Betreff
Zur Umsetzung der haushaltswirtschaftlichen Sperren gem. § 28 KommHV-Doppik entsprechend dem Stadtratsbeschluss vom 10.04.2014
Vorlage
50/002/2014
Aktenzeichen
V/50/VOA
Art
Mitteilung zur Kenntnis

Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen.


Der Haushalt 2014 der Stadt Erlangen wurde in der Stadtratssitzung vom 09.01.2014 beschlossen. Um die Genehmigungsfähigkeit dieses Haushalts 2014 durch die Regierung von Mittelfranken zu erreichen beschloss der Stadtrat in seiner Sitzung vom 10.04.2014 die Einrichtung diverser haushaltswirtschaftlicher Sperren gem. § 28 KommHV-Doppik. Budget und Aufgabenbereich des Sozialamtes ist von dieser Entscheidung in dreifacher Hinsicht betroffen:

 

  • Im Finanzhaushalt wird die Investitionsplannummer 331.882 „Baukostenzuschuss an Altenheimträger“ in der Ansatzhöhe von 40.000 € gesperrt
  • Im Stellenplan 2014 wird die neugeschaffene 0,5 Planstelle Nr. 5022070 erst zum 01.10.2014 für besetzbar erklärt
  • Im Ergebnishaushalt des Sozialamtes 2014 wird eine haushaltswirtschaftliche Sperre in Höhe von 500.000 € verfügt.

 

 

Zur Einschränkung im Finanzhaushalt:

 

Die betroffene Maßnahme soll städtische Zuschüsse an Träger Erlanger Altenheime ermöglichen, die bereit sind Teile ihres bestehenden Altenpflegeheimes nach den modernen und anerkannten Prinzipien der Hausgemeinschaft umzubauen. Dies würde für die Bewohnerinnen und Bewohner des Altenheims eine wesentliche Verbesserung der Lebensumstände im Heim bedeuten, wäre aber für den Heimträger nicht aus den laufenden Entgelten refinanzierbar – deshalb hat sich die Stadt Erlangen seit ca. 10 Jahren dazu entschlossen, einen solchen jährlichen Zuschuss im Haushalt bereitzustellen. Der Eingriff (Sperrung des gesamten Ansatzes von 40.000 €) erscheint aus Sicht der Verwaltung verkraftbar, da aktuell kein geplantes Umbauprojekt eines Altenheimträgers bekannt ist und da außerdem für diesen Zweck noch 60.000 € an Haushaltsresten zur Verfügung stehen.

 

Zur verfügten Einschränkung im Stellenplan:

 

Betroffen ist eine bestehende 0,5 Planstelle „Sachbearbeitung Asylbewerberleistungsgesetz“, die nach dem neuen Stellenplan 2014 auf eine volle Planstelle aufgestockt werden sollte. Diese neue 0,5 Planstelle darf nunmehr nicht vor dem 01.10.2014 besetzt werden. Wegen der seit dem vergangenen Jahr stark steigenden Asylbewerberzahlen wäre die schnellere Besetzung der neugeschaffenen 0,5 Planstelle eigentlich schon viel früher unerlässlich (auch schon vor Genehmigung des Stellenplans). Die Maßnahme erscheint aus Sicht der Verwaltung aber verkraftbar, weil als Ersatz von der Personalverwaltung eine Nachwuchskraft zugewiesen wurde.

 

Zur verfügten Sperre von 500.000 € im Ergebnishaushalt des Sozialamts:

 

Ausgehend von einem Gesamtausgabevolumen des Sozialamtsbudgets (Sachkosten) im beschlossenen Haushaltsplan 2014 in Höhe von 42.680.300,00 € erschien dem Finanzreferat die Festlegung einer Ausgabensperre in Höhe von 500.000 € für verkraftbar. Eine Analyse des Sozialamtsbudgets zeigt jedoch, dass eine solche Ausgabensperre von 500.000 € in der Praxis nicht umsetzbar und keinesfalls verkraftbar ist.

 

Zur Erläuterung wird auf die angefügte Tabelle verwiesen, in der die einzelnen Aufgabenbereiche des Sozialamtsbudgets mit ihren dafür jeweils vorgesehenen Ausgabenansätzen aufgelistet sind und bei denen jeweils Hinweise zum Grad der Beeinflussbarkeit durch die Verwaltung gegeben werden.

 

Die scheinbar entgegenkommende Beschränkung der haushaltswirtschaftlichen Sperre auf 500.000 € bei einem Gesamtausgabevolumen von über 42 Millionen Euro ist in der Realität aus folgenden Gründen nicht umsetzbar:

 

 

  1. Umfang der Erstattung von Sozialamtsausgaben durch Dritte

 

  • Etwa 60,5 % der Sozialamtsausgaben (25.829.400,00 €) werden durch Erstattungen von dritter Seite zu 100 % refinanziert. Dazu zählen die Ausgaben für Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Produkt 3116), die Ausgaben für ALG II Leistungen (Produkt 3124), die Ausgaben für Eingliederungsleistungen im SGB II (Produkt 3125), die Sachausgaben für Asylbewerber (Produkt 3131) und die Ausgaben für Bildungs- und Teilhabeleistungen (Produkt 3126 und 3451). In all diesen Bereichen würden geringere Ausgaben auch zu geringeren Einnahmen in gleicher Höhe führen, sodass eine Ausgabenkürzung logisch zwingend zu keinerlei Einsparungen im Sozialamtsbudget führt.
  • In Höhe von weiteren ca. 4,4 % der eingeplanten Sozialamtsausgaben (1.896.000,00 €) werden unsere Ausgaben zu 84,8 % vom Bund erstattet. Es handelt sich um die Geschäfts- und Personalausgaben des Jobcenters zum Vollzug des SGB II. Der kommunale Finanzierungsanteil an diesen Jobcenter-Aufwand ist per Gesetz auf 15,2 % festgelegt. Vom Bund werden dabei nur tatsächlich ausgegebene und nachgewiesene Ausgaben zu 84,8 % erstattet. Jeder in diesem Bereich eingesparte Euro führt deshalb zu geringeren Einnahmen in Höhe von 84,8 Cent (in dieser Höhe also zu keinerlei Entlastung für das Budget) und zu 15,2 Cent an echten Einsparungen im Sozialamtsbudget.
  • Für einen weiteren Ausgabeanteil des Sozialamtsbudgets in Höhe von 23,6 % (10.073.500,00 €) besteht eine Erstattungspflicht des Bundes in Höhe von 26,4 %. Es handelt sich um die von der Kommune aufzubringenden Kosten für Unterkunft und Heizung von SGB II Empfängern. Bei diesen Zahlungen handelt es sich um gesetzliche Pflichtleistungen, bei der weder ein Ermessensspielraum der Verwaltung, noch eine Beeinflussungsmöglichkeit der Verwaltung besteht. Die Ausgaben müssen in der Höhe geleistet werden, wie sie anfallen. Darüber hinaus sind gerade hier in den letzten Jahren deutliche Steigerungen der Ausgaben zu verzeichnen: Bereits im letzten Haushaltsjahr lagen die tatsächlichen Ausgaben um ca. 235.000 € über dem eingeplanten Haushaltsansatz. Hinzu kommt, dass aktuell die Neuermittlung der Mietobergrenzen zur Beschlussfassung ansteht. Aufgrund des allgemeinen Anstiegs der Miet- und Mietnebenkosten ist hier mit Sicherheit ein deutlicher Anstieg der Ausgaben zu erwarten. Eine Umsetzung der Sperre bei diesem Ausgabeposten ist deshalb keinesfalls machbar.
  • In der Summe werden also 88,5 % des Ausgabevolumens im Sozialamtsbudget ganz oder teilweise durch Kostenerstattung von Dritten refinanziert und fallen somit für eine Umsetzung der verfügten haushaltswirtschaftlichen Sperre aus.

 

 

 

  1. Gesetzliche Pflichtleistungen

 

  • Der Bereich der gesetzlichen Pflichtleistungen, bei deren Erfüllung der Verwaltung weder ein Ermessen, noch eine Beeinflussungsmöglichkeit zusteht, umfasst ca. 96,6 % (41.226.300,00 €) des gesamten Ausgabevolumens des Sozialamtes von insgesamt über 42,6 Millionen Euro. Es handelt sich dabei um die gesamte Palette der Leistungen nach dem SGB XII (Produkt 3111 bis 3116), der Leistungen nach dem SGB II (Produkt 3121 bis 3129), der Leistungen für Asylbewerber (Produkt 3131), der Leistungen für die Unterbringung Obdachloser (Produkt 3154-2), der Leistungen für Kriegsopferfürsorge und nach dem Bundesversorgungsgesetz (Produkt 3211) und um die Bildungs- und Teilhabeleistungen (Produkt 3451). In all diesen Bereichen müssen die Ausgaben getätigt werden, die anfallen – weil die Betroffenen einen gesetzlich zwingenden Leistungsanspruch haben.
  • Daneben gibt es einen vertraglich geschuldeten Leistungsanspruch im Produkt 3151-1 (Dreycedern) in Höhe von weiteren 0,46 % des Gesamtausgabevolumens des Sozialamtes.
  • Schließlich verbleiben noch weitere 0,43 % des Gesamtausgabevolumens für weitere Geschäfts- und Verwaltungsausgaben des Sozialamts in den Produkten 3119 (Verwaltung des SGB II), im Bereich des Produkts 3151-2 (Altenhilfe), im Bereich des Produkts 3154-1 (Übernachtungsheim Wöhrmühle), im Bereich des Produkts 3521 bis 3529 (Wohngeldverwaltung) und im Bereich des Produkts 5221 (Wohnungsbauförderung und Wohnungsvermittlung). Insgesamt handelt es sich dabei um eine Summe von 182.600 €, aus denen die gesamten Sachkosten und Arbeitsplatzkosten für ca. 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestritten werden müssen.
  • Schließlich verbleibt noch eine Summe von 1.271.400,00 € (entspricht 2,98 % des Gesamtausgabevolumens des Sozialamtes), die haushaltstechnisch unter die Kategorie der „freiwilligen Leistungen“ fällt. Dabei handelt es sich um einen Teilbetrag von 50.000 € für die Finanzierung des Seniorentages im Produkt 3151-2 (Altenhilfe), um die Produkte 3511 bis 3517 (66.000 € für Maßnahmen außerhalb des Sozialhilferechts, sowie für die Finanzierung des kommunalen Eigenanteils beim Mittagessen für bedürftige Kinder), um das Produkt 4121 mit 29.400 € (Zuschüsse an ASB und BRK) sowie um das Produkt 3311 mit 1.126.000 € (Zuschüsse zur Förderung der öffentlichen Wohlfahrtspflege)

 

  1. Nähere Betrachtung der sog. „freiwillige Leistungen“

 

  • Innerhalb dieser Gruppe der freiwilligen Leistungen in Höhe von 1.271.400 € gibt es einen Teilbereich im Wert von 226.000 €, die zwar formal städtische Zuschüsse an Dritte darstellen (Frauenhaus, Kindergruppe Frauenhaus, Schuldnerberatung der Caritas), die aber von der Stadt mit zusätzlichem kommunalem Personal durchgeführt werden müssten, wenn es nicht Dritte gäbe die mit eigenen Kräften und mit Hilfe städtischer Zuschüsse diese Aufgabe stellvertretend für die Stadt erfüllen. So stellt z.B. die Schuldnerberatung eine Pflichtaufgabe der Stadt dar, die von der Stadt und dem Landkreis bezuschusste Aufgabenerfüllung durch die Caritas erspart es der Stadt eine eigene städtische Schuldnerberatung einzurichten. Insofern handelt es sich bei diesen „freiwilligen Leistungen“ von 226.000 € nicht um echte freiwillige Leistungen, die für Einsparungen im städtischen Haushalt zur Verfügung stehen würden.
  • Weiter ist in dieser Position eine Summe von 74.600 € enthalten, zu deren Zahlung sich die Stadt vertraglich verpflichtet hat (Telefonseelsorge, AWO Asylbetreuung, AWO Migrationsberatung).
  • Es verbleibt somit als „echt freiwillig“ ein Zuschussvolumen von 970.800 €. Die Auflistung der Zuschussempfänger macht unschwer deutlich, dass eine Umsetzung der vom Stadtrat beschlossenen haushaltswirtschaftlichen Sperre im Volumen von 500.000 € allein in diesem „echt freiwilligen“ Ausgabebereich nicht zu verantworten ist (ambulante Krankenpflegedienste, ambulante Pflegestationen, Bahnhofsmission, Kleiderkammer Diakonie, Selbsthilfegruppen, Aidshilfe, Grünes Sofa, Sozialticketfinanzierung, Verein Notruf, Wabe, Tagespflege Daimlerstr., Obdachlosenhilfe, Hospizverein, Erlanger Tafel, Tagespflege Martin-Luther-Platz, Kulturtafel usw.). Eine Umsetzung der Sperre in diesem Bereich würde praktisch eine Halbierung aller städtischen Zuschüsse bedeuten und hätte faktisch das Ende nahezu aller, dieser seit Jahren von der Stadt unterstützten sozialen Einrichtungen zur Folge. Das wäre ein sozialpolitischer Kahlschlag, der von niemandem zu verantworten wäre.

 

Nach allem sieht sich die Verwaltung außerstande, die verfügte haushaltswirtschaftliche Sperre im Sozialamtsbudget 2014 umzusetzen.

 


Anlagen:        1. Übersicht 2014