Betreff
Stadt Herrieden, Landkreis Ansbach Zielabweichungsverfahren gem. § 6 Abs. 2 ROG i.V.m. Art. 29 BayLplG auf Antrag der Stadt Herrieden, geplante Ansiedlung des FOC "Herrieden Fashion Center" - Anhörung der bayer. Gemeinden, hier: Stellungnahme derStadt Erlangen
Vorlage
611/083/2011
Aktenzeichen
VI/61 T. 1335
Art
Beschlussvorlage

Die Verwaltung wird beauftragt, die folgende ablehnende Stellungnahme zu dem Zielabweichungsverfahren abzugeben:

Im Rahmen der Anhörung zum Zielabweichungsverfahren gem. § 6 Abs. 2 ROG i.V.m. Art. 29 BayLplG auf Antrag der Stadt Herrieden, geplante Ansiedlung des FOC "Herrieden Fashion Center", lehnt die Stadt Erlangen das Vorhaben aus folgenden Gründen ab:

 

a)    Die „Auswirkungsanalyse für FOC in Herrieden“ vom 23.09.2009 der BBE-Handelsberatung GmbH trifft keine Aussagen hinsichtlich einer Umsatzverteilung zulasten des Erlanger Einzelhandels. Daher sind seitens der Stadt Erlangen die möglichen negativen Auswirkungen auf den Erlanger innerstädtischen Einzelhandel nicht prüfbar. Die o.g. Auswirkungsanalyse ist entsprechend zu ergänzen.

 

b)    Die Grundlage für die künftige Steuerung der Erlanger Einzelhandelsentwicklung bildet das Städtebauliche Einzelhandelskonzept (SEHK). Die darin formulierten Ziele,

·       Erhalt und Stärkung der Einzelhandelsattraktivität und der Versorgungsfunktion der Stadt Erlangen als gemeinsames Oberzentrum mit Nürnberg und Fürth,

·       Stabilisierung und weitere Attraktivitätssteigerung der Innenstadt als dominierendes Versorgungszentrum in Erlangen,

stehen im Einklang mit den einzelhandelsrelevanten Zielen des Landesentwicklungsprogramms (LEP) Bayern 2006.

Vor dem Hintergrund, dass die Stadt Erlangen mit ca. 49.900 m² Verkaufsfläche (VKF) ein besonders hohes innerstädtisches Verkaufsflächenangebot in den Sortimenten Bekleidung, Schuhe und Sport vorhält, sind mit der Realisierung des Vorhabens für die Erreichung der o.g. städtischen einzelhandelsrelevanten Ziele negative Auswirkungen zu erwarten.

c)    Das Zielabweichungsverfahren der obersten Landesplanungsbehörde zugunsten der Ansiedlung des FOC "Herrieden Fashion Center" steht im klaren Widerspruch zu den raumordnerischen und einzelhandelsrelevanten Zielen des Landesentwicklungsprogramms (LEP) Bayern.

 

d)    Die Arbeitsgruppe (AG) Fränkische Oberbürgermeister hat sich bereits im Herbst 2009 nachdrücklich gegen den Bau eines FOC in Herrieden ausgesprochen. In diesem Zusammenhang formulierte die AG auch eine Erklärung an das bayerische Wirtschaftsministerium. Darin fordern die fränkischen Oberbürgermeister, auf die geplante Lockerung des LEP zu verzichten und die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsunternehmen auf der „grünen Wiese“ generell nicht zuzulassen.

 

e)    Um einer unerwünschten Entwicklung von Einzelhandelsgroßprojekten/FOC auf der „grünen Wiese“ entgegenzuwirken, forderte die Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) schon 1997 in einer Entschließung bei der Ansiedlung von FOC die strikte Beachtung raumordnerischer Ziele. Die MKRO betonte dabei, dass die FOC gemäß der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nur in Großstädten/Oberzentren an integrierten Standorten und in stadtverträglichen Größenordnungen zulässig sind.

 

f)     Die seinerzeit im Raumordnungsverfahren (ROV) zum FOC „Carlo Colucci“ in Herrieden eingebrachte ablehnende Stellungnahme der Stadt Erlangen vom 26.03.2008 (vgl. Anhang) hat nach wie vor Bestand und ist daher auch Gegenstand der Erlanger Stellungnahme im gegenständlichen Anhörungsverfahren.“

 


1.   Ergebnis/Wirkungen
(Welche Ergebnisse bzw. Wirkungen sollen erzielt werden?)

Die oberzentrale Funktion und die einzelhandelsrelevanten Ziele der Stadt Erlangen sowie der Erlanger Einkaufsattraktivität mit Bindung der Einkaufspotenziale gem. SEHK sollen erhalten werden.

 

2.   Programme / Produkte / Leistungen / Auflagen
(Was soll getan werden, um die Ergebnisse bzw. Wirkungen zu erzielen?)

Zu der geplanten Ansiedlung des FOC „Herrieden Fashion Center“ in der Stadt Herrieden wird eine Stellungnahme abgegeben.

 

3.   Prozesse und Strukturen
(Wie sollen die Programme / Leistungsangebote erbracht werden?)

Die Stellungnahme der Stadt Erlangen wird in das Anhörungsverfahren eingebracht.

3.1 Vorbemerkung

Die Stadt Herrieden beabsichtigt die bauleitplanerischen Voraussetzungen für das Factory Outlet Center (FOC) „Herrieden Fashion Center“ zu schaffen.

Zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zielabweichung gibt das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie (StMWIVT) als oberste Landesplanungsbehörde der Stadt Erlangen Gelegenheit zur Stellungnahme bis spätestens 13.05.2011.
Aufgrund des späteren UVPA-Sitzungstermins am 17.05.2011 bat die Stadtverwaltung die oberste Landesplanungsbehörde um eine Verlängerung des Abgabetermins bis zum 30.05.2011.

3.2 Lage des Vorhabens

Das geplante FOC ist über die BAB A 6 Nürnberg – Heilbronn Autobahnausfahrt Herrieden zu erreichen und liegt ca. 11 km südwestlich von Ansbach (vgl. Anlage 1).
Der Standort des Vorhabens ist so gewählt, dass vor allem Zielgruppen aus den bayerischen und baden-württembergischen Ballungsräumen sowie die Touristenströme auf der BAB A 6 angesprochen werden.

Im direkten Umfeld des FOC-Standorts befindet sich östlich mit dem FOC der Fa. Carlo Colucci GmbH & Co. KG bereits ein Fabrikverkauf. Westlich an das Plangrundstück grenzt der Firmensitz der Carlo Colucci GmbH & Co. KG mit einem Logistikzentrum an.

Die Autobahnentfernung zwischen dem FOC-Standort Herrieden und der Stadt Erlangen beträgt ca. 80 km und eine Pkw-Fahrtzeit von ca. 45 Minuten (vgl. Anlage 2).

3.3 Raumordnungsverfahren 2008

Die Fa. Carlo Colucci GmbH & Co. KG beantragte mit Schreiben vom 09.01.2008 bei der Regierung von Mittelfranken die Einleitung eines ROV zur Überprüfung des geplanten FOC.

Die Regierung von Mittelfranken gab dem o.g. Antrag auf Durchführung eines ROV statt und bat die Stadt Erlangen um eine Stellungnahme zum Vorhaben. Die Stadt Erlangen lehnte mit Schreiben vom 26.03.2008 aus raumordnerischer Sicht das geplante Vorhaben mit ca. 8.100 m² Verkaufsfläche (VKF) ab (vgl. Anlage 3).

Das o.g. ROV ruht bis zur Entscheidung über das gegenständliche Zielabweichungsverfahren.

 

3.4 Landesentwicklungsprogramm Bayern

Für das geplante FOC ist das Ziel B II 1.2.1.2 des Landesentwicklungsprogramms Bayern (LEP) u.a. hinsichtlich der Verkaufsflächen einschlägig.

Das geplante FOC ist mit den LEP-Ziel B II 1.2.1.2 nicht vereinbar, da die Verkaufsflächen die nach dem Ziel zulässigen Größen in den einzelnen Sortimenten überschreiten.

Daher hat die Stadt Herrieden mit Schreiben vom 11.07.2008, ergänzt mit Schreiben vom 20.01.2011 bei der obersten Landesplanungsbehörde Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung gestellt und diesen Antrag mit Schreiben vom 07.09.2009 begründet.

3.5 Zielabweichungsverfahren

Gemäß § 6 Abs. 2 ROG i.V.m. Art. 29 BayLplG kann die oberste Landesplanungsbehörde „die Abweichung von einem Ziel der Raumordnung im Einvernehmen mit den fachlich berührten Staatsministerien und im Benehmen mit den betroffenen Gemeinden (….) zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden.“

3.6 Verkaufsfläche des FOC "Herrieden Fashion Center"

Das geplante FOC soll insgesamt eine VKF von 7.400 m² umfassen. Im Einzelnen sind folgende Verkaufsflächen je Sortiment beabsichtigt:

Bedarfsbereich

Verkaufsfläche in m²

Oberbekleidung, Wäsche, Stümpfe und sonstige Bekleidung

4.700

Haus- und Heimtextilien, (ohne Teppiche und Bodenbeläge),
Kurzwaren, Handarbeitsbedarf

   300

Sport- und Campingartikel

1.200

Schuhe

1.000

Lederwaren, Kürschnerware, Galanterieware

   200


Sofern die Stadt Erlangen Auswirkungen auf örtliche Versorgungsstrukturen geltend machen will, bittet die oberste Landesplanungsbehörde um Auskunft, ob, und wenn ja, in welchem Umfang die oben aufgeführten Sortimente in der Erlanger Innenstadt angeboten werden.

3.7 Einzelhandelsbestand in der Stadt Erlangen

Im Hinblick auf die von der obersten Landesplanungsbehörde nachgefragten Sortimente befinden sich 49.885 m² VKF der Hauptwarengruppe Bekleidung, Schuhe und Sport in der Erlanger Innenstadt, dies entspricht einem Anteil von 96 % der Gesamtverkaufsfläche in der Stadt und stellt einen im positiven Sinn außerordentlich hohen Anteil dar.

Bedarfsbereich

Verkaufsfläche in m²

Gesamt

Innenstadt

Bekleidung, Schuhe, Sport

52.000

49.885 ( 96%)

überwiegend mittelfristiger Bedarf

61.565

58.110 (94%)

Quelle: GMA-Erhebung, Februar 2010

 

3.8 Stellungnahme der Verwaltung

Die „Auswirkungsanalyse für Factory-Outlet-Center in Herrieden“ der BBE-Handelsberatung GmbH vom 23.09.2009 trifft keine Aussagen hinsichtlich einer Umsatzverteilung zulasten des Erlanger Einzelhandels. Die Stadt Erlangen liegt in der sogenannten Zone II des Einzugsgebietes des Vorhabens.
Für die gesamte Zone II wird von der BBE eine Umsatzumverteilung von rund 1,85% für den Bereich Textilien ermittelt. Für die Branche Schuhe/Lederwaren sind es 1,29%.
Nachdem zur Zone II auch das zum FOC "Herrieden Fashion Center" wesentlich verkehrsgünstiger gelegene Nürnberg zählt, dürften die von BBE ermittelten Umsatzverteilungen zulasten des Erlanger Einzelhandels deutlich unter 1% liegen. Bei der Projektbeschreibung für das ROV im Jahr 2008 war ein Umsatzabfluss von 470.000 € für Erlangen ermittelt worden. Dies bedeutete 0,2% bei der Branche Bekleidung und ca. 0,3% bei Schuhen/Lederwaren.

Im geplanten FOC soll zwar ein hochwertiges Sortiment angeboten werden, dennoch dürften die prozentualen Umsatzverteilungen für Erlangen äußerst marginal sein.

Auch wenn diese Umsatzverluste für den Erlanger Einzelhandel keine gravierenden negativen Auswirkungen haben dürften, wird das geplante FOC in Herrieden abgelehnt.

Dies begründet sich durch die grundlegenden Ziele des SEHK der Stadt Erlangen

·       Erhalt und Stärkung der Einzelhandelsattraktivität und der Versorgungsfunktion der Stadt Erlangen als gemeinsames Oberzentrum mit Nürnberg und Fürth,

·       Stabilisierung und weitere Attraktivitätssteigerung der Innenstadt als dominierendes Versorgungszentrum in Erlangen.

Eine Realisierung des Vorhabens steht jedoch diesen einzelhandelsrelevanten Zielen grundsätzlich entgegen.

So steht aus Sicht der Verwaltung ein positiver Abschluss des Zielabweichungsverfahrens der obersten Landesplanungsbehörde zugunsten der Ansiedlung des FOC "Herrieden Fashion Center" nicht nur im klaren Widerspruch zum SEHK der Stadt Erlangen, sondern auch zu den raumordnerischen und einzelhandelsrelevanten Zielen des LEP.

Die Arbeitsgruppe (AG) Fränkische Oberbürgermeister hat sich im Herbst 2009 nachdrücklich gegen den Bau eines FOC in Herrieden ausgesprochen. In diesem Zusammenhang formulierte die AG auch eine Erklärung an das bayerische Wirtschaftsministerium. Darin fordern die fränkischen Oberbürgermeister, auf die geplante Lockerung des LEP zu verzichten und die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsunternehmen auf der „grünen Wiese“ generell nicht zuzulassen.

Um eine unerwünschte Entwicklung von Einzelhandelsgroßprojekten/Factory-Outlet-Centern auf der „grünen Wiese“ entgegenzuwirken, haben sich ebenfalls die Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO), der Bayer. Städtetag, die Verbände des Einzelhandels und zahlreiche Gruppierungen des öffentlichen Lebens mit diesem Thema befasst.

So forderte die MKRO schon 1997 in einer Entschließung bei der Ansiedlung von FOC die strikte Beachtung raumordnerischer Ziele. Die MKRO betonte dabei, dass die FOC gemäß der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nur in Großstädten/Oberzentren an integrierten Standorten und in stadtverträglichen Größenordnungen zulässig sind.

 

4.   Ressourcen
(Welche Ressourcen sind zur Realisierung des Leistungsangebotes erforderlich?)

Haushaltsmittel

             werden nicht benötigt

 


Anlagen:        1 – Übersichtsplan: Lage im Raum
                        2 – Lageplan des FOC Herrieden
                        3 – Stellungnahme der Stadt Erlangen zur Einleitung eines ROV vom 26.03.200
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