Betreff
Neuregelungen des BayKiBiG zum 01.01.2013 - Schwerpunkte
Vorlage
512/096/2013
Aktenzeichen
IV/512/KK002 T. 2729
Art
Mitteilung zur Kenntnis

Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.


 

Zum 01.01.2013 ist das Änderungsgesetz zum BayKiBiG – vorbehaltlich einzelner Übergangs-regelungen – in Kraft getreten.

Eingeführt wurde das BayKiBiG in 2005 und löste das Bayerische Kindergartengesetz ab. Kernpunkte des neuen Gesetzes waren die kindbezogene Förderung und die qualitative Weiterentwicklung der pädagogischen Arbeit mit Kindern von der Krippe bis zum Hort. Diese wird durch die
Anforderungen an das Personal, den Anstellungsschlüssel und die verbindliche Einhaltung des Bildungs- und Erziehungsplanes definiert. Neben der kindbezogenen Förderung durch Kommunen und Staat regelt das BayKiBiG auch in Eckpunkten die Investitionskostenförderung bei Kindertageseinrichtungen.

Viele Verfahrensfragen wurden seitdem durch Newsletter geregelt und Gerichtsurteile weiter ent-wickelt. Diese flossen nun direkt in das Gesetz ein. Weiter wurden die Rahmenbedingungen nach den Erfahrungen aus der Praxis modifiziert, um die Qualität der Kindertagesbetreuung weiter zu verbessern. Auch auf aktuelle Entwicklungen, wie die steigenden Belegzahlen (U3, Migration usw.) in den Einrichtungen oder die UN-Behindertenrechtskonvention bzw. Kinderschutzgesetz wurde reagiert.

Sämtliche geplante Änderungen aufzuführen, wäre zu umfassend, daher werden im Folgenden die vom Bayerischen Staatministerium genannten Schwerpunkte der Gesetzesnovellierung vorgestellt:

 

 

1.    Entlastung der Familien durch Einführung eines Zuschusses zum Elternbeitrag:

 

Der Freistaat Bayern zahlt seit dem 1. September 2012 einen Beitragszuschuss in Höhe von
50,-- € pro Monat für Kinder im letzten Kindergartenjahr. Mit Wirkung ab 01.01.2013 wird dieser Zuschuss auch für sog. „Kann-Kinder“ ab dem Monat gewährt, in dem die Eltern bei der zuständigen Schule Antrag auf vorzeitige Einschulung stellen. Kann-Kinder sind Kinder, die das 6. Lebensjahr nach dem 30. September vollenden.

Der Beitragszuschuss wird zusätzlich zur kindbezogenen Förderung an die Stadt Erlangen
ausgezahlt, die diesen an die Einrichtung weiterleitet.

Ab dem Kindergartenjahr 2013/14 wird dieser Zuschuss auf 100,-- € monatlich erhöht. Damit wird das letzte Kindergartenjahr für die Eltern in der Regel beitragsfrei. 

 

 

 

 

 

 

2.    Qualitative Impulse

 

Verbesserung des Anstellungsschlüssel auf 1:11,0 durch ein Bonussystem:

Durch Änderung des § 17 Abs. 1 Satz 1 AVBayKiBiG wurde der förderrelevante Mindestanstellungsschlüssel bereits mit Wirkung ab dem 1. September 2012 von 1:11,5 auf 1:11,0 verbessert. Für die damit verbundene Qualitätsverbesserung zahlt der Freistaat Bayern einen Ausgleich
(Qualitätsbonus).

Alle Einrichtungen, die einen Anstellungsschlüssel  von 1:11,0 und besser vorweisen können,
erhalten diesen Qualitätsbonus als Aufschlag zum Basiswert im Rahmen der Betriebskosten-förderung.

Um die Personalsituation an die aktuelle Rechtslage anpassen zu können, werden vom Freistaat großzügige Übergangsfristen (bis 31.08.2015) für den Fall gewährt, dass der Träger den neuen förderrelevanten Anstellungsschlüssel von 1:11,0 zum September 2012 nicht erreicht hatte, aber den Anstellungsschlüssel von 1:11,5 einhielt.  

Ob dies ausreichend ist, um dem akuten Fachkräftemangel zu begegnen, bleibt abzuwarten:

Der Qualitätsbonus wird ausschließlich durch den Staat geleistet, den Kommunen entstehen dadurch keine Mehrkosten. Allerdings wird das Abrechnungsverfahren damit aufwendiger.

 

3.    Optimierung des Verwaltungsverfahrens:


Abschaffung der Gastkindregelung:

Die bisherige Regelung, die zu einer Vielzahl von individuellen Verfahren geführt hat, tritt außer Kraft. Grundsätzlich obliegt der Aufenthaltsgemeinde die Betriebskostenförderung, unabhängig davon, wo die Betreuung des Kindes stattfindet. Hier wird das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern gestärkt. Das Abrechnungsverfahren wird dadurch jedoch aufwendiger.

 

Wegfall der Bedarfsanerkennung:

Auch künftig tragen die Gemeinden die Planungsverantwortung, damit ausreichend Plätze zur
Bildung, Erziehung und Betreuung in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege
rechtzeitig zur Verfügung stehen. Die Gesamtverantwortung für die Jugendhilfeplanung tragen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe.

Die Planungsschritte ergeben sich aus § 80 SGB VIII und betreffen Bestandsaufnahme, Ermittlung der Bedürfnisse und Feststellung des Bedarfs. Mit Änderung des Art. 7 entfällt der bisherige Planungsschritt Feststellung der Bedarfsanerkennung des Angebots eines bestimmten Trägers. Damit ist es nicht mehr erforderlich, die Feststellung der Bedarfsanerkennung kontinuierlich zu erneuern.

Die Feststellung der Bedarfsnotwendigkeit ist daher künftig nur noch im Einzelfall für den Fall

von Anträgen von Gemeinden gegenüber dem Freistaat auf Investitionskostenförderung

nach Art. 27 Satz 3 notwendig.

Für den Anspruch auf die kindbezogene Förderung (Betriebskostenförderung) ist künftig

ausschließlich die Belegung eines Platzes in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege maßgeblich. Hierfür bedarf es nicht mehr der Feststellung der Bedarfsnotwendigkeit durch die Aufenthaltsgemeinde des Kindes.

Durch den Wegfall der Überprüfung und Bescheiderfordernis bzgl. der Bedarfsnotwendigkeit
jedes einzelnen Platzes wird der Verwaltungsaufwand reduziert.

 

Aktualisierung des online-gestützten Abrechnungsverfahrens:

Die für die Ermittlung der kindbezogenen Förderung relevanten Daten sind jeweils vom Träger vierteljährlich mit Hilfe des vom Freistaat kostenlos zur Verfügung gestellten Programms
(KiBiG.web) an das zuständige Rechenzentrum zu melden mit dem Ziel einer besseren
Planungssicherheit für alle Beteiligten: Einrichtungen, Kommunen und Staat.

 

 

4.    Neuregelung der Investitionskostenförderung

 

Art. 27 BayKiBiG wurde an die übrigen Änderungen im BayKiBiG im Sinne der Deregulierung angepasst.

Die generelle Förderbeschränkung für Investitionsvorhaben an Kindertageseinrichtungen auf 2/3 der zuweisungsfähigen Kosten ist entfallen.

Entfallen ist auch die Vorgabe, wonach bei Kindertageseinrichtungen Dritter die Gemeinden, welche Plätze als bedarfsnotwendig bestimmt oder anerkannt haben, einen Baukostenzuschuss von zwei Dritteln der zuweisungsfähigen Kosten der Investitionsmaßnahme leisten müssen. Die Festlegung der Höhe der Finanzierungsverpflichtung der Kommune bzw. des Eigenanteils des Trägers bei Baukostenzuschüssen kann künftig vielmehr im Verhandlungswege erfolgen. Hierbei sind jedoch insbesondere die Selbstbindung der Verwaltung und der Gleichbehandlungsgrundsatz zu berücksichtigen, sodass grundsätzlich weiterhin eine einheitliche Bezuschussung erfolgen wird

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Der zwischen Kommune und Bauträger vereinbarte Baukostenzuschuss zu den zuweisungsfähigen Kosten kann durch die Regierung von Mittelfranken nach den Richtlinien zum Finanzausgleichsgesetz (FA-ZR) in Höhe von 35 v. H. gefördert werden.

 

Nicht tangiert von dieser Neuregelung ist die Fortführung der Investitionskostenbezuschussung für neue Krippenplätze nach dem Sonderinvestitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung“, welches für alle Bauvorhaben, die nach dem 1. Juli 2012 begonnen wurden, eine Verlängerung zulässt. Demnach kann die höhere Investition aus diesem Programm auch dann abgegriffen werden, wenn die Investitionen bis 31. Dezember 2014 abgeschlossen werden (bislang: 31. Dezember 2013). Voraussetzung hierfür ist für neue Projekte, dass entscheidungsreife Antragsunterlagen bis 31. Dezember 2013 bei der Regierung von Mittelfranken zur Prüfung vorgelegt werden.

 

 

5.    Teilhabe von Kindern mit Behinderung/Inklusion:

 

Der Inklusionsansatz wird ausdrücklich im Gesetz normiert:

Die Öffnung der Kindertageseinrichtungen für behinderte oder von Behinderung bedrohter Kinder wird fortgeführt, in dem die Bedürfnisse von Kindern mit Sonderbedarf in der örtlichen Bedarfsplanung berücksichtigt werden müssen. Zudem wird der pädagogische Ansatz zu „Diversity“ gefördert und dadurch Inklusion nicht nur auf Behinderung beschränkt.

 

Modifizierung zur Gewährung des Gewichtungsfaktors 4,5:

Die erhöhte Förderung nach BayKiBiG für behinderte oder von Behinderung bedrohte Kinder in Kindertageseinrichtungen ist mit Wirkung vom 1. September 2013 gekoppelt an den Abschluss einer Leistungsvereinbarung zwischen Träger und dem zuständigen Sozialhilfe- (Bezirk) bzw.
Jugendhilfeträger und die tatsächliche Gewährung von Eingliederungshilfeleistungen. Dadurch stehen die Bezirke und auch die Stadt als zuständige Träger von Maßnahmen der Eingliederungshilfe verstärkt in der Pflicht, bei der Leistung von Eingliederungsmaßnahmen auch deren Qualität zu steuern.

Durch diese Modifizierungen wird das Zusammenspiel aus individueller zusätzlicher Förderung des Kindes und der Förderung der inklusiv arbeitenden Einrichtungen verbessert. Um die Planungssicherheit für die Träger zu erhöhen, können diese bereits vor Erlass des Bescheides auf Eingliederungshilfe die erhöhte Förderung mit Faktor 4,5 für Kinder mit Behinderung in Anspruch nehmen. 

Für seelisch behinderte bzw. von seelischer Behinderung bedrohte Schulkinder werden die erhöhten Kosten von der Jugendhilfe übernommen.

 

6.    Steigerung der Attraktivität von Tagespflege und Großtagespflege:

 

Begrenzung der Pflegeverhältnisse
Eine Tagespflegeperson darf im Rahmen der Pflegeerlaubnis nach § 43 SGB VIII zukünftig insgesamt höchstens acht Pflegeverhältnisse – bei höchstens fünf gleichzeitig anwesenden Kindern - eingehen.

 

Einführung eines differenzierten Qualifizierungszuschlags
Damit soll die Entlohnung der Tagespflegepersonen zukünftig leistungsgerechter gestaltet werden können. Näheres dazu soll durch das Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und

Frauen in der Ausführungsverordnung (Art. 30) geregelt werden.

 

 

 

Teilhabe von Kindern mit besonderem Förderbedarf
Wenn es die individuelle Förderung der Kinder erforderlich macht, weniger Kinder aufzunehmen, soll in Zukunft (mit der Verabschiedung des Bildungsfinanzierungsgesetzes) ein finanzieller Ausgleich erfolgen. Bisher gilt der Gewichtungsfaktor 4,5 noch nicht in der Tagespflege (siehe dazu auch Ziffer 5).

 

Regelung zu Elternbeiträgen für die Tagespflege
E
ine Ursache für die immer noch sehr zögerliche Inanspruchnahme von Tagespflege in Bayern liegt nach Einschätzung des Ministeriums in den deutlich höheren Betreuungskosten zulasten der Eltern. Daher wird die BayKiBiG-Förderung von einer Beschränkung der Elternbeiträge abhängig gemacht (max. die 1,5 fache Höhe des staatlichen Anteils der kindbezogenen Förderung), vgl. auch Beschlussvorlage Nr. 510/033/2013 im JHA vom 07.03.2013.

Großtagespflege
Schließen sich mehrere Tagespflegepersonen zusammen (Großtagespflege) und betreuen diese mehr als acht gleichzeitig anwesende Kinder, muss mindestens eine Tagespflegeperson eine pädagogische Fachkraft sein.

Wenn gleichzeitig mehr als zehn Kinder oder insgesamt mehr als 16 Kinder von mehreren Tagespflegepersonen in Zusammenarbeit betreut werden oder dauerhaft mehr als drei Tagespflegepersonen in der Betreuung derselben Kinder eingesetzt werden sollen, findet § 45 SGB VIII Anwendung (Betriebserlaubnis). Diese Regelung dient zum einen zur Abgrenzung von Großtagespflegestellen zur institutionellen Kinderbetreuung. Zum anderen soll dadurch der familienähnliche Betreuungscharakter der Tagespflege gewahrt werden, indem die Betreuung der Kinder durch feste Bezugspersonen gewährleistet ist und nicht durch einen ständigen Personalwechsel gestört wird.

 

7.  Verbesserung der Bedingungen zur Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe für die Bereitstellung von Ganztagsangeboten für Schulkinder

 

Hoher Betreuungsbedarf und Kombinationsmöglichkeiten:

Die Angebotsvielfalt und die Möglichkeit zur individuelleren Betreuung für Schulkinder soll verbessert werden. Hierfür ist es zulässig, für die Feststellung von Mindestbesuchszeiten und Mindestbuchungszeit Zeiten in Kindertageseinrichtungen oder Tagespflege mit Zeiten in schulischen Einrichtungen zusammenzurechnen. Soweit es die Rahmenbedingungen nach BayKiBiG (Personal/ Raumkapazitäten) zulassen, können diese erleichterten Kombinationsmöglichkeiten dazu beitragen, für Schulkinder das Ganztagesangebot, insbesondere in Rand- und Ferienzeiten, zu verbessern.

 

Sicherung eines bedarfsgerechten Bildungs- und Betreuungsangebotes für Schulkinder:

Die Pflicht, die Planungen von Schule (Schulaufsicht) und Jugendhilfe miteinander abzustimmen, wird gesetzlich verankert.

 

 

8.  Kinderschutz

Im Hinblick auf das seit 1. Januar 2012 geltende Bundeskinderschutzgesetz wurde dieses Thema auch im geänderten BayKiBiG aufgenommen.

Insbesondere werden die Träger aufgefordert, bei gewichtigen Anhaltspunkten für die Gefährdung eines betreuten Kindes notwendige externe Unterstützung (die sog. insoweit erfahrene Fachkraft) hinzuziehen, damit hierüber die Kontakte mit den Eltern aufgebaut werden können, um auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinzuwirken und das Jugendamt zu informieren, falls die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann.

Des weiteren haben die Eltern bei der Anmeldung zum Besuch einer Kindertageseinrichtung oder bei Aufnahme eines Kindes in die Tagespflege eine Bestätigung der Teilnahme des Kindes an der letzten fälligen altersentsprechenden Früherkennungsuntersuchung vorzulegen.   

 

 

 

Schlussanmerkungen

 

Neben diesen vielen Spezialregelungen legt das BayKiBiG nun auch Regeln zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten fest. Dies betrifft Eltern, Träger und Kommunen und Freistaat, um Nachweise, Abrechnungen und Statistiken durchführen zu können und verweist auf datenschutzrechtliche Regelungen.

Grundsätzlich ist anzumerken, dass in Bezug auf die Ausführungsverordnung bisher nur vereinzelte Regelungen neu gefasst wurden, in seiner Gesamtheit jedoch noch keine Neuregelung erlassen wurde. Die AVBayKiBiG muss dementsprechend abgewartet werden.

 

Schon jetzt lässt sich feststellen, dass die Novellierung des BayKiBiG in Teilbereichen zwar zur Vereinfachung für die Eltern geführt hat (Gastkindregelung), in anderen Bereichen ein hoher bürokratischer Aufwand erst neu entstanden ist (Beitragsentlastung).

Bezüglich der pädagogischen Qualität kann von einer positiven Weiterentwicklung des Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes ausgegangen werden – bspw. Inklusionsgedanke, Bonussystem beim Anstellungsschlüssel. Allerdings bleiben die Ausführungen zum Hortbereich schwammig, auch wenn eine bessere Kooperation von Jugendhilfe und Schule zu begrüßen ist.

Eltern werden in ihrem Wunsch- und Wahlrecht gestärkt und durch die Regelung zur Tagespflege und dem Beitragszuschuss vor Schuleintritt finanziell entlastet.

Die Träger der Einrichtungen werden bzgl. der Kinddaten stärker verpflichtet, gleichzeitig haben sie mehr Planungssicherheit durch den Wegfall der Gastkindregelung und erhalten durch das
Bonussystem eine bessere Refinanzierung für die Personalkosten.

 

 

Die Vereinfachung von Verfahren z.B. bzgl. Gastkindregelung oder Bedarfsplanung ist sehr zu begrüßen, ebenso die Stärkung der Kommunen durch den höheren staatlichen Refinanzierungsanteil im Bereich der Investitionskostenförderung nach FAG.

Die Neuregelungen zur Tagespflege haben das Ziel, deren Attraktivität zu steigern.

 

Gerade im Hinblick auf die Umsetzung des Rechtsanspruchs für alle Kinder unter 3 Jahren ab
1. August 2013 ist es wichtig, dass neben dem quantitativen Angebot nicht die Qualität in
besonderem Maße leidet. Dazu sollen die Neuregelungen des BayKiBiG ein Stück weit beitragen.  

 


Anlagen: