Betreff
Bildung in Erlangen 2016 – 2. Erlanger Bildungsbericht
Vorlage
IV/BB/009/2016
Aktenzeichen
IV/BB/PS027
Art
Mitteilung zur Kenntnis

Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.


Seit einigen Jahren wird die Kommune verstärkt als Ausgangspunkt für Bildungsprozesse in den verschiedenen Lebensphasen herausgestellt. In der Kommune entscheidet sich Erfolg und Misserfolg von Bildung, werden die Grundlagen für berufliche Perspektiven, gesellschaftliche Teilhabe und gleichzeitig die Zukunftsfähigkeit einer Region gelegt. Notwendig ist es daher, fundierte Informationen über die Bildung in Kommunen zu generieren. Zurückgehend auf die Aachener Erklärung des Deutschen Städtetags 2007 wird ein umfassendes Bildungsmonitoring als Grundlage für die regionale Beobachtung, Steuerung und Qualitätsentwicklung des Bildungssystems in einer Kommune gefordert.

 

Die Stadt Erlangen hatte bereits in der Kommunalwahlperiode 2008-2014 das Thema „Bildung“ als Schwerpunkt gesetzt und mit der Erlanger Bildungsoffensive Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungsqualität ergriffen. Mit der Zertifizierung als „Bildungsregion in Bayern“ und der Einrichtung eines Bildungsbüros im Februar 2015 erfolgten weitere Schritte zur Entwicklung einer kommunalen Bildungslandschaft.

 

Der erste Erlanger Bildungsbericht aus dem Jahr 2011 zielte vor allem auf die statistische Darstellung der Bildungssituation in Erlangen und hat eine breite Datengrundlage als Ausgangspunkt für die weitere Bildungsberichterstattung gelegt.

Im nun erschienenen zweiten Bildungsbericht der Stadt Erlangen wird eine inhaltliche Orientierung an der Perspektive „Bildung im Lebenslauf“ vorgenommen. Beginnend mit der Darstellung der Rahmenbedingungen der Bildung in Erlangen, werden nachfolgend die Bereiche der Frühkindlichen Bildung eingehend betrachtet. Hieran schließt die Beschreibung der Allgemeinbildenden Schulen an. Die nächsten Kapitel stellen die Berufliche Bildung in Erlangen dar, gefolgt von der Beschreibung der Rolle der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg und deren zukünftigen Entwicklung. In den Fokuskapiteln zur Ganztagsbildung in Erlangen und zum Übergang Schule-Beruf werden detaillierte Einblicke sowie aktuelle Entwicklungen veranschaulicht.

 

Als eine maßgebliche Weiterentwicklung der Bildungsberichterstattung und als Alleinstellungsmerkmal des Erlanger Bildungsberichts sind die kontinuierliche Schaffung von Transparenz während des Entstehungsprozesses und die partizipative Erarbeitung von Handlungsempfehlungen in Zusammenarbeit mit verschiedenen Bildungsakteuren herauszustellen. Oftmals werden im Rahmen kommunaler Bildungsberichte keine konkreten Empfehlungen formuliert. Als eine Begründung kann aufgeführt werden, dass häufig die Ergebnisse erst nach der Veröffentlichung in kommunalen Gremien oder Bildungskonferenzen besprochen, differenzierter ausgewertet und auf Grundlage dieses nachgeordneten Prozesses erst Empfehlungen abgeleitet werden.

 

Ziel der Erlanger Bildungsberichterstattung war es jedoch, bereits während der Auswertungsphase eine transparente Zusammenarbeit mit örtlichen Akteuren zu ermöglichen und das erhobene und ausgewertete Zahlenmaterial direkt mit Handlungsempfehlungen und -strategien zu ergänzen. Zur Umsetzung dieses Ziels wurde eine Lenkungsgruppe bestehend aus verschiedenen Bildungsakteuren gegründet. Als zentrales Abstimmungsgremium begleitete die Lenkungsgruppe den Entstehungsprozess und konnte durch die regelmäßige Rückspiegelung des Arbeitsstandes aktiv Vorschläge einbringen. Zur Generierung valider Handlungsempfehlungen zu den einzelnen Teilbereichen des vorliegenden Bildungsberichts wurden zudem vier Kompetenzteams zu den Bereichen Frühkindliche Bildung, Allgemeinbildende Schulen, Übergang Schule-Beruf und Ganztagsbildung gegründet. Die Mitglieder der Kompetenzteams sind wichtige Akteure in den jeweiligen Kerngebieten und verfügen über tiefgreifende Erfahrungen und hohe fachliche Expertise. Ihre Berufung wurde im Wesentlichen durch die Lenkungsgruppe koordiniert. Die Aufgaben der Kompetenzteams bestanden in der Auswahl der im Bildungsbericht verfolgten Indikatoren und deren Festlegung, in der Plausibilisierung und Interpretation der Auswertung und in der Erstellung und Diskussion der Handlungsempfehlungen. Innerhalb der Lenkungsgruppe wurden anschließend die in den Kompetenzteams erstellten Handlungsempfehlungen zur Diskussion gestellt und beschlossen. Diese bieten eine direkte Grundlage für bildungspolitische Debatten und Entscheidungen. Der hier nachgezeichnete Prozess wird im folgenden Schaubild zur besseren Nachvollziehbarkeit dargestellt:

Das gewählte partizipative Vorgehen mit verschiedenen Rückkopplungs- und Diskussionsschleifen ist einerseits zeitaufwendiger gegenüber nicht-partizipativen Prozessen, zeichnet sich jedoch andererseits durch die Transparenz und Beteiligung der Bildungsakteure an der kommunalen Bildungsberichterstattung aus, die so eine neue Qualität erhält. Die Einbindung der Kompetenzteams schafft einen deutlichen Mehrwert gegenüber der klassischen Form der Bildungsberichterstattung, indem Informationen auf ihre Relevanz geprüft werden, bevor sie Einzug in den Bildungsbericht erhalten. Durch die Rückkopplung der Ergebnisse innerhalb der Kompetenzteams wird eine fundierte Plausibilisierung der Daten sichergestellt – und zwar durch eben jene Experten, die sich täglich mit dem Gegenstandsbereich beschäftigen, der durch diese Daten abgebildet werden soll. Nicht zuletzt schafft das partizipative Vorgehen eine breite Legitimationsbasis der Ergebnisse. Die gemeinsam erarbeiteten Handlungsempfehlungen bilden damit einen fachlich fundierten Ausgangspunkt für die weitere Diskussion und Planung. Der Bildungsbericht liefert somit keine fertigen Antworten, sondern soll als Basis dienen, diese im regionalen Bildungsdiskurs zu generieren. Hierzu soll der zweite Bildungsbericht der Stadt Erlangen im Herbst im Bildungsrat sowie im BildungsA/ JHA und mit interessierten gesellschaftlichen Gruppen diskutiert werden.

 

In der Zusammenschau der Kapitel wird deutlich, dass der vorliegende Erlanger Bildungsbericht verschiedene zentrale Bildungsbereiche aufgreift und thematisiert. Einige Bildungsbereiche konnten allerdings lediglich am Rande erwähnt werden. Dieses Desiderat darf nicht fehlgedeutet werden: Es besteht NICHT aufgrund von Interessenmangel und ist nicht mit einer Wertung verbunden, die Themenbereiche im Bildungswesen anhand ihrer Relevanz klassifiziert. Vielmehr fanden einige Bildungsbereiche nach gründlicher Überlegung bewusst nicht im aktuellen Bildungsbericht Einzug. Warum nun diese bewusste Entscheidung, auf Themen wie Integration, Heterogenität, Inklusion und Digitalisierung in diesem Bericht nicht näher einzugehen?

 

Deutlich wird, dass das Bildungsgeschehen vor allem durch die Entwicklungen in den Bereichen Integration und Inklusion in Bewegung geraten ist. Hinsichtlich des Themenfeldes der Integration hat die Stadt Erlangen basierend auf ihrer Stadtgeschichte seit Jahrhunderten bewiesen, dass Integration gelingen kann. Die derzeitig rasanten Veränderungen gehen mit der großen Herausforderung einher, eine zielgerichtete Versorgung mit passgenauen Angeboten zur Integration zu gewährleisten. Hierzu ist eine verlässliche Planungsbasis zu erarbeiten und diese den Bedarfen entsprechend anzupassen. Hinzu kommt, dass die Bedarfsplanung eine kaum prognostizierbare Nachfrageentwicklung nach Plätzen berücksichtigen muss; dies gestaltet sich sehr schwierig, zumal die Datenlage sehr unübersichtlich und raschen Änderungen unterworfen ist. Es zeigt sich, dass einerseits in der Stadt Erlangen eine breite Basis im Bereich Integration vorhanden ist, andererseits finden aufgrund der Flüchtlingssituation schnelle Entwicklungen statt, die derzeit kaum statistisch durch quantitative Methoden zu fassen sind. Aus diesem Grund wurden im vorliegenden Bildungsbericht kaum Daten zur Flüchtlingssituation einbezogen. Geplant ist es jedoch, diesen Bereich zukünftig vertieft zu analysieren und in Zusammenarbeit mit anderen engagierten Akteuren Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Dies wird durch die ESF-geförderte Stelle eines Koordinators für Neuzugewanderte, die im Bildungsbüro verankert sein wird, ermöglicht.

 

Neben dem Bereich der Integration ist Inklusion ein sich dynamisch entwickelndes Feld in der Stadt Erlangen. Hinsichtlich der Bedeutung von Inklusion besteht große Einigkeit, jedoch ist bezüglich der Vorgehensweise noch kein Konsens gefunden. Aufgrund dieses andauernden Diskurses und wegen der großen Relevanz dieses Themas, die im Bildungsbereich in Zukunft noch weiter steigen wird, soll Inklusion als ein Schwerpunktthema im nächsten Bildungsbericht aufgegriffen werden.

Ein weiteres in Zukunft an Bedeutung gewinnendes Thema ist die Digitalisierung im Bildungsbereich. Die schnellen technischen Entwicklungen gehen mit der großen Herausforderung einher, die Schulen zukunftsfähig mit Medien auszustatten. Zwar ist in Erlangen die Ausstattung der allgemeinbildenden Schulen bereits auf einem guten Weg, jedoch noch nicht auf dem angestrebten Stand. Vor allem der Bedarf der Grundschulen steigt aufgrund der neuen Lehrpläne deutlich an. Daher ist auch in diesem Bereich ein Ausbau anzustreben. Zur Diskussion der aktuell rasanten Entwicklung konzipierte das Referat für Bildung, Kultur und Jugend in Zusammenarbeit mit dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Nürnberg (IAB) das Format „Bildungsdialog“. Der erste Erlanger Bildungsdialog fand mit dem Thema „Machen Smartphones wirklich smarter? Digitalisierung als Thema im Bildungsbereich“ am 20. April 2016 statt. Die Veranstaltung nahm den „Megatrend“ Digitalisierung unter die Lupe und stellte in Vorträgen interessante Zusammenhänge zwischen der Digitalisierung in der Arbeitswelt, in der Gesellschaft und speziell in der Schule her. Auch dieses Thema wird in Zukunft weitere Veränderungen im Bildungsbereich bewirken. Daher wird der Erlanger Bildungsdialog künftig fortgeführt werden.

Die Bereiche Integration, Inklusion und Digitalisierung werden neben weiteren Entwicklungen im Bildungsbereich stark an Bedeutung gewinnen und sind als hochkomplexe Herausforderungen anzusehen. Lösungsansätze liegen oftmals nur zu einem Teil in der formalen Zuständigkeit der Kommune. Daher ist die interkommunale Kooperation, die ebenenübergreifende Zusammenarbeit mit Land und Bund sowie das intersektionale Handeln innerhalb der Verwaltung und mit externen Akteuren weiter auszubauen. Festzuhalten ist, dass sich die Angebotslandschaft in Erlangen höchst vielseitig und ausdifferenziert darstellt. Die Schaffung von Transparenz und der weitere Ausbau von Kooperationen zwischen Bildungsbereichen, Rechtskreisen und Bildungsakteuren ist das zentrale Ziel eines kommunalen Bildungsmanagements. Hierzu ist eine empirische Datengrundlage, auf deren Basis wichtige Entscheidungen getroffen werden können, auch weiterhin im Rahmen eines kommunalen Bildungsmonitorings zu generieren. Diese Aufgabe wird in den nächsten Jahren mit weiteren Bildungsberichten und auch themenspezifischen Teilberichten vom Bildungsbüro fortgeführt werden.

 

 

Anlagen:

Der Erlanger Bildungsbericht „Bildung in Erlangen 2016“ wird in der Sitzung aufgelegt.