1. Die Verwaltung wird beauftragt, die Fußgängerzone Hauptstraße zwischen Südliche Stadtmauerstraße und Wasserturmstraße als einjährigen Probebetrieb ganztägig für den Radverkehr freizugeben.
2. Die Maßnahme soll mit einer öffentlichen Kampagne zur Förderung der gegenseitigen Rücksichtnahme begleitet werden. Das Konzept der Kampagne wird dem Ausschuss vor Umsetzung der Maßnahme zur Kenntnis vorgelegt.
3. Die gutachterliche Empfehlung der Neuregelung des ruhenden Verkehrs in der Goethestraße mit Einführung von Lieferverkehrszonen soll im Rahmen der derzeitigen Bearbeitung des Meilensteins F des Verkehrsentwicklungsplanes weiter verfolgt werden.
4. Nach Ablauf der Probephase ist über den Verlauf der Maßnahme zu berichten.
1. Ergebnis/Wirkungen
(Welche
Ergebnisse bzw. Wirkungen sollen erzielt werden?)
Anlass / Ausgangslage
Mit Beschlussvorlage 613/134/2013 legte die
Verwaltung im Jahr 2013 ein erstes Konzept zur Ausweitung der Fußgängerzone im
Rahmen des Verkehrskonzeptes Innenstadt vor. Als Beitrag zur Verkehrsberuhigung
der Innenstadt sah das Konzept vor, die Nürnberger Straße (zwischen Henke- und
Sedanstraße) und die Achse Kammererstraße / Apothekergasse / Halbmondstraße /
Schlossplatz / Apfelstraße in die bestehende Fußgängerzone zu integrieren. Der
Radverkehr sollte ohne zeitliche Einschränkung freigegeben werden, Lieferverkehr
von 18:30 bis 10:30 Uhr (vgl. Anlage 1).
Die vorrangige Zielsetzung des Konzeptes war
es, die in diesem Gebiet zuvor geltenden heterogenen Verkehrsregelungen zu
harmonisieren. Durch eine Vereinheitlichung und Anpassung an die
städtebaulichen und straßenräumlichen Gegebenheiten sollten die verkehrlichen
Regelungen für die Verkehrsteilnehmer einfacher und nachvollziehbarer werden
und so zu einem sichereren Verhalten beitragen.
Darüber hinaus sollte die Ausweitung der
Fußgängerzone zu einer Steigerung der Aufenthaltsqualität für Fußgänger in der
Innenstadt beitragen. Mit Ausweisung der Achse Kammererstraße / Apothekergasse
/ Halbmondstraße / Schlossplatz / Apfelstraße sah das Konzept vor, das Befahren
und Beparken durch den MIV zu vermeiden und damit ein erhöhtes Platzangebot für
Fußgänger und Radfahrer zu schaffen. Dem Fußverkehr sollte durch die Umwidmung
auf genannter Achse sowie in der Nürnberger Straße südlich der Henkestraße
Vorrang gewährt werden und somit eine Nutzung der vollen Breite der Fahrbahnen
auch rechtlich ermöglicht werden. Der zugelassene Liefer-, Anwohner und
Radverkehr wäre gemäß StVO verpflichtet, im gesamten Bereich
Schrittgeschwindigkeit einzuhalten.
Die
Ausweitung und gleichzeitige uneingeschränkte Freigabe der Fußgängerzone für
den Radverkehr stellt daher für Fußgänger und Radfahrer einen Kompromiss dar.
Eine gemeinsame Nutzung der Fußgängerzone erfordert zwar eine angepasste
Fahrweise, ermöglicht aber zugleich eine deutlich bessere Erreichbarkeit
innerstädtischer Ziele für den Radverkehr. Insgesamt wäre das vorgesehene
Konzept so ein wichtiger Bestandteil zur Umsetzung des übergeordneten
Verkehrskonzeptes Innenstadt, das langfristig eine Verkehrsberuhigung der
Erlanger Innenstadt vorsieht.
Modifiziertes Verkehrskonzept im Bereich
der Fußgängerzone
Das ursprüngliche Konzept wurde in
Öffentlichkeit und Politik kontrovers diskutiert. Dabei standen vor allem
Sicherheitsbedenken im Miteinander von Fußgängern und Radfahrern im Vordergrund
der Debatte. Insbesondere wurde eine erhöhte Gefährdung von älteren Menschen
und Kindern durch Radfahrer in der Fußgängerzone befürchtet. Aber auch für den
Radverkehr wurden Nachteile benannt: so sei die in Fußgängerbereichen
vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit für Radfahrer nur schwierig einzuhalten
und stünde besonders auf der Achse Kammererstraße / Apothekergasse /
Halbmondstraße / Schlossplatz / Apfelstraße einem zügigen Vorankommen entgegen.
Die vorgeschlagene Ausweichroute über die Goethestraße sei auf Grund des hohen
Busaufkommens unattraktiv für Radfahrer und auch die Achse Güterbahnhofsstraße
– Nägelsbachstraße sei keine adäquate Alternative.
Resultat der öffentlichen Diskussion sowie
verschiedener Fraktionsanträge war daher, dass zunächst ein modifiziertes
Verkehrskonzept im Umfeld der Fußgängerzone umgesetzt wurde. Als erster
Umsetzungsschritt zur Ausweitung der Fußgängerzone wurde die für den Radverkehr
wichtige Parallelachse Apfel- / Halbmond- / Kammererstraße von einem vormals
Verkehrsberuhigten Geschäftsbereich (Tempo-20-Zone) in einen gemeinsamen Geh-
und Radweg umgewandelt (vgl. 613/151/2013 und Anlage 2). Damit konnte erreicht
werden, dass der Kfz-Verkehr die Achse nur noch während der
Lieferverkehrszeiten befahren darf und damit dem Rad- und Fußgängerverkehr mehr
Fläche zur Verfügung steht. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass das
Einfahrts- und Parkverbot außerhalb der Lieferverkehrszeiten häufig missachtet
wird (vgl. 613/191/2014).
Evaluation und Öffentlichkeitsarbeit
In Zusammenhang mit der Umsetzung des oben
geschilderten modifizierten Konzeptes wurde die Verwaltung mit Beschluss
613/134/2013 beauftragt, eine Evaluation des Verkehrsverhaltens in der
Innenstadt, insbesondere zwischen Radfahrern und Fußgängern, durchzuführen und
eine öffentliche Kampagne zur Förderung der gegenseitigen Rücksichtnahme aller
Verkehrsteilnehmer in der Innenstadt zu konzipieren.
Mit der Durchführung wurde das Planungsbüro
Planungsgemeinschaft Verkehr PGV-Alrutz GbR beauftragt. Die Evaluation erfolgte
unter folgender Zielstellung:
·
die
Akzeptanz bestehender Verkehrsregelungen im Innenstadtbereich erfassen,
·
das
Konfliktpotenzial zwischen Rad- und Fußverkehr bei verschiedenen straßenräumlichen
und verkehrlichen Gegebenheiten erfassen und analysieren,
·
die
verkehrlichen Einflüsse wie Lieferverkehr, Busverkehr, Parken von Kfz erfassen
und in die Gesamtbetrachtung mit einbeziehen,
·
die
Ergebnisse vor dem Hintergrund des aktuellen Erkenntnisstandes zum Radverkehr
und der Aussagen der Regelwerke und verkehrsrechtlichen Anforderungen zu
bewerten sowie
·
auf
Grundlage der Befunde Handlungsempfehlungen in Hinblick auf eine Weiterentwicklung
der verkehrlichen Regelungen in der Innenstadt abzuleiten.
Im Juni 2015 wurden hierzu an sieben Standorten im Bereich der Fußgängerzone Hauptstraße, Nürnberger Straße, Goethestraße und auf der Achse Apfel- / Halbmond- / Kammererstraße Verkehrsmengen erhoben sowie an fünf dieser Standorte zusätzlich Videobeobachtungen durchgeführt. Ergänzend standen Auswertungen von im Rahmen einer studentischen Abschlussarbeit durchgeführten Erhebungen (Januar / Februar 2014) zur Verfügung (Abschlussbericht liegt als Anlage 3 bei).
2. Programme
/ Produkte / Leistungen / Auflagen
(Was
soll getan werden, um die Ergebnisse bzw. Wirkungen zu erzielen?)
Ergebnisse und Handlungsempfehlungen des Gutachtens zur Evaluation
des Verkehrsverhaltens in der Fußgängerzone
Als Kernergebnisse der Erhebungen aus dem Jahr 2014 sowie der aktuellen Untersuchung ist festzuhalten dass:
- Das verkehrliche Miteinander zwischen Fußgängern und Radfahrern in den untersuchten Bereichen gut funktioniert. Es konnte beobachtet werden, dass sich Radfahrer gegenüber Fußgängern überwiegend rücksichtsvoll verhalten und so verlief der Großteil der Interaktionen völlig störungsfrei.
- Nur sehr vereinzelt konnten kritische Situationen, die eine abrupte Verhaltensanpassung seitens der Radfahrer oder Fußgänger erforderten, beobachtet werden.
- Die Hauptprobleme in den untersuchten Strecken sind auf den ruhenden und fließenden Kfz-Verkehr zurückzuführen. Insbesondere in der Kammerer- und Goethestraße wurden deutliche Behinderungen durch Liefer- und ruhenden Verkehr ausgelöst.
- Keine der drei untersuchten Nord-Süd Verbindungen stelle laut Aussage des Gutachters alleine ein ausreichendes Angebot für das hohe Radverkehrsaufkommen auf der verkehrlich wichtigen Nord-Süd-Verbindung dar.
- Des Weiteren lassen die Ergebnisse auf eine gute Akzeptanz der bisher geltenden Regeln schließen, da eine starke Verlagerung der Radfahrströme von der Hauptstraße in die Parallelachsen während der Sperrzeit der Fußgängerzone für den Radverkehr beobachtet werden kann.
Aufbauend auf diesen Ergebnissen spricht sich der Gutachter für eine Änderung der derzeitigen Regelung aus und sieht dafür zunächst folgenden Maßnahmen vor:
· Eine ganztägige Freigabe der Fußgängerzone Hauptstraße zwischen Südliche Stadtmauerstraße und Wasserturmstraße für den Radverkehr wird angeregt. Dies soll im Rahmen einer einjährigen Versuchsphase umgesetzt werden und durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit begleitet werden, die sowohl die neue Regelung kommunizieren als auch an die gegenseitige Rücksichtnahme appellieren soll. Zusätzlich sollen begleitende Verkehrsverhaltensbeobachtungen erfolgen, die eine verlässliche Aussage zur Verträglichkeit der Regelung bieten.
·
Um
die teilweise beobachteten erheblichen Behinderungen durch Lieferverkehr und
widerrechtliches Parken in der Apfel- / Halbmond- / Kammererstraße sowie der Goethestraße
einzuschränken, sind stärkere Kontrollen des ruhenden Verkehrs erforderlich. Um
Behinderungen durch in zweiter Reihe parkenden Lieferverkehr zu verhindern,
wird zudem die Schaffung von Lieferverkehrszonen in der Goethestraße angeregt.
·
Noch
abzuwägen sei dagegen, ob eine Erweiterung der Fußgängerzone auf die östliche
Parallelachse und die südliche Nürnberger Straße erfolgen soll. Einerseits werden
die Regelungen dadurch einheitlicher und somit leichter vermittelbar und auch
die Eingriffsmöglichkeiten bei Zuwiderhandeln anderer Verkehrsteilnehmer sind
besser. Andererseits könnten Radfahrer dies als Verschlechterung auffassen, da
für diese in Fußgängerzonen Schrittgeschwindigkeit gilt. Aus Gutachtersicht
sollte daher mit der Erweiterung der Fußgängerzone abgewartet werden wie sich
die Regelung innerhalb des Versuchszeitraumes bewährt und ggf. bei positiver
Erfahrung in einem zweiten Schritt erfolgen.
Die ersten Ergebnisse und Handlungsempfehlungen des Gutachterbüros PGV-Alrutz wurden bereits am 15.10.2015 bei einer gemeinsamen Begehung des Planungsbereiches vorgestellt und mit den anwesenden Vertretern des Seniorenbeirates, des ADFC, des Zentrums für Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V, der Polizei, des Projektmanagementes „Aktive Zentren“, den zuständigen Fachdienststellen sowie einigen Stadtratsmitgliedern diskutiert (Protokoll liegt in Anlage 3 bei).
Dabei bildete die Empfehlung zur probeweisen Freigabe der Hauptstraße den Kernpunkt der Diskussion. Das Für und Wider des Vorschlages in Hinblick auf die Konsequenzen für den Fuß- als auch den Radverkehr wurde intensiv abgewogen. Trotz genannter Bedenken äußerten sich die Anwesenden positiv gegenüber dem Vorhaben. Dem Vorschlag einer einjährigen Versuchsphase zur Freigabe der Fußgängerzone Hauptstraße zwischen Südliche Stadtmauerstraße und Wasserturmstraße für den Radverkehr wurde Seitens der anwesenden Interessensvertreter des Seniorenbeirates und des Zentrums für Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V. zugestimmt und auch von der Polizei wurde die vorgeschlagene Probephase begrüßt. Einigkeit herrschte bei allen Anwesenden darüber, dass die Kampagne zur gegenseitigen Rücksichtnahme als Begleitmaßnahme zwingend erforderlich ist.
3. Prozesse
und Strukturen
(Wie
sollen die Programme / Leistungsangebote erbracht werden?)
Basierend auf den positiven Ergebnissen des
Gutachtens zur Evaluation des Verkehrsverhaltens im Bereich der Fußgängerzone
und der einheitlichen Zustimmung durch Vertreter des Meinungsträgerkreises
Innenstadt wird die Verwaltung beauftragt, die Fußgängerzone Hauptstraße zwischen Südliche Stadtmauerstraße und
Wasserturmstraße für den Radverkehr in einer einjährigen Probephase ganztägig
für den Radverkehr freizugeben.
Gleichzeitig wird
eine öffentliche Kampagne ausgearbeitet, um
die erforderliche Rücksichtnahme
der Radfahrer gegenüber den Fußgängern zu erzielen
und auch bei den Fußgängern um Verständnis für die neue
Regelung zu werben. Das Konzept der Kampagne wird dem Ausschuss im
Vorfeld der Umsetzung der Maßnahme vorgestellt. Für die Erstellung eines Logos
und Slogans für die Kampagne sind Haushaltsmittel in Höhe von 4.046 €
erforderlich.
Zur Bewertung der Maßnahme und ggf. weiteren
Umsetzungsschritten wird das Verkehrsverhalten während der Probephase weiterhin
evaluiert. Im Anschluss der Probephase wird der Ausschuss über die Ergebnisse
dieser Evaluation informiert.
Ein Konzept zur Neuordnung des ruhenden Verkehrs in der Goethestraße mit dem Ziel, Ladezonen für den Lieferverkehr zu schaffen, wird im Rahmen des Meilensteines F des Verkehrsentwicklungsplanes konkretisiert.
4. Ressourcen
(Welche
Ressourcen sind zur Realisierung des Leistungsangebotes erforderlich?)
Investitionskosten: |
€ |
bei IPNr.: |
Sachkosten: |
€ 4.046 € |
bei Sachkonto: |
Personalkosten (brutto): |
€ |
bei Sachkonto: |
Folgekosten |
€ |
bei Sachkonto: |
Korrespondierende Einnahmen |
€ |
bei Sachkonto: |
|
Haushaltsmittel
werden nicht benötigt
sind vorhanden auf IvP-Nr.
bzw. im Budget auf Kst/KTr/Sk 543222/613090/51100061
sind nicht vorhanden
Anlage 1 Verkehrsregelungen Bestand Januar 2013 und ursprüngliches Konzept zur Ausweitung der Fußgängerzone
Anlage 2 Ausweisung eines gemeinsamen Geh- und Radweges auf der Achse Kammererstraße / Apothekergasse / Halbmondstraße / Schlossplatz / Apfelstraße als erste Maßnahme zur Umsetzung des Verkehrskonzeptes Innenstadt
Anlage 3 Abschlussbericht Evaluation des Verkehrsverhaltens in der Fußgängerzone und Kampagne zur gegenseitigen Rücksichtnahme im Verkehr (PGV-Alrutz GbR)