Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.
Der letzte Sachstandsbericht wurde
am 18. Mai 2011 als Mitteilung zur Kenntnis in den Haupt-, Finanz- und
Personalausschuss eingebracht. Inzwischen wurde das Sicherheitskonzept für die
Erlanger Bergkirchweih 2013 mit der
Anlage beigefügt ist.
1. Projektauftrag
Die Stadt Erlangen ist
Veranstalterin der Erlanger Bergkirchweih. Als Großveranstaltung mit über einer
Million Besuchern gilt es, die Sicherheitsvorkehrungen jährlich zu überprüfen
und durch geeignete Maßnahmen die Sicherheit der Festbesucher weiter zu
optimieren. Die tragischen Ereignisse bei der Loveparade in Duisburg haben in
der Öffentlichkeit eine breite Diskussion um das Thema Sicherheit bei
Großveranstaltungen ausgelöst. Vor diesem Hintergrund wurde beschlossen, eine
Projektgruppe einzurichten, um die aktuelle Sicherheitssituation auf der
Erlanger Bergkirchweih zu überprüfen und den Entwurf eines umfassenden, auch
präventiven Sicherheitskonzeptes zu erarbeiten. Die Arbeitsgruppe
Haushaltskonsolidierung und Verwaltungsreform (AGHV) hat in ihrer Sitzung am
24.09.2010 einen entsprechenden Projektauftrag erteilt.
2. Bestandsaufnahme
Die gute Zusammenarbeit zwischen
Stadtverwaltung,
3. Vorgehensweise und Einzelmaßnahmen
Unter Federführung von Ref. II hat
sich die Projektgruppe „Sicherheitskonzept Erlanger Bergkirchweih“ u. a. unter
Einbeziehung von
Bei der Festlegung und Umsetzung
von Einzelmaßnahmen, die im
Einzelnen dem Abschnitt „B.
Maßnahmenteil“ der Anlage zu entnehmen sind, flossen auch Erkenntnisse
ein, die sich im Rückblick auf die letzte Bergkirchweih ergeben haben. Es ist
festzustellen, dass das Fest einen immer höheren Publikumszuspruch genießt und
es dadurch insbesondere im Kellerbereich in den Abendstunden der
Festwochenenden punktuell und temporär zu Überfüllungssituationen mit sehr
hohen Personendichten kommt. Als Extrembeispiel wird von allen Beteiligten
einschließlich der Festwirte der Besucheransturm am zweiten
Bergkirchweih-Samstag letzten Jahres erwähnt. Dabei mussten sogar zeitweise
Teilbereiche vom Sanitätsdienst aufgegeben werden. Vor diesem Hintergrund ist
es notwendig, sowohl präventive Maßnahmen als auch Interventionsmaßnahmen bei
Überfüllung zu ergreifen. Bauliche Maßnahmen sollen im Rahmen eines
mehrjährigen Stufenplanes nach Dringlichkeit umgesetzt werden.
4. Externe Beratung
4.1 Grundsätzliches
Bei der Beurteilung von einigen
„Problembereichen“ (z.B. Stau vor den Musikkapellen) wurde deutlich, dass die
vorgeschlagenen Maßnahmen bzw. möglichen Lösungsansätze kontrovers diskutiert
wurden. Vor diesem Hintergrund wurde übereinstimmend die Meinung vertreten,
dass eine externe Beratung notwendig und hilfreich wäre. Auf Erfahrungen
anderer Städte konnte nicht zurückgegriffen werden, da die Thematik erst seit
den Ereignissen in Duisburg zunehmend in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt
wird. Nach einer umfangreichen Recherche durch die Projektleitung wurden zwei
Beratungsangebote genutzt.
4.2 Einbindung in das EVA-Projekt (=EVAkuierung)
Viel mehr als Erfahrungswerte und
Schätzungen liegen der Risikoabschätzung bei Großveranstaltungen kaum zugrunde.
Probleme bereitet z. B. die Frage nach der Berechnung der Kapazitäten von
Zuwegen, Flucht- und Rettungswegen. Für eine realitätsnahe Simulation werden zunächst
echte Bewegungsdaten und Laufwege von Menschen benötigt. An diesem Punkt setzt
u. a. das vom Bundesforschungsministerium finanzierte Projekt EVA an, in dessen
Rahmen für Großveranstaltungen abgestimmte Konzepte zur Planung, Bewertung,
Evakuierung und Rettung interdisziplinär entwickelt und mittels Simulation
validiert werden sollen. Dazu werden Erfahrungsberichte und zusätzliche
Dokumentationen (Video, Foto) über das Verhalten von Personen genutzt, um die
Simulationsmodelle den realen Verhaltensweisen anzupassen.
Herr Dr. Oberhagemann von der
Vereinigung zur Förderung des vorbeugenden Brandschutzes (vfdb) und Koordinator
des bis zum 28. Februar 2012 gelaufenen Forschungsprojektes hat u.a. das
Projekt im April 2011 auf Einladung der Projektleitung präsentiert und eine
mögliche Zusammenarbeit angeboten. Der Vortrag und die anschließende Diskussion
stießen bei den Projektgruppenmitgliedern auf sehr große Resonanz und
Zustimmung, so dass entschieden wurde, das Angebot von Herrn Dr. Oberhagemann
anzunehmen. Dabei wurden bereits 2011 mit Videoaufnahmen insbesondere die
„Problem“- bzw. Staubereiche im Kellerbereich in den Abendstunden dokumentiert.
Die Aufnahmen wurden am ersten Bergfreitag bzw. am zweiten Bergwochenende
erstellt. Aufgrund der festgestellten Personendichten und Besucherströme hat
Herr Dr. Oberhagemann nach seiner Auswertung Vorschläge zur Optimierung
angestoßen. So wurde u.a. die Pausenregelung bei den Musikkapellen angeregt. Um
die Wirksamkeit der Maßnahme zu überprüfen, wurden auch während des
Festbetriebes 2012 Videoaufnahmen erstellt und ausgewertet.
4.3. Personenstromanalyse durch die IST GmbH
Die IST GmbH ist u. a.
Verbundpartner des vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung geförderten
Projektes „BaSiGo – Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen“, das
eine verbesserte Sicherheit bei Großveranstaltungen zum Ziel hat. Das Projekt
gilt als Folgeprojekt des von Herrn Dr. Oberhagemann geleiteten EVA-Projektes.
Um Aussagen über die
Fluchtwegesituation auf dem Festgelände zu erhalten, wurde die Fa. IST GmbH mit
Sitz in Frankfurt am Main mit der Erstellung einer Studie beauftragt. Dabei
wurden mit Hilfe einer Computersimulation Besucherströme auf dem Festgelände
erfasst und ein Räumungsszenario simuliert. Auf der Basis der
Videodokumentation von Herrn Dr. Oberhagemann wurde von einer Spitzenbelastung
von rund 37.000 auf dem gesamten Festgelände verteilten Besuchern ausgegangen
und sowohl der Ist-Zustand als auch eine Variante untersucht, die den geplanten
zusätzlichen Treppenabgang zum Westast der Bergstraße im Bereich des zweiten
Ausschanks des Erichkellers (Nähe Bommibude) umfasst.
Das Modell und die Bewertung
stellen dabei auf Personendichten ab. Ab einer Personendichte von 3 - 5
Personen/m² kommt es in Teilbereichen zum zeitweisen Stillstand der
Besucherströme, vor allem in der Nähe von Attraktionen (z.B. vor
Musikkapellen). Inwiefern solche Situationen als kritisch zu beurteilen sind,
hängt wesentlich von der Akzeptanz durch die Besucher ab und damit von der
Dauer der Stausituation, der zugängigen Information und der Verfügbarkeit von
Ausweichmöglichkeiten. Auf jeden Fall ist hier –so die Studie- immer die Gefahr
gegeben, dass es zur kritischen Stufe mit Personendichten von 5 Personen/m² und
mehr kommt. In diesem Dichtebereich können Personen nicht mehr ausweichen und
durch nachströmende Personen auftretende Druckwellen sind nicht zu stoppen.
Kommt es hier zu Stürzen, besteht eine große und unmittelbare Gefahr für die
betroffenen Personen. Es gilt daher punktuelle bzw. temporäre
Überfüllungen zu vermeiden.
Vor diesem Hintergrund werden
nachfolgend die wesentlichen Ergebnisse der Studie zusammenfassend dargestellt:
·
Die Gesamträumungszeit
für das Festgelände (z. B. bei einer drohenden Unwetterlage mit Warnmeldung des
Wetterdienstes) liegt im Ist-Zustand unter 30 Minuten und damit innerhalb eines
tolerierbaren Zeitraums.
·
Der geplante
zusätzliche Treppenabgang zum Westast der Bergstraße im Bereich der zweiten
Schänke des Erich-Kellers bringt sowohl im zeitlichen Verlauf als auch bei den
lokalen Personendichten Entlastung und wird daher empfohlen.
·
Der östliche Bereich
(Schaustellerbereich) ist nach 10 Minuten fast völlig geräumt. Kritisch ist
hier nur der Birkners-Keller, dessen Terrassenbereich nur über eine Treppe
verlassen werden kann. Daher dauert es mehr als 15 Minuten, bis dieser Bereich
geräumt ist. Hier wird es jedoch bereits
zum diesjährigen Berg einen zweiten Fluchtweg geben, der die Situation
entschärft.
·
Im westlichen Bereich
(Kellerbereich) bilden sich im Bereich der Treppenabgänge von den Terrassen
über den Kellern rasch andauernde Dichtebereiche, die kritisch zu beurteilen
sind. Da praktisch alle Treppenabgänge in den schon zu Beginn der Räumung dicht
gefüllten Straßenbereich „An den Kellern“ münden, wird hier der Abstrom der
Besucher aus den oberen Terrassen stark behindert. Diese Stausituation in den
Terrassenabgängen dauern im westlichen Bereich etwa 10 Minuten, im mittleren
Bereich (Hofbräu- und Niklas-Keller) etwa 15 Minuten. Vor diesem Hintergrund muss sichergestellt werden, dass es zu keiner
punktuellen Überfüllung auf dem Hauptweg kommt. Mit der Polizei besteht
Einvernehmen, dass eine Verlegung des Musikpodiums auf dem Niklas-Keller in den
hinteren Bereich zu einer Entlastung des Hauptweges im T-Bereich beitragen
kann. Für 2013 wird im Einvernehmen mit den betroffenen Festwirten zunächst
versucht, an fünf besucherstarken Abenden die Kapelle auf dem Niklas-Keller zu
drehen und in Nordausrichtung spielen zu lassen.
·
Die Situation am
westlichen Ende des Festbereiches (Kitzmann-Zelt) ist geprägt durch einen
schmalen Abgang zur Bayreuther Straße hin. Im Räumungsfall dauert es bis zu 15
Minuten, bis das Zelt über die verfügbaren Ausgänge geräumt ist (zum Teil
gegenläufige Personenströme). Es ist
daher angedacht, die Ausgangssituation im westlichen Bereich zu überplanen und
die verfügbaren Fluchtwege zu optimieren (Verbreiterung der Wegefläche).
·
Die Simulationen
zeigen, dass sich die Räumung in den letzten 10 Minuten auf das südliche T
(untere Bergstraße) konzentriert. Das östliche T (Straße An den Kellern) ist
dagegen schon sehr viel früher weitgehend geräumt, so dass sich hier keine
Notwendigkeit zum Schaffen zusätzlicher Fluchtwege zeigt. Die Situation im
südlichen T kann entspannt werden, wenn durch organisatorische Maßnahmen
(Einsatz von Ordnern) der von Westen kommende Personenstrom im mittleren
Bereich (inklusive Fluchtweg über den Enkesteig) teilweise nach Osten
weitergeleitet wird.
5. Fazit und Ausblick
Mit dem „Sicherheitskonzept
Erlanger Bergkirchweih“ wurde ein umfassendes und ganzheitliches
Sicherheitskonzept für die diesjährige Bergkirchweih vorgelegt. Eine Anpassung,
Fortschreibung und Ergänzung des Sicherheitskonzeptes wird jährlich durch das
für die Bergkirchweih zuständige Fachamt und die „Arbeitsgruppe Bergsicherheit“
erfolgen. Der mehrjährige Stufenplan bzw. die sicherheitsrelevanten
Einzelfestlegungen sollen sukzessive umgesetzt werden, um die Sicherheit der
Festbesucher bestmöglich zu
gewährleisten. Dennoch gibt es – wie bei
jeder Großveranstaltung – keine hundertprozentige „Sicherheitsgarantie“.
Es ist nie auszuschließen, dass etwas passiert.
Anlagen:
Sicherheitskonzept Erlanger Bergkirchweih – gekürzte Fassung ohne Anlagen