Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.
Ausgangslage
Am
25. Februar 2010 hat der Erlanger Stadtrat einstimmig das kommunale
Integrationsprogramm „Die Begleiter“ beschlossen. Grundlage des Programms war
die erfolgreiche Arbeit des Vorgängerprojekts SPUTNIK für deutsche
Spätaussiedler aus Russland. Mit dem Beschluss des Erlanger Stadtrats steht das
Programm seit Juni 2010 allen Jugendlichen unabhängig von ihrer Herkunft oder
Art des Schulbesuches offen.
Dies
bedeutet einen echten Fortschritt in Richtung Integration.
Das
kommunale Integrationsprogramm beruht auf zwei Säulen:
- Förderunterricht
- Vermittlung ehrenamtlicher Bildungspatenschaften
FÖRDERUNTERRICHT
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In Deutschland verlassen jedes Schuljahr 80.000
Kinder die Schule ohne jeglichen Abschluss. Des Weiteren haben viele Schüler
mit Hauptschulabschluss enorme Probleme, eine Lehrstelle zu finden. Dabei ist
der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund an Hauptschulen
überdurchschnittlich hoch. Im Hinblick auf die demographische Entwicklung in
Deutschland ist deshalb eine bessere Qualifizierung der Schulabgänger zwingend
geboten, um einerseits dem bevorstehenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken und
andererseits die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund nachhaltig
zu verbessern.
Auch wenn die Situation in
Erlangen weniger dramatisch ist als in vielen deutschen Großstädten, so sind
die Grundzüge der aktuellen Lage vergleichbar mit den gesamtdeutschen
Entwicklungen. Sowohl die Schulstudie von Frau Seebaß als auch die im Rahmen
des Integrationsmonitorings erhobenen Daten zeigen, dass auch in Erlangen
gemessen am Bevölkerungsanteil Kinder
mit Migrationshintergrund an Hauptschulen überdurchschnittlich stark vertreten
sind und bei den Schulabschlüssen meist schlechter abschneiden als ihre
„einheimischen“ Mitschüler.
(55,3% der Kinder mit Migrationshintergrund,
aber nur 24,1% der deutschen Kinder wechseln an die Hauptschule; 22,5% der
Kinder mit Migrationshintergrund, aber nur 7,7% der deutschen Kinder bleiben
ohne Schulabschluss)
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Grundidee des Förderunterrichts:
In Absprache mit den jeweiligen
Schulleitern wird an zwei Erlanger Mittel- und Realschulen an jeweils zwei
Nachmittagen eine mehrsprachige Hausaufgabenbetreuung und Vertiefung des
Lernstoffes im Sinne des ergänzenden Lernens und Übens angeboten werden.
Dadurch sollen den Kindern eine höhere Chancengleichheit und bessere
Integration in unser Schulsystem ermöglicht werden. Nach entsprechender
Vorlaufzeit erfolgt je nach individueller Ausgangslage die Weitervermittlung in
Bildungspatenschaften.
Der Nachhilfe-
und Förderunterricht wird von zweisprachigen Lehrkräften erteilt, die in
Zusammenarbeit mit der Teamleitung auch Kontakt zu den Eltern aufnehmen und mit
den Kindern und Jugendlichen Förderpläne erarbeiten. Der Unterricht wird vor
Ort an der Schule praktiziert und in Zusammenarbeit mit Schulleitung und
Kollegium durch Feedbackprozesse laufend optimiert.
BILDUNGSPATEN
Die
Übergänge in Ausbildung und Beruf haben sich stark verändert. Sie sind heute
unübersichtlicher, risikoreicher und weniger standardisiert als in der
Vergangenheit. Seitens der Betriebe wachsen die Anforderungen an Auszubildende
stetig. Die Jugendlichen müssen sich heute angesichts vieler Unvorhersehbarkeiten
und Unübersichtlichkeiten sehr viel intensiver orientieren. Hierzu bedarf es
gerade bei benachteiligten Jugendlichen oftmals Unterstützung in einem Maß, das
seitens der Eltern sowie der Schule und der Berufsberatung nicht geleistet
werden kann. Deshalb sind ergänzende Angebote bzw. Ansätze gefragt, die
insbesondere eine individuelle Förderung der Jugendlichen ermöglichen
(Berufsorientierung, Berufswahl sowie die Bewältigung von Bewerbungssituationen
sind höchst individualisierte Prozesse, die sich kaum standardisieren lassen).
Studien
zeigen (Kruse, Ehlers 2006), dass gerade für schulschwache und gering
qualifizierte Schüler eine Bildungspatenschaft ein geeigneter Ansatz für eine
erfolgreiche Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ist. Dies deckt
sich auch mit den im Rahmen des Projektes SPUTNIK gesammelten Erfahrungen.
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Grundansatz der
Bildungspatenschaften:
Ehrenamtliche
erwachsene Mentoren (Bildungspaten) begleiten jugendliche Mentees in einer
Eins-zu-Eins-Beziehung vor und während des Übergangs von der Schule in den
Beruf. Die Paten verstehen sich dabei als Wegbegleiter und Vertrauenspersonen,
die ihr reichhaltiges Wissen und ihre Erfahrungen an die Jugendlichen
weitergeben. Der informelle Charakter, d.h. die Beziehungsarbeit zwischen den
Akteuren steht dabei im Vordergrund. Die Bildungspaten treten in ihrer Arbeit
nicht in Konkurrenz zu anderen professionellen Angeboten, sondern stellen eine
sinnvolle Ergänzung dar.
Sie sind in
Ergänzung zu den hauptamtlichen Kräften an der Schnittstelle Schule/Beruf tätig
und gewährleisten eine zeitlich sehr intensive Betreuung und Begleitung, die
durch die Beratungsstellen und Schulen nicht geleistet werden kann.
Bildungspatenschaften sind ein präventiv wirkendes Angebot und vermeiden
aufwändigere und kostspieligere professionelle Maßnahmen.
Aktueller Sachstand
FÖRDERUNTERRICHT
Mit Beginn des neuen
Schuljahres sind an der Eichendorffschule und der Werner-von-Siemens-Realschule
zwei neugebildete Fördergruppen entstanden. Da in etlichen Bereichen
zusätzliche Förderungen für 5. und 6. Klassen angeboten werden (z. B. WI.L.D.),
konzentriert sich das Angebot nach Absprache mit den beiden Schulleitern auf
die Jahrgangsstufen 7 bis 10. Der Förderunterricht findet an beiden Schulen
dienstags und donnerstags von 14.00 – 17.00 Uhr statt.
In der Eichendorffschule
haben sich bisher fast 50 Kinder für den Förderunterricht gemeldet, der Anteil
von Kindern mit Migrationshintergrund liegt bei ca. 80%. In der
Werner-von-Siemens-Realschule sind bisher 35 Kinder gemeldet, der Anteil von
Kindern mit Migrationshintergrund liegt ebenfalls bei ca. 80%.
BILDUNGSPATEN
Seit Beginn des
kommunalen Integrationsprogramms konnten 20 Bildungspaten neu hinzu gewonnen
werden, so dass derzeit über 25 Bildungspaten verfügt werden kann. Die
Ehrenamtlichen wurden in einem Einführungsseminar auf ihre Rolle als
Bildungspate vorbereitet, zudem finden monatliche Treffen zum
Erfahrungsaustausch und zur Anleitung statt.
Zum aktuellen Zeitpunkt
sind bereits 15 Bildungspaten vermittelt, die anderen stehen unmittelbar vor
ihrer Vermittlung an einen Jugendlichen in der Übergangsphase zwischen Schule
und Beruf. Der Großteil der Jugendlichen besucht die 8. Klasse der
Mittelschulen, vereinzelt wurden aber auch Förderschüler, Realschüler sowie
Jugendliche, die sich in Maßnahmen (z.B. BVJ) befinden, vermittelt.
Der Anteil der
Jugendlichen mit Migrationshintergrund beträgt 90%.
Ausblick
FÖRDERUNTERRICHT
Der
enorme Zuspruch an beiden Schulen deutet darauf hin, dass der Bedarf für
Angebote dieser Art nicht nur an zwei Erlanger Schulen vorhanden ist. Der hohe
Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund bestätigt die
bisherigen Erfahrungen, dass gerade diese Gruppe von den Eltern zuhause nicht
im gleichen Maße unterstützt werden kann wie viele „einheimische“ Kinder und
Jugendliche. Wenn die Ziele der Bildungsoffensive, die einen höheren Anteil von
qualifizierenden Abschlüssen bei Kindern und Jugendlichen mit
Migrationshintergrund erreichen will, realisiert werden sollen, sind Angebote
dieser Art auch in Zukunft absolut unumgänglich.
BILDUNGSPATEN
Anhand
der Erfahrungen des Vorgängerprojektes kann davon ausgegangen werden, dass sich
bei den in Bildungspatenschaften befindlichen Jugendlichen eine deutliche
Verbesserung der schulischen Leistungen einstellen wird und sich somit die
Chance auf einen erfolgreichen Übergang in Ausbildung stark erhöht. Darüber
hinaus wird eine durchweg positive Persönlichkeitsentwicklung zu beobachten
sein, insbesondere in Bezug auf persönliche Reifung, Selbständigkeit,
Eigeninitiative, Pünktlichkeit und Umgang mit Verbindlichkeiten. Dies alles
sind Eigenschaften, die von ausbildenden Betrieben als „Ausbildungsreife“
vorausgesetzt werden. Gerade Jugendliche, in deren familiärem Umfeld derartige
Vorbilder fehlen bzw. Jugendliche, die sich in komplexen Problemsituationen
befinden, profitieren besonders von der intensiven Betreuung eines
Bildungspaten.
Die
individuelle Begleitung der Jugendlichen während des Übergangsprozesses führt
letztlich zu einer nachhaltigen Verbesserung der Chancengleichheit in Schule
und Ausbildung.
Anlagen: