Betreff
Errichtung von Rundtunnelzelten als Unterstell- und Ruhebereiche und einer Spiel- und Ruhezone mit Kleintierstallung sowie von Einfriedungen und Stellplätzen für landwirtschaftliche Direktvermarktung ("Huckepack-Erlebnisernten"), Vacher Straße 30 (G emarkung Hüttendorf), Fl.-Nrn. 92, 96, 85, 86, 95, 171, Az.: 2011-90-VV
Vorlage
63/168/2011
Aktenzeichen
VI/63-1/3/T. 1002
Art
Beschlussvorlage

Das Bauvorhaben ist unter den in der Begründung genannten Voraussetzungen genehmigungsfähig.


1.   Ergebnis/Wirkungen
(Welche Ergebnisse bzw. Wirkungen ruft das Bauvorhaben hervor?)

Bebauungsplan:

 -

Gebietscharakter:

Außenbereich gemäß § 35 BauGB

Ortsbesichtigung:

Ja

 

 

2.   Programme / Produkte / Leistungen / Auflagen
(Was soll getan werden, um die Ergebnisse bzw. Wirkungen zu erzielen?)

Gegenstand des Bauantrags ist eine Anlage für ein neues Konzept der landwirtschaftlichen Direktvermarktung ("Huckepack-Erlebnisernten") am südlichen Ortsrand Hüttendorfs.

 

Die Gesamtanlage besteht aus größtenteils bereits vorhandenen baulichen Anlagen, die zum Teil genehmigt (Wasserbehälter, Hühnerstall, Gebäude mit Verkaufsraum und jüngst dessen Erweiterung), oder verfahrensfrei (Folien-/Gewächshäuser) sind, sowie oben als Bauvorhaben genannten, bislang nicht genehmigten Komponenten.

Der Flächennutzungsplan stellt die nicht im Landschaftsschutzgebiet befindlichen Grundstücke als Ackerfläche dar.

 

Der Antragsteller und dessen Familie betreiben einen landwirtschaftlich-gartenbaulichen Betrieb im Haupterwerb. Der Betriebszweig „Huckepack“ dient dem landwirtschaftlichen Betrieb als diesem untergeordnetes zweites Standbein.

 

 

Das Konzept "Huckepack-Erlebnisernten" sieht die Selbsternte von Obst und Gemüse vor, wobei Kunden für den landwirtschaftlichen Direktabsatz gewonnen und der Bevölkerung Zugang zur landwirtschaftlichen Urproduktion vermittelt werden soll. Bestandteil des Konzepts ist, dass die soeben geernteten oder im Verkaufsraum erworbenen Produkte (Eigenproduktion) vor Ort verzehrt werden können. Hierzu gibt es im östlichen Teil des Flurstücks Nr. 92 mit ca. 0,5 ha Fläche eine Freizeitanlage („Erlebnisbauernhof“) mit Sitzgelegenheiten und Spielangeboten für Kinder (naturnahe Spielwiese, „Jumboball“-Spielfeld, Maisschwimmbad, Kleintiergehege als „Streichelzoo“, Strohballen-Pyramide). Als Witterungsschutz für Sitzgelegenheiten und Maisschwimmbad sowie als Kleintier-Unterstand sind 4 Zelte mit zusammen 507 m² Grundfläche beantragt. Dieser Bereich ist nach den Angaben des Betreibers wesentlicher Baustein, um das „Huckepack“-Konzept attraktiv zu machen und Raum für die zahlreichen Besuchergruppen aus Bildungseinrichtungen zu geben.

 

„Huckepack-Erlebnisernten“ öffnet in der Hauptsaison (Mitte Mai bis Ende Oktober) von Dienstag bis Sonntag jeweils von 10:00 Uhr bis 19:00 Uhr. Abendveranstaltungen finden nicht statt. Auch gibt es keine gastronomischen Angebote wie Getränkeausschank oder Betriebsfeiern. Durchschnittlich halten sich auf den Selbsterntefeldern ca. 60 Kunden gleichzeitig auf, hinzu kommen durchschnittlich ca. 36 Kinder mit Erzieherinnen, Lehrerinnen oder Eltern auf dem „Erlebnisbauernhof“. Dies bedingt eine Anzahl von durchschnittlich 78 Kraftfahrzeugen pro Tag auf dem Grundstück. Zu deren Aufnahme sind 19 als Schotterfläche befestigte und 20 unbefestigte Stellplätze (Wiese) auf Flurstück Nr. 96 nachgewiesen. In Spitzenzeiten, d.h. an Wochenenden bei gutem Wetter, kann die Besucherzahl auf bis zu 385 Kunden gleichzeitig ansteigen. Zur Aufnahme derer Kraftfahrzeuge ist ein Wiesenstreifen auf dem östlich der Vacher Straße gegenüberliegenden Flurstück Nr. 363 gepachtet, auf dem insgesamt ca. 96 zusätzliche PKW abgestellt werden können. Dieser Konzeption wird seitens der Verwaltung unter Berücksichtigung des besonderen Nutzungskonzepts und der Anforderung der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs zugestimmt.

 

Die Selbstvermarktung aus eigener Bodenbewirtschaftung gewonnener landwirtschaftlicher Erzeugnisse (hier: Verkauf ab Hof und Verkauf an Selbstpflücker) zählt mit zur Urproduktion und nimmt deshalb an der Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB teil.

 

Die Freizeitanlagen-Komponenten und dafür notwendigen PKW-Stellplätze, die das Selbstvermarktungskonzept („Erlebnisernten“) nach sich zieht, sind für sich alleine betrachtet ein nicht privilegiertes Außenbereichsvorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB. Da sie wesentlicher Bestandteil des speziellen Vermarktungskonzepts des privilegierten Antragstellers sind, wird das Gesamt-Vorhaben seitens der Verwaltung als planungsrechtlich zulässig beurteilt.

 

Ebenfalls Bestandteil des Antrags ist die Umzäunung von 11,4 ha Feldflur, davon 4,08 ha permanent, der Rest temporär während der Anwuchs- und Erntezeit (permanent: Flurstücke Nr. 92 und Nr. 96; temporär: Flurstücke Nr. 85, Nr. 86, Nr. 95, und Nr. 171). Die Einfriedungen sind im Hinblick auf das verfassungsrechtlich geschützte freie Betretungsrecht der Natur und das Landschaftsbild als kritisch zu betrachten, zum Schutz vor erheblichen Ertragsminderungen durch Diebstahl und Wildverbiss in diesem Einzelfall jedoch als erforderlich anzuerkennen. Es wird intensiver Erwerbsobstbau mit zum großen Teil hochwertigen Sonderkulturen zur Selbsternte betrieben. Vor diesem Hintergrund ist die Einfriedung und das Verhältnis von permanenter und temporärer Einfriedung als angemessen zu beurteilen. Das Entfernen der als temporär beantragten Umzäunung im Oktober nach der Erntezeit bis zur Anwuchszeit im April wird im Genehmigungsbescheid beauflagt werden.

 

Den Belangen des Landschaftsschutzes wird durch Auflagen zur Einbindung der baulichen Anlagen in die Landschaft (Material- und Farbwahl, Eingrünung) und naturschutzfachliche Ausgleichsmaßnahmen Rechnung getragen werden.

 

 

 

 

 

Die baulichen Anlagen können bei Aufgabe des Betriebszweigs mit relativ einfachen Mitteln zurückgebaut werden. Eine entsprechende Verpflichtungsregelung wird vor Erteilung der Baugenehmigung getroffen werden. Dem Vorhaben stehen somit keine öffentlichen Belange entgegen. Die zweckentsprechende Erschließung ist gesichert.

 

Seitens der Verwaltung wird das Vorhaben unter Auflagen zu Bau- und Freiflächengestaltung im Hinblick auf den Landschaftsschutz als planungsrechtlich zulässig beurteilt. Voraussetzung für die Genehmigung ist aber, dass die noch offenen naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen aus den Jahren 2004 und 2008 nachgeholt werden.

 

3.   Prozesse und Strukturen
(Wie sollen die Programme / Leistungsangebote erbracht werden?)

Nachbarbeteiligung: Zustimmung wurde jeweils erteilt

 

 


Anlagen:        Lageplan
                        Übersichtsplan