Betreff
Einführung eines Erlangen Passes zur Förderung der Teilhabe von Menschen in Armut
hier: zum SPD-Fraktionsantrag Nr. 178/2013 vom 21.10.2013
Vorlage
50/146/2014
Aktenzeichen
V/50/VOA T. 2249
Art
Beschlussvorlage

Dem Vorschlag der Antragstellerin auf Einführung eines „Erlangen Passes“ im 1. Halbjahr 2014 wird nicht gefolgt. Der Fraktionsantrag Nr. 178/2013 vom 21.10.2013 ist damit abschließend bearbeitet. Eine gesonderte Befassung der weiteren genannten Stadtratsausschüsse mit diesem Antrag unterbleibt.


Mit dem Fraktionsantrag Nr. 178/2013 setzt sich die Antragstellerin zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe von Kindern und Erwachsenen in Armut für die Einführung eines Erlangen Passes ein, der

  1. noch im ersten Halbjahr 2014 in allen betroffenen Stadtratsausschüssen vorgestellt werden soll
  2. personen- und zweckgebunden sein soll
  3. dessen begünstigter Personenkreis von der Verwaltung sinnvoll definiert werden soll
  4. über dessen Ermäßigungen von der Verwaltung ausreichend informiert werden soll
  5. dessen Inanspruchnahme von der Verwaltung durch geeignete Öffentlichkeitsarbeit gefördert werden soll und
  6. für den auch weitere Ermäßigungen für Erlangen- Pass- Inhaber bei Vereinen und privaten Anbietern aus den Bereichen Sport, Kultur und Gastronomie angeworben werden sollen.

Dabei unterstellt die Antragstellerin, dass zusätzliche Finanzmittel nicht erforderlich seien, weil durch eingeräumte Ermäßigungen möglicherweise auch eine höhere Anzahl von Nutzungen erfolgen kann, durch die beim Anbieter der Leistung die zunächst entstehenden Mindereinnahmen möglicherweise wieder ausgeglichen werden könnten.

 

Wie bereits in den vergangenen Jahren bei früheren Anträgen zur Einführung eines Erlangen Passes schlägt auch jetzt die Verwaltung aus folgenden Gründen vor, diesem Wunsch nicht näher zu treten:

Ø  Die Vorstellung, dass mit der Einführung eines Erlangen Passes kein zusätzlicher Finanzbedarf verbunden sein soll, beruht auf reinem Wunschdenken. Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, das Preisermäßigungen zu einer stärken Nachfrage führen. Wenn aber ein Anbieter im Sport- oder Kultur- Bereich die Teilnehmergebühren zum Beispiel halbiert und dann zum Beispiel die doppelte Anzahl von Kursteilnehmern begrüßen kann, so müssen die doppelten Sachkosten, Raumkosten und das doppelte Betreuungspersonal bereit gehalten werden. Kein Leistungsanbieter wird also eine Erhöhung der Nachfrage aufgrund einer Preisermäßigung als kostenneutral ansehen können und auf eine finanzielle Entschädigung für den gewährten Preisnachlass verzichten können. Die Vorstellung, dass Preisnachlässe auf der Anbieter- Seite keine zusätzlichen Finanzmittel der Stadt erfordern würden, erweist sich als Illusion.

Ø  Aber auch auf Verwaltungsseite wäre ein erheblicher zusätzlicher Finanzaufwand erforderlich. Die Herstellung, Verteilung und Administrierung von Erlangen Pässen (ob im Scheck-Karten Format oder in anderen Formaten, ob mit oder ohne Passbild, bei jedenfalls begrenzten Gültigkeitsdauern und so weiter), sowie die Akquirierung neuer Ermäßigungstatbestände bei öffentlichen oder privaten Leistungsanbietern, die Werbung für die Inanspruchnahme des Passes und die finanziellen Abrechnungen mit Leistungsanbietern samt haushaltstechnischer Abwicklung der Erstattungszahlungen erfordern entsprechende Sachkosten und mindestens 2-3 neue Planstellen in der Stadtverwaltung.

Ø  Dafür sind jedoch weder Ansätze im Haushalt und Stellenplan vorgesehen, noch ist dieses Vorhaben im Arbeitsprogramm 2014 vorgesehen.

Ø  Darüber hinaus gibt es zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe von Kindern aus bedürftigen Familien bereits seit 2011 die umfänglichen Leistungsangebote des Bildungs- und Teilhabepakets. Die Stadt Erlangen gehört zu den Kommunen, in denen deutschlandweit die intensivste Inanspruchnahme dieser B- und T- Leistungen erreicht werden konnte. In 2013 konnte der Gesamtaufwand auf über 1 Million Euro zzgl. von ca. 198.000,- € für die Übernahme des 1 Euro- Eigenanteils bei Mittagessen gesteigert werden (trotz der gesetzlichen Garantie einer 100 %-igen Erstattung durch den Bund sind bei der Stadt im vergangenen Jahr nur ca. 279.000,- € Bundesmittel gelandet, weil der Freistaat noch keine sachgerechte Regelung zur Weiterverteilung der Bundesgelder an die bayerischen Kommunen getroffen hat). Dabei hat sich jedoch gezeigt, dass ausgerechnet die B- und T- Leistung „soziale und kulturelle Teilhabe“ gem. §28 Abs. 7 SGB II mit die geringste Summe beansprucht hat, weil es von den Betroffenen mit am geringsten nachgefragt wurde (siehe hierzu auch die gesonderte Vorlage für den heutigen SGA zur B- und T- Bilanz 2013).

Ø  Die Verwaltung geht davon aus, dass die Antragstellerin mit Ihrem Vorstoß nicht beabsichtigt, die – zumindest im Prinzip – bundesfinanzierten B- und T- Leistungen zur Förderung gesellschaftlicher Teilhabe durch rein kommunal finanzierte freiwillige Leistungen zu ersetzen. Es könnte also insoweit lediglich um eine betragsmäßige Ergänzung der bundesfinanzierten B- und T- Leistungen durch zusätzliche kommunale Mittel gehen. Dazu müssten aber zunächst solche zusätzlichen Mittel von der Kommune bereitgestellt werden – was derzeit nicht der Fall ist. Darüber hinaus wäre eine solche Aufstockung bundesfinanzierter Leistungen durch kommunale Mittel wesentlich einfacher und unkomplizierter durch die B- und T- Stelle umzusetzen – anstatt durch die flächendeckende Ausgabe gesonderter Erlangen Pässe.

Ø  Im Übrigen vertritt die Verwaltung nach wie vor die Auffassung, dass es im Sinne einer wirksamen Armutsbekämpfung sinnvoller und wichtiger ist, die Fähigkeiten zur Überwindung von Armut zu stärken und zu unterstützen, um den Teufelskreis der „Vererbung von Armut“ zu durchbrechen, anstatt die Situation der Armut lediglich zu erleichtern, durch Vergünstigungen erträglicher zu gestalten. Nur darauf zielt die Ausgabe von Erlangen Pässen, die als „Armutsausweis“ dienen sollen, mit denen Ermäßigungen leichter in Anspruch genommen werden können. Die Verwaltung hält es für besser, die knappen kommunalen Mittel auf Maßnahmen zu konzentrieren, die auf Erleichterungen und auf Unterstützung zum Erreichen von Schulabschlüssen abzielen; denn gute Schulabschlüsse sind der Schlüssel für einen erfolgreichen Einstieg in den Arbeitsmarkt – und damit in die spätere Überwindung von Armut aus eigener Kraft. Deshalb hat sich die Verwaltung auch so intensiv darum bemüht, eine möglichst intensive Inanspruchnahme der B- und T- Leistungen zu erreichen, die Kindern aus bedürftigen Familien beim Erreichen schulischer Abschlüsse Unterstützung und Hilfe geben.

 

„Armutsausweise“ dagegen erschöpfen sich in der Vermittlung punktueller Ermäßigungen – bei gleichzeitig unverhältnismäßig hohem Verwaltungsaufwand. Letztlich wird auch an der Armutslage nichts verändert – er hilft lediglich öffentlichkeitswirksam auf eine Vielzahl von Unterstützungen verweisen zu können, die von den Betroffenen erstaunlich wenig in Anspruch genommen werden (wie das Beispiel des Nürnberg Passes oder anderer Versuche, sogenannte Rabattkarten zu verbreiten, zeigt).

Die Verwaltung schlägt deshalb vor, dem Anliegen des Fraktionsantrages nicht zu folgen.

 


Anlagen:        1. Fraktionsantrag Nr. 178/2013 vom 21.10.2013