kapital (also keine Mittel der Kassenliquidität)
ethische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Die klassischen Vorgaben für eine
zulässige Geldanlage „sicher und ertragreich“ – vgl. § 90 Abs. 2 Satz 2
Gemeindeordnung NRW bzw. Art. 74 Abs. 2 Satz 2 der Bayerischen Gemeindeordnung
GO, § 22 Abs. 2 Satz 1 KommHV-Doppik – können somit um weitere, z.B. ethische
und ökologische Gesichtspunkte durch die Kommunen in NRW ergänzt werden.
Eine derartige Rechtsgrundlage existiert aber in Bayern nicht. Nachdem Ziffer 2
der Anlagerichtlinie der Stadt Münster eine Beteiligung an Unternehmen, die
Kinderarbeit zulassen, ausdrücklich verbietet, sei auf die Schwierigkeiten
hingewiesen, die entstehen können, wenn Kommunen bei Regelungen ethische
Grundsätze berücksichtigen ohne
entsprechende landesrechtliche Ermächtigung. Das Verbot zur Aufstellung
von durch Kinderarbeit hergestellten Grabsteinen in örtliche
(Friedhofs-)Satzungen aufzunehmen, war so lange juristisch heftig umstritten,
bis eine entsprechende Ermächtigung durch den Freistaat Bayern geschaffen
wurde.
2.2. Städtische
Fonds
Eigene Anlagerichtlinien zu erlassen war für die Stadt Münster schon deshalb
naheliegend, da die Stadt eigene (städtische) Fonds aufgelegt hat (vgl. Ziffer
4 des Beschlusses des Haupt und Finanzausschusses vom 09.09.2015:
VUS-Münster-Fonds und WVR-Fonds). Vermutlich dienen diese Fonds der
Liquiditätshinterlegung von bilanzmäßig zu bildenden Pensionsrückstellungen
(Volumen bei der Stadt Erlangen: 187 Mio. € - Jahresabschluss 2013). Hier hat
die Stadt Erlangen einen anderen Weg gewählt und ist freiwilliges Mitglied beim
Bayerischen Versorgungsverband (siehe Ziffer 3.1.1).
2.3. Bilanzposition
Finanzanlagen
Die Bilanzposition „Finanzanlagen“ weist bei der Stadt Erlangen im
Jahresabschluss 2013 einen respektablen Wert von 80 Mio. € aus. Dies lässt
vermuten, die Stadt habe Mittel für Investitionen in Fonds.
Angesichts von 142 Mio. € Verbindlichkeiten (zum Jahresende 2013) wäre es aber
nicht nur wirtschaftlich unsinnig, Mittel anzulegen und nicht für den
Schuldenabbau zu verwenden, es wäre sogar grundsätzlich unzulässig, Kredite
aufzunehmen, wenn freie Liquidität zur Aufgabenerledigung bereit steht (vgl.
Art. 62 Abs. 2 und 3 GO).
Dieser Zusammenhang würde zwar bei der Stadt Münster genauso gelten, jedoch hat die Stadt Münster (einen Teil) ihrer Pensionsrückstellungen mit Finanzanlagen hinterlegt. (Hier geht die Stadt Erlangen einen anderen Weg). Deshalb weist die Stadt Münster im Jahresabschluss 2013 Wertpapiere des Anlagevermögens von 14 Mio. € aus. Verglichen mit den Bilanzen 2012 und 2014 hat diese Position jährliche Steigerungsraten von ca. 2 Mio. €. Unter diesen Umständen ist ein Bedarf an Anlagerichtlinien gut nachvollziehbar. Bei der Stadt Erlangen weist diese Position jedoch seit der Eröffnungsbilanz den Wert Null aus.
3. Einzelfragen
Die nachfolgenden Antworten beziehen sich auf die Bereiche: Stadt Erlangen
Kernhaushalt, von der Stadt verwaltete rechtsfähige und nichtrechtsfähige
Stiftungen sowie städtische Beteiligungen und Töchter. Mangels eines
städtischen Pensionsfonds wird auf den Fonds der Bayerischen Versorgungskammer
eingegangen.
3.1. Örtliche
Richtlinien
3.1.1. Stadt
Kernhaushalt
Wie unter Ziffer 2.3 ausgeführt, hat die Stadt Erlangen keine Finanzanlagen.
Richtlinien werden deshalb für entbehrlich gehalten.
Hinsichtlich der Pensionsrückstellungen ist Folgendes zu berichten:
Die Stadt Erlangen ist seit dem Jahr 2000 freiwilliges Mitglied des Bayerischen
Versorgungsverbandes.
Der Versorgungsverband hat die Aufgabe, die Aufwendungen seiner Mitglieder für
die Versorgung ihrer Bediensteten und deren Hinterbliebenen auszugleichen (§ 1
Abs. 2 der Satzung des Bayerischen Versorgungsverbandes). Der Bayerische
Versorgungs-verband ist eine nach dem Solidarprinzip ausgerichtete Umlagegemeinschaft.
Die Mitglieder des Bayerischen Versorgungsverbands bilden bei diesem eine
gemein-same Versorgungsrücklage (Art. 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Bildung
von Versorgungsrücklagen im Freistaat Bayern - BayVersRücklG).
3.1.2. Stiftungen
Für die Vermögensverwaltung der rechtsfähigen Stiftungen ist das Bayerische
Stiftungsgesetz (BayStG) maßgebend. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen
Stiftungsgesetzes - BayStG ist das
Vermögen der Stiftung „sicher und wirtschaftlich“ zu verwalten. „Sicher“ und
„wirtschaftlich“ stehen gleichrangig nebeneinander. Beide Anforderungen an die
Verwaltung einer Stiftung sind so wahrzunehmen, dass dem Stifterwillen
dauerhaft und nachhaltig, vor allem aber überhaupt, entsprochen werden kann (s.
IMS vom 01.03.2016, Az. IB4-1517-5-x). Für den Erlass einschränkender
Richtlinien wird keine Rechtsgrundlage gesehen.
Für das Anlegen von Finanzmitteln der nicht rechtsfähigen Stiftungen gelten die Ausführungen zur Rechtslage des städtischen Kernhaushaltes unter Ziffer 2.1.
3.1.3.
Städtische Töchter und Beteiligungen
Abgefragt wurden die städtischen Töchter sowie einige wesentliche Beteiligungen.
Eine Kommune darf gemäß Bayerischer
Gemeindeordnung Unternehmen nur errichten und betreiben, sofern sie einem
öffentlichen Zweck dienen. Die Töchter und Eigenbetriebe der Stadt Erlangen
sind in den Bereichen Energie- und Wasserversorgung, öffentlicher Nahverkehr,
städtische Infrastruktur, Wohnungsbau sowie Wirtschafts- und
Beschäftigungsförderung tätig. Soweit sie eigene Unterbeteiligungen halten, dienen
auch diese dem jeweiligen Unternehmenszweck und tätigen keine Investitionen in
unethische, unökologische oder klimaschädliche Anlagen (Näheres s.
Beteiligungsbericht der Stadt Erlangen). Darüber hinaus verfügen die
städtischen Töchter nach deren eigener Aussagen – bis auf eine Ausnahme – über keine
Finanzanlagen.
Lediglich die ESTW halten in geringem Umfang Aktien an Energieversorgungsunternehmen.
Der Aktienbesitz ist historisch nach mehreren gesellschaftsrechtlichen
Veränderungen aus einer Beteiligung hervorgegangen, die in den 1920er Jahren
zur Leistungsabsicherung erfolgte.
3.2. Tätigkeiten von Finanzanlagen
3.2.1.
Stadt
Kernhaushalt
Die Stadt selbst investiert nicht in Wertpapiere. Die städtischen Finanzanlagen
beziehen sich weitestgehend auf Töchter und Beteiligungen. Deren Anlagestrategie
ist unter Ziff. 3.1.3 dargestellt. Insbesondere auf die Ausführung der EStW
wird verwiesen.
Angesichts des vielfältigen Engagements der EStW in umweltfreundliche Technologien
darf die städtische Beteiligung an den EStW trotz des unter Ziff. 2.1.3
erwähnten Aktienbesitzes sicherlich als „ökologisch und ethisch in Ordnung“ betrachtet
werden.
Die Versorgungsrücklage der Stadtverwaltung wird aufgrund der Mitgliedschaft im
Bayerischen Versorgungsverband durch die Bayerische Versorgungskammer (BVK)
verwaltet. Die BVK hat sich mit der Unterzeichnung der Prinzipien für
verantwortungsbewusstes Investment der Vereinten Nationen (UNPRI) auf die
Prinzipien einer nachhaltigen Kapitalanlage und auf die Grundsätze gesellschaftlicher
Verantwortung verpflichtet.
3.2.2.
Stiftungen
Eine Aussage darüber, ob Stiftungen Investitionen in unethische,
unökologische und klimaschädliche Anlagen getätigt haben, ist weder mit
vertretbarem Aufwand noch mit Aussicht auf Erfolg zu leisten. Allenfalls für
die aktuellen Finanzanlagen könnte der Versuch unternommen werden, eine entsprechende Stellungnahme einzufordern.
Um die Bedeutung von Finanzanlagen im Bereich der Stiftungen zu verdeutlichen,
darf exemplarisch die Situation der rechtsfähigen
Wellhöfer-Feigel-Heindel-Stiftung dargestellt werden, der mit Abstand
kapitalstärksten Stiftung in der Verwaltung der Stadt Erlangen. Die
Wellhöfer-Feigel-Heindel-Stiftung hält derzeit Anteile an drei Fonds, die
speziell auf Stiftungen zugeschnitten sind. Der Wert dieser Fondsanteile
beläuft sich in Summe auf rund 85.000 Euro. Dies entspricht einem Anteil von
lediglich 8 % am Kapitalvermögen dieser Stiftung. Finanzanlagen spielen damit
im Bereich der Stiftungen allenfalls eine untergeordnete Rolle. Der
überwiegende Teil der Geldanlagen wird im Bereich von Termingeldern und
Sparbriefen getätigt, die nicht den Finanzanlagen zuzuordnen sind.
3.2.3.
Städtische
Töchter und Beteiligungen
Die EStW halten Anteile an einem Unternehmen, das in Kernkraft investiert.
3.3. Umschichtungsmöglichkeiten von
Wertpapieranlagen
3.3.1.
Stadt
Kernhaushalt
Unter Verweis auf Ziffer 2.3 ist dieser Punkt für den Kernhaushalt nicht
relevant. Auf die Anlagestrategie der Bayerischen Versicherungskammer hat die
Stadt nur im Rahmen der Mitgliedschaftsrechte Einfluss.
3.3.2.
Stiftungen
Eine Umschichtung der Finanzanlagen käme allenfalls dann in Frage, wenn
wirtschaftliche Gründe dafür sprechen würden. Diese Situation ist in Anbetracht
des aktuellen Zinsniveaus derzeit aber nicht gegeben.
3.3.3.
Städtische
Töchter und Beteiligungen
Der Aktienbesitz der EStW ist historisch nach mehreren gesellschaftsrechtlichen
Veränderungen aus einer Beteiligung hervorgegangen, die in den 1920er Jahren
zur Leistungsabsicherung erfolgte. Mit Blick auf dessen Engagement in Kernkraft
sollen die Aktien an einem Unternehmen noch im 1. Halbjahr 2017 abgestoßen
werden. Die Anteile an einem anderen Unternehmen, das nicht mehr in Atomenergie
neu investiert, werden bis auf weiteres gehalten.
2. Programme / Produkte / Leistungen / Auflagen
(Was soll getan werden, um die Ergebnisse bzw.
Wirkungen zu erzielen?)
Für die Stadt, die unselbständigen und selbständigen Stiftungen sollen keine Anlagerichtlinien erlassen werden.
Auf die städtischen Töchter und Beteiligungen hat die Stadt i.d.R. keinen direkten Einfluss. Bei Beteiligungen, wie z.B. KommunalBIT a.ö.R., wäre eine Abstimmung mit anderen Städten notwendig. Angesichts des Aufwands, des geringen Umfangs von Wertpapieren, die durch die Unternehmen gehalten werden und der begrenzten Möglichkeiten der Stadt, den Erlass von Anlagerichtlinien zu „erzwingen“, soll auf die Beteiligungen/Töchter nicht dahingehend eingewirkt werden, Anlagerichtlinien zu erlassen.
3. Prozesse und Strukturen
(Wie sollen die Programme / Leistungsangebote
erbracht werden?)
4. Ressourcen
(Welche Ressourcen sind zur Realisierung des
Leistungsangebotes erforderlich?)
Investitionskosten: |
€ |
bei
IPNr.: |
Sachkosten: |
€ |
bei
Sachkonto: |
Personalkosten
(brutto): |
€ |
bei
Sachkonto: |
Folgekosten |
€ |
bei
Sachkonto: |
Korrespondierende
Einnahmen |
€ |
bei
Sachkonto: |
|
Haushaltsmittel
werden nicht benötigt
sind vorhanden auf IvP-Nr.
bzw. im Budget auf Kst/KTr/Sk
sind nicht vorhanden
Anlagen:
1. Antrag: Nachhaltige Stadtfinanzen: Finanzanlagen der
Stadt Erlangen
Fraktionsantrag Nr. 014/2017 der SPD
und Grüne Liste
2. Stadt Münster: Nachhaltige städtische Finanzanlagen
Neufassung der städtischen
Anlagerichtlinie