Betreff
Weitergeltung der Mietobergrenzen in Erlangen hier: SPD-Fraktionsantrag Nr. 19/2011 vom 01.03.2011 zur Überprüfung des SGA-Beschlusses vom 23.02.2011 gemäß § 11 der Geschäftsordnung
Vorlage
501/004/2011
Aktenzeichen
V/50/VOA - 86 2249
Art
Beschlussvorlage

Der in der SGA-Sitzung am 23.02.2011 gefasste Beschluss zur Weitergeltung der Mietobergrenzen in Erlangen wird bestätigt. Der Überprüfungsantrag der SPD-Fraktion Nr. 19/2011 vom 01.03.2011 ist damit bearbeitet.


Mit dem fristgerecht eingegangenen Überprüfungsantrag gemäß § 11 der Geschäftsordnung möchte die SPD-Stadtratsfraktion, dass das Stadtratsplenum erneut über die Weitergeltung der Mietobergrenzen entscheidet, die im SGA am 23.02.2011 mehrheitlich beschlossen wurde.

 

Ursprünglich zugrunde lag der Fraktionsantrag Nr. 54/2010 vom 12.05.2010 der Fraktion Grüne Liste, mit der – entsprechend der Anhebung der Vergleichsmieten im Erlanger Mietenspiegel um 1,9 % zum Jahresende 2009 – auch eine Anhebung der Mietobergrenzen für Transferleistungsempfänger in Erlangen um durchschnittlich ca. 2 % beantragt wurde. Die entsprechende Beschlussvorlage der Verwaltung war im SGA zweimal vertagt worden, unter Hinweis auf die Tatsache, dass bisher noch keine obergerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ermittlung von Mietobergrenzen in Erlangen ergangen sei. Nachdem am 15.11.2010 vor dem Landessozialgericht Bayern ein rechtskräftiger gerichtlicher Vergleich abgeschlossen wurde, bei dem erstmals die derzeitigen Erlanger Mietobergrenzen zugrunde gelegt wurden, beschloss der SGA am 23.02.2011 mehrheitlich entsprechend dem Verwaltungsvorschlag die Weitergeltung der bisherigen Mietobergrenzen ohne die von der Fraktion Grüne Liste beantragte Anhebung.

 

Die Verwaltung schlägt dem Stadtrat vor, den SGA-Beschluss zu bestätigen. Nach Auffassung der Verwaltung ist der SGA-Beschluss aus folgenden Gründen rechtmäßig und korrekt:

 

·       Mit dem gerichtlichen Vergleich vom 15.11.2010 wurde erstmals ein gerichtliches Verfahren in zweiter Instanz abgeschlossen, in dem die Ermittlung der Mietobergrenzen in Erlangen entscheidungserheblich war. Die Mietobergrenzen in ihrer derzeitigen Höhe wurden dabei inhaltlich dem gerichtlichen Vergleich zugrunde gelegt. Damit wurden die derzeitigen Erlanger Mietobergrenzen zumindest indirekt erstmals obergerichtlich bestätigt.

·       Das Verlangen nach einer Anhebung der Mietobergrenzen entsprechend der Anhebung der Vergleichsmieten im Erlanger Mietenspiegel ist nach der Logik der gesetzlichen Regeln zur Ermittlung von Mietobergrenzen für Transferleistungsempfänger nicht gerechtfertigt. Während für die Ermittlung der Mietobergrenzen in Erlangen ausschließlich nur die konkreten Verhältnisse des Wohnungsmarktes in Erlangen herangezogen werden dürfen, waren die Vergleichsmieten im Erlanger Mietenspiegel mit der alleinigen Begründung angehoben worden, dass nach Mitteilung des statistischen Bundesamtes die Wohnungsmieten bundesweit um 1,9 % in den vergangenen zwei Jahren angestiegen seien. Die Anhebung im Mietenspiegel (der nach einer Mitteilung der Statistikabteilung auch nicht mehr den Status eines qualifizierenden Mietspiegels habe) vollzieht also nur eine bundesweite, pauschale Mietpreisentwicklung nach – diese Preisentwicklung kann deshalb für die Bewertung der Situation am konkreten, örtlichen Erlanger Wohnungsmarkt nicht herangezogen werden. Dementsprechend kann sich daraus auch keine Notwendigkeit zur Anhebung der Erlanger Mietobergrenzen für Transferleistungsempfänger ergeben.

·       Anders als bei der seinerzeit erstmaligen Ermittlung der Mietobergrenzen in Erlangen gibt es nach der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung keine feste Bindung an die Werte des örtlichen Mietenspiegels mehr. In einem Grundsatzurteil vom 07.11.2006 hatte das Bundessozialgericht noch den örtlichen Mietenspiegel als einzig taugliches Kriterium zur Ermittlung der Mietobergrenzen bezeichnet. Davon ist die Rechtsprechung zwischenzeitlich jedoch abgekommen. In einem weiteren Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts vom 22.09.2009 wurde das Instrument des Mietenspiegels ausdrücklich als für diesen Zweck ungeeignet erklärt. Im Mietspiegel wird nämlich nur eine kleine – und dazu auch nicht repräsentative – Anzahl von Wohnungen in den Blick genommen: Nämlich nur frei finanzierte Wohnungen und solche Wohnungen, bei denen zuvor ein Mieterwechsel oder eine Mieterhöhung stattgefunden hat. Stattdessen soll nach der neuen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts das Mietniveau des gesamten vorhandenen Wohnungsbestandes maßgebend sein – insbesondere des Sozialwohnungsbestandes, der ja bekanntlich vorwiegend von Transferleistungsempfängern genutzt wird – aber ergänzend auch die Mietpreistabelle nach dem Wohngeldgesetz. Nach der neueren, höchstrichterlichen Rechtsprechung sind Ergebnisse und Entwicklung des Mietenspiegels also nicht relevant für die Mietobergrenzen für Transferleistungsempfänger.

·       In der Verwaltungsvorlage zum SGA-Beschluss vom 23.02.2011 wird ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, dass die geltenden Mietobergrenzen in Erlangen sowohl deutlich oberhalb des durchschnittlichen Mietniveaus des Sozialwohnungsbestandes in Erlangen, wie auch deutlich oberhalb der Miethöchstbeträge nach dem Wohngeldgesetz liegen. Auch danach ist folglich eine Anhebung der Mietobergrenzen keineswegs erforderlich oder gerechtfertigt.

·       Darüber hinaus wurde das Angebot an preisgünstigem Wohnraum unterhalb der Mietobergrenzen in Erlangen durch den Stadtratsbeschluss vom 30.03.2010 zum Erwerb von ca. 600 Belegungsrechten auch gezielt und spürbar erhöht. In den restlichen neun Monaten des Jahres 2010 konnte so bereits über 150 Transferleistungsempfängerfamilien eine frei finanzierte Wohnung unterhalb der Mietobergrenzen vermittelt werden. Der Wohnungsmarkt für Transferleistungsempfänger in Erlangen ist damit effektiv deutlich entspannt und stabilisiert worden.

·       Schließlich ist im SGA-Beschluss vom 23.02.2011 auch noch zusätzlich Vorsorge für möglichst flexible Verwaltungsentscheidungen und zur möglichst umfassenden Vermeidung von Härtefällen getroffen worden: Neben der bereits bisher bestehenden Schongrenze einer Überschreitung der Mietobergrenzen bis zu 10 % bei Bestandswohnungen wurde nunmehr festgelegt, dass bei einer Überschreitung zwischen 10 % und 20 % in jedem Einzelfall eine Absprache mit der Abteilungsleitung zum weiteren Vorgehen stattzufinden hat.

 

Nach Allem ist festzuhalten, dass eine Anhebung der Mietobergrenzen entsprechend der erfolgten Anpassung des Mietenspiegels weder von der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gefordert wird, noch anhand der konkreten Verhältnisse des Erlanger Wohnungsmarktes erforderlich oder sachgerecht ist. Auf den Überprüfungsantrag der SPD-Fraktion schlägt die Verwaltung dem Stadtrat deshalb vor, den Beschluss des SGA vom 23.02.2011 in vollem Umfang zu bestätigen.

 


Anlagen:        1. SPD-Fraktionsantrag Nr. 19/2011 vom 01.03.2011

                        2. Beschlussvorlage des SGA vom 23.02.2011

                        3. Fraktionsantrag der Grünen Liste Nr. 54/2010 vom 12.05.2010