Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.
Im Herbst 2014 haben verschiedene Bürger aus der Spardorfer
Straße das Ausweisen einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h in der
Spardorfer Straße beantragt. Begründet wurden die Anträge hauptsächlich mit der
gesteigerten Lärmentwicklung.
Rechtslage
Nach § 45 Abs. 9 StVO sind
Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies auf
Grund der besonderen Umstände zwingend notwendig ist. Insbesondere
Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet
werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage
besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung erheblich übersteigt.
Nach der Verwaltungsvorschrift zu Zeichen 274 Straßenverkehrs-Ordnung
(VwV-StVO) sind Geschwindigkeitsbeschränkungen nur zulässig, wenn insbesondere
Verkehrsbeobachtungen oder Unfalluntersuchungen dort ergeben haben, dass für
den Fahrzeugführer die Eigenart des Straßenverlaufs nicht so erkennbar ist,
dass er seine Geschwindigkeit von sich aus den Straßenverhältnissen anpasst.
Eine besondere Gefahrenlage ist in der Spardorfer Straße nicht erkennbar, zudem
ist das dortige Unfallgeschehen als unauffällig zu bezeichnen.
Auch für
Geschwindigkeitsbegrenzungen aus Gründen des Lärmschutzes gelten die Einschränkungen
des § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO, d.h., die Anordnung ist nur möglich, wenn auf
Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das
allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen
genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt.
Nach der Rechtsprechung des VGH München (Urteil
vom 21.03.2012, Az. 11 B 10.1657) ist für die Bestimmung der erheblichen
Beeinträchtigung durch Lärm von Folgendem auszugehen: „Die Grenze der
zumutbaren Lärmbelastung, bei deren Überschreitung ein Anspruch auf
ermessensfehlerfreie Entscheidung über Maßnahmen nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
StVO besteht, ist nicht durch auf Rechtsetzung beruhende Grenzwerte festgelegt.
Auch durch die in den
vorläufigen Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der
Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien-StV) vom 23. November 2007 enthaltenen Schallpegel wird diese Grenze,
wie der Verwaltungsgerichtshof im Anschluss an die Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts entschieden hat nicht bestimmt. Ebenso wenig können
die Vorschriften der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes
(Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV) vom 12. Juni 1990 bei der
Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbelastung im Rahmen des § 45 Abs. 1 Satz 2
Nr. 3 StVO unmittelbar angewendet werden. Diese Verordnung bestimmt durch Festlegung
von Immissionsgrenzwerten die Schwelle der Zumutbarkeit von Verkehrslärm nämlich
nur für den Bau und die wesentliche Änderung u.a. von öffentlichen Straßen.
Desgleichen gelten die
Richtlinien für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des
Bundes lediglich für planerische Maßnahmen bei der Linienführung und Trassierung
(Lärmschutz durch Planung), für bauliche Maßnahmen an der Straße (aktiver Lärmschutz)
und an lärmbetroffenen baulichen Anlagen (passiver Lärmschutz) beim Neubau und
bei der wesentlichen Änderung von Straßen (Lärmvorsorge) und zur Verminderung
der Lärmbelastung an bestehenden Straßen (Lärmsanierung) sowie für die
Entschädigung wegen verbleibender Beeinträchtigungen.
Demgegenüber geht es bei § 45
Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO um straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen des
Lärmschutzes für bestehende Straßen. Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1
der Verkehrslärmschutzverordnung können aber im Anwendungsbereich des § 45 Abs.
1 Satz 2 Nr. 3 StVO als Orientierungspunkte für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze,
deren Überschreitung die Behörde zur Ermessensausübung verpflichtet, herangezogen
werden. Denn die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung bringen
ganz allgemein die Wertung des Normgebers zum Ausdruck, von welcher Schwelle an
eine nicht mehr hinzunehmende Beeinträchtigung der jeweiligen Gebietsfunktion,
zumindest auch dem Wohnen zu dienen, anzunehmen ist. Eine Unterschreitung der
Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung ist danach jedenfalls ein
Indiz dafür, dass die Lärmbelastung auch die Zumutbarkeitsschwelle in
straßenverkehrsrechtlicher Hinsicht nicht erreicht. Umgekehrt kommt bei einer
Überschreitung dieser Immissionsgrenzwerte eine zur fehlerfreien
Ermessensausübung verpflichtende Überschreitung der straßenverkehrsrechtlichen
Zumutbarkeitsschwelle in Betracht.“
Auf dieser Rechtsprechung des
VGH München hat die weitere Rechtsprechung aufgebaut. Aktuell ist rechtlich ein
dreistufiges Vorgehen vorzusehen:
1. Ein Anwohner hat gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO
gegenüber der Straßenverkehrsbehörde in Wohngebieten keinen Anspruch bei Werten
unterhalb von 59 dB(A) tags und von 49 dB(A) nachts.
2. Es besteht ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie
Entscheidung bei Werten, die darüber liegen, aber 70 dB(A) zur Tagzeit und 60
dB(A) zur Nachtzeit nicht überschreiten.
3. Bei Werten von mehr als 70 dB(A) am Tage und 60 dB(A)
in der Nacht, bei denen die Grenze zur Gesundheitsgefahr überschritten ist,
besteht ein Anspruch auf Einschreiten.
Selbstverständlich muss sich
jedoch, wie in der Rechtsprechung seit langem allgemein anerkannt und in § 1
Abs. 2 Nr. 2 16. BImSchV ebenfalls verankert, eine Erhöhung des Lärmpegels zum vorherigen Zustand um mindestens 3
dB(A) ergeben, damit man von einer wesentlichen Lärmbeeinträchtigung
reden kann, sofern nicht die Grenzwerte zur Gesundheitsgefahr (70 dB(A) tags
und 60 dB(A) nachts) überschritten werden.
Lärmsituation
Das Umweltamt hat die Lärmimmissionssituation in der Spardorfer Straße geprüft.
Als Ergebnis war festzuhalten, dass die festgestellten Werte zwar die Werte
unter Ziffer 1 (59 dB(A) tags und von 49 dB(A)) überschreiten, die Werte unter
Ziffer 3 (70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts jedoch nicht erreicht werden. Damit
besteht ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach Ziffer 2.
Resümee
Um von einer wesentlichen Lärmbeeinträchtigung (Erhöhung um mindestens 3 dB(A))
sprechen zu können, müssten sich die Verkehrsmengen in der Spardorfer Straße
zum vorherigen Zustand verdoppelt haben. Dies ist nicht der Fall, denn die
Erhöhung der Verkehrsmengen in der Spardorfer Straße westlich Palmstraße betrug
von 2010 auf 2013 weniger als 20 %. Zusammenfassend muss daher festgestellt
werden, dass keine Rechtsgrundlage für eine Beschränkung der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit in der Spardorfer Straße auf 30 km/h erkennbar ist. Zudem
erfüllt die Spardorfer Straße eine wichtige Hauptverkehrsstraßenfunktion im
örtlichen Straßennetz, so dass auch aus diesem Grunde eine
Geschwindigkeitsbeschränkung nicht befürwortet werden kann.