Betreff
Sachstandsbericht zum SGB II Vollzug in der Stadt Erlangen
Vorlage
50/034/2015
Aktenzeichen
V/50/VO001 T. 2249
Art
Beschlussvorlage

Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen.


1.    Aktuelle Zahlenentwicklung

Bei der Anzahl der SGB II beziehenden Personen und Bedarfsgemeinschaften in Erlangen zeigt sich bis in den April 2015 hinein fast durchgängig ein Anstieg der Empfängerzahlen auf fast 4.700 Personen (ein Wert, der zuletzt im Jahr 2009 zu Buche stand). Erst im Mai 2015 ist wieder ein Absinken der Empfängerzahlen zu erkennen.

Auch bei den Arbeitslosenzahlen, bzw. Arbeitslosenquoten weist Erlangen im bisherigen Verlauf des Jahres 2015 eine ungünstigere Entwicklung als im Bundes- und Landestrend auf: Während seit Jahresbeginn die Arbeitslosenquote im Bund um 0,7 Prozentpunkte, bzw. in Bayern sogar um 0,8 Prozentpunkte zurück ging, sank die Quote in Erlangen insgesamt (SGB III und SGB II zusammen) seit Jahresbeginn nur um 0,3 Prozentpunkte, bzw. blieb bei den SGB II-Empfängern in Erlangen sogar unverändert bei 2,6 %.

 

2.    Geringfügige Anhebung der verfügbaren Bundesmittel

Zur Finanzierung von Bundesprogrammen für Langzeitarbeitslose hatte der Bund zum Jahresbeginn den Jobcentern nur deutlich gekürzte Verpflichtungsermächtigungen für die Jahre 2016 bis 2018 zur Verfügung gestellt. Verpflichtungsermächtigungen für künftige Haushaltsjahre sind immer dann erforderlich, wenn Jobcenter längerdauernde Maßnahmen in Gang setzen wollen, bei denen Haushaltsmittel nicht nur für das laufende, sondern auch für künftige Haushaltsjahre gebunden werden. Nach entsprechender Kritik aus dem Bereich der Kommunen und der Länder hat der Bundestag in seinem Beschluss vom 21.05.2015 über den Nachtragshaushalt 2015 wieder eine Anhebung der Verpflichtungsermächtigungen vorgenommen, die die ursprüngliche Kürzung wieder in etwa zur Hälfte korrigiert. Für das Jobcenter der Stadt Erlangen bedeutet dies:

Für 2016: Anhebung der Verpflichtungsermächtigungen um 65.616,00 €

Für 2017: Anhebung der Verpflichtungsermächtigungen um 62.704,00 €

Für 2018: Anhebung der Verpflichtungsermächtigungen um 9.626,00 €

 

Da über den Nachtragshaushalt des Bundes gleichzeitig auch noch 50 Millionen Euro vorhandener Ausgabereste aus Vorjahren auf die Verwaltungskostentitel der Jobcenter verteilt wurden, ergibt sich für das laufende Haushaltsjahr 2015 auch bei den verfügbaren Verwaltungsmitteln eine geringfügige Anhebung um 35.758,00 € auf nunmehr 3.014.265,00 €. Dieser Zuwachs bei den Verwaltungsmitteln mindert die Umschichtung aus dem Eingliederungsetat, sodass dieser Zuwachs letztlich den verfügbaren Eingliederungsmitteln zugutekommt.

 

3.    Einführung der assistierten Ausbildung

Im fünften SGB IV Änderungsgesetz wurde mit Wirkung zum 01.05.2015 – allerdings nur befristet auf drei bis sechs Jahre, je nach Zeitpunkt des Ausbildungsbeginns – ein neues arbeitsmarktpolitisches Instrument in das  SGB III und das SGB II eingefügt: die sog. „assistierte Ausbildung“. Durch dieses neue Instrument (zusätzliche Unterstützung vor und nach der Aufnahme einer betrieblichen Ausbildung) sollen mehr junge Menschen zu einem erfolgreichen Abschluss einer betrieblichen Berufsausbildung im dualen System geführt werden.

Allerdings zeigt sich an diesem Beispiel, dass auch gut gemeinte Reformabsichten durch einschränkende Umsetzungsregelungen in der Praxis  nur eine eingeschränkte Wirkung zeigen können:

·         Die Befristung auf Ausbildungsmaßnahmen, die bis zum 30.09.2018 beginnen, erscheint schwer nachvollziehbar.

·         gefördert werden dürfen nur „lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte junge Menschen, die wegen in ihrer Person liegender Gründe ohne die Förderung eine betriebliche Berufsausbildung nicht beginnen, fortsetzen oder erfolgreich beenden können“.

·         Entgegen den ursprünglichen Absichten ist mit der Einführung des neuen Instrumentes  keinerlei Erhöhung der Eingliederungsmittel bei den Jobcentern verbunden. Dieses neue Instrument muss vollständig aus den vorhandenen Jobcenter-Mitteln finanziert werden.

·         In letzter Minute hat der Gesetzgeber noch einen Absatz 8 in diesen § 130 SGB III eingefügt, wonach neben „lernbeeinträchtigten“ oder „sozial benachteiligten“ auch solche jungen Menschen gefördert werden können, die „aufgrund besonderer Lebensumstände“ eine Ausbildung nicht ohne Unterstützung schaffen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn

o   sich ein Dritter mit 50 % der Kosten beteiligt

o   wenn eine Landeskonzeption zum Übergang Schule/Beruf existiert und

o   wenn eine Landeskonzeption zur assistierten Ausbildung existiert.

Dass derartige Landeskonzeptionen in Bayern vorhanden sind, ist uns nicht bekannt.

 

4.    Wegfall des Vorrangs der Familienversicherung im Krankenversicherungsrecht

Der mit Wirkung zum 01.01.2016 vom Gesetzgeber beschlossene Wegfall des Vorrangs der Familienversicherung betrifft auch die Krankenversicherung für SGB II Bezieher ab 15 Jahren und muss bereits jetzt im Jobcenter vorbereitet werden.

Zum einen löst dieser Statuswechsel für alle bislang familienversicherten SGB II Empfänger (Abmeldung Familienversicherung, Anmeldung Pflichtversicherung) zum 01.01.2016 ein gesetzliches, 14-tägiges-Kassenwahlrecht der betroffenen Personen aus. Zum anderen müssen die Beiträge spätestens zum 08.01.2016 abgeführt sein, wenn keine Säumniszuschläge anfallen sollen.

Für die gemeinsamen Einrichtungen (bundesweit ca. 700.000 betroffene, bisher familienversicherte SGB II Leistungsempfänger) hat sich die Bundesagentur entschlossen, die Ummeldung zentral – und zunächst ohne Rücksicht auf das Kassenwahlrecht – zum 01.01.2016 bei der bisherigen Krankenkasse vorzunehmen, notfalls muss eine rückwirkende Ummeldung zur gewählten anderen Krankenkasse erfolgen.

Das Jobcenter Erlangen wird sich dieser Verfahrensweise aus Gründen der Praktikabilität anschließen – allerdings auch schon eine zusätzliche, vorherige Information der Betroffenen vornehmen, in der Hoffnung auf eine möglichst frühzeitige Festlegung der Betroffenen auf die gewünschte Krankenkasse.

 

5.    Sachstand zu den Bildungs- und Teilhabeerstattungen, sowie zum Erlangen Pass

siehe hierzu jeweils gesonderte Vorlage

 

6.    Bereinigung anhängiger Klagen zur Kostenerstattung zwischen Bund und Optionskommunen

Zum Umfang der gesetzlichen Erstattungspflicht des Bundes für die Kosten der kommunalen Jobcenter war zuletzt eine ganze Reihe von gerichtlichen Verfahren zwischen dem Bund und einzelnen Optionskommunen anhängig. Zwei obergerichtliche Urteile aus der letzten Zeit haben nun zumindest in Teilbereichen mehr Klarheit gebracht:

·         Im Urteil vom 02.07.2013 hat das Bundessozialgericht klargestellt, dass Erstattungsansprüche des Bundes (zumindest nach der vor 2011 geltenden Rechtslage) ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Fehlverhalten des Jobcenters voraussetzen

·         Durch seine Entscheidung vom 07.10.2014 hat das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich die Prüfungsbefugnis des Bundes gegenüber Optionskommunen bestätigt.

 

Nach längerer Prüfungs- und Bedenkzeit hat das BMAS jetzt Konsequenzen gezogen und insgesamt 12 anhängige Gerichtsverfahren gegen Optionskommunen beendet. Es ging dabei jeweils um Erstattungsforderungen des Bundes wegen angeblich fehlerhafter Eingliederungsmaßnahmen oder wegen fehlerhafter Einkommensanrechnung durch die Jobcenter der Optionskommunen.

Weiter vor diversen Gerichten anhängig sind derzeit noch 7 Klagen zwischen Bund und Optionskommunen, bei denen es um Erstattungsforderungen des Bundes wegen Verwaltungskosten und um Säumniszuschläge der Krankenkassen geht. In diesen 7 Klageverfahren strebt der Bund weiterhin eine Klärung durch höchstrichterliche Entscheidungen an. Darunter ist auch die vor dem LSG Bayern anhängige Klage der Stadt Erlangen zum Umfang der Spitzabrechnung von Personalkosten für Leistungssachbearbeiter. Ein Zeitpunkt einer gerichtlichen Entscheidung in dieser Sache ist derzeit nicht absehbar.

 

  1. Entwicklungen in der Leistungsabteilung des Jobcenters

In der Abteilung 501 des Sozialamtes („SGB II-Leistungssachbearbeitung“)stehen nach wie vor die Bemühungen im Vordergrund, die Personalfluktuation (Altersgrenze, Versetzung, Mutterschutz) zu bewältigen. So werden – hoffentlich - in den nächsten 3 Monaten insgesamt 5 Stellen neu besetzt werden, nachdem uns vom Personalamt 3 Nachwuchskräfte zugesichert wurden, die nach Abschluss ihrer Ausbildung ab dem Sommer eingearbeitet werden können.

Besonders wichtig ist dabei die schnell gelungene Wiederbesetzung des Prosoz-Systembeauftragten, der nicht nur für das laufende Funktionieren der Fachsoftware und die zuverlässige Datenübermittlung an die BA-Statistik gebraucht wird, sondern auch für die weiteren anstehenden EDV-Projekte (Einführung des Erlangen-Passes, Einführung des sog. „papierlosen Büros“).

Des Weiteren halten wir es für sehr wünschenswert, auch in der Leistungsabteilung des Jobcenters im 5. Stock des Rathauses eine Eingangszone – ähnlich der jetzt im Ausländeramt beabsichtigten Lösung – einzurichten. Dadurch würde nicht nur die Sicherheitslage im Jobcenter deutlich verbessert. Dadurch könnte auch Kundenfreundlichkeit und Servicequalität wesentlich erhöht werden. Die Klärung einfacher Kundenanfragen, die Entgegennahme von Unterlagen oder die Erteilung von Auskünften usw. wäre dann auch außerhalb der eigentlichen Öffnungszeiten, bzw. ohne vorherige Terminvereinbarung leichter möglich – und zwar ohne Personalmehrung. Allerdings wäre dafür die bauliche Einrichtung einer Eingangszone in den beiden Zimmern gegenüber dem Aufzug erforderlich (die entsprechenden Mittelanmeldungen dafür müssten im HH 2016 berücksichtigt werden). Bei den Beschäftigten wird diese Lösung aber vor allem deshalb befürwortet, weil darin ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der Sicherheitslage im Jobcenter gesehen wird.

 


Anlagen:        1. Eckwerte

                        2. Mittelverbrauch

                        3. GGFA Sachstandsbericht